Zytokine und Interferone (IFN) spielen sowohl bei der Entstehung als auch bei der Chronifizierung von systemisch-entzündlichen Erkrankungen eine entscheidende Rolle. Das Erkennen der Bedeutung dieser proinflammatorischen Mediatoren in chronisch-entzündlichen Erkrankungen, vor allem bei der rheumatoiden Arthritis (RA), führte zur Entwicklung der Biologika (bDMARD, Abkürzung für „biological disease-modifying antirheumatic drugs“). Das revolutionäre Konzept der bDMARD-Therapien beruht darauf, dass die Blockade eines Schlüsselzytokins (z. B. TNF durch Infliximab) zu einem Zusammenbruch der gesamten proinflammatorischen Zytokinkaskade führen kann. Aufgrund der Komplexität der proinflammatorischen Zytokinkaskaden mit unzähligen Protagonisten ist die Blockade eines einzigen Zytokins aber nicht immer ausreichend und erfolgsversprechend. Daher, basierend auf der Entdeckung, dass die meisten proinflammatorische Zytokine und IFN bei der intrazellulären Signaltransduktion auf gerademal 4 sog. Januskinasen (JAKs) angewiesen sind, entstand die Idee, spezifische Inhibitoren gegen genau diese Kinasen zu entwickeln. Hintergedanke war natürlich, dass man mit nur einem Inhibitor, im Unterschied zu den bDMARDs, Signaltransduktionswege mehrerer pathogener Zytokine und IFN ausschalten kann. JAKs sind Enzyme, welche an den intrazellulären Teil von Zytokin- und IFN-Rezeptoren gebunden sind. Es gibt 4 verschiedene JAKs: JAK1, JAK2, JAK3 und TYK2. Aufgrund ihrer Struktur mit einer doppelten Kinasedomäne, von der die N‑terminale Domäne aber inaktiv ist (sog. Pseudokinasedomäne), wurden sie nach dem doppelgesichtigen römischen Gott Janus, dem Namensgeber des Monats Januars, Hüter von Ein- und Ausgängen, der Türen und der Tore, benannt. Ein überaus gut gewählter Name für Kinasen, die entscheidend an der Signaltransduktion von extrazellulär über die Zellmembran („Schwelle“) ins Innere der Zelle beteiligt sind. Die Weiterleitung des Rezeptoraktivierungssignals erfolgt von Seiten der JAKs immer paarweise. So aktiviert IL‑6 nach Andocken an den IL-6-Rezeptor JAK1 und JAK2, IL‑2 wiederum JAK1 und JAK3, während IL-12 und IL-23 auf JAK2 und TYK2 angewiesen sind. Wichtig für die Funktion von JAKs ist ihre Fähigkeit zur Auto- und Transphosphorylierung (Abb. 1). Im Rahmen der Transphosphorylierung werden Phosphatgruppen innerhalb eines JAKs oder auf andere JAKs übertragen. Aktivierte JAKs phosphorylieren/aktivieren dann STATs (Abkürzung für das englische „signal transducer and activator of transcription“). Ähnlich wie bei den JAKs werden verschiedene STATs unterschieden, wobei ein Zytokin oder IFN verschiedene STATs aktivieren kann. Es sind 7 verschiedene STATs bekannt (STAT1, STAT2, STAT3, STAT4, STAT5A, STAT5B und STAT6). Nach Aktivierung durch JAKs bilden STATs Homo- oder Heterodimere. IL‑6 führt zur Bildung von STAT3 Homodimere, IFN-α zu STAT1/STAT2-Heterodimere, während nach Stimulierung mit IFN‑γ STAT1-Homodimere gebildet werden. Wie der Name schon ausdrückt, handelt es sich bei STATs um Transkriptionsfaktoren, welche, einmal aktiviert, in den Zellkern wandern, dort an spezifische DNA-Abschnitte binden und die Expression von Zielgenen regulieren (Abb. 1). Aus den genannten Gründen kann nun durch gezielte Blockade eines einzelnen JAKs die Signaltransduktion mehrerer proinflammatorischer Mediatoren zur gleichen Zeit unterbunden werden. Inhibiert man z. B. JAK3, so kommt es zu einer Blockade der Signaltransduktion aller Zytokine, die auf die gemeinsame γ‑Kette, eine Zytokinrezeptor-Untereinheit, angewiesen sind. Hierzu zählen IL‑2, IL‑4, IL‑9, IL-15 und IL-21. Eine JAK1-Blockade führt zu einer Abschwächung der Signaltransduktion von z. B. IL‑6, IFN-α und IFN‑γ. Manche Nebenwirkungen von JAK-Inhibitoren lassen sich dadurch erklären, dass JAKs, insbesondere JAK2, auch für die Signaltransduktion von GM-CSF, Erythropoietin und Thrombopoetin notwendig sind. Andrerseits sind JAK2-Inhibitoren wie Ruxolitinib gerade bei hämatologischen Erkrankungen mit einer Gain-of-function-Mutation in JAK2 sehr wirksam. Die Bedeutung des JAK-STAT-Signaltransduktionsweg für entzündliche Erkrankungen zeigt sich unter anderem im Phänotyp von Knockoutmäusen wie auch in der Assoziation von Mutationen und Polymorphismen in JAKs und STATs mit Autoimmunerkrankungen. Krankheitsassoziierte Polymorphismen von JAK2 wurden beim systemischem Lupus erythematodes (SLE), STAT4-Varianten bei der RA gefunden. Kinder mit angeborenen JAK3-Mutationen leiden an schweren Immundefekten. Der Zusammenhang zwischen JAK3-Mutationen und Immundefekten führte eben zur der Idee, dass eine JAK-Hemmung bei Erkrankungen mit erhöhter JAK-Aktivität zu einer dosierbaren Immunsuppression führen müsse. Tatsächlich wurde Tofacitinib ursprünglich als selektiver JAK3-Inhibitor entwickelt. Infolge stellte sich aber heraus, dass Tofacitinib neben JAK3 gleichsam JAK1 und teilweise auch JAK2 hemmt. Später wurden weitere JAK-Inhibitoren mit unterschiedlicher JAK-Selektivität entwickelt, wie z. B. Baricitinib, welches hohe Selektivität für JAK1 und JAK2 aufweist. Mit der Intention etwas nebenwirkungsärmere Medikamente zu entwickeln, wurde dann eine Verbesserung der Selektivität angestrebt. Die 2 JAK1-selektiven Moleküle, Upadacitinib und Filgotinib, sind Produkte dieser Entwicklung.

