Die Empfehlungen wurden von einem interdisziplinären Expertinnen- und Expertengremium erarbeitet und im Rahmen eines Konsensusmeetings abgestimmt. Das Gremium setzt sich wie folgt zusammen: Assoz. Prof. PD Dr. Vanessa Stadlbauer-Köllner, ao. Univ.-Prof. Dr. Elmar Aigner, Univ.-Prof. Dr. Peter Fickert, Prim. Univ.-Prof. Dr. Markus Peck-Radosavljevic, Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Datz, Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Gschwantler, OÄ Dr. Stephanie Hametner-Schreil, Prim. Univ.-Prof. Dr. Harald Hofer, Prim. PD Dr. Andreas Maieron, Assoc. Prof. PD Dr. Thomas Reiberger, PD Dr. Albert Friedrich Stättermayer, Prim. Univ.-Prof. Dr. Thomas Stulnig, Ao. Univ.-Prof. Dr. Heinz Zoller.

Einleitung

Die Leber ist als zentrales Stoffwechselorgan bei genetischen Stoffwechselerkrankungen häufig betroffen. Durch methodische Fortschritte in der Humangenetik werden solche Erkrankungen zunehmend besser verstanden und diagnostiziert und können dadurch auch behandelt werden [1, 2]. Das klinische Spektrum an Symptomen ist weit und die Hepatosplenomegalie (HSM) ein typisches Leitsymptom. In Tab. 1 sind die wesentlichen genetischen Stoffwechselerkrankungen mit einer HSM nach Prävalenz geordnet aufgelistet. Die häufigsten genetischen Erkrankungen, mit denen HepatologenFootnote 1 konfrontiert sind, sind die Hämochromatose, der α1-Antitrypsin-Mangel und der Morbus (M.) Wilson. Aber auch andere genetische Erkrankungen können die Leber betreffen; die Diagnose wird typischerweise im Kindesalter gestellt. Mildere Verlaufsformen können aber durchaus auch erst im Erwachsenenalter manifest werden. Es kann eine kombinierte HSM vorliegen oder vorranging auch nur eines dieser Organe vergrößert sein.

Tab. 1 Hereditäre Stoffwechselerkrankungen mit fakultativer Hepatosplenomegalie

Systematische Abklärung einer HSM

Zur umfassenden Abklärung von Stoffwechselerkrankungen, die mit HSM einhergehen können, empfiehlt sich ein systematisches Vorgehen.

Die Lebergröße hängt von Geschlecht und Körpergröße ab. Sonographisch wird aufgrund einer Studie an 2080 Studienteilnehmern eine kraniokaudale Länge > 16 cm in der Medioklavikularlinie als obere Normgrenze angesehen [3]. Anatomische Varianten, wie das Vorliegen eines Riedel-Lappens, können fälschlicherweise für eine Hepatomegalie gehalten werden. Die Diagnose einer Hepatomegalie wird mittels Ultraschall und/oder Schnittbildgebung wie CT oder MRT gestellt. Auch die Milzgröße korreliert mit Geschlecht und Körpergröße, der Zusammenhang ist jedoch weniger ausgeprägt als bei der Leber. Die obere Normgrenze der Milzgröße (kraniokaudale Länge) anhand einer Kohorte von 1230 Gesunden liegt bei Frauen bei 12,3 cm und bei Männern bei 14,5 cm, es sollte daher nicht unter einer Milzgröße von 13 cm von einer Splenomegalie gesprochen werden [4]. In der Schwangerschaft besteht eine physiologische Milzvergrößerung aufgrund der Expansion des Blutvolumens mit annähernd linearer Zunahme des Milzvolumens über die Schwangerschaft [5].

Die initiale Evaluierung einer Hepatomegalie und/oder Splenomegalie besteht aus Anamnese (hinsichtlich zugrunde liegender Risikofaktoren und Erkrankungen), körperlicher Untersuchung (Leberhautzeichen, Schmerzen durch Organomegalie, Fieber, B‑Symptomatik, Aszites, Ödeme), Blutuntersuchung (siehe Infobox 1) und einer farbcodierten Sonographie der Leber, Milz und splenoportalen Gefäßachse. Je nach Klinik und Befunden sind weitere diagnostische Schritte notwendig, z. B. kann eine hämatologische Evaluierung inkl. Zelltypisierungen und Knochenmarkaspiration/-punktion notwendig werden (siehe Tab. 2). Bei gleichzeitigem Vorliegen einer Splenomegalie müssen die Differenzialdiagnosen der Splenomegalie in Betracht gezogen werden. Eine Splenomegalie kann durch eine „Arbeitshyperplasie“, eine Infiltration oder eine Stauung erklärt werden (siehe Abb. 1; [6]).

