Die Leber hat im Körper eine zentrale Aufgabe im Bereich der Entgiftung (Biotransformation). Sie verändert körpereigene (sog. Endobiotika wie z. B. Bilirubin, Steroidhormone) und körperfremde Substanzen (sog. Xenobiotika wie z. B. Alkohol, Medikamente) im Rahmen der Biotransformation so, dass sie leichter, d. h. möglichst biologisch inaktiv und wasserlöslich, ausgeschieden werden können. Die Biotransformation lässt sich in zwei Phasen unterteilen (Abb. 1; [1, 2]).

Abb. 1
figure 1

Mehrstufige Biotransformation in der Leber. Abkürzungen: OH Hydroxygruppe, NH2 Aminogruppe, COOH Carboxygruppe

Ziel der Phase I ist es, die funktionellen Gruppen, d. h. die reaktiven Stellen des zu eliminierenden Moleküls, zu verändern. Dies geschieht am häufigsten durch Oxidationsreaktionen. Zuständige Enzyme sind Monooxygenasen, die zum Cytochrom‑P450-System gehören. Monooxygenasen spalten molekularen Sauerstoff (O2), wobei ein O‑Atom im Endprodukt und das andere O‑Atom im Wassermolekül H2O auftaucht. Die für die O2-Spaltung nötigen Elektronen werden von NADPH/H+ geliefert. Je nach Grundstruktur des zu eliminierenden Moleküls werden drei Oxidationsreaktionen unterschieden (Hydroxylierung, Suloxylierung, N‑Oxidation), wobei Hydroxylierungen am wichtigsten sind (Abb. 2). Es gibt zahlreiche Cytochrom‑P450-Enzyme, die in 12 Cytochrom‑P450-Genfamilien eingeteilt werden können. Für die Biotransformation von Xenobiotika wie Arzneimittel sind v. a. die Cytochrom‑P450-Genfamilien 1–3 zuständig (CYP1, CYP2, CYP3). Aus diesen Genfamilien sind die Enzyme CYP3A4 und CYP2D6 am wichtigsten. Zu beachten ist, dass etwa 40 % des Cytochrom‑P450-vermittelten Arzneimittelmetabolismus durch Enzyme katalysiert wird, die genetische Polymorphismen aufweisen. Die Enzyme der Phase I der Biotransformation können durch Substrate induziert werden. Dadurch wird das auslösende Agens schneller abgebaut, was grundsätzlich wünschenswert ist. Allerdings kann es dadurch einerseits zur Gewöhnung an Arzneimittel kommen und andererseits können andere (endo- und/oder exogene) Moleküle auch schneller abgebaut werden, sodass deren Wirkung „verpufft“. Tab. 1 zeigt Beispiele für Substrate, Inhibitoren und Induktoren der Enzyme CYP3A4 und CYP2D6.

Abb. 2
figure 2

Oxidationsreaktionen. Abkürzungen: H Wasserstoffatom, H2O Wasser, N Stickstoffatom, NADPH Nikotinamid-Adenin-Dinukleotid-Phosphat, O2 Sauerstoff, R Rest, S Schwefelatom

Tab. 1 Cytochrom‑P450-Medikamenteninteraktion, nicht abschliessend (Modifiziert nach [3])

Ziel der Phase II ist es, die modifizierten („gefügig gemachten“) Moleküle aus Phase I an polare Substanzen zu koppeln, damit sie über die Nieren oder via Galle über den Gastrointestinaltrakt ausgeschieden werden können. Für die Kopplung werden meist Glukuronsäure, Schwefelsäure und Aminosäuren (v. a. Glycin, Glutamin, Taurin) verwendet. Eine Konjugation mit Glutathion und Acetat ist aber auch möglich. Die an diesen Reaktionen beteiligten Enzyme heissen Transferasen.

Während der Umwandlung eines Moleküls in Phase I und II können Verbindungen mit biologischer Wirkung entstehen (sog. Giftungsreaktion). Das kann gewünscht und unerwünscht sein. So werden einige Arzneimittel durch die Biotransformation erst wirksam (z. B. Tamoxifen), wohingegen andere toxisch oder karzinogen (z. B. Paracetamol) werden können.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass 1) die Leber zentrales Organ im Entgiftungsprozess unseres Körpers ist, 2) die Cytochrom‑P450-Genfamilien 1–3 für die Entgiftung von Arzneimittel zuständig sind und 3) Polymedikation unvorhersehbare Folgen haben kann, was 4) durch in der Bevölkerung häufig auftretende CYP-Polymorphismen noch verstärkt werden kann.