Einleitung

Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) zählt zu den häufigsten primären Leberkarzinomen und ist weltweit das vierthäufigste Malignom und liegt hinsichtlich Karzinommortalität an zweiter Stelle [1]. Epidemiologische Daten zeigen im Gegensatz zu Asien eine deutliche Zunahme des HCC in der westlichen Welt [2]. Das HCC ist die schicksalhafte Komplikation der chronischen fortgeschrittenen Lebererkrankung. In über 90 % der Fälle entsteht das HCC in der westlichen Welt auf dem Boden einer Leberzirrhose. Das Risiko eines Leberzirrhotikers, an einem HCC zu erkranken, steigt mit der Dauer der Lebererkrankung und liegt je nach Genese und Geographie zwischen 1 und 8 % pro Jahr [1]. Neben der viralen Leberzirrhose (Hepatitis B und C) und der alkoholischen Lebererkrankung wurde in den letzten Jahren zunehmend die nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD), vor allem in Verbindung mit Diabetes mellitus, als Risikofaktor für das HCC beschrieben [3,4,5]. Als signifikant negative prädiktive Parameter stellten sich dabei ein Body Mass Index (BMI) >30 und ein Diabetes mellitus heraus [6]. Sollte sich die laufende Adipositasepidemie in den USA auch 1:1 auf Europa übertragen, ist mit einer weiteren Zunahme an HCC-Neuerkrankungen zu rechnen. Durch den Einsatz der extrem effizienten Direct-acting-antiviral(DAA)-Therapie zur Behandlung der chronischen Hepatitis C wurde zuletzt ein deutlicher Rückgang der HCV-assoziierten HCC beobachtet [7]; im Gegensatz dazu nehmen HCC auf dem Boden einer NAFLD, wie bereits erwähnt, stetig zu [8]. In den USA wird von einer >120%igen Steigerung bis 2030 ausgegangen. Ein HCC in einer nichtzirrhotischen Leber ist selten. Vor allem Patienten mit chronischer Hepatitis B (hohe Viruslast, „asiatischer“ Genotyp C, positive Familienanamnese) haben diesbezüglich ein erhöhtes Risiko; zuletzt mehrten sich auch die Berichte von HCC bei nichtzirrhotischen NAFLD-Patienten, insbesondere in Kombination mit Diabetes mellitus Typ 2 [1].

Trotz effizienter Screeningverfahren, die zu einer Diagnosestellung in einem frühen Tumorstadium mit kurativem Therapieansatz bei etwa einem Drittel der Patienten führen, präsentiert sich der größte Prozentsatz in einem fortgeschrittenen Tumorstadium, in dem die systemische Therapie den Goldstandard darstellt [9]. Gemäß internationaler Kriterien wird eine systemische Therapie sowohl bei Patienten mit einem fortgeschrittenen Stadium (Tumorstadium C nach der Barcelona-Klassifizierung [BCLC]) als auch bei Patienten in einem intermediären Stadium (BCLC-B), die einen Progress nach lokalablativen Verfahren zeigen, angewendet [10, 11].

Die in der Vergangenheit angewandten systemisch applizierten Chemotherapeutika, wie Doxorubicin, 5‑FU oder Gemcitabin, und auch hormonelle Therapien haben in kontrollierten Studien keinen Überlebensvorteil gezeigt [12,13,14]. Fortschritte im Verständnis der Hepatokarzinogenese führten zu neuen Therapieansätzen beim HCC und zum Einsatz molekularer zielgerichteter Substanzen.

Erstlinientherapie

Aufgrund der positiven Ergebnisse zweier großer randomisierter klinischer Studien stellt der Multikinaseinhibitor Sorafenib (Bayer Austria GmbH, Wien, Österreich) den Goldstandard in der Erstlinientherapie für Patienten im fortgeschrittenen (metastasierten) Tumorstadium dar. Sorafenib führte im Vergleich zu Placebo zu einer Verbesserung des medianen Überlebens von 7,9 auf 10,7 Monate und des medianen progressionsfreien Überlebens von 2,8 auf 5,5 Monate. In diesen Studien wurden allerdings nur Patienten mit kompensierter Leberzirrhose Child-Pugh-Turcotte (CPT) A inkludiert [15, 16]. Eine retrospektive Studie aus Österreich sowie eine große internationale Observationsstudie zeigten, dass auch Patienten mit (partiell) dekompensierter Leberzirrhose (CPT B) von einer Sorafenibtherapie profitieren können [17, 18]. Die Lebenserwartung bei dekompensierter Leberzirrhose (CPT C, MELD >15 – „terminales“ Stadium) ist bereits so limitiert, dass die Therapie mit Sorafenib keine zusätzliche Lebensverlängerung bewirkt. Darüber hinaus wird die Nebenwirkungsproblematik von Sorafenib – hauptsächlich Diarrhö, Hand-Fuß-Syndrom (HFS), Fatigue-Syndrom – bei diesen Patienten zum zusätzlichen Risiko. Aufgrund der potenziellen Nebenwirkungen sollte im klinischen Alltag Sorafenib vor allem bei Leberzirrhotikern mit CPT B in reduzierter Dosis begonnen und erst bei guter Verträglichkeit auf die gewünschte Dosis erhöht werden.