Tab. 2 Differenzialdiagnosen der Hepatomegalie
Abb. 1
figure 1

Differenzialdiagnosen der Splenomegalie anhand der zugrunde liegenden Pathophysiologie

Lysosomale Speichererkrankungen: allgemeine Übersicht

Lysosomen sind jene intrazellulären Organellen, die den Katabolismus von Makromolekülen bewerkstelligen. Je nach Enzym kann der Abbau oder Transport von Sphingolipiden, Lipiden, Mukolipiden, Glykogen, Mukopolysacchariden und Oligosacchariden gestört sein. Es wurden > 70 Enzymdefekte und somit lysosomale Speichererkrankungen („lysosomal storage diseases“, LSD) beschrieben. Gemeinsam ist den Erkrankungen, dass es auf Basis der Mutation durch den resultierenden Enzymdefekt zur Akkumulation des jeweiligen Makromoleküls oder eines (toxischen) Metaboliten kommt. Je nach Bedeutung des betroffenen Stoffwechselschritts in Zellen oder Organen entwickeln sich die klinischen Manifestationen. Da die jeweiligen katabolen Schritte häufig in Zellen des retikulohistiozytären Systems oder in Hepatozyten verstärkt ablaufen, sind typischerweise die Leber und/oder die Milz im Rahmen von LSD betroffen [7].

Der Vererbungsmodus ist zumeist autosomal-rezessiv (Ausnahmen wie z. B. M. Fabry, x‑chromosomal). Allen LSD ist gemeinsam, dass es sich um seltene Erkrankungen handelt, die als schwere Formen bereits im Säuglings- oder Kindesalter manifest werden. Leichtere Varianten werden erst im Erwachsenenalter diagnostiziert (die LSD sind derzeit nicht im Neugeborenenscreening erfasst). Die besondere Schwierigkeit der LSD im Erwachsenenalter besteht darin, dass Beschwerden trotz der milderen Krankheitsvarianten schließlich ausgeprägt und stark einschränkend sein und zu irreversiblen Schäden führen können. Die Diagnose wird aufgrund des mangelnden Bewusstseins bei damit konfrontierten Ärzten für diese Krankheitsentitäten oft spät gestellt. Daraus resultiert regelmäßig ein langer Leidensweg, geprägt von Unklarheit auf Seiten der Patienten.

Für klinisch tätige Internisten ist es differenzialdiagnostisch notwendig, an folgende 3 im Überblick beschriebene Erkrankungen zu denken:

  • M. Gaucher;

  • saure Sphingomyelinase-Defizienz (ASMD, früher Morbus Niemann-Pick Typ B);

  • lysosomale saure Lipase-Defizienz (LAL‑D, früher Cholesterinesterspeichererkrankung, CESD).

M. Gaucher

Der M. Gaucher [8] beruht auf einem Funktionsverlust der β‑Glukozerebrosidase (Glukosylceramid-β-Glukosidase, Chromosom 1q21-1q31), die den Abbau komplexer Glykosphingolipide bewerkstelligt, die in relevanter Menge v. a. in der Membran von Erythrozyten vorkommen. Daraus ergibt sich, dass vor allem Zellen des monozytär-makrophagozytären Systems betroffen sind, die Erythrozyten abbauen. Die primär betroffenen Organe sind Milz, Knochenmark und – in geringerem Umfang – Leber, Lymphknoten und Lunge. Durch den defekten Abbau von Glukocerebrosiden kommt es zu deren Akkumulation in Makrophagen, die als „Gaucher-Zellen“ in den jeweiligen Organen imponieren. Neben der Akkumulation der Speichersubstanz weisen die Makrophagen auch einen aktivierten proinflammatorischen Phänotyp mit vermehrter Zytokinproduktion auf [9].

Man unterscheidet die nichtneuronopathische Form (Typ 1) und die akute (Typ 2) oder chronisch-neuronopathische Form (Typ 3) des M. Gaucher. In diesem Artikel sind die viszeralen Manifestationen Typ 1 und 3 bedeutungsvoll.