Erste Generation JAK-Inhibitoren

Ruxolitinib war der erste JAK-Inhibitor, der von der EMA und der FDA zugelassen wurde. Entwickelt wurde der JAK2-Inhibitor Ruxolitinib für die Behandlung der Myelofibrose, einer hämatologischen Erkrankung, die durch eine JAK2-Gain-of-function-Mutation gekennzeichnet ist. Neben JAK2 hemmt Ruxolitinib auch JAK1 und ein Teil seiner Wirksamkeit ist wahrscheinlich auch darauf zurückzuführen. Ruxolitinib besitzt auch antiinflammatorische Eigenschaften und wurde rezent von der FDA zur Behandlung der akuten Abstoßungsreaktion zugelassen.

Tofacitinib wurde ursprünglich als selektiver JAK3-Inhibitor entwickelt. Die Idee, dass eine JAK3-Blockade zu einer Immunsuppression führen könnte, beruht auf der Beobachtung, dass Kinder mit angeborenen JAK3-Mutationen an schweren Immundefekten leiden. Tatsächlich stellte sich später heraus, dass Tofacitinib gleichsam JAK1, JAK3 und teilweise auch JAK2 hemmt. Tofacitinib kann somit als Pan-JAK-Inhibitor bezeichnet werden. Entsprechend blockiert Tofacitinib die Signaltransduktion von IL‑6, IFN‑γ und von Zytokinen, deren Rezeptoren die gemeinsame γ‑Kette tragen, wie z. B. IL‑2. Die Halbwertszeit von Tofacitinib ist besonders kurz, weshalb es 2‑mal tgl. oder in retardierter Form eingenommen werden muss. Die übliche Dosierung von Tofacitinib liegt bei RA und PsA bei 2‑mal 5 mg/Tag. Bei der Colitis ulcerosa (CU) wird mit einer Dosierung von 10 mg 2‑mal/Tag begonnen und später auf 2‑mal 5 mg/Tag reduziert. Tofacitinib wird zu einem wesentlich Teil hepatal, aber auch renal eliminiert und kommt daher in reduzierter Dosis auch für schwer niereninsuffiziente Patienten in Frage. Tofacitinib wurde zuerst in der RA geprüft und dann auch zugelassen. Der Vergleich zwischen Tofacitinib und Adalimumab in Patienten mit MTX-Therapie zeigte, dass Tofacitinib dem TNF-Blocker nicht unterlegen ist. In 2 Studien wurde gezeigt, dass Tofacitinib für die Behandlung der Psoriasis-Arthritis (PsA) effektiv ist, was dann auch zur Zulassung bei dieser entzündlichen Gelenkerkrankung führte. Wirksam ist Tofacitinib auch gegen Plaque-Psoriasis. Zuletzt wurde eine Effektivität von Tofacitinib für die axiale Spondyloarthritis (axSpA) gezeigt. Seit August 2018 ist Tofacitinib für Erwachsene mit einer mittelschweren bis schweren aktiven Colitis ulcerosa (CU) zugelassen. Interessanterweise gab es zwischen Placebo und Tofacitinib keinen Unterschied bei Morbus Crohn.