Nach zahlreichen Negativstudien (Erlotinib, Brivanib, Sunitinib und Linifanib) wurde alternativ zu Sorafenib 2018, basierend auf den Daten einer randomisierten Non-inferiority-Studie, Lenvatinib (Eisai GmbH, Frankfurt a. M., Deutschland) zur Erstlinienbehandlung zugelassen [19]. Das mittlere Überleben in der Lenvatinib- bzw. Sorafenibkohorte lag bei 13,6 bzw. 12,3 Monaten. In Bezug auf die sekundären Endpunkte zeigten sich für Lenvatinib jedoch statistisch signifikant bessere Werte, wie z. B. für das mittlere progressionsfreie Überleben (8,9 vs. 3,7 Monate). Das Nebenwirkungsprofil war für beide Substanzen vergleichbar; ein HFS ≥3 trat bei Sorafenib häufiger (11 % vs. 3 %) auf wie auch Diarrhöen, während eine arterielle Hypertonie vermehrt im Lenvatinibarm beobachtet wurden.

Eine vor Kurzem publizierte Phase-III-Studie (IMBRAVE 150) zeigte für die Kombinationstherapie von Atezolizumab (Roche Austria GmbH, Wien, Österreich), einem Immuncheckpointinhibitor, mit dem Vascular-endothelial-growth-factor(VEGF)-Inhibitor Bevacizumab (Roche Austria GmbH, Wien, Österreich) im Vergleich zu Sorafenib eine signifikante Verbesserung des medianen Überlebens mit einer Hazard Ratio (HR) von 0,58 (95 %-KI 61,3–73,1; [20]). Das Überleben nach 12 Monaten lag in der Atezolizumab-Bevacizumab-Gruppe bei 67,2 % in Vergleich zu 54,6 % im Sorafenibarm. Ebenso war das mittlere progressionsfreie Überleben in der Kombinationsgruppe mit 6,8 vs. 4,3 Monaten signifikant besser. Auch bezüglich Tumorresponseraten und Dauer des Ansprechens war Atezolizumab-Bevacizumab der Sorafenibtherapie überlegen (objektive Responserate: 27,3 % vs. 11,9 %; kompletter Response: 5,5 % vs. 0 %). Kein Unterschied zeigte sich bei Grad-3- und -4-Nebenwirkungen. Als häufigste schwere Nebenwirkung in der Atezolizumab-Bevacizumab-Gruppe trat bei 15,2 % eine arterielle Hypertonie auf. Aufgrund eines erhöhten Blutungsrisikos sollte vor Beginn einer Kombinationstherapie eine Definierung des Ösophagus-Fundus-Varizenstatus erhoben und bei Vorliegen eine entsprechende Therapie eingeleitet werden.

Basierend auf den Daten der IMBrave-150-Studie wurde Atezolizumab-Bevacizumab als Erstlinientherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem HCC in den USA bereits zugelassen; eine Zulassung in Europa wird in Bälde erwartet. Aufgrund der Datenlage ist zu erwarten, dass Atezolizumab-Bevacizumab als neuer Therapiestandard in der Erstlinie für das fortgeschrittene HCC in den internationalen Richtlinien Einzug finden wird.