Klinische Manifestationen und natürlicher Verlauf der Erkrankung

Die Folgen der Speicherung in Makrophagen stehen im Vordergrund. Es resultiert eine Splenomegalie, die im Vergleich zur Hepatomegalie dominiert. Die Milz kann nur grenzwertig vergrößert sein oder auch massiv und bis ins kleine Becken reichen. Durch die Infiltration des Knochenmarks mit Speicherzellen kommt es meist im Bereich der langen Röhrenknochen zu Beschwerden des Knochen- und Gelenkapparates mit dumpfen Knochenschmerzen, osteoporotischen Veränderungen mit pathologischen Frakturen, diaphysalen Auftreibungen (Erlenmeyer-Kolben-Deformität) bis hin zu schmerzhaften Knocheninfarkten, die typischerweise auch mit schwerem Krankheitsgefühl und Fieber einhergehen (Knochenkrise, z. B. Femurkopfnekrose; Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Knochenmarkbeteiligung bei Morbus Gaucher bei einer 50-jährigen Patientin (a) und milde Splenomegalie (15,6 cm,) bei einem 55-jährigen Patienten (b). Dargestellt ist die typische Auftreibung der Diaphysen der Femora im Sinne der sog. Erlenmeyer-Kolben-Deformität, die analog zur Entstehung der Hepatosplenomegalie auf der Speicherung von Glukosylceramid in Makrophagen beruht

Laborbefunde

Aus der Verdrängung des blutbildenden Knochenmarks bzw. Splenomegalie ergibt sich eine meist milde Anämie (11–12 g/dl) und Thrombopenie (typischerweise 60–140 g/l). Weitere typische, aber nicht obligate Laborbefunde umfassen eine Hyperferritinämie (ohne erhöhte Transferrinsättigung) sowie eine Erhöhung von „angiotensin converting enzyme“ (ACE) und der sauren Phosphatase als unspezifische lysosomale Marker. Der lysosomale Aktivitätsmarker Chitotriosidase ist bei M. Gaucher am stärksten bis auf das 100- bis 1000-fache der Norm ausgelenkt [9].

Differenzialdiagnostische Überlegungen

Bei der Symptomenkonstellation von Hepatosplenomegalie mit milder Anämie, Thrombopenie, ± Hyperferritinämie, ± skelettalen Beschwerden im Erwachsenenalter sollte man an einen M. Gaucher denken. Diese Konstellation könnte irrtümlich für eine fortgeschrittene Lebererkrankung im Sinne einer Zirrhose erklärt werden.

Saure Sphingomyelinase-Defizienz, ASMD, M. Niemann-Pick Typ B

Die saure Sphingomyelinase ist für den Export von Sphingomyelin und weiteren Lipiden aus dem Lysosom erforderlich. Es kommt bei deren Störung folglich zur Akkumulation dieser Substanzen, wobei wiederum hauptsächlich Zellen des retikuloendothelialen Systems und die Hepatozyten betroffen sind. Im Vergleich zum M. Gaucher ist jedoch zusätzlich eine stärkere Beteiligung der Lunge und selten auch des Nervensystems möglich [10].

Die frühkindliche Verlaufsform der Erkrankung manifestiert sich als M. Niemann-Pick Typ A [11] mit Gedeihstörung, massiver HSM und Neurodegeneration. Für die Erwachsenenmedizin ist die viszerale Verlaufsform des M. Niemann-Pick Typ B [12] relevant.

Klinische Manifestationen und natürlicher Verlauf der Erkrankung

Trotz der unterschiedlichen zugrunde liegenden Pathophysiologie ist der klinische Phänotyp der ASMD praktisch kaum vom M. Gaucher zu unterscheiden. Die progressive Lipidakkumulation in den Zellen bedingt eine Hepatosplenomegalie mit dominanter Vergrößerung der Milz; die hämatologischen Manifestationen mit Anämie und Thrombopenie sind ähnlich wie bei M. Gaucher. Durch stärkere Beteiligung der pulmonalen Makrophagen ist eine respiratorische Insuffizienz mit Dyspnoe bei ASMD häufig. Die meisten Patienten weisen eine Neigung zur Entwicklung einer prämaturen Atherosklerose auf [13].

