Die Dysphagie und der nichtkardiale Thoraxschmerz stellen unterschätzte Symptomkomplexe dar, die von Patient*Innen lange durch unterschiedliche Coping-Strategien toleriert werden. Eine ausführliche Abklärung erfolgt daher meist erst lange nach Symptomenbeginn. Vor der Durchführung funktioneller diagnostischer Tests sollte zum Ausschluss einer morphologischen Ursache eine Ösophagoduodenoskopie erfolgen. Bis zum Beweis des Gegenteils ist eine Schluckstörung ein Alarmsymptom, das auf eine maligne Erkrankung hinweisen kann. Ohne die Entnahme von Biopsien aus der Speiseröhre kann die Untersuchung nicht als vollständig erachtet werden, da z. B. die eosinophile Ösophagitis eine wichtige Differenzialdiagnose bei Schluckstörungen darstellt.

Zur weiteren Untersuchung von Motilitätsstörungen stellt die Ösophagusmanometrie den Goldstandard dar. Mögliche Indikationen zur Durchführung einer hochauflösenden Manometrie sind in der Tab. 1 angeführt.

Tab. 1 Indikationen für eine hochauflösende Ösophagusmanometrie

Chicago-Klassifikation 4.0 – der neue diagnostische Algorithmus

Die hochauflösende Manometrie wird mit einer Sonde, bestehend aus Drucksensoren in einem Abstand von einem Zentimeter, durchgeführt. Während der Untersuchung wird die Höhe des Drucks farblich kodiert über die Länge und die Zeit aufgetragen. Die Sonde wird über die Nase eingeführt. Die optimale Positionierung beinhaltet einen Sensor oberhalb des oberen Ösophagussphinkters („upper esophageal sphincter“, UES) und 3 Sensoren im Magen unterhalb des unteren Ösophagussphinkters („lower esophageal sphincter“, LES). Anschließend sollte der Untersuchungsablauf nach einem standardisierten Vorgehen, im Idealfall nach dem Protokoll der Chicago-Klassifikation 4.0 (CCv4.0), stattfinden. Dabei werden nach einer Ruhephase insgesamt 10 Wasserschlucke zu je 5 ml in liegender Position verabreicht, gefolgt von der „Multiple Rapid Swallow“-Testung (MRS). Anschließend erfolgt der Positionswechsel ins Sitzen mit neuerlicher Ruhephase. Daraufhin werden 5 Schlucke verabreicht gefolgt von einer „Rapid Drinking Challenge“ (RDS). Im Anschluss können noch individuell nach Beschwerdesymptomatik eine Festspeisenmanometrie oder eine pharmakologische Provokation erfolgen [1].

Die Auswertung der Manometrie und die Diagnosestellung sollten nach dem Algorithmus der CCv4.0 erfolgen. Der Befund sollte die zentralen Parameter (angeführt in der Tab. 2) enthalten. Die Standardauswertung stellt nicht Gegenstand dieses Artikels dar.

Tab. 2 Wichtigste Parameter der HRM und deren Normwerte

Neu ist die Durchführung von Provokationsmanövern im Rahmen der Standarduntersuchung. Bei den „Multiple Rapid Swallows“ (MRS) wird die kontraktile Reserve und somit die Clearance-Funktion des Ösophagus bewertet. Nach 5‑maligem Schlucken von 2 ml Wasser in einem Zeitabstand der Schlucke von ≤ 2 s erfolgt im Normalfall eine stärkere Nachkontraktion mit einem höheren DCI in Relation zur Einzelschluckmessung [1]. Bei Patient*Innen mit erniedrigter kontraktiler Reserve ist z. B. die Entwicklung einer Dysphagie nach Fundoplicatio häufiger [2]. Ein Fehlen der kontraktilen Reserve ist auch bei Patient*Innen mit systemischer Sklerose oder Jackhammer-Ösophagus darstellbar [3, 4].