Zweitlinientherapie

Über fast 10 Jahre blieben Bemühungen, eine Zweitlinientherapie bei Progression unter oder Intoleranz bei Sorafenib zu finden, infolge zahlreicher Negativstudien (Sunitinib, Linifanib, Brivanib, Erlotinib, Everolimus) frustran. Erst 2017 konnte mit Regorafenib (Bayer Austria GmbH, Wien, Österreich) erstmals eine Substanz mit signifikant besseren Ergebnissen im Vergleich zu Placebo in Bezug auf Gesamtüberleben (10,6 vs. 7,8 Monate) und Zeit zur Tumorprogression (3,2 vs. 1,5 Monate) in der Zweitlinientherapie nach Tumorprogression unter Sorafenib beobachtet werden [21]. Es wurden ausschließlich Patienten mit kompensierter CPT-A-Zirrhose inkludiert. In Bezug auf Sicherheit musste im Regorafenibarm die Dosis signifikant öfter reduziert (54 vs. 10 %) bzw. die Therapie abgebrochen (10 vs. 4 %) werden. Die Nebenwirkungen bezogen sich hauptsächlich auf das HFS, Diarrhö und Fatigue. Da in dieser Studie nur sorafenibtolerante Patienten eingeschlossen wurden, sollte Regorafenib aufgrund des ähnlichen Nebenwirkungsprofils nur bei Patienten, die Sorafenib in der Erstlinie toleriert haben, eingesetzt werden.

Ende November 2018 erfolgte basierend auf den positiven Phase-III-Daten einer multizentrischen placebokontrollierten Studie (CELESTIAL) die Zulassung von Cabozantinib (Ipsen Pharma GmbH, München, Deutschland) ebenfalls für die Zweitlinientherapie [22]. In diese Studie wurden nicht nur Patienten, die zuvor Sorafenib erhalten hatten, sondern auch Patienten mit Progression nach bis zu 2 anderen systemischen Therapien inkludiert. Cabozantinib führte zu einer signifikanten Verlängerung sowohl des Gesamt- (10,2 vs. 8,0 Monaten) als auch des progressionsfreien Überlebens (5,2 vs. 1,9 Monaten). Obwohl nur Patienten mit kompensierter Zirrhose (CPT A) eingeschlossen wurden, traten bei 68 % der Patienten Grad-3- oder -4-Nebenwirkungen (Placebo: 36 %) auf. Eine palmar-plantare Erythrodysästhesie sowie arterielle Hypertonie, erhöhte Serumtransaminasen, Müdigkeit und Diarrhö waren die häufigsten Nebenwirkungen. Eine Dosisreduktion war bei 62 % im Cabozantinibarm verglichen zu 13 % in der Placebogruppe notwendig bzw. ein Therapieabbruch bei 16 % vs. 3 %.

In der REACH-1-Studie wurde primär kein Überlebensvorteil von Ramucirumab (Eli Lilly GmbH, Wien, Österreich) gegenüber Placebo beobachtet, allerdings konnte eine Subgruppe von Patienten mit einem α‑Fetoprotein ≥400 ng/ml identifiziert werden, die in einer Zweitlinienbehandlung nach Sorafenib profitierten [23]. Diese Beobachtung konnte in der REACH-2-Studie bestätigt werden [24]. Sowohl das mediane Gesamt- als auch das progressionsfreie Überleben konnten durch Ramucirumab im Vergleich zu Placebo signifikant (8,5 vs. 7,3 Monate bzw. 2,8 vs. 1,6 Monate) verbessert werden. Schwere Nebenwirkungen traten bei 35 % in der Ramucirumabkohorte im Vergleich zu 29 % in der Placebogruppe auf.

Daten zu einer Drittlinientherapie liegen in der Literatur nicht vor. In diesem Setting kann nur eine individuelle Therapiewahl je nach vorangegangenem Schemata getragen durch ein Tumorboard empfohlen werden.

In sämtlichen Erst- wie auch Zweitlinienbehandlungsstudien (Tab. 1) wurden fast ausschließlich kompensierte Leberzirrhotiker inkludiert, sodass nahezu keine wissenschaftlich fundierten Daten zu Patienten mit einer (leicht) fortgeschrittenen Lebererkrankung (CPT B) vorliegen. Dies ist insofern von Wichtigkeit, da sehr häufig eine Progression der Tumorerkrankung mit einer Verschlechterung der Leberfunktion einhergeht. Dies bedeutet im klinischen Alltag, dass das Stadium der Lebererkrankung die entscheidende Rolle bezüglich einer systemischen Chemotherapie und leider in vielen Fällen eine absolute Kontraindikation darstellt. In einer kürzlich vorgestellten „Real-life“-Studie konnte gezeigt werden, dass im Zweitliniensetting aufgrund der fortgeschrittenen Leberzirrhose nur ein geringer Prozentsatz (13,1 %) tatsächlich für eine Therapie mit den oben genannten Substanzen infrage kommt [25]. Dies beweist wiederum, dass hinsichtlich der Prognose von HCC-Patienten nicht nur das Tumorstadium, sondern ganz wesentlich die Lebererkrankung per se von entscheidender Bedeutung ist.