Laborbefunde

Neben der milden Anämie und Thrombopenie als Manifestation des Hypersplenismus und der verminderten Knochenmarkfunktion weisen Patienten eine atherogene Dyslipidämie mit v. a. niedrigem HDL-Cholesterin auf.

Differenzialdiagnostische Überlegungen

Ähnlich wie beim M. Gaucher sollte bei der Symptomenkonstellation von Hepatosplenomegalie mit milder Anämie, Thrombopenie, ± Hyperferritinämie,± skelettalen Beschwerden im Erwachsenenalter auch an eine ASMD gedacht werden, wobei eine pulmonale Beteiligung richtungsweisend sein kann.

Lysosomale saure Lipase-Defizienz, LAL-D, Cholesterinesterspeichererkrankung

Physiologisch ist die lysosomale saure Lipase (LAL) für die Hydrolyse von Cholesterinestern (CE) und Triglyzeriden (TG) verantwortlich, nach deren Aufnahme via LDL-Cholesterin-Partikel über den LDL-Rezeptor. Durch den Ausfall der enzymatischen Aktivität kommt es folglich zu einer lysosomalen Anreicherung von CE und TG in den betroffenen Zellen. Der Hauptort dieses Stoffwechselschritts liegt in Hepatozyten, weshalb die Lebermanifestation im Vordergrund steht. Makrophagen und sämtliche andere Körperzellen (und folglich Organe) sind weniger betroffen.

Klinische Manifestationen und natürlicher Verlauf der Erkrankung

Je nach Grad der Reduktion der LAL-Aktivität unterscheidet man eine schwere infantile Form der LAL‑D [14] bei Neugeborenen oder Säuglingen (früher Wolman-Krankheit) und die juvenile/adulte Variante (früher Cholesterinesterspeicherkrankheit, CESD; [15]).

Das führende Symptom ist die ausgeprägte Fettleber mit Hepatomegalie, nur in geringerem Ausmaß erfolgt die lysosomale Speicherung in Makrophagen, was eine moderate Splenomegalie bedingt. Histologisch ist in der Leberbiopsie die panlobuläre mikrovesikuläre Steatose ein wichtiger hinweisender Befund (Abb. 3). Eine mikrovesikuläre Steatose sollte immer an eine genetisch-metabolische Ursache und damit auch eine LAL‑D denken lassen, wenn eine medikamentös-toxische Schädigung (z. B. Antiepileptika, Antidepressiva via mitochondriale Toxizität) ausgeschlossen wurde.

Abb. 3
figure 3

Befund eines 26-jährigen beschwerdefreien Patienten mit Hepatosplenomegalie mit lysosomaler saurer Lipase-Defizienz (LAL-D). a MRT. b zeigt den Befund der Leberbiopsie mit dem Lysosomenmarker Cathepsin D, der die generalisierte lysosomale Speicherung von Cholesterinestern und Triglyzeriden zur Darstellung bringt

Über die Speicherung von CE und TG in den Makrophagen der intestinalen Schleimhaut können Malabsorption und unspezifische GI-Beschwerden entstehen. Einerseits durch die atherogene Dyslipidämie, anderseits durch die direkte Lipidspeicherung in Endothel und Makrophagen der vaskulären Wand entwickelt sich eine prämature Atherosklerose (KHK, cAVK; [15]).

Laborbefunde

Einen typischen Befund stellt die atherogene Lipidkonstellation dar. Es zeigen sich typischerweise eine Hypercholesterinämie mit hohem LDL‑C und erniedrigtem HDL‑C sowie eine variable Hypertriglyzeridämie. Diese Laborkonstellation liegt bei fehlenden Hinweisen für eine Insulinresistenz bzw. ein metabolisches Syndrom vor und bleibt auch nach Gewichtsabnahme bestehen. Die Transaminasen sind zumeist ca. um das 1,5-Fache der Norm, aber nicht obligat, anhaltend leicht erhöht.

Differenzialdiagnostische Überlegungen

Die häufigste Differenzialdiagnose ist die nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) im Kontext des metabolischen Syndroms. Auch hier liegt typischerweise die Fettleber in Kombination mit einer Dyslipidämie vor. Bei gering ausgeprägten Komponenten des metabolischen Syndroms, schlanken oder jugendlichen Patienten sollte die LAL‑D in Erwägung gezogen werden. Für die LAL‑D spricht die ätiologisch ungeklärte Fettleber in Kombination mit der Dyslipidämie (hohes LDL-C > 160 mg/dl bei Erwachsenen, niedriges HDL‑C, variabel hohe TG; [16]).