Baricitinib inhibiert, ähnlich wie Ruxolitinib, JAK1 und JAK2. Entsprechend der Funktion dieser JAKs blockiert Baricitinib die Wirkung von IFN‑γ, IL‑6, IL-12/23. Die Effektivität von Baricitinib bei der RA wurde in zahlreichen Studien gezeigt. Seit 2017 ist Baricitinib zur Behandlung der RA zugelassen. In einer Phase-3-Studie war Baricitinib gegenüber dem TNF-Blocker Adalimumab sogar überlegen. Baricitinib wird einmal täglich (4 mg) eingenommen. Bei chronischen Infekten oder anhaltender Kontrolle der Krankheitsaktivität kann auch eine Dosis von 2 mg pro Tag eingenommen werden. Da Baricitinib hauptsächlich renal eliminiert wird, ist eine Reduktion der Dosis von 4 mg/Tag auf 2 mg/Tag bei einer Kreatinin-Clearance zwischen 30–59 ml/min empfohlen. Unter einer Kreatinin-Clearance von 30 ml/min. wird von einer Therapie mit Baricitinib abgeraten. Nach einer erfolgreichen Studie, in der Baricitinib Entzündung, Juckreiz und „quality of life“ verbesserte, wurde es für die atopische Dermatitis zugelassen. Baricitinib dürfte auch bei SLE wirken. Phase-3-Studien laufen derzeit. Bisher wurden keine Studien bzgl. Baricitinib als Therapie für PsA, axSpA, CU oder Morbus Crohn publiziert.

Next-Generation-JAK-Inhibitoren

Mit der Intention, etwas nebenwirkungsärmere Medikamente zu entwickeln, wurde in weiterer Folge eine Verbesserung der Selektivität der JAK-Inhibitoren angestrebt. Die 2 JAK‑1 selektiven Moleküle, Upadacitinib und Filgotinib, sind Produkte dieser Idee. Es muss angemerkt werden, dass Next-generation-JAK-Inhibitoren eine hohe In-vitro-Selektivität zeigen, diese aber nicht als absolut anzusehen ist. Bisherige Studien weisen darauf hin, dass die Effektivität zwischen Next-generation- und Erstgeneration-JAK-Inhibitoren bei der RA, soweit sich das studienübergreifend überhaupt beurteilen lässt, ähnlich ist. Interessanterweise gibt es aber Unterschiede bei anderen Erkrankungen. So ist Filgotinib z. B. bei Patienten mit Morbus Crohn wirksam, während dies für Tofacitinib nicht gilt.