Das zweite Provokationsmanöver ist die „rapid drinking challenge“ (RDC). Hierbei werden 200 ml Wasser in möglichst kurzer Zeit getrunken. Im Gegensatz zur MRS wird der Ösophagus schnell mit viel Volumen gefüllt, sodass Motilitätsstörungen, insbesondere eine „EGJ outflow obstruction“, sichtbar werden können. Dies soll im Vergleich zu den kleinen Einzelschlucken eine physiologischere Schluckantwort darstellen. Normalerweise hemmt das Zuführen von mehreren Schlucken die Entstehung von überlappenden peristaltischen Wellen, die sich behindern würden. Zusätzlich bleibt der untere Schließmuskel während des Vorgangs geöffnet. Dies nennt man deglutitive Inhibierung. Bei hyperkontraktilem Ösophagus oder Achalasie kommt es zu einer Störung dieses Phänomens, was sowohl in der MRS als auch in der RDC abgebildet werden kann. Vor allem bei einer Erhöhung des IRP > 12 mm Hg während der ersten 30 s und bei der Entwicklung von panösophagealen Kontraktionen mit einer Fraktionszeit über 20 % ist von einer Ausflussbehinderung auszugehen [5]. Bei unbehandelten Achalasiepatient*Innen, aber auch bei Patient*Innen mit Rezidiv oder Therapieversagen kann durch diesen Test objektiv ein Fortbestehen der obstruktiven Komponente dargestellt werden [6, 7].

Die Simulierung einer normalen Nahrungsaufnahme mittels Festspeisenmanometrie kann vor allem in inkonklusiven Fällen eine Bereicherung der Diagnostik sein. Dabei werden z. B. 200 g Reis in möglichst kurzer Zeit gegessen. Durch die manometrische Beurteilung kann in bis zu 17 % eine ineffektive Motilität zu einem Normalbefund relativiert werden. Andererseits kann in 5 % bei Störungen der Peristaltik doch eine obstruktive Komponente festgestellt werden [8].

Weitere diagnostische Tools zur Sicherung der Diagnose

EndoFLIP

Diese neue Technik stellt eine Möglichkeit dar, die Funktion des Ösophagus bei Patient*Innen, die trotz glaubhafter Beschwerdesymptomatik einen unauffälligen Befund in der Manometrie aufweisen oder die Manometriesonde nicht tolerieren, weiter zu untersuchen. Zusätzlich kann bei unklaren Befunden in der Manometrie, wie EGJOO mit Verdacht auf Achalasie, oder auch bei nicht eindeutigen Befunden, wie Verdacht auf spastische Komponente, diese Methode eine zusätzliche Hilfestellung in der therapeutischen Entscheidung bieten.

Das System besteht aus einer Sonde mit 17 Drucksensoren (16 Paare) in einem Abstand von 0,5–1 cm. Diese werden von einem Ballon umgeben, der mit Kochsalzlösung (40–60 ml) gefüllt wird. Durch die Messung des Volumens und der Leitfähigkeit kann auf die Querschnittsfläche zurückgeschlossen werden. Durch zusätzliche Verwendung des Ballondrucks kann die Dehnbarkeit („distensibility“) eines Hohlorgans bzw. eines Sphinkterapparats bestimmt werden. Die Sonde wird während der ÖGD über den Mund oder die Nase eingeführt und unter optischer Kontrolle (endoskopisch und Monitor) im gewünschten Bereich (z. B. unterer Ösophagussphinkter) positioniert [9]. Das Endoskop sollte für die Messung entfernt werden, da sonst zu niedrige Werte gemessen werden [10]. Der Normalwert für die Dehnbarkeit des unteren Ösophagussphinkters liegt zwischen 2,1–2,9 mm2/mm Hg [11, 12], somit kann eine „distensibility“ unter 2 mm2/mm Hg als abnormal angesehen werden.

Neben der Dehnbarkeit können auch Kontraktionsmuster, die nach Dehnung des Ösophagus entstehen, ermittelt werden. Hier wird zwischen den normalen repetitiven antegraden Kontraktionen (RAC) und den pathologischen Formen, wie fehlende Peristaltik und repetitiv retrograde Kontraktionen (RRC), unterschieden. Analog zur Chicago-Klassifikation kann hier zwischen unterschiedlichen Motilitätsstörungen unterschieden werden (Abb. 1; [13]).

Abb. 1
figure 1

Pathologien nach EndoFLIP-Messung analog zur Chicago-Klassifikation. RAC repetitiv antegrade Kontraktionen, RRC repetitiv retrograde Kontraktionen

Der EndoFLIP kann auch zur Evaluierung der Therapie verwendet werden. Bei Patient*Innen mit schlechtem klinischem Ansprechen (Eckardt-Score > 3) fand sich in 92 % eine eingeschränkte Dehnbarkeit, eine Erhöhung des IRP ≥ 15 mm jedoch nur bei 42 % [11]. Steigt die Dehnbarkeit um > 1,8 mm2/mm Hg nach PD, korreliert dies mit einem guten klinischen Ansprechen [14]. Wird nach einer peroralen endoskopischen Myotomie (POEM) eine „distensibility“ zwischen 4,5 und 8,5 mm2/mm Hg erreicht, kann von einem guten klinischen Ansprechen ohne relevante Entwicklung einer GERD nach 6 Monaten ausgegangen werden [15].