Die typischen Differenzialdiagnosen in diesem Kontext sind die familiäre Hypercholesterinämie (heterozygote FH) oder die familiär kombinierte Hyperlipidämie (FCH) oder Dyslipidämie. Bei zusätzlich vorliegender Auslenkung der Transaminasen, insbesondere führender GPT/ALT, sollte an die Möglichkeit der LAL‑D gedacht werden [16].

Diagnosesicherung von LSD

Der wichtigste diagnostische Schritt bei LSD im Erwachsenenalter ist, differenzialdiagnostisch daran zu denken! Von klinischer Seite scheint der Verdacht insbesondere dann gegeben, wenn die richtungsweisenden Laborbefunde mit Anämie, Thrombopenie, Hyperferritinämie und/oder auffälligem Lipidstatus vorliegen und diese Befunde nicht im klassischen Kontext einer fortgeschrittenen Lebererkrankung mit gesicherter Ätiologie ausreichend erklärt sind (Tab. 3).

Tab. 3 Synopsis der 3 wichtigsten lysosomalen Speichererkrankungen

Unspezifische laborchemische Marker der lysosomalen Aktivierung stellen ACE, saure Phosphatase und die Chitotriosidase dar. Die Chitotriosidase ist jedoch nur in wenigen Labors verfügbar und wird bei 5 % der Bevölkerung nicht exprimiert.

Die Diagnosesicherung erfolgt über eine Bestimmung der jeweiligen Enzymaktivität in Leukozyten oder Fibroblasten (Hautbiopsie). Bei M. Gaucher ist auch der Metabolit Lyso-GL1 als Biomarker für Diagnose und Therapieverlauf geeignet.

Die bei weitem einfachste Möglichkeit zum Screening ist die Bestimmung der Enzymaktivität mittels Trockenbluttest. Das allgemeine Prinzip der Trockenbluttests beruht darauf, dass in spezialisierten Labors die Enzymaktivität durch Metabolisierung eines Substrates analysiert wird.

Praktisches Vorgehen zur Testung auf LSD

Eine praktisch bedeutsame Weiterentwicklung für die Diagnose der LSD stellt der sog. Multitest dar, der bei Vorliegen einer ungeklärten Hepatosplenomegalie angefordert wird. Der Test wird in Österreich kostenlos über das Labor Archimed in Wien angeboten (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Anforderung des Multitests bei klinischem Verdacht auf eine lysosomale Speichererkrankung als Ursache für die ungeklärte Hepatosplenomegalie. Praktisch relevante Punkte stellen das korrekte Füllen der vorgesehenen Flächen mit der richtigen Menge an Blut (auch EDTA-Blut möglich) dar, wie auch das ausreichend lange Trocknen an Luft bei Raumtemperatur vor dem Verschluss

Praxisrelevanz:

  • Aufliegen des Multitests in der jeweiligen Ambulanz; Anforderung kostenlos über Service-Hotline: 0800 006198;

  • korrektes und ausreichendes Befüllen der Trockenblutkarte mit Blut (kapillar, EDTA-Blut);

  • Dokumentation der Kartennummer zur Befundabfrage über webportal.archimedlife.com;

  • Trocknen (zumindest 2 h, besser 4 h) bei Raumtemperatur vor Versand.

Bei verminderter Enzymaktivität ist eine Diagnosesicherung mittels Mutationsnachweis durch Sequenzierung des jeweiligen Gens indiziert.

Therapeutische Prinzipien der LSD

Entsprechend der Pathophysiologie der LSD sind als Behandlungsprinzipien Enzymersatztherapien („enzyme replacement therapy“, ERT), Substratreduktionstherapien (SRT) sowie Enzymverstärkungstherapien („enzyme enhancement therapy“, EET, Chaperontherapie) verfügbar ([17]; Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Zusammenfassung möglicher therapeutischer Prinzipien zur Behandlung von lysosomalen Erkrankungen am Beispiel Morbus Gaucher. Die EET ist aktuell für den Morbus Gaucher in Entwicklung. Die EET ist derzeit nur bei Morbus Fabry etabliert