Upadacitinib ist ein JAK1-selektiver Inhibitor mit Wirksamkeit in der RA, PsA und axSpA. Für diese Indikationen ist Upadacitinib bereits zugelassen. Upadacitinib wird als Retardtablette mit 15 mg einmal am Tag eingenommen. Bei der RA war Upadacitinib gemeinsam mit MTX einer Therapie von MTX und Adalimumab statistisch überlegen. In einer PsA-Studie von Patienten mit unzufriedenem Ansprechen auf Nichtbiologika war Upadacitinib 15 mg/Tag Adalimumab nicht unterlegen. Eine Wirksamkeit von Upadacitinib konnte auch in PsA-Patienten, die nicht auf bDMARDs angesprochen haben, gezeigt werden. Bei axSpA konnte die Wirksamkeit von Upadacitinib bei Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf NSAR belegt werden. Auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ist Upadacitinib wirksam. Upadacitinib wird unmetabolisiert zu fast gleiche Teilen im Urin und über den Stuhl ausgeschieden. Eine Niereninsuffizienz hat daher kaum Effekt auf die Upadacitinib-Exposition. Für Upadacitinib ist daher bei leichter bis mittelschwerer Niereninsuffizienz keine Dosisanpassung notwendig. Bei schwerer Nierenfunktionsstörung soll Upadacitinib mit Vorsicht verordnet werden. Untersuchungen zu Upadacitinib bei terminaler Niereninsuffizienz gibt es bisher aber nicht.

Filgotinib ist ein selektiver Inhibitor von JAK1. Wirksamkeit wurde für RA, PsA und Morbus Crohn gezeigt. Seit 2020 ist Filgotinib zur Behandlung der RA zugelassen. Bei der RA war Filgotinib in Kombination mit MTX, Adalimumab + MTX nicht unterlegen. Filgotinib wird als Tablette 200 mg/Tag einmalig eingenommen. Filgotinib wird umfangreich metabolisiert. Die hierbei entstandenen Metabolite sind weniger potent als die Ausgangssubstanz. Filgotinib und seine Metabolite werden fast ausschließlich renal eliminiert, weshalb bei mittelschwerer bis schwerer Nierenfunktionsstörung eine Halbierung der Dosis empfohlen wird. Die Einnahme von Filgotinib bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung wird nicht empfohlen.

Nebenwirkungen von JAK-Inhibitoren

Aufgrund der wichtigen Rolle von Zytokinen und IFN bei der Infektabwehr ist es nicht verwunderlich, dass eine der Hauptnebenwirkungen von JAK-Inhibitoren Infektionen darstellen. Am häufigsten kommt es zu Infekten des Nasenrachenraums, des oberen respiratorischen Traktes sowie zu Gastroenteritiden. Weiterhin kann es zu einer Reaktivierung einer Varizella-Zoster-Virusinfektion kommen. Die Rate an Reinfektionen ist höher als bei bDMARD und wird durch gleichzeitige Therapie mit Glukokortikoide und/oder MTX weiter erhöht. Die Häufigkeit an anderen schweren oder opportunistischen Infektionen zu erkranken, ist bei JAK-Inhibitoren und bDMARD vergleichbar. Unter JAK-Inhibitoren dürfte es auch ein erhöhtes Risiko für Thrombosen und Pulmonalembolien geben, weshalb bei Patienten mit gewissem Risikoprofil besondere Vorsicht geboten ist. Weiterhin können unter JAK-Inhibitoren Blutbildveränderungen, wie z. B. Lymphopenien, auftreten, weshalb regelmäßige Blutbildkontrollen empfohlen werden.

JAK-Inhibitoren haben sich mittlerweile als Therapieoption bei verschiedenen entzündlichen Erkrankungen etabliert (Tab. 1). Aufgrund ihrer breiten antiinflammatorischen Wirkung erweitern sich die Indikationen für diese Inhibitoren stetig. Zusätzlich wurden durch die Entwicklung von Zweitgeneration-JAK-Inhibitoren Fortschritte hinsichtlich Selektivität erzielt.

Abb. 1
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Schematische Darstellung der JAK-STAT-Signaltransduktionskaskade. 1. Januskinasen (JAK) sind rezeptorgebundene Kinasen. 2. Die Bindung eines Zytokins oder Interferons (IFN) führt zur Phosphorylierung von JAKs und des Rezeptors. 3. STATs („signal transducer and activator of transcription“) binden an den phosphorylierten Rezeptor und werden ebenfalls phosphoryliert/aktiviert. 4. Die phosphorylierten/aktivierten STATs bilden Homo- oder Heterodimere, wandern in den Zellkern und regulieren dort die Genexpression. IFN Interferon, JAK Januskinase, STAT „signal transducer and activator of transcription“

Tab. 1 Zulassung von JAK-Inhibitoren