Die unklare Raumforderung (RF) beschreibt eine heterogene Gruppe von Tumoren, welche von der Niere ausgehen und benignen oder malignen Charakter haben können. Basierend auf den morphologischen Charakteristika in der Bildgebung werden die RF als solid oder zystisch kategorisiert.

Waren früher Flankenschmerzen, blutiger Urin und Oberbauchbeschwerden typische Leitsymptome, die dann zur Diagnose führten, werden heute Nierentumoren aufgrund des breiten Einsatzes von Ultraschallgeräten und anderer bildgebender Verfahren meist inzidentell in einem asymptomatischen Stadium entdeckt. Die oben genannte Trias kommt deshalb heutzutage eher selten vor (6–10 %) und korreliert mit aggressiver Histologie und fortgeschrittener Erkrankung [1]. Nichtsdestotrotz sollte bei gewissen klinischen Befunden wie palpabler intraabdominaler Masse, zervikaler Lymphadenopathie, Varikozele im Liegen oder Ödem der unteren Extremitäten an die Möglichkeit einer RF der Niere gedacht werden.

Da viele RF der Niere benignen Charakter haben, ist eine weitergehende Charakterisierung für die Festlegung des weiteren Therapiepfades von entscheidender Bedeutung. Die heute zur Verfügung stehenden Bildgebungen spielen hier eine zentrale Rolle.

Bildgebung

Die meist verwendeten Bildgebungsverfahren bei RF der Niere sind die Computertomographie (CT), die Magnetresonanztomographie (MRT) und der Ultraschall. Anhand der Bildgebung werden Nierenraumforderungen, wie bereits erwähnt, als solid oder zystisch klassifiziert. Ein Ziel der Bildgebung renaler Tumoren ist die möglichst präzise Voraussage, ob es sich bei der gefundenen Läsion um einen benignen oder malignen Prozess handelt, welcher evtl. zeitnah einer gezielten Therapie bedarf. Hauptproblem bei der Unterscheidung zwischen gutartigen und bösartigen Nierentumoren in allen bildgebenden Verfahren sind v. a. überlappende Bildcharakteristika in beiden Gruppen [2,3,4]. Die primäre Abklärung solider Tumoren erfolgt durch kontrastmittelverstärkte Computertomographie des Abdomens und zur Komplettierung des Stagings auch vom Thorax [5]. Da für die Durchführung einer Computertomographie gewisse Limitationen bestehen, wie die Strahlenexposition, Kontrastmittelallergie und Nephrotoxizität, ist die Bildgebung mittels Magnetresonanztomographie (MRT) empfohlen [5]. Insbesondere weist die MRT für die Abklärung von kleinen zystischen Läsionen eine höhere Sensitivität und Spezifität als das CT auf und kann zusätzliche Informationen über die Ausbreitung eines Tumorthrombus der V. cava inferior liefern [5,6,7,8]. Jedoch ist die MRT nicht für jeden Patienten anwendbar. Hohe Kosten, relativ lange Untersuchungszeit, nicht MR-taugliche Implantate, Klaustrophobie oder Gadoliniumallergie sind Einschränkungen der Nutzung der MRT.

Eine wertvolle Alternative stellt der kontrastmittelverstärkte Ultraschall (CEUS) dar. Dabei werden als Kontrastmittel gasgefüllte Mikrobläschen i.v. appliziert, die danach über die Lunge abgeatmet werden. Dies hat den grossen Vorteil, dass CEUS bei Patienten mit Niereninsuffizienz angewendet werden kann. Ausserdem besteht keine Strahlenexposition, anaphylaktische Reaktionen sind sehr selten und die Untersuchungskosten niedrig [9]. Jedoch ist dieses Bildgebungsverfahren untersucherabhängig und somit schwierig reproduzierbar. Einen besonderen Stellenwert bekommt die Untersuchung bei der Beurteilung von komplizierten zystischen Läsionen [10, 11]. Zystische Tumoren werden nach Bosniak klassifiziert [12]. Bosniak-I- und -II-Zysten gelten als benigne und bedürfen keiner Therapie, Bosniak-III- und -IV-Zysten sind primär malignitätssuspekt und sollten analog einem soliden Tumor behandelt werden. Eine Sonderkategorie stellen die IIF-Zysten dar, welche weder klar benigne noch maligne sind und deshalb im Verlauf kontrolliert werden sollten (Tab. 1).

Tab. 1 Klassifikation zystischer Nierenraumforderungen nach Bosniak

Auch bei soliden Nierentumoren ist die eindeutige und sichere Differenzierung zwischen gut- und bösartig mittels Ultraschall – trotz Einsatz moderner Techniken wie Farbdoppler und kontrastverstärktem Ultraschall – oftmals nicht ausreichend genau möglich. Mit Ausnahme des „klassischen“, fettreichen Angiomyolipoms bereiten solide Nierentumoren aber auch den anderen bildgebenden Verfahren wie MRT und CT Probleme bei der sicheren Diagnose. Es erstaunt somit nicht, dass in der Literatur bis zu 20 % der resezierten soliden RF benigne sind [13]. Aus diesem Grund ist für ältere Patienten mit Komorbiditäten bei kleinen Tumoren (<4 cm) auch das aktive Überwachen eine mögliche Strategie, insbesondere da sich in dieser Population eine tiefe karzinomspezifische Mortalität gezeigt hat [14].

Biopsie

Die Rolle der Biopsie in der Diagnostik von renalen Raumforderungen wird kontrovers diskutiert. Die Biopsie kann bei radiologisch unklaren, soliden Tumoren wichtige Informationen liefern. Jedoch bleibt auch nach Biopsie eine gewisse diagnostische Unsicherheit, weshalb in Zeiten der minimal-invasiven Nierenteilresektion zunehmend auf die Biopsieentnahme verzichtet wird. Eine Indikation besteht jedoch vor ablativen Verfahren sowie bei der Auswahl eines bestmöglichen onkologischen und chirurgischen Therapieregimes beim metastasierten Stadium [15, 16]. Gemäss den aktuellen Richtlinien sollte eine Biopsie in Lokalanästhesie ultraschall- oder CT-gesteuert im koaxialen Verfahren durchgeführt werden. Das Risiko der Tumorzellverbreitung bei diesem Verfahren ist selten und von unklarer Signifikanz [17]. Zystische Raumforderungen unklarer Dignität sollten aufgrund der erhöhten Rate eines „sampling error“ nicht biopsiert werden [18, 19].

Maligne Nierentumoren

Nierenzellkarzinom

Das Nierenzellkarzinom (Abb. 1) macht je nach Geschlecht ca. 3 % aller malignen Erkrankungen aus. In Europa, Nordamerika und Australien sind die Inzidenzraten höher als in Asien und Afrika. In Europa sind Männer mit einer Inzidenz von ca. 26/100.000 deutlich häufiger als Frauen mit einer Inzidenz von ca. 12/100.000 betroffen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen 60 und 70 Jahren [20]. Als erworbene Risikofaktoren für die Entstehung eines Nierenzellkarzinoms werden hauptsächlich Rauchen, Übergewicht und arterielle Hypertonie beschrieben [21]. In rund 5–8 % der Patienten tritt das Nierenzellkarzinom im Rahmen einer hereditären Störung auf. Die bekanntesten assoziierten Syndrome sind das Von-Hippel-Lindau-Syndrom, das Birt-Hogg-Dubé-Syndrom, tuberöse Sklerose und hereditäres nichtpolypöses kolorektales Karzinom.

Abb. 1
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Nierenzellkarzinom

Das Nierenzellkarzinom macht etwa 90 % der malignen Nierentumoren aus und ist eine heterogene Erkrankung. Histologisch dominieren das klarzellige (ca. 80–90 %), das papilläre (Typ I und II, ca. 6–15 %) und das chromophobe (ca. 2–5 %) Karzinom [4].

Die Prognose in allen diesen Subtypen verschlechtert sich bei höherem TNM-Stadium und WHO/ISUP(World Health Organisation/International Society of Urological Pathology)- oder Fuhrman Grad. Die 5‑Jahres-Gesamtüberlebensrate für alle Subtypen beträgt 49 %.

Die wirksamsten kausalen Therapieverfahren sind die Operation und die medikamentöse Therapie. Die Operation ist die einzige kurative Option. Das Gesamtbehandlungskonzept soll vor der ersten therapeutischen Maßnahme festgelegt werden. Es wird zwischen den lokal begrenzten, lokal fortgeschrittenen und metastasierten Stadien unterschieden.

Therapie der Wahl beim lokal begrenzten Nierenzellkarzinom ist die chirurgische Resektion. Hier stehen die radikale und die partielle Nephrektomie zur Verfügung. Während die onkologischen Resultate für beide Methoden bei niedrigem T‑Stadium vergleichbar sind [22], ist das Risiko für die Entwicklung von kardiovaskulären Erkrankungen nach der Teilnephrektomie niedriger [23, 24]. Weitere Indikationen für eine partielle Nephrektomie sind eine anatomische oder funktionelle Einzelniere, das erhöhte Risiko für eine Niereninsuffizienz aus anderer Ursache (z. B. Hypertonie, Diabetes mellitus), hereditäre Nierenzellkarzinomsyndrome und T1-Stadium. Im Stadium T2 ist der Erfolg einer partiellen Nephrektomie von der sorgfältigen Patientenselektion und der chirurgischen Expertise abhängig.

Sowohl die radikale als auch die partielle Nephrektomie können offen oder minimal-invasiv (retroperitoneoskopisch, laparoskopisch, roboterassistiert) durchgeführt werden. Die minimal-invasive Nephrektomie kann das Risiko perioperativer Morbidität reduzieren [23]. Allerdings fehlen große randomisierte Studien zur Gleichwertigkeit der offenen und der laparoskopischen, partiellen Nephrektomie unter onkologischen Gesichtspunkten. Minimal-invasive Nierenteilresektionen sollten an ausgewählten Zentren mit entsprechender Expertise durchgeführt werden. Wenn immer onkologisch vertretbar, sollte dem Nierenerhalt mittels partieller Nephrektomie der Vorzug gegenüber dem radikalen Verfahren gegeben werden. Obwohl die Datenlage bezüglich Erhalt der Nierenfunktion kontrovers ist, zeigte die einzige randomisierte Studie, in welcher die Nierenteilresektion mit der radikalen Nephrektomie bei Tumoren mit einem Durchmesser ≤5 cm verglichen wurde, eine Reduktion der moderaten Niereninsuffizienz bei Patienten, welche einer Nierenteilresektion unterzogen worden waren, interessanterweise war jedoch die Inzidenz von höhergradiger Niereninsuffizienz in beiden Gruppen vergleichbar [24].

Die simultane Adrenalektomie ist nur erforderlich bei bildgebendem oder intraoperativem Verdacht auf Tumorinfiltration oder Metastasen [25]. Der Stellenwert der Lymphknotenresektion ist beim lokal begrenzten Stadium nach wie vor nicht mit abschliessender Sicherheit für alle Tumorstadien geklärt, jedoch zeigte eine randomisierte Studie in dieser Population keinen Einfluss auf die Prognose und wird deshalb nur bei Patienten mit bildgebendem oder intraoperativem Verdacht auf Lymphknotenbeteiligung empfohlen [26].

Therapeutische Ansätze als Alternativen zur chirurgischen Resektion sind verschiedene physikalische Verfahren mit perkutaner, gezielter Therapie unter bildgebender Kontrolle. Die bekanntesten sind die Kryotherapie und die Radiofrequenzablation, wobei die Qualität der verfügbaren Daten keine endgültigen Rückschlüsse auf die Morbidität und die onkologischen Ergebnisse zulässt [5]. Ein anderes lokales Therapieverfahren ist die Embolisierung des Tumors. Sie wird als palliative Maßnahme bei persistierender oder massiver Makrohämaturie eingesetzt, wenn weder eine Operation noch eine systemische Therapie aufgrund des schlechten Allgemeinzustands möglich sind. Zusätzlich kann bei gebrechlichen Patienten mit Komorbiditäten und kleinen Nierentumoren eine aktive Überwachung angeboten werden.

Bei lokal fortgeschrittenen Stadien mit venösem Tumorthrombus wird die Exzision des Tumorthrombus empfohlen, nicht aber eine adjuvante Systemtherapie [5].

Beim metastasierten Nierenzellkarzinom steht die medikamentöse Tumortherapie (angiogenesehemmende Multityrosinkinaseinhibitoren [TKI], mTOR-Inhibitoren, Kombination Interferon-alpha und VEGF-Antikörper Bevacizumab sowie aktuell neuere TKI und Checkpointinhibitoren) im Vordergrund. Eine ergänzende, zytoreduktive Nephrektomie kann als Element eines multimodalen Therapiekonzeptes in Abhängigkeit vom Progressionsrisiko im interdisziplinären Tumorboard diskutiert werden. Weitere lokale Therapieverfahren wie Metastasenresektion oder stereotaktische Bestrahlung ossärer oder zerebraler Metastasen können im Rahmen symptomorientierter Maßnahmen eingesetzt werden.

Die Nachsorge nach kurativer Operation eines Nierenzellkarzinoms sollte risikoadaptiert erfolgen, mit dem Ziel der frühzeitigen Diagnose eines Lokalrezidivs, der frühzeitigen Diagnose eines kontralateralen Rezidivs und des Nachweises von Metastasen. Weitere Ziele sind die Überwachung von therapieinduzierten Nebenwirkungen und der Nierenfunktion.

Benigne Nierentumoren

Angiomyolipom

Das Angiomyolipom (AML; Abb. 2) ist ein gutartiger, mesenchymaler Tumor und zu 20 % mit einer tuberösen Sklerose assoziiert. Die Prävalenz beträgt ca. 0,4 %, und nur 5 % dieser Patienten haben multiple Befunde [27]. Aufgrund des hohen Fettgehalts werden die Läsionen häufig mittels Ultraschall, CT und MRT diagnostiziert. Die fettarmen AML können allerdings nicht mittels Bildgebung zuverlässig diskriminiert werden, sodass eine perkutane Biopsieentnahme die Diagnose liefern kann. Bei Patienten mit tuberöser Sklerose kann eine multizentrische Ausbreitung mit Befall und Vergrösserung von Lymphknoten vorliegen. In seltenen Fällen kann ein nichtmaligner Thrombus in der Nierenvene oder der V. cava inferior gefunden werden. Das epitheloide Angiomyolipom ist eine sehr seltene Variante und potenziell maligne mit aggressivem Verlauf [28]. In den meisten Fällen wachsen Angiomyolipome langsam und haben eine niedrige Morbidität [29]. Der traditionell verwendete 4‑cm-Grenzwert sollte nicht per se zu einer aktiven Behandlung führen. Bei persistierenden Schmerzen, rupturiertem AML mit akuter oder rezidivierender Blutung, sehr grossen Befunden oder Frauen im gebärfähigen Alter sollten eine selektive arterielle Embolisation oder in seltenen Fällen eine Nierenteilresektion durchgeführt werden [29]. Eine Grössenreduktion von bilateralen Befunden bei Patienten mit tuberöser Sklerose kann durch die Anwendung von Everolimus erzielt werden [30].

Abb. 2
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Angiomyolipom. (Mit freundl. Genehmigung von Dr. med. Verena Carola Obmann)

Onkozytom

Das Onkozytom repräsentiert etwa 3–7 % aller Nierentumoren. Die Abgrenzung zum Nierenzellkarzinom kann sowohl histologisch als auch in der Bildgebung herausfordernd sein [31]. Insbesondere bei Patienten mit mehreren onkozytomverdächtigen Läsionen muss beachtet werden, dass in einem substanziellen Anteil der Patienten ein simultanes Nierenzellkarzinom vorliegen kann [32].