Einleitung

Die AIG ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, die vor allem den Korpus und Fundus des Magens betrifft und klinisch meist asymptomatisch verläuft. Die Erkrankung ist durch die Bildung von Antikörpern gegen den Intrinsic Faktor und gegen die Parietalzellen gekennzeichnet. Die Antikörperreaktion führt zu einer chronischen Entzündung, die in weiterer Folge zu einer Atrophie der Schleimhaut führt. Diese Atrophie erhöht die Neigung, von einer intestinalen Metaplasie über eine Dysplasie zu einem Adenokarzinom vom intestinalen Typ zu führen (Correa Cascade; [1, 2]).

Der NET vom Typ 1 ist der zweite Typ von Magenneoplasien, der mit einer AIG assoziiert ist. Ursächlich dafür ist eine Hypergastrinämie aufgrund einer verminderten Salzsäureproduktion. Diese führt zu einer Hyperplasie der enterochromaffinen Zellen, die dadurch ein erhöhtes Risiko haben, sich zu NETs vom Typ I zu entwickeln [3].

Um eine mögliche Tumorentwicklung bei AutoimmungastritispatientInnen frühzeitig zu erkennen, sollen leitliniengemäß alle 3 Jahre endoskopische Kontrollen durchgeführt werden [4].

Die meisten Dysplasien und ein Teil der Magenfrühkarzinome können kurativ mit der ESD entfernt werden. Welche Karzinome mittels der ESD entfernt werden können, hängt von der Differenzierung, Größe und Invasionstiefe der Läsion ab. Die Indikationsstellung der ESD folgt entweder den klassischen oder den erweiterten Kriterien. In der Durchführung der ESD werden optische Hilfen (virtuelle oder reale Chromendoskopie) verwendet, um den Rand des Tumors und die vermutliche Invasionstiefe besser zu identifizieren. Nach dem Setzen der Markierungspunkte wird die Läsion durch Unterspritzung angehoben und es erfolgt die Eröffnung der Mukosa mit einem Elektromesser, sodass die Submukosa von der Muskularis abpräpariert und die Läsion möglichst in einem Stück und im Gesunden entfernt werden kann. Wenn hierbei keine R0-Resektion gelingt, muss eine sekundäre Operation ergänzt werden. Zu den Komplikationen einer ESD zählen Blutungen und Perforationen als Frühkomplikationen, Tumorrezidive und Stenosen oder Strikturen als Spätkomplikationen [5, 6].

Methodik

Alle PatientInnen des Ordensklinikums Linz, die im Zeitraum von Jänner 2009 bis Dezember 2019 mit einer ESD des Magens therapiert wurden oder die Diagnose einer AIG hatten, wurden in die retrospektive Datenanalyse eingeschlossen. Unsere Überwachungsempfehlung zur endoskopischen Kontrolle bei AIG-PatientInnen lautete auf 2 Jahre. Bei PatientInnen mit einem Magenkarzinom wurde die Indikation für die ESD bei uns nach den erweiterten Kriterien (differenzierte Karzinome, die auf die Mukosa beschränkt sind ohne Ulzeration, lymphogene oder hämatogene Metastasierung unabhängig von der Tumorgröße; differenzierte Karzinome, die auf die Mukosa beschränkt sind mit Ulzera kleiner als 30 mm ohne lymphogene oder hämatogene Metastasierung; differenzierte Karzinome mit Submukosainvasion < 500 µm, kleiner als 30 mm und ohne lymphogene oder hämatogene Metastasierung; undifferenzierte Karzinome, die auf die Mukosa beschränkt sind, kleiner als 20 mm ohne Ulzeration und ohne lymphogene oder hämatogene Metastasierung) gestellt. Ziel der ESD war es, eine endoskopische En-bloc-R0-Resektion zu erreichen.