Tab. 1 Zusammenfassung von Phase-III-Studien in der Erst- und Zweitlinientherapie beim fortgeschrittenen HCC

Die derzeit zugelassenen Therapeutika in der Erst- und Zweitlinie sowie ein möglicher Therapiealgorithmus für fortgeschrittene HCC-Patienten basierend auf der Tyrosinkinaseinhibitortoleranz und den α‑Fetoprotein-Werten (modifiziert nach Bangaru et al. [26]) sind in den Abb. 1 und 2 angeführt.

Abb. 1
figure 1

Therapieoptionen für die Erst- und Zweitlinientherapie beim fortgeschrittenen HCC. HCC hepatozelluläres Karzinom. aIn Europa noch nicht zugelassen

Abb. 2
figure 2

Therapiealgorithmus für die Zweitlinientherapie beim fortgeschrittenen HCC. Nivolumab und Pembrolizumab können bei objektiven Responseraten von 15–20 % in Erwägung gezogen werden; Phase-III-Studien zeigten jedoch keinen Vorteil im Gesamt- und progressionsfreien Überleben. HCC hepatozelluläres Karzinom (Modifiziert nach Bangaru et al. [26])

Immuntherapie – Immuncheckpointinhibitoren

In den letzten Jahren führte die Einführung der Immuntherapie zu einem großen Durchbruch in der Therapie unterschiedlichster Tumorentitäten. Auch beim hepatozellulären Karzinom konnte gezeigt werden, dass die Expression von PD-1/PD-L1 eine prognostische Bedeutung aufweist und damit eine zusätzliche Therapieoption entweder in Form einer Mono- oder als Teil einer Kombinationstherapie zur Verfügung steht.

Die „open-label“ Phase-I/-II-CheckMate-040-Dosisfindungsstudie evaluierte sowohl die Effektivität wie auch die Sicherheit von Nivolumab in der Therapie des fortgeschrittenen HCC. Im Gegensatz zu den bereits erwähnten Substanzen wurden in dieser Studie auch „gute“ CPT-B(CTP-7/8)-Patienten eingeschlossen. Bei 64 % der Patienten konnte ein Ansprechen der Therapie vor allem in der Frühphase der Therapie beobachtet werden. Bei ca. einem Viertel der Patenten zeigte sich eine sehr rasche Tumorprogression, wobei keine spezifischen Marker für diese Kohorte definiert werden konnte. Das Überleben war mit 83 % bzw. 74 % zu Monat 6 und 9 vielversprechend [27]. In einer Verlaufsbeobachtung lag das Gesamtüberleben bei sorafenibnaiven Patienten bei 57 % und bei Sorafenibvortherapierten bei 44 % mit einem mittleren Überleben von 28,6 bzw. 15,6 Monaten [28]. Fatigue, Pruritus, Hautausschlag sowie Grad-3/-4-Erhöhungen der Serumtransaminasen waren die häufigsten Nebenwirkungen, wobei kein Unterschied zwischen CPT-A- und CTP-B-Patienten gesehen wurde. In einer rezenten Phase-III-Studie (CheckMate 459) konnte jedoch kein signifikanter positiver Effekt von Nivolumab sowohl hinsichtlich des mittleren Gesamtüberlebens als auch des progressionsfreien Überlebens im Vergleich zu Sorafenib in der Erstlinie beobachtet werden [29].

Erste Ergebnisse hinsichtlich einer Therapie mit Pembrolizumab beim fortgeschrittenen HCC wurden in einer nichtrandomisierten Phase-II-Studie (KEYNOTE-224) publiziert, in der 104 Patienten (80 % mit Progression unter Sorafenib, 20 % mit Sorafenibintoleranz) inkludiert wurden [30]. Bei 17 % zeigte sich ein Ansprechen (16 % PR, 1 % CR), zu einer stabilen Tumorerkrankung kam es bei 44 %. Das mittlere Überleben lag bei 12,9 Monaten. Erhöhte Transaminasen und eine Nebenniereninsuffizienz waren die häufigsten Nebenwirkungen. Vor Kurzem wurde jedoch veröffentlicht, dass in der Phase-III-Studie (KEYNOTE-240) für Pembrolizumab in der Zweitlinie zwar ein verbessertes Gesamt- wie auch tumorfreies Überleben gesehen wurde, der Unterschied gegenüber Placebo aber statistisch nicht signifikant war [31].