Die ERT beruht darauf, dass in regelmäßigen Abständen das defekte Enzym im Sinne eines biotechnologisch hergestellten Enzyms substituiert wird. Je nach Kohlenhydratseitenketten des Enzyms kann diese entweder in Makrophagen (Mannose) oder Hepatozyten (Mannose-6-Phosphat) über die entsprechenden Rezeptoren aufgenommen werden. Das Enzym wird so direkt in die Lysosomen der Zielzelle geschleust und kann dort die Funktion des defekten Enzyms ersetzen. Es handelt sich hier um die erste – und am besten etablierte – Möglichkeit zur Behandlung von LSD, die für alle 3 hier genannten Erkrankungen zur Verfügung steht, wobei die Therapie der ASMD noch vor der Zulassung steht. Typischerweise erfolgt die Verabreichung alle 2 Wochen intravenös.

Dem Prinzip der SRT liegt die Hemmung der Biosynthese des schädlichen oder nicht mehr metabolisierten Metaboliten zugrunde. Für die Behandlung eines M. Gaucher ist eine orale Therapie verfügbar. Das akkumulierte Glukozerebrosid wird aus Glukose und Ceramid durch die Glukozerebrosidsynthase erzeugt und dann durch das (bei M. Gaucher defekte) Enzym β‑Glukozerebrosidase abgebaut. Durch eine pharmakologische Hemmung der Glukozerebrosidsynthase wird die Produktion von Glukozerebrosid vermindert und das akkumulierte Substrat kann durch die Restaktivität abgebaut werden [18].

Die EET wird aktuell z. B. bei M. Fabry eingesetzt, wo durch sog. Chaperone die tertiäre Struktur des mutierten Enzyms stabilisiert und dadurch die Restaktivität erhöht wird. Die so erlangte Enzymaktivität reicht häufig aus, um eine Krankheitsprogression zu vermindern oder sogar eine Besserung zu erzielen. Der Vorteil liegt auch hier in der oralen Verfügbarkeit.

Therapieerfolge bei hepatischen LSD

Die Enzymersatztherapie (ERT) wird als kausales Therapieprinzip seit den 1990er-Jahren höchst erfolgreich bei M. Gaucher eingesetzt. Binnen weniger Monate nimmt die Größe von Milz und Leber deutlich ab und das Blutbild normalisiert sich weitestgehend. Die gefürchteten Knochenkomplikationen treten nach Beginn einer ERT praktisch nicht mehr auf und die Allgemeinsymptome verschwinden prompt.

Ähnlich erfolgreich ist die Therapie bei der ASMD und der sauren Lipase-Defizienz: Bei letzterer normalisieren sich die Transaminasen in vielen Fällen bereits innerhalb von 6 Monaten, ebenso nimmt die Lebergröße rasch ab und die Dyslipidämie verschwindet.

Die für den M. Gaucher Typ 1 oral verfügbare Substratreduktiontherapie mit Eliglustat ist ähnlich erfolgreich wie die ERT. Reduktionen der Milz- und Lebergröße sowie die Verbesserung der hämatologischen Parameter sind bei therapienaiven Patienten bereits nach 9 Monaten hochsignifikant. Die Stabilität der wichtigsten krankheitsassoziierten Veränderungen bei Umstellung von ERT auf Eliglustat weist eindrucksvoll auf die vergleichbare Wirksamkeit der beiden Therapieformen hin.

Die enormen therapeutischen Erfolge der hepatischen LSD unterstreichen die hohe Bedeutung ihrer rechtzeitigen Diagnose.

Infobox 1 Sinnvolle Laboruntersuchungen zur Abklärung einer HSM

  • Blutbild inklusive Differenzialblutbild, Bilirubin, AST/GOT, ALT/GPT, GGT, AP, Albumin, Gerinnung, LDH, Cholesterin, HDL, LDL, Triglyzeride, Ferritin, Transferrinsättigung

  • Bei entsprechender Klinik Infektionsserologie: EBV, CMV, HAV, HBV, HCV, HEV, HIV

  • Zur Abklärung erhöhter Leberwerte: zusätzlich Coeruloplasmin, α1-Antitrypsin-Spiegel (Achtung, kann bei Entzündung falsch hoch sein!), Autoantikörper (antinukleäre Antikörper [ANA], antimitochondriale Antikörper [AMA], „liver-kidney microsomale“ [LKM], „soluble liver antigen“ [SLA], glatte Muskelzell-AK [ASMA]), Immunglobulin-G- und -M-Spiegel