Einleitung

Weltweit spielt die nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) parallel zur Adipositasepidemie eine zunehmende Rolle. Ihre Prävalenz wird in Europa mit 24 % der Gesamtbevölkerung angegeben [1]. Je nach untersuchter Population haben 7–30 % der NAFLD-Patienten eine nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH), die mit einer erhöhten leberbezogenen Mortalität verbunden ist.

Mehrere Studien haben das Vorliegen einer höhergradigen Fibrose/Zirrhose (Fibrosestadium F3 bis F4) als wesentlichen prognostischen Faktor für leberbezogene Mortalität identifiziert [2, 3]. Bei der hohen Prävalenz der NAFLD ist eine generelle bioptische Abklärung nicht machbar; die Entwicklung nichtinvasiver diagnostischer Tests für Steatose bzw. Fibrose ist daher Gegenstand intensiver Forschung [4, 5].

Leberbiopsie – Goldstandard der NASH-Diagnostik?

Trotz großer Fortschritte bei der Entwicklung nichtinvasiver Tests kann die Diagnose NASH aktuell nur histologisch gestellt werden und die Endpunkte klinischer Studien zur NASH-Therapie (Besserung des Fibrosestadiums, Rückbildung von NASH) basieren auf (sequenziellen) Kontrollbiopsien.

Leider ist die Leberbiopsie mit einer beträchtlichen Morbidität (postinterventioneller Schmerz in 10–30 %) und einer gewissen Mortalität (ca. 0,1–0,01 %) verbunden. Darüber hinaus ist die Aussagekraft durch „sampling error“ bzw. „inter-observer error“ eingeschränkt und eine standardisierte Beschreibung der Leberhistologie mit Angabe von validierten Scores [6] in der klinischen Praxis nicht immer gewährleistet.

Einfache Fibrosetests

Einfache Fibrosetests basieren auf einer Kombination von klinischen Parametern und Routinelaborwerten, die verschiedene Aspekte der Leberfunktion reflektieren. Die Bestimmung ist kostengünstig und die Berechnung wird durch mobile Apps und/oder „website calculators“ im Internet erleichtert.

NAFLD Fibrosis Score

Angulo et al. untersuchten eine Kohorte von 733 Patienten mit nichtalkoholischer Fettlebererkrankung und entwickelten den NAFLD Fibrosis Score (NFS), der auf Alter, Hyperglykämie, BMI, Thrombozytenzahl, Albumin und AST-ALT-Ratio basiert, als Prädiktor für fortgeschrittene Fibrose (F3 bis F4; [7]).

Fibrosis-4-Index (FIB-4)

Der FIB-4-Index wurde ursprünglich an einer Kohorte von HIV/HCV-Koinfizierten beschrieben [8], aber mittlerweile sowohl bei Patienten mit HCV-Monoinfektion als auch NAFLD validiert.

$$\mathrm{FIB}-4=\left(\mathrm{AST}\times \text{Alter}[\text{Jahre}]\right)/\left(\text{Thrombozytenzahl}\,\left[\mathrm{G}/\mathrm{l}\right]\times \sqrt{\mathrm{ALT}}\right)$$

Unter Verwendung von oberen (>2,67) bzw. unteren (<1,30) FIB-4-Grenzwerten für eine hohe bzw. geringe Vortestwahrscheinlichkeit auf eine fortgeschritten Fibrose (F3 bis F4) können ca. 60 % der Patienten mit NAFLD ohne Leberbiopsie korrekt klassifiziert werden [9]. Vergleichende Studien zeigten eine etwas höhere diagnostische Genauigkeit von FIB‑4 als NFS [9, 10]. Eine automatische Berechnung und Ausgabe des Werts kann im klinischen Labor relativ einfach implementiert und für die klinische Praxis hilfreich eingesetzt werden.

eLIFT

Französische Autoren entwickelten einen weiteren, auf Routineparametern basierenden Fibrosetest, den „easy liver fibrosis test“ (eLIFT), an einer großen Kohorte von Patienten mit chronischer Lebererkrankung (vorwiegend Hepatitis C und NAFLD; [11]; Tab. 1). Für eLIFT (Cut-off-Wert ≥8 Punkte) wurde eine ähnliche Treffsicherheit wie für FIB‑4, aber eine höhere Spezifität bei Patienten über 60 Jahre beschrieben. Diese interessanten Daten wurden jedoch noch nicht ausreichend extern validiert.