Die erste positive Studie eines Immuncheckpointinhibitors, als Teil einer Kombinationstherapie, wurde vor Kurzem in der bereits erwähnten IMBrave-150-Studie veröffentlicht. Atezolizumab in Kombination mit dem VEGF-Inhibitor Bevacizumab führte im Vergleich zu Sorafenib in der Erstlinie zu signifikant besseren Ergebnissen sowohl im Gesamt- als auch im progressionsfreien Überleben [20].

Zukünftige Therapien für das fortgeschrittene HCC

In derzeit laufenden, zumeist Phase-I/-II-Studien werden Immuntherapien zumeist in Kombination mit anderen Substanzen (Tyrosinkinasehemmer, Anti-VEGF oder Anti-CTLA-4) vor allem in der Erst- und auch Zweitlinientherapie evaluiert. Vielversprechende Überlebens- und objektive Ansprechraten wurden auf der ESMO-Tagung 2019 in der Erstlinientherapie für die Kombination Pembrolizumab und Lenvatinib gezeigt wie auch auf der ASCO-Tagung 2020 für Durvalumab (Anti-PD-L1) und Tremelimumab (Anti-CTLA4). In weiteren derzeit noch laufenden Phase-II-Studien werden bzw. wurden weitere Kombinationstherapien, wie z. B. Nivolumab plus Ipilimumab plus Cabozantinib und Atezolizumab plus Cabozantinib, evaluiert [32]. Auf der Basis einer Subgruppenanalyse der multizentrischen Phase‑I/-II-CheckMate-040-Studie erfolgte im März 2020 in den USA die Zulassung für die Kombinationstherapie Nivolumab und Ipilimumab in der Zweitlinie bei sorafenibvorbehandelten Patienten. Den genauen Stellenwert dieser wie auch weiterer Therapien werden globale, multizentrische Phase-III-Studien zeigen.

Nicht nur auf dem Gebiet der Immuntherapie sind zahlreiche Studien aktiv. Auch für neuere Tyrosinkinaseinhibitoren liegen erste Ergebnisse beim fortgeschrittenen HCC vor. Auf der ASCO-Tagung 2020 wurden die ersten Daten einer Phase-II/-III-Studie zum Multikinaseinhibitor Donafenib bei Patienten mit nichtresektablem oder metastasierendem HCC in der Erstlinie vorgestellt [33]. Donafenib führte im Vergleich zu Sorafenib zu einer knapp signifikanten Verbesserung des medianen Gesamtüberlebens (12,1 vs. 10,3 Monate) und dadurch zu einer Mortalitätsreduktion von 16 %. Kein Unterscheid zeigte sich im progressionsfreien Überleben. Ebenso wurde über ein verbessertes Gesamt- (HR: 0,785) und progressionsfreies Überleben (HR: 0,471) für Apatinib, einem VEGFR-2-Blocker sowohl in der Zweitlinie nach Sorafenib als auch bei vorangegangener Chemotherapie, die keinen Stellenwert mehr in der HCC-Therapie hat, gegenüber Sorafenib berichtet [34]. Beide Studien wurden jedoch nur an chinesischen Zentren durchgeführt und inkludierten fast ausschließlich Hepatitis-B-Patienten. Daher sind weitere globale Studien vor allem an westlichen Zentren mit hauptsächlich nichtviralen Zirrhoseätiologien unerlässlich, um den Stellenwert von Donafenib und Apatinib definieren zu können.

Fazit für die Praxis

Erfreulicherweise konnte in den letzten Jahren das Armamentarium systemischer Therapien in der Behandlung des fortgeschrittenen HCC deutlich erweitert werden. In der Erstlinie steht neben Sorafenib auch Lenvatinib zur Verfügung. Die kürzlich vorgestellten Ergebnisse für die Kombinationstherapie Atezolizumab und Bevacizumab, die signifikant verbesserte Überlebens- und Ansprechraten gegenüber Sorafenib zeigten, lassen schließen, dass diese Kombination den Standard in der Erstlinie in der Zukunft darstellen wird. In der Zweitlinie sind Regorafenib, Cabozantinib und Ramucirumab zugelassen und finden je nach Tyrosinkinaseinhibitorverträglichkeit und α‑Fetoprotein-Wert ihre Verwendung.

Die Ergebnisse laufender Studien, größtenteils in Form einer Kombination verschiedenster Substanzklassen, werden mit Spannung erwartet.

Die derzeit zugelassenen Medikamente sollten nur bei kompensierter Leberzirrhose verwendet werden .