Photodynamische Therapie

Der Nutzen des Sonnenlichts und die Wurzeln seines therapeutischen Einsatzes finden sich bereits im antiken Schrifttum (Abb. 1). Es war bekannt, dass Sonnenlicht sowohl die Wirksamkeit bestimmter Arzneistoffe negativ beeinflusst als auch für den Wirkmechanismus zahlreicher Medikamente notwendig ist [1]. Dieses Prinzip wird auch heute noch von einigen Heilern der Mayas in Guatemala angewandt.

Abb. 1
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Zeitraum der lichtbasierten Medizin. Die Verwendung des Sonnenlichts bei den alten Ägyptern (links) und den heutigen Mayas (rechts) zur Behandlung von dermatologischen Erkrankungen. Die moderne lichtbasierte Medizin dauerte einen Bruchteil (rot) der gelbmarkierten Zeitachse (unten)

Im Jahr 1904 prägte Hermann von Tappeiner den Begriff „photodynamisch“ für einen photooxidativen Prozess, der bei der Belichtung mit einer lichtaktiven Substanz, beispielsweise auf der Haut, entsteht. Schon zu dieser Zeit wurden Patienten mit Basalzellkarzinomen mittels photodynamischer Therapie (PDT) behandelt (Abb. 2). Heutzutage besteht die photodynamische Medizin sowohl aus photodynamischer Diagnostik [2] als auch aus PDT [3], weshalb dazu auch der Ausdruck „Theranostik“ verwendet wird [4]. In dieser Präsentation wird speziell auf die PDT eingegangen. Sie kann als eine minimal-invasive Behandlungsmethode bezeichnet werden, die in den letzten Jahren auch bei der Behandlung von Krebs beim Menschen [3] und bei Tierpatienten [5] Aufmerksamkeit erregt hat.

Abb. 2
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Evolution der photodynamischen Therapie (PDT). Links ist Hermann von Tappeiner abgebildet und rechts eine der frühen Patientinnen, die eine PDT ihres Hautkrebses erhalten hat. Die rote Zeitachse (unten) für die Entwicklung der PDT bezieht sich auf die letzten 120 Jahre. Es dauerte immerhin noch fast 80 Jahre bis zur vermehrten Therapie von Tumoren, darauffolgend die erfolgreiche Anwendung der antimikrobiellen PDT

Die Wirkung der PDT beruht darauf, dass sichtbares Licht ein an sich neutrales Molekül, den so genannten Photosensibilisator, aktiviert. Dies führt zur Bildung reaktiver Sauerstoffspezies, die Tumorzellen durch einen oxidativen Prozess abtöten (Abb. 3). Im Vergleich zu konventionellen Therapiemethoden ist die PDT selektiver gegenüber Tumorzellen, da Photosensibilisatoren verwendet werden, die vorzugsweise in Tumorläsionen lokalisiert werden, und diese Läsionen präzise mit Licht bestrahlt werden [3]. Mit fast 40.000 Publikationen hat die PDT in der medizinischen Therapie einen respektablen Platz eingenommen und verdient unser breites Interesse.

Abb. 3
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Mechanismus der photodynamischen Therapie (PDT). Die eigentliche PDT unter Zusammenwirken eines Photosensibilisators und einer Lichtquelle läuft im rosaroten Zentrum ab und produziert reaktive Sauerstoffspezies (ROS) wie Singulettsauerstoff (1O2). Damit können Pflanzen vor Bakterien und Pilzen geschützt werden, während Menschen und Tiere von Krebs geheilt werden (rechte Seite). Viele Photosensibilisatoren erlauben auch Photodiagnose dank ihrer fluoreszierenden Eigenschaften. Dazu sieht man in der Mitte unten im rechten Bild aktinische Keratosen, die mit Blaulicht angeregt sind. Sie sind rosafarben und deutlich zu erkennen, während im Hellfeld links deren ganzes Ausmass weniger deutlich erkennbar ist. Auf der linken Seite sind zwei Photosensibilisatoren samt Formel und Anregungswellenlänge angegeben: mTHPC (Foslipos®, biolitec GmbH, synthetisch) und Hypericin (natürlich). Letzterer entstammt dem Johanniskraut (Foto unten)

Antimikrobielle photodynamische Therapie

Aufgrund der zunehmenden Resistenz von Krankheitserregern gegen gängige Antibiotika und Antiseptika besteht ein dringender Bedarf an antimikrobiellen Ansätzen, die Krankheitserreger effizient inaktivieren können, ohne das Risiko von Resistenzbildungen. Ein vielversprechender Ansatz dazu ist die antimikrobielle photodynamische Therapie (aPDT), deren Pionier Giulio Jori aus Padua, Italien, war. Mit über 275 publizierten Arbeiten hat er einen beachtlichen Beitrag geleistet [6].