Tab. 1 Easy liver fibrosis test (eLIFT)

Hepamet-fibrosis-Score

Spanische Autoren entwickelten kürzlich den Hepamet-fibrosis-Score (HFS), der auf Geschlecht, Alter, HOMA-IR, Diabetes, AST, Albumin und Thrombozytenzahl basiert [12]. Für die Berechnung steht ein „website calculator“ zur Verfügung (hepamet-fibrosis-score.eu). Die diagnostische Performance war derjenigen des FIB‑4 überlegen (AUROC 0,85 vs. 0,80 für die Diagnose von F3 bis F4). Auch dieser Test bedarf noch weiterer externer Validierung.

Kommerzielle Fibrosetests

Fibrotest

Französische Studien identifizierten aus einer großen Zahl von Variablen bei 339 HCV-Patienten ein Panel von 5 Markern (α2-Makroglobulin, Haptoglobin, Apolipoprotein A1, GGT und Gesamtbilirubin; [13]), das als Fibrotest™ (Biopredictive, Paris, Frankreich) vermarktet wird. Die Berechnung von Fibrotest durch einen patentierten Algorithmus wird vom Hersteller in Rechnung gestellt. Ein Einsatz von Fibrotest bei NAFLD ergab AUROC von 0,74–0,81 für F3 bis F4 [14, 15].

Enhanced Liver Fibrosis (ELF)

In einer großen europäischen Multizenterstudie an 1021 Patienten mit verschiedenen chronischen Hepatopathien wurde ein Algorithmus basierend auf Hyaluronsäure, PIIINP und TIMP‑1 entwickelt [16] und als Enhanced Liver Fibrosis (ELF™) von Siemens Healthineers (Wien, Österreich) vermarktet. Bei der nichtalkoholischen Fettleber konnte dieser Test eine signifikante bzw. fortgeschrittene Fibrose zuverlässig anzeigen [17]. Mittlerweise wurde der ELF-Test in mehreren NAFLD-Kohorten validiert [10, 18, 19]. Eigene Daten bestätigen die hohe diagnostische Aussagekraft eines Cut-off-Werts von 9,8 für F3 bis F4 (PPV 70 %, NPV 90 %; [10]).

Fibrometer

Der Fibrometer-Test basiert auf α2-Makroglobulin, Hyaluronsäure, AST, Thrombozytenzahl, Prothrombinzeit, Harnstoff und Alter [20], weiterentwickelt zum FibrometerV2G (Version 2, enthält Geschlecht als zusätzliche Variable; [15, 21]) und FibrometerV3G (Version 3, enthält GGT statt Hyaluronsäure; [22]). Dieser ursprünglich für die Virushepatitis entwickelte Test wurde bei NAFLD mehrfach validiert [10, 15]; seine diagnostische Performance war dem Fibrotest überlegen [15] und dem ELF-Test vergleichbar [10]. Der Fibrometer wird von der Firma Echosens (Paris, Frankreich) – entweder als alleiniger Bluttest oder in Kombination mit Fibroscan (FibrometerVCTE, siehe unten) – kommerziell angeboten.

Physikalische Methoden (Elastographie)

Während konventionelle bildgebende Verfahren (Sonographie, CT, MRT) vorwiegend eine fortgeschrittene Zirrhose mit Zeichen der portalen Hypertension erfassen können, ermöglichen neuere Verfahren eine Messung der Lebersteifigkeit (Elastographie) als indirekten Parameter für Leberfibrose.