Resultate

Erfolgs- und Komplikationsrate der ESD

Der Resektionserfolg wurde anhand der En-bloc-Resektionsrate, R0-Resektionsrate und kurativen Resektionsrate analysiert (Abb. 1, 2 und 3). Von den ESD-PatientInnen wurden 91,4 % en bloc reseziert, 2,5 % nicht en bloc. Die R0-Resektionsrate betrug 69,1 %, die R1-Resektionsrate 18,5 %. Von den Tumoren wurden 64,2 % kurativ reseziert und 28,4 % wurden nichtkurativ entfernt. Die restlichen Prozentanteile ergaben sich aus fehlenden Daten aufgrund eines Therapieabbruchs bei Verschlechterung des Allgemeinzustands oder Perforation sowie fehlender Beurteilung für das Vorliegen eines Residualtumors oder tumorfreiem Resektat.

Abb. 1
figure 1

En-bloc-Resektionsrate

Abb. 2
figure 2

R0-Resektionsrate

Abb. 3
figure 3

Kurative Resektionsrate

Unter Komplikationen wurden alle PatientInnen miteinbezogen, die eine Blutung, eine Perforation, eine Stenose oder ein Rezidiv hatten. Bei 2 von 81 (2,5 %) ESD-PatientInnen traten schwere, transfusionspflichtige Blutungen auf. Ein weiterer Patient benötigte aufgrund einer schweren Blutung eine endoskopische Therapie, die am 1. postoperativen Tag versorgt wurde. Bei 5 von 81 (6,2 %) ESD-PatientInnen trat eine Perforation auf. Diese wurden alle operativ versorgt. Stenosen traten im Beobachtungszeitraum bei keinem Patienten auf.

Die Nachbeobachtungszeit konnte bei 44 ESD-PatientInnen erhoben werden und betrug 1110 Monate. In dieser Zeit traten 3 Rezidive auf. Unter den 3 Rezidiven waren eine Epitheldysplasie und 2 Adenokarzinome.

Lernkurve der ESD

Um den Verlauf der Erfolgsrate und der Komplikationsrate für die Lernkurve besser zu vergleichen, wurden die PatientInnen in 3 Gruppen unterteilt. Für die Zuteilung zu dem jeweiligen Zeitabschnitt wurde das Datum der Intervention herangezogen. Die erste Gruppe umfasste die Jahre 2009–2012, die zweite die Jahre 2013–2016 und die dritte die Jahre 2017–2019. In den folgenden Grafiken sind die prozentuellen Anteile der En-bloc‑, R0-, R1- und kurativen Resektionsrate in den jeweiligen Zeiträumen dargestellt (Abb. 4, 5 und 6).

Abb. 4
figure 4

Lernkurve En-bloc-Resektionsrate

Abb. 5
figure 5

Lernkurve R0 und R1 Resektionsrate

Abb. 6
figure 6

Lernkurve kurative Resektionsrate

Bezüglich der Komplikationsrate war aufgrund der geringen Zahlen eine Aussage zu einer Lernkurve nicht aussagekräftig.

Magentumore und Autoimmungastritis

Im Schnitt wurden die AIG-PatientInnen alle 1–2 Jahre endoskopisch kontrolliert. In der gesamten Nachbeobachtungszeit von 2490 Monaten trat bei 12 von 58 (20,7 %) ein Magentumor auf. In der erwähnten Nachbeobachtungszeit wurde bei 67,2 % eine intestinale Metaplasie und bei keinem Patienten eine Dysplasie im Magen histologisch nachgewiesen. Die histologische Aufarbeitung zeigte, dass 83,4 % der Magentumore NETs und 8,3 % jeweils Adenokarzinome oder GISTs waren.

Eine endoskopische Therapie erfolgte bei 6 der 12 TumorpatientInnen, wobei 5 von 6 (83,3 %) mit einer EMR (endoskopische Mukosaresektion) und einer (16,7 %) mit einer ESD behandelt wurde. Ein Patient (8,3 %) hatte eine Magenteilresektion. Die restlichen 5 von 12 (41,7 %) Tumore wurden mit einer Biopsiezange abgetragen und verlaufskontrolliert. Diese waren alle NETs unter 5 mm.