In den letzten 20 Jahren wurden umfangreiche Forschungsarbeiten zu neuartigen Photosensibilisatoren und Lichtquellen durchgeführt, die nun in die klinische Praxis umgesetzt werden [7]. Ein vielversprechender Ansatz besteht in der Anwendung von Methylenblau als Photosensibilisator bei der Desinfektion der oberen Luftwege, bei der Bekämpfung von Infektionen an der Operationsstelle [8] sowie bei der Entfernung von Biofilmen [9]. Damit können pathogene Mikroorganismen wie grampositive und gramnegative Bakterien, Viren, Protozoen und Pilze inaktiviert werden. Neben synthetischen Photosensibilisatoren werden in der aPDT auch solche aus der Pflanzenwelt verwendet, wie zum Beispiel Hypericin [10] aus dem Johanniskraut oder Curcumin [11] aus Kurkuma. Die Verwendung von Sonnenlicht zusammen mit pflanzlichen Photosensibilisatoren eröffnet die Hoffnung, dass auch Länder mit begrenzten Budgets von diesem Wissen profitieren können [12]. Damit können Probleme wie chronische Hautinfektionen oder aktinische Keratosen effizient behandelt werden. Aber auch die Pflanzen selbst können mit dieser Methode vor pathologischen Keimen geschützt werden. Das gilt vor allem für Futterpflanzen und für solche, die als Getreide für die Ernährung von Bedeutung sind. Mit der Sonne und pflanzlichen Photosensibilisatoren kann auch der Verbrauch von Pestiziden verringert werden [13].

Antimikrobielle photodynamische Therapie in der Urologie?

Urologische Infektionen sind häufig, und auch hier stellt die zunehmende Antibiotikaresistenz der Erreger ein belastendes Problem dar [14]. Daher wäre es attraktiv, nach alternativen Möglichkeiten zu suchen, bei denen keine oder nur geringe Resistenzentwicklung zu erwarten ist. Hier kommt die bereits erwähnte antimikrobielle photodynamische Therapie (aPDT) ins Spiel, die möglicherweise auch in der Urologie sinnvoll eingesetzt werden kann.

Ein vielversprechender Ansatz ist die Bekämpfung von Infektionen im Zusammenhang mit medizinischen Geräten wie Harnröhrenkathetern. Diese ist immer noch in einem hohen Prozentsatz für Harnwegsinfektionen in Krankenhäusern verantwortlich. Neben aktualisierten klinischen Leitlinien für Katheterisierungsverfahren kann die Verwendung von antimikrobiell beschichteten Kathetern ein Weg in die Zukunft sein [15]. Neben einer Reihe von Substanzen wie Photosensibilisatoren, Polymeren, Silbersalzen und Oxiden kommt die Immobilisierung von photosensibilisierenden Molekülen für antimikrobielle photodynamische Anwendungen bei solchen Kathetern in Frage. Mit dieser Anwendung der aPDT in der Urologie sind erste Schritte einer modernen antibiotikafreien Desinfektion vollzogen worden. Es bleibt zu hoffen, dass weitere Entwicklungen dazu beitragen, urologische Infektionen zu reduzieren.

Ausblick

Seit der Entdeckung der lichtbasierten Medizin im Altertum hat sich viel getan. Erst in den letzten paar Jahrzehnten wurde die photodynamische Therapie (PDT) zu dem entwickelt, was sie heute ist: eine schonende, zielgerichtete Therapie gegen Krebsleiden und pathologische Keime. Ein Ende dieser Entwicklung ist heute nicht abzusehen, und es ist durchaus realistisch, die antimikrobielle photodynamische Therapie in Zukunft auch bei urologischen Infektionen einzusetzen. Mit der Verwendung von Sonnenlicht zusammen mit pflanzlichen Photosensibilisatoren schließt sich der Kreis in der PDT: Back to the Future ist angekommen.

Zusammenfassung

In der photodynamischen Medizin finden sich sowohl Diagnose als auch Therapie. Die photodynamische Therapie (PDT) eröffnet eine vielversprechende Möglichkeit, Krankheiten gezielt und schonend zu behandeln, ohne dass Resistenzbildungen bei Zielzellen wie Tumorzellen oder Mikroben eine Rolle spielen. Mit weiteren Forschungsfortschritten und klinischen Anwendungen könnte die PDT in der Zukunft eine noch bedeutendere Rolle in der medizinischen Landschaft, einschliesslich der Urologie, einnehmen.