Transiente Elastographie (Fibroscan)

Die vibrationskontrollierte transiente Elastographie (VCTE; FibroScan™, Echosens, Paris, Frankreich) ist ein Ultraschallverfahren zur Messung der Lebersteifigkeit [23]. Ein perkutan aufgesetzter „transducer“ sendet niederfrequente Vibrationen in das Leberparenchym und aus der Geschwindigkeit der reflektierten Scherwelle wird die Lebersteifigkeit abgeleitet (Werte in kPa). Die Messung wird 10-mal wiederholt und ist nur bei geringer Streuung (IQR <30 % des Medians bei Werten >7 kPa) aussagekräftig. Werte von <7 kPa können generell als verlässlich angesehen werden, da es keine klinische Situation gibt, die die mittels VCTE gemessene Lebersteifigkeit falsch-niedrig verändert. Jedoch können andererseits falsch-hohe VCTE-Ergebnisse vorliegen (rezente Nahrungsaufnahme, mechanische Cholestase, kardiale Stauung etc.). Im Gegensatz zur Leberbiopsie wird ein relativ großer Leberzylinder von ca. 4 cm3 erfasst. Der Fibroscan ist rasch durchführbar (ca. 5 min) und relativ einfach erlernbar, allerdings ist die Messung nicht selten wegen Adipositas oder enger Interkostalräume unmöglich.

Eine französische Studie an 370 gesunden Personen ohne metabolisches Syndrom ergab einen Normbereich von 5,3 ± 1,5 kPa [24]. Zu beachten ist, dass die Cut-off-Werte je nach Ätiologie der Lebererkrankung variieren (Abb. 1). Wichtig ist auch die Wahl der richtigen Sonde: m‑Sonde für Patienten mit BMI <30 und XL-Sonde für Patienten mit BMI ≥30. Bei höhergradiger Adipositas ist die Messung trotzdem nicht selten unmöglich.

Abb. 1
figure 1

Grenzwerte zur nichtinvasiven Einschätzung von Fibrosestadien anhand der mit VCTE gemessenen Leberelastizität je nach Ätiologie der Lebergrunderkrankung. (© Echosens™, Paris, Frankreich)

Abb. 2
figure 2

Vorgeschlagener Algorithmus zur nichtinvasiven Fibrosediagnostik bei NAFLD. (Nachgedruckt aus [5] mit Erlaubnis von Elsevier). FIB-4 fibrosis-4 index, NFS NAFLD fibrosis score, LSM liver stiffness measurement, MRE MR elastography, 2D-SWE 2D shear wave elastography, ARFI acoustic radiation force impulse imaging, ÖV Ösophagusvarizen, HCC hepatozelluläres Karzinom

Nach Wong et al. besitzt der Fibroscan auch bei NAFLD hohe Treffsicherheit, als Cut-off-Wert für eine höhergradige Fibrose (F3 bis F4) wurde 8,7 kPa angegeben [25]. Eine rezente Studie an einer großen britischen Kohorte kam zu ähnlichen Daten bei etwas höheren Cut-off-Werten (F ≥ 2: 8,2 kPa; F ≥ 3: 9,7 kPa; F4: 13,6 kPa; [26, 27]). Anhand eigener Daten konnten wir hingegen 11,0 kPa als optimalen Cut-off-Wert für F3 bis F4 identifizieren [10]. Diese Unterschiede sind vorwiegend durch unterschiedliche Verteilung der Fibrosestadien in den verschiedenen Kohorten zu erklären („selection bias“).

MR-Elastographie

Die MR-Elastographie (MRE) bietet den Vorteil, größere Leberabschnitte zu erfassen, und liefert die höchste Genauigkeit unter allen nichtinvasiven Fibrosediagnostika [28]. Nachteil ist das dafür benötigte spezielle Equipment, die relativ aufwändige Durchführung und – damit verbunden – die limitierte Verfügbarkeit. Eine prospektive Studie an 117 Patienten mit bioptisch verifizierter NAFLD zeigte eine hohe diagnostische Genauigkeit für F3 bis F4 bei einem Cut-off-Wert von >3,63 kPa [29]. Im direkten Vergleich zum Fibroscan war die MRE überlegen (AUROC 0,87 vs. 0,80 für F3 bis F4; [30]).

Kombinierte Fibrosetests

Eine Kombination von blutbasierten Fibrosetests mit Fibroscan kann die diagnostische Genauigkeit erwartungsgemäß verbessern. Ein vielversprechender Test, vermarktet vom Fibroscan-Hersteller Echosens, ist der FibrometerVCTE, der ein genaueres Staging der Fibrose sowohl vs. Fibroscan alleine als auch vs. Fibrometer alleine zeigte [31].