Ein großer Nachteil dieser Untersuchungsmodalität ist die limitierte Verfügbarkeit. Bei unklaren Befunden oder speziellen klinischen Fragestellungen kann jedoch durch die Kontaktaufnahme mit einem Zentrum die zielgerichtete Therapie für die Patient*Innen verbessert werden.

„Timed barium esophagram“ (TBE)

Zur Evaluierung des Therapieerfolgs, aber auch zur Diagnose von Motilitätsstörungen eignet sich das konventionelle Videoschluckaktröntgen nicht, da meist keine einheitlichen Protokolle verwendet und auch nur kleine Volumina verabreicht werden. Als standardisierte Alternative kann ein „timed barium esophagram“ (TBE) durchgeführt werden [16]. Es wird ein Kontrastmittel mit niedriger Dichte in einer Menge, die keine Regurgitationen auslöst (mind. 100–200 ml), in aufrechter Position geschluckt. Im Anschluss werden Bilder zu den Zeitpunkten 0, 1, 2 und 5 min angefertigt. Neben der typischen Sektglas‑/Bird’s-beak-Form kann durch die Höhenbestimmung der Kontrastmittelsäule die Entleerungsfunktion der Speiseröhre beurteilt werden [17]. Diese sollte eine Höhe von 5 cm nach 5 min nicht überschreiten [16]. Patient*Innen mit schlechtem klinischem Ansprechen nach Therapie haben in der Verlaufskontrolle nach einem Monat eine eingeschränkte Entleerung (Abnahme < 50 % im 5 min-Bild). In 31–50 % besteht ein Missverhältnis zwischen deutlicher Symptombesserung und weiterhin bestehender Entleerungsstörung [18,19,20]. Etwa 90 % dieser Patient*Innen zeigen nach einem Jahr auch eine symptomatische Rekurrenz der Erkrankung [21].

In der initialen Evaluierung von ösophagealen Schluckstörungen kann zusätzlich eine sich selbst auflösende Bariumtablette mit 13 mm Durchmesser verwendet werden. Eine Kapselretention nach 5 min kann eine unbehandelte Achalasie in 100 % (zusätzlicher diagnostischer Gewinn 20,5 %) und eine EGJOO in 60 % (zusätzlicher diagnostischer Gewinn 48,9 %) feststellen [22].

Diagnose Achalasie: was nun?

Bei der Achalasie handelt es sich um eine primäre Motilitätsstörung des Ösophagus, die durch eine Zerstörung der inhibierenden Neurone des Plexus myentericus gekennzeichnet ist. Die Ätiologie ist bis heute noch unbekannt. Durch die Schädigung der Nervenzellen kommt es zu einer gestörten Relaxation des unteren Schließmuskels sowie, je nach Form der Achalasie, zu einer Beeinträchtigung der Peristaltik. Es können manometrisch 3 Formen unterschieden werden: die klassische Achalasie mit fehlender Peristaltik in der tubulären Speiseröhre (Typ I), die Achalasie mit mehr als 20 % panösophagealen Kontraktionen (Typ II) und die spasmodische Achalasie mit mehr als 20 % spastischen (vorzeitigen) Kontraktionen (Typ III; [1]). Die Unterscheidung der einzelnen Formen ist wichtig, da vor allem die Achalasie Typ III eines anderen Managements bedarf.

Die Prävalenz der Achalasie liegt bei etwa 10–15,7 pro 100.000 mit einer Inzidenz von 1,6–2,9 pro 100.000 Einwohner. Es besteht ein Altersgipfel zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr. Die Patient*Innen leiden an Dysphagie sowohl für Festspeisen als auch für Flüssigkeiten, Regurgitationen, Thoraxschmerz und Gewichtsverlust [16, 23,24,25]. Diese Symptome finden sich auch im Eckardt-Score wieder (siehe Tab. 3). Dieser Score wird vor allem in Studien zur Evaluierung des symptomatischen Therapieansprechens verwendet. Dabei wird ein Zielwert von ≤ 3 oder eine Reduktion um mehr als 50 % als klinisches Ansprechen gewertet [16].

