Magnesium spielt eine Schlüsselrolle für viele verschiedene Vorgänge im Körper und ist zum Beispiel essenziell bei der Kommunikation zwischen den Muskel- und Nervenzellen, im Energiestoffwechsel und als Mineralstoff beim Aufbau der Knochen und Zähne. Obwohl bereits 1697 Magnesiumsulfat, besser bekannt als Bittersalz oder Epsom-Salz, bei der Behandlung von Krämpfen oder Magenschmerzen angewendet wurde, ist das Mysterium rund um Magnesium und dessen Aufgaben im Körper noch lange nicht vollständig enthüllt. Dies liegt sicher auch daran, dass der Mangel an Magnesium erst spät im Serum zum Tragen kommt.

Grundsätzlich führt ein Magnesiummangel zu einer leichten Entzündungsreaktion, welche der Fettgewebsentzündung bei Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) ähnlich ist und damit ein prädisponierender Faktor für das metabolische Syndrom darstellt. Bei Erwachsenen wird Übergewicht (BMI von 25,0–29,9 kg/m2) und Adipositas (≥ 30 kg/m2) über den BMI definiert, während bei Kindern und Jugendlichen (0–19 Jahre) Berechnungstabellen abhängig vom Alter herangezogen werden [1]. Im Gegensatz zu Erwachsenen wurde in einer prospektiven Studie in adipösen Jugendlichen gezeigt, dass eine erhöhte diätetische Magnesiumzufuhr mit einem geringeren Risiko für die Entwicklung des metabolischen Syndroms verbunden ist.

Weltweit kommt es zu einem dramatischen Anstieg an übergewichtigen und adipösen Menschen. Auch die Zahl der übergewichtigen und adipösen Kinder und Jugendlichen steigt dramatisch an und wurde 2016 mit einer alarmierenden Zahl von 340 Mio. weltweit eruiert. Ein Zusammenhang zwischen Übergewicht bzw. Adipositas und Knochenfrakturen ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Einerseits ist bekannt, dass die Koordination von übergewichtigen Kindern und Jugendlichen schlechter ist als bei normalgewichtigen Gleichaltrigen [2], was eine erhöhte Frakturanfälligkeit bedeutet. Andererseits ist Übergewicht oftmals mit Symptomen des metabolischen Syndroms verbunden und kann mit Mangelerscheinungen, nämlich dem Magnesiumdefizit, verbunden sein, welches auch den Knochenstoffwechsel betreffen kann und das Frakturrisiko steigen lässt.

In einer der wenigen Arbeiten, die es in diesem Gebiet gibt, konnte bereits ein Zusammenhang zwischen dem metabolischen Syndrom und der Entwicklung eines Magnesiumdefizits hergestellt werden [3,4,5]. Ob diese Entzündungsreaktion der osteoimmunologische Schlüsselmechanismus zwischen Übergewicht, Magnesiummangel und der Knochenbrüchigkeit in Kindern oder Jugendlichen ist, wird in diesem Beitrag anhand der