Vergleichende Bewertung verschiedener nichtinvasiver Fibrosetests

In Tab. 2 findet sich ein Überblick der diagnostischen Genauigkeit verschiedener nichtinvasiver Fibrosetests anhand von ROC-curve-Analysen einer direkten Vergleichsstudie in einer österreichischen Kohorte von 186 NAFLD-Patienten [10]. Dabei zeigte sich eine relativ gute Treffsicherheit des einfachen, auf Routineparametern basierenden FIB‑4. Unter den kommerziellen Fibrosepanels zeigten der ELF-Test und der FibrometerV2G/V3G die beste Performance. Der FibroScan war in der „Per-protocol“-Analyse (wenn nur zuverlässige Werte herangezogen werden) den anderen Methoden überlegen, nicht jedoch in einer „Intent-to-diagnose“-Analyse (wenn auch unzuverlässige Werte herangezogen und misslungene Untersuchungen als falsch-positiv bzw. falsch-negativ gewertet werden).

Tab. 2 Diagnostische Wertigkeit von nichtinvasiven Fibrosetests bei NAFLD. Vergleichsstudie von 6 verschiedenen Fibrosetests an einer österreichischen NAFLD-Kohorte (n = 186). (Modifiziert nach Staufer et al. [10])

Quantifizierung des Leberfettgehalts

Histologisch wird der Leberfettgehalt routinemäßig semiquantitativ angegeben (Prozentsatz der verfetteten Leberzellen) und üblicherweise in 4 Klassen eingeteilt (S0: 0–5 %, S1: 5–33 %, S2: 33–66 %, S3: >66 %). Eine morphometrische Quantifizierung erlaubt eine genauere Bestimmung des Leberfettgehalts, wird aber aufgrund der aufwändigen Messung nur selten durchgeführt.

Der „controlled attenuation parameter“ (CAP) des FibroScan beruht auf Abschwächung des Ultraschallsignals durch Fett und erlaubt eine nichtinvasive Quantifizierung des Leberfettgehalts mit Cut-off-Werten von 302 dB/m für S ≥ 1, 331 dB/m für S ≥ 2 und 337 dB/m für S3 [26].

Die MR-basierte Messung des Leberfettgehalts mittels „proton density fat fraction“ (PDFF) ist im Vergleich zur MRE relativ einfach durchzuführen und ermöglicht eine sehr genaue Abschätzung des Leberfettgehalts [28]. Die MR-PDFF war in einer prospektiven Vergleichsstudie dem CAP deutlich überlegen [30].

Fazit für die Praxis

Die Hauptvorteile nichtinvasiver Fibrosetests liegen im fehlenden Risiko für den Patienten, in der Minimierung des „sampling errors“ und in der leichten Wiederholbarkeit bei Verlaufskontrollen. Einfache Tests wie der Fibrosis-4 Index (FIB‑4) eignen sich gut für das Screening von Risikopopulationen, z. B. bei Patienten mit Diabetes, wobei ein FIB-4 <1,30 eine höhergradige Leberfibrose recht zuverlässig ausschließen kann (NPV 90 %). Patienten mit FIB‑4 über diesem Grenzwert eignen sich für eine weiterführende Diagnostik im Referenzzentrum mittels Fibroscan und/oder kommerziellen blutbasierten Fibrosetests wie dem Enhanced Liver Fibrosis (ELF)-Test. Werden dabei bestimmte Cut-off-Werte überschritten (z. B. 9,7 kPa im Fibroscan oder ein ELF-Score von 9,8), besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für NASH mit höhergradiger Fibrose und eine weiterführende Leberbiopsie ist empfehlenswert. Ein ähnlicher Algorithmus wurde kürzlich von Castera et al. [5] vorgeschlagen (Abb. 2).

Solche nichtinvasiven Algorithmen bewähren sich u. a. beim „case finding“ für klinische Studien zur NASH-Therapie. Als therapeutische Konsequenz steht derzeit die Lifestylemodifikation mit Zunahme der körperlichen Aktivität und Gewichtsreduktion im Vordergrund; künftig ist mit der Zulassung neuer medikamentöser Therapieoptionen zu rechnen. Weitere Studien sind notwendig, um den Stellenwert von nichtinvasiven Fibrosetests zur Verlaufskontrolle bei NASH bzw. von therapeutischen Interventionen zu beurteilen.