Tab. 3 Eckardt-Score

Manche Patient*Innen beschreiben auch das Gefühl des „Anstehens“ – sprich: Im Verlauf der Nahrungsaufnahme kommt es zu einem Punkt, an dem sie das Gefühl haben, die Speiseröhre sei angefüllt und es ist keine weitere Nahrungsaufnahme möglich. Wird trotz dieser Symptomatik weiter gegessen, kommt es zu Regurgitationen. Die Symptome können auch als Sodbrennen missinterpretiert werden. Bei therapierefraktärer GERD sollte somit auch an eine Achalasie als mögliche Differenzialdiagnose gedacht werden. Ein besonderes Augenmerk sollte auf Patient*Innen über dem 55. Lebensjahr mit mehr als 10 kg Gewichtverlust und schneller Entwicklung (< 12 Monate) einer ausgeprägten Dysphagie (vor allem auch bei Flüssigkeiten) geachtete werden, da sich dahinter eine sog. Pseudoachalasie verstecken kann. Dies ist häufig paraneoplastisch durch Kompression oder einen infiltrativ wachsenden Tumor bedingt. Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Pseudoachalasie sollten weiterführende diagnostische Tests durchgeführt werden [16, 24].

Das Ziel der Therapie ist, die Beschwerdesymptomatik des Patienten zu verringern bzw. idealerweise zu beseitigen und die Lebensqualität zu verbessern. Eine Heilung kann nicht erzielt werden [16]. Die Wiederherstellung der Nahrungsaufnahme in ausreichender quantitativer und qualitativer Menge gehört zu den wichtigsten Aspekten. Weiters kann durch das Vermeiden von Regurgitationen der Entwicklung von rezidivierenden Aspirationspneumonien entgegengewirkt werden. Ein weiterer Punkt ist das erhöhte Risiko für die Entwicklung von Ösophaguskarzinomen (Adenokarzinome etwa 7‑fach, Plattenepithelkarzinome etwa 70-fach), das in erster Linie durch die chronische Entzündung im Rahmen der Stase bzw. Entwicklung von Reflux nach Therapie bedingt ist [16, 24]. Offizielle Surveillance-Strategien werden von den Fachgesellschaften nicht vorgelegt, jedoch wird eine regelmäßige endoskopische Kontrolle nach durchgeführter definitiver Therapie empfohlen.

Pneumatische Dilatation (PD)

Bei der pneumatischen Dilatation wird ein Ballon über einen vorgelegten Draht im Bereich des unteren Schließmuskels platziert. Die richtige Positionierung kann durch radiodichte Marker oder auch optisch mit dem Endoskop kontrolliert werden. Der Ballon wird anschließend mit Luft gefüllt (etwa 6–15 psi) und zwischen 6–180 s belassen [25, 26]. Studien zeigen jedoch, dass weder Druck noch Zeit einen Einfluss auf das Endergebnis haben. Nach Entfernung des Ballons zeigen sich in der endoskopischen Kontrolle regelhaft oberflächliche Schleimhautlazerationen mit geringen Blutungszeichen. Bei der neuerlichen Inspektion sollte vor allem auf transmurale Perforationen, die die schwerwiegendste Komplikation darstellen, geachtet werden. Das Standardprotokoll sieht vor, die Dilatation mit 30 mm zu beginnen. Eine weitere Dilatation auf 35 mm kann nach Reevaluierung des Therapieerfolgs nach einem Intervall von 2–4 Wochen durchgeführt werden. In Ausnahmefällen wird die Dilatation bei Nichtansprechen auf 40 mm erweitert. Bei Verwendung dieses Vorgehens wird eine Perforationsrate von 2–4 % beschrieben. Klinisch relevante Blutungen sind von nur geringer Bedeutung [25, 26].

In Studien zeigt sich eine initiale Effektivität von 50–93 % mit einer Abnahme auf 86 % nach 2 bzw. 84 % nach 5 Jahren. Eine Wiederholung der Dilatation gehört zum Management und kann nicht als Therapieversagen angesehen werden [26]. Das postinterventionelle Refluxrisiko wird zwischen 9 und 15 % beschrieben [23].