Die Patientin, die mit der ESD behandelt wurde, konnte kurativ therapiert werden und blieb rezidivfrei. Einer von den 5 PatientInnen, die mit einer EMR therapiert wurden, konnte kurativ behandelt werden, 3 wurden nicht kurativ behandelt und bei einem Patienten konnten keine Daten erhoben werden. Ein Rezidiv trat bei 2 von den 5 PatientInnen auf, die mit einer EMR therapiert wurden. Rezidivfrei blieben 2 von den 5 und bei einem konnten keine Daten erhoben werden.

Diskussion

Insgesamt trat bei den AIG-PatientInnen ein NET pro 24 und ein Adenokarzinom pro 245 Überwachungsjahre auf. Unsere Überwachungsempfehlung lautete auf 2 Jahre; ob die Kontrolle alle 2 Jahre ausreichend ist, sodass es zwischen den endoskopischen Kontrollen zu keinen Intervallkarzinomen kommt, kann mit dieser retrospektiven Studie nicht beantwortet werden. Nur 2 der 12 Tumore traten nach Diagnosestellung einer AIG auf, sodass nur diese beiden Patienten in das Überwachungsschema eingeschlossen werden konnten und die Aussage daher nicht aussagekräftig wäre. Bei den restlichen Tumoren wurde die Diagnose der AIG entweder nachher oder zeitgleich mit der Tumordiagnose gestellt.

Die En-bloc-Resektionsrate der ESD als Maß für die handwerkliche Güte ist vergleichbar mit den publizierten europäischen Daten. Bezüglich der R0-Resektionsrate als Maß für die korrekte visuelle Grenzziehung, visuelle Tiefenausdehnungsschätzung und handwerkliche Güte wurde, so wie auch bezüglich der kurativen Resektionsrate, im Vergleich mit anderen Studien [5, 7] bei uns ein geringerer Prozentsatz erreicht. Verglichen mit der Deutschen Registerstudie zur ESD [5] sind die Ergebnisse hinsichtlich der Blutungskomplikation vergleichbar, es wurde jedoch bei uns ein höherer Prozentsatz an Perforationen beobachtet.

Es zeigt sich eine steigende Lernkurve im Beobachtungszeitraum von 12 Jahren. Die En-bloc-Resektionsrate ist von 82,6 % in der ersten Gruppe auf 93,1 % in der zweiten und dritten Gruppe angestiegen. Das bedeutet, dass etwa nach 20 ESDs im Magen die nötige handwerkliche Qualität erreicht ist. Auch die R0-Resektionsrate ist von 52,2 % in der ersten Gruppe auf 82,8 % in der dritten Gruppe angestiegen. Daraus ergibt sich, dass nach etwa 50 ESDs im Magen die nötige Qualität der Indikationsstellung erreicht ist. Die Lernkurve flacht nach 20 bzw. 50 Eingriffen ab. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich auch im Hinblick auf die kurative Resektionsrate. Diese betrug in der ersten Gruppe 60,9 % und in der dritten Gruppe 72,4 %. Die Differenz von kurativer und R0-Resektion wird im Wesentlichen von der Tumorbiologie und weniger von der endoskopischen Qualität bestimmt. Die endoskopischen Submukosadissektionen wurden alle von 2 Endoskopikern gemacht, somit erfasst der Zeitraum ihre gesamte Lernkurve, es wurden keine frühen Fälle eliminiert. Limitationen der Studie sind das retrospektive Design sowie die kleine Ereigniszahl in unserer monozentrischen Studie.

Schlussfolgerung

Die Daten unserer retrospektiven Studie zeigen, dass die ESD im Ordensklinikum Linz nach einer gewissen Lernphase den Qualitätskriterien in Europa entspricht und somit eine sichere und effektive Methode zur Entfernung von Magenfrühkarzinomen darstellt mit dem Vorteil des Organerhalts. Die Ergebnisse, die in den letzten 3 Jahren bei uns erreicht wurden, liegen im Bereich der publizierten europäischen Daten.