Adipositas und assoziierte Begleiterkrankungen nehmen weltweit zu und können die Lebensqualität sowie die Lebenserwartung massiv negativ beeinflussen [1]. Bariatrische/metabolische Chirurgie ist dabei die derzeit effektivste Behandlungsmethode, da der erzielte Gewichtsverlust meist über viele Jahre bestehen bleibt. Durch unterschiedliche physiologische Umstellungen im Körper werden auch bei einem Großteil der Patient:innen die Begleiterkrankungen verbessert oder komplett in Remission gebracht. Weiters wird auch ein Neuauftreten dieser Erkrankungen verhindert bzw. hinausgezögert [2]. Dabei geht es vor allem um Diabetes mellitus Typ 2, arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie, Schlafapnoe, Leberverfettung („non-alcoholic steato-hepatitis“, NAS und „non-alcoholic fatty liver disease“, NAFLD) sowie Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats [3]. Weitere positive Effekte der bariatrischen Chirurgie sind, dass das Risiko, an makro- oder mikrovaskulären Komplikationen (Schlaganfall, Herzinfarkt usw.) oder auch Karzinomen zu erkranken bzw. daran zu sterben, erheblich reduziert wird [4, 5].

Wichtige Voraussetzungen für einen langanhaltenden Erfolg eines bariatrischen/metabolischen Eingriffs sind einerseits eine richtige Indikationsstellung sowie eine ausführliche präoperative Abklärung, um Risiko und Benefit der Op. einschätzen zu können und um die richtige Op. für die/den jeweils individuelle/n Patient:in festzulegen. Andererseits ist eine kontinuierliche Nachsorge unerlässlich.

Indikation zur bariatrischen Chirurgie

Rezent wurden neue, modernisierte und evidenzbasierte Leitlinien zur Indikation von bariatrischen/metabolischen Eingriffen in Zusammenarbeit der ASMBS (American Society for Metabolic and Bariatric Surgery) mit der IFSO (International Federation for the Surgery of Obesity and Metabolic Disorders) veröffentlicht. Dabei wurden die Grenzen des BMI (Body Mass Index) neu definiert und verschiedene Einflussfaktoren der Indikationsstellung überarbeitet [6]: Laut den Guidelines kann ab einem BMI von ≥ 35 kg/m2 eine bariatrische/metabolische Operation empfohlen werden, unabhängig davon, ob eine Komorbidität vorliegt oder nicht. Bei Patient:innen mit einem BMI zwischen 30 kg/m2 und 35 kg/m2 und zumindest einer vorhandenen Komorbidität sollte ein bariatrischer/metabolischer Eingriff in Erwägung gezogen werden, wenn durch konservative Maßnahmen kein anhaltender Gewichtsverlust oder keine Verbesserung der Komorbidität erreicht werden kann. Weiters gibt es keine numerische Altersobergrenze für bariatrische/metabolische Chirurgie, wobei allerdings der allgemeine Gesundheitszustand im Vorfeld genau abgeklärt werden sollte. Bei ausgewählten Jugendlichen kann bariatrische/metabolische Chirurgie ebenfalls in Erwägung gezogen werden.

Adipositaschirurgie kann weiters auch bei klinischer Adipositas helfen, das Outcome anderer/weiterer chirurgischer Eingriffe (z. B. orthopädische Chirurgie, Hernienchirurgie, Transplantationschirurgie etc.) zu verbessern bzw. mögliche Komplikationen zu reduzieren.

Das Patient:innenmanagement von komplexen Fällen sollte in einem multidisziplinären Team durchgeführt werden, um perioperative Komplikationen der Operation zu reduzieren bzw. das Outcome der Op. zu verbessern. Als chronische Erkrankung kann bei Adipositas auch eine weitere Behandlung nach dem chirurgischen Eingriff notwendig sein. Dabei kann eine adjuvante konservative Therapie oder eine Revisionsoperation notwendig sein, um einen langanhaltenden Effekt zu erzielen [6].

In jedem Fall sollte vor jedem barbarischen/metabolischen Eingriff ein Antrag auf Kostenübernahme durch die Krankenkasse erfolgen, da die derzeit bewilligten BMI-Grenzen noch auf älteren Guidelines beruhen und in allen Kategorien 5 kg/m2 BMI-Punkte höher liegen.

Abklärung vor bariatrischer/metabolischer Chirurgie

Um das Outcome einer bariatrischen/metabolischen Operation zu gewährleisten sowie um das intra- und postoperative Risiko gering zu halten, sind eine Reihe an Untersuchungen notwendig. Diese Untersuchungen dienen auch dazu, die jeweils bestmöglich passende Op. für den/die jeweils individuelle/n Patient:in zu gewährleisen.

Das diätologische Gutachten ist eine Grundvoraussetzung, um in Österreich eine Bewilligung der bariatrischen/metabolischen Op. durch die Krankenkasse zu erhalten. Dabei wird ermittelt, ob in ausreichendem Maße versucht wurde, mit angeleiteten konservativen Maßnahmen Gewicht zu verlieren. Weiters werden die Patient:innen über das geänderte Essverhalten nach der Op. aufgeklärt und Anleitungen zur Ernährung werden gegeben, um einen langfristigen Gewichtsverlust zu gewährleisten. Für diese Aufklärungen sind auch diätologische Gruppenschulungen sinnvoll. Patient:innen mit hohem BMI ≥ 50 kg/m2 sollen weiters vor der Op. mittels angeleiteter diätologischer Maßnahmen 5–10 % des Körpergewichts reduzieren, um durch eine Verkleinerung der Leber das Operationsfeld zu optimieren und somit das Operationsrisiko zu minimieren [7].

Das psychologische Gutachten ist für den Erfolg einer bariatrischen/metabolischen Op. essenziell. Die Patient:innen werden bezüglich ausreichender Compliance evaluiert, um regelmäßige Kontrollbesuche nach der Op. und eine lebenslange tägliche Vitamineinnahme zu gewährleisten. Weiters werden psychische Vorerkrankungen bewertet, um die Patient:innen gegebenenfalls perioperativ intensiver zu begleiten. Psychisch akut erkrankte und instabile Patient:innen werden identifiziert, einer psychiatrischen Therapie zugeführt und werden vorerst nicht operiert.

Internistische Untersuchungen vor der geplanten Op. sind notwendig, um das allgemeine intra- und postoperative Op.-Risiko einschätzen zu können und eventuell eine Optimierung vor der Op. (Gewichtsverlust; Therapie mit Levosimendan [Calcium-Sensitizer]; EzPAP®-Therapie, d. h. leicht einsetzbarer positiver Atemwegsdruck, „positive airway pressure“, etc.) einleiten zu können. Die ist vor allem bei Patient:innen mit ausgeprägtem metabolischem Syndrom und/oder kardialen/pulmonalen Erkrankungen essenziell. Bei klinischem Verdacht auf Cushing-Syndrom sollten weiterführende Untersuchungen zur Abklärung durchgeführt werden. Weiters sollten Mängel an Vitaminen, Elektrolyten und Spurenelementen schon vor der Operation ausgeglichen werden, um einer Aggravierung während des Gewichtsverlusts entgegenzuwirken.

Vor jeder bariatrischen/metabolischen Operation sollte eine Gastroskopie mit Biopsien durchgeführt werden. Falls eine relevante Hiatushernie diagnostiziert wird, so kann diese intraoperativ exploriert und gegebenenfalls mittels Hiatoplastik behoben werden. Bei Detektion von Helicobacter pylori sollte eine präoperative antibiotische Eradikationstherapie eingeleitet werden, um das postoperative Risiko von Ulzera zu reduzieren. Zusätzlich können weitere Auffälligkeiten (z. B. Ösophagitis, Barrett-Ösophagus, Typ-A-Gastritis etc.) in der Gastroskopie die Wahl der jeweiligen Op.-Methode beeinflussen [8].

Weitere optionale Untersuchungen, welche bei der Auswahl der geeigneten bariatrischen/metabolischen Operationsmethode helfen können, sind die Impedanz-24h-pH-Metrie und die High-Resolution-Manometrie. Besonders bei ausgeprägtem Reflux (Sodbrennen), Voroperationen im Magen oder Ösophagus sowie bei Erkrankungen von Magen und Speiseröhre kann durch diese Untersuchungen eine Motilitätsstörung bzw. eine abnorme Säurebelastung des Ösophagus diagnostiziert/quantifiziert werden [9].

Eine weitere optionale Untersuchung stellt die Knochendichtemessung zur Evaluation einer Beeinträchtigung der Knochenstabilität dar. Die Untersuchung kann besonders bei postmenopausalen Patientinnen Aufschluss über die Knochenstruktur geben, um gegebenenfalls postoperativ engmaschige Kontrollen einzuleiten.

Management bariatrischer Patient:innen während des Aufenthalts

Konzepte des Managements von Patient:innen mit bariatrischen/metabolischen Operationen können stark variieren. Neben allgemeingültigen Richtlinien wie einem Nüchternheitsgebot von 6 h sind weitere Maßnahmen, wie z. B. eine EzPAP-Therapie 30–60 min vor Op.-Beginn, sinnvoll. Alle primären bariatrischen/metabolischen Operationen werden heutzutage laparoskopisch durchgeführt, was eine frühe Mobilisation möglich macht und zu weniger Verbrauch von Schmerzmitteln führt. Im Zusammenspiel mit opiatfreier Narkose kann dadurch ein Aufstehen 2 h nach Op.-Ende erreicht werden [10].

Der Kostaufbau kann am Tag der Op. mit schluckweisem Trinken von Wasser begonnen und unter diätologischer Kontrolle täglich gesteigert werden, sodass 2–4 Wochen nach der Op. eine normale Essensaufnahme (allerdings in reduzierter Menge) möglich ist.

Eine Entlassung ist im Normallfall am 2.–3. Tag nach der Op. möglich, wobei eine ausreichende Trinkmenge von 1–1,5 l Wasser pro Tag essenziell ist.

Eine prophylaktische Gabe von Protonenpumpenhemmern über 3 Monate kann das Risiko von Entzündungen und Ulzera reduzieren, wobei diese Maßnahme bei aktiven Raucher:innen auf 1 Jahr ausgedehnt werden sollte. Weiters sollte die Gabe von niedermolekularem Heparin für 10–12 Tage nach Entlassung fortgeführt werden, um ein Thrombose‑/Pulmonalembolie-Risiko zu minimieren. Die Nahtentfernung kann über den Hausarzt am 10.–14. Tag erfolgen.

Nachsorge nach bariatrischer/metabolischer Chirurgie

Wichtig für einen erfolgreichen Verlauf nach bariatrischer/metabolischer Chirurgie ist eine enge Anbindung an diätologische Spezialfachkräfte, um bei Beschwerden oder Gewichtswiederzunahme schnell eine Ansprechperson zu haben. In der Nachsorge ist neben einer nachhaltigen Änderung des Essverhaltens auch das Beginnen von körperlichen Aktivitäten von Bedeutung, um den Verlust von Muskelmasse zu reduzieren.

Essenziell ist die Substitution einer täglichen Vitamin- und Kalziumdosis, abgestimmt auf die individuelle Op., welche lebenslang eingenommen werden muss. Weiters müssen Vitamine, Elektrolyte und Spurenelemente regelmäßig (alle 3–6 Monate in den ersten 2 Jahren, danach jährlich) kontrolliert werden, um bei Mängeln zeitnah eingreifen (Änderung der Dosierung) zu können. Die Vitamineinnahme sowie die Kontrollen mittels Blutabnahme müssen lebenslang erfolgen [11].

Folgeuntersuchungen bei auftretenden Problemen oder erneuter Gewichtszunahme nach der Op. sollten an einem bariatrischen/metabolischen Zentrum durchgeführt werden, um die Ergebnisse richtig interpretieren und entsprechende Handlungen setzen zu können.

Fazit für die Praxis

  • Bariatrische/metabolische Chirurgie ist eine effektive und sichere Therapie zur Behandlung von Adipositas und deren Begleiterkrankungen.

  • Rezente Guidelines konnten zeigen, dass auch Patient:innen mit Adipositas und ausgeprägten Komorbiditäten schon bei niedrigerem Body Mass Index (BMI) von einem chirurgischen Eingriff profitieren.

  • Vor jeder adipositaschirurgischen Operation sollte eine ausführliche Aufklärung und Durchuntersuchung stattfinden, um einerseits das Nutzen/Risiko-Verhältnis richtig einschätzen zu können und die Patient:innen bestmöglich auf die Op. und den Zeitraum danach vorzubereiten und andererseits die individuell beste Operationsmethode wählen zu können.

  • Das perioperative Management sollte darauf ausgerichtet sein, dass die Patient:innen frühzeitig wieder ihren normalen Alltag wahrnehmen können.

  • In jedem Fall ist nach allen bariatrischen/metabolischen Operationen eine lebenslange Nachsorge notwendig.