Laparoskopische Heller-Myotomie (LHM)

Die chirurgische Option zur Behandlung einer Achalasie stellt die Heller-Myotomie dar. Dort wird nach Präparation des gastroösophagealen Übergangs die Muskelschicht des unteren Schließmuskels mit Verlängerung nach intrathorakal durchtrennt. Anschließend folgt die Anlage einer Fundoplicatio zur Prophylaxe einer gastroösophagealen Refluxerkrankung, die als Komplikationen durch die Durchtrennung der Antirefluxbarriere entstehen kann. Die anfängliche Erfolgsrate liegt hier zwischen 60 und 94 %. Diese fällt im Verlauf nach 2 Jahren auf 90 % und nach 5 Jahren auf 82 % ab [26]. Das Refluxrisiko wird hier mit etwa 9–23 % angegeben [23].

Perorale endoskopische Myotomie (POEM)

Die neueste Therapieoption ist die perorale endoskopische Myotomie. Dabei erfolgt die Inzision der Schleimhaut im mittleren Ösophagus nach submukosalem Lifting und die Präparation eines submukosalen Tunnels in Richtung des gastroösophagealen Übergangs. Anschließend erfolgt die zielgerichtete Myotomie des LES. Die Erweiterung der Myotomie kann je nach manometrischem Bild und Typ der Achalasie unterschiedlich weit nach proximal fortgesetzt werden. Der Eingang in den submukösen Tunnel wird am Ende mit Clips verschlossen.

Schwerwiegende, jedoch seltene Komplikationen sind das Auftreten eines Pneumothorax, Pleuraergüsse, Blutung oder einer Wunddehiszenz bzw. Perforation mit konsekutiver Mediastinitis. Häufig sind Pneumoperitoneum/Pneumomediastinum oder Hautemphyseme, die jedoch postinterventionell selten zu Komplikationen führen [25]. Das Hauptproblem nach POEM ist die Entwicklung eines gastroösophagealen Reflux mit einer Rate von 18–47 %. Dieses kann jedoch meist durch eine PPI-Therapie gut behandelt werden. Ein primäres Ansprechen wird zwischen 83 und 98 % beschrieben [23, 26].

Botoxinjektion

Die Verwendung von Botoxinjektionen sollte nur für Patient*Innen gewählt werden, die Komorbiditäten aufweisen, die gegen die Durchführung einer definitiven Therapie sprechen. Im Einzelfall kann bei nicht eindeutigen Befunden ein Therapieversuch mit Botox in Erwägung gezogen werden. Dabei wird ein Soforteffekt in bis zu 77 % beschrieben, der meist zwischen 6 und 12 Monate anhält. Danach muss eine neuerliche Injektion erfolgen. Gegenüber den Vorteilen der einfachen Technik und der breiten Verfügbarkeit steht der Nachteil des „Wear-off“-Phänomens. Dies bedeutet, dass die Wirksamkeit mit der Wiederholung abnimmt. Zusätzlich wird eine Fibrose der Submukosa durch wiederholte Injektionen beschrieben, jedoch gibt es bis jetzt keine Studien, die eine Beeinträchtigung der Submukosapräparation bei anschließender POEM belegen [25].

Prinzipiell hat die Verwendung von Medikamenten, die den Druck des unteren Schließmuskels senken, keinen Stellenwert mehr in der Therapie der Achalasie. Dazu gehören Sildenafil, Isosorbiddinitrat und Nifedipin. Diese sollten nur im Ausnahmefall bei Kontraindikationen gegen eine definitive Therapie und Therapieversagen auf Botox angedacht werden [16]. Die Durchführung einer Ösophagektomie ist die allerletzte Therapieoption, die bei Patient*Innen infrage kommt, die an ausgeprägter Symptomlast leiden und bei denen keine der erwähnten Therapieoptionen trotz Wiederholung oder Wechsel eine Verbesserung erzielen kann. Dies betrifft lediglich eine Gruppe von 1–5 %. Dabei sollte auch das Operationsrisiko mit einer Komplikationsrate von 19–50 % und einer Mortalitätsrate bis 3,8 % bedacht werden [16].

Die Auswahl des „richtigen“ therapeutischen Ansatzes ist immer wieder Stoff von hitzigen Diskussionen in der Fachgesellschaft. Die meisten Effektivitäts- und Komplikationsdaten wurden im Rahmen von retrospektiven Analysen und Fall-Kontroll-Studien generiert. Daraus wurden mehrere Metaanalysen erstellt, die teilweise gewisse Therapien präferieren. Es gibt 3 große randomisierte kontrollierte Studien, die jeweils 2 der oben genannten Methoden vergleichen.

In der Vergleichsstudie zwischen PD und LHM ergibt sich eine vergleichbare Effektivität (90 % vs. 93 %, nach 2 Jahren 86 % vs. 90 %; [27]). Im Vergleich PD und POEM schneidet diese mit 54 % gegenüber 93 % deutlich schlechter ab, jedoch ist hier zu erwähnen, dass in der PD-Gruppe nur 1–2 Dilatationen durchgeführt wurden, daher auch das deutliche schlechtere Abschneiden gegenüber den vorhergehenden Studien [28]. Die letzte Studie befasst sich mit dem Vergleich zwischen POEM und LHM, in der ebenso kein klinisch signifikanter Unterschied in der Effektivität gezeigt werden konnte (94,6 % vs. 89 %, nach 2 Jahren 83 % vs. 81,7 %; [29]).

Prinzipiell werden in den Leitlinien für die Therapie der Achalasie Typ I/II die PD, die LHM und die POEM als gleichwertig erachtet. Hier sollte die Entscheidungsfindung durch ein Zusammenspiel aus patient*Innenspezifischen Charakteristika, Präferenz des*der Patient*in nach ausreichender Aufklärung, Komplikationen und Expertise des Zentrums geleitet werden. Die Achalasie Typ III nimmt eine Sonderstellung ein, da sich in Studien gezeigt hat, dass die Ansprechraten und die Langzeitergebnisse in der POEM-Gruppe deutlich besser sind. Daher wird für diese Subgruppe die Durchführung einer endoskopischen Myotomie empfohlen [16, 23, 25, 26].

Mythos EGJOO

Der sperrige Begriff der „esophagogastric junction outflow obstruction“ beschreibt ein Sammelsurium an klinischen Erscheinungsbildern, die zu einer Behinderung des Bolustransports im Bereich des Ausflusstrakts der Speiseröhre führen. Im Gegensatz zur Achalasie ist die EGJOO ein schlecht definiertes Krankheitsbild, das in der Vergangenheit immer wieder Fragen in Hinsicht auf die klinische Relevanz, das weitere diagnostische Work-up und die therapeutische Konsequenz aufgeworfen hat.

Prinzipiell kann zwischen einer primären (idiopathisch, funktionell) und einer sekundären Form (strukturell mechanisch) unterschieden werden. Mögliche Ursachen hier sind Zustände nach chirurgischen Eingriffen (Fundoplicatio oder bariatrische Chirurgie), Stenosen (benigne vs. maligne) oder Kompression von außen (Gefäß, paraösophageale Hernie, Tumor) [30,31,32,33]. Die Häufigkeit der EGJOO wird in den unterschiedlichen Studien mit einer Prävalenz zwischen 5–24 % angegeben und tritt vermehrt in der weiblichen Bevölkerung auf [30,31,32,33,34]. Als dominante Symptome stehen die Dysphagie und der Thoraxschmerz im Vordergrund [20, 30, 31, 33].

Eine wichtige Differenzialdiagnose, die bei jeder Form von Motilitätsstörung mitbedacht werden sollte, ist eine Medikamentennebenwirkung von Opiaten. Diese haben Einfluss auf den unteren Ösophagussphinkter. Sie führen zu einer Erhöhung des IRP mit Entwicklung einer relevanten Obstruktionssymptomatik und spastischen Kontraktionen der tubulären Speiseröhre. Die genannte Symptomatik ist nach Absetzen der Opiate jedoch reversibel. Es treten vor allem die manometrischen Bilder einer EGJOO, einer Achalasie Typ III und eines distalen Ösophagusspasmus gehäuft auf [35, 36].

Bei der manometrischen Diagnosestellung sollte auf folgende Aspekte geachtet werden [1, 34]:

  1. 1.

    Ein Abknicken, des Katheters im Bereich des gastroösophagealen Übergangs z. B. in einer großen axialen Hernie kann zu einer artifiziellen Erhöhung des IRP führen.

  2. 2.

    Die Standarduntersuchung sollte in mindestens 2 Körperpositionen durchgeführt werden, da sich ein erhöhter IRP in liegender Position in bis zu einem Drittel in sitzender Position normalisiert.

  3. 3.

    Das Vorhandensein eines erhöhten Intrabolusdrucks (IBP) in ≥ 20 % der Schlucke zeigt eine Passagebeeinträchtigung an und wird zusätzlich bei der Diagnose einer echten EGJOO gefordert. Die Definition des IBP variiert je nach Auswertungssystem.

  4. 4.

    Eine zusätzliche Beschreibung des Kontraktionsmusters sollte erfolgen, damit die EGJOO genauer charakterisiert werden kann. Dabei kann zwischen einer EGJOO mit spastischer Komponente (Kriterien für Achalasie Typ III nicht zur Gänze erfüllt), EGJOO mit Hyperperistaltik, EGJOO mit ineffektiver Motilität und EGJOO ohne pathologische Kontraktilität unterschieden werden.

Zur weiteren diagnostischen Abklärung können Provokationsmanöver und vor allem die RDC in Hinblick auf die klinische Relevanz nach Ausschluss einer morphologischen Ursache herangezogen werden. Dabei zeigen sich bei einer relevanten Ausflussstörung panösophageale Banden und eine Erhöhung des IRP über die Zeit der RDC [20, 37]. Die Entwicklung von Druckzonen in der tubulären Speiseröhre während der Festspeisenmanometrie zeigt neben der Entwicklung von Symptomen ebenso eine relevante EGJOO an [37]. Abseits der manometrischen Testung sollten die bereits genannten Modalitäten (TBE, EndoFLIP) zur weiteren Abklärung verwendet werden. Die Durchführung von CT-Untersuchungen oder Endosonographie bringt beim Fehlen von Alarmsymptomen nur wenig diagnostischen Benefit [34].

Die Diagnose einer EGJOO sollte nur dann gestellt werden, wenn entsprechende klinische Symptome bestehen, die oben genannten Punkte beachtet wurden bzw. ein pathologischer Befund in der weiterführenden Testung vorliegt. Mit der Einleitung einer therapeutischen Konsequenz sollte man nicht voreilig sein, da in 52–92 % der Fälle je nach Ätiologie eine spontane Remission der Beschwerdesymptomatik beschrieben wird [32]. In der Abb. 2 wird ein mögliche therapeutische Herangehensweise beschrieben. Bei leicht- bis mittelgradiger Beschwerdesymptomatik bzw. Einschränkung der Lebensqualität kann die Strategie des „watchful waiting“ durchgeführt werden. Eine Reevaluierung nach 6–12 Monaten oder bei Zunahme der Symptome ist hierbei sinnvoll. Sollte jedoch eine deutliche Beeinträchtigung vorliegen, kann ein Therapieversuch mit Botox angezeigt sein. Dabei werden unterschiedliche Ansprechraten von 30–100 % angegeben [32]. Der Vorteil dieser Modalität liegt in der Reversibilität des Effekts und kann somit als Erstbeurteilung eines Ansprechens gesehen werden. Sollte dies jedoch keinen Effekt bringen, können prinzipiell alle Modalitäten der Achalasietherapie verwendet werden, wobei am meisten Daten für die pneumatische Dilatation mit einem Ansprechen bis zu 67 % vorliegen [32, 38]. Bei spastischen und hyperperistaltischen Merkmalen sollte im Einzelfall dennoch über die Durchführung einer POEM mit den Patient*Innen gesprochen werden [39,40,41].

Abb. 2
figure 2

Möglicher Therapiealgorithmus bei EGJOO. TBE „timed barium esophagram“

Fazit für die Praxis

  • Patient*Innen mit Dysphagie und nichtkardialem Thoraxschmerz müssen ernst genommen werden. Eine weitere diagnostische Abklärung ist verpflichtend notwendig.

  • Goldstandard für Motilitätsstörungen ist die Ösophagusmanometrie. Diese soll nach validierten Standards durchgeführt und ausgewertet werden (Chicago-Klassifikation 4.0).

  • Bei unklaren Befunden kann das „timed barium esophagram“ und der EndoFLIP zusätzliche Informationen zur richtigen Diagnose geben.

  • Motilitätsstörungen sind komplexe Erkrankungen, die in Zentren mit hoher Expertise behandelt werden sollten.

  • Bei Achalasie Typ I/II werden die pneumatische Dilatation, die laparoskopische Heller-Myotomie und die perorale endoskopische Myotomie als Therapieoptionen empfohlen. Bei Typ-III-Achalasie sollte die perorale endoskopische Myotomie präferiert werden.

  • Die EGJOO ist ein uneinheitliches Krankheitsbild. Eine voreilige Therapie sollte nicht durchgeführt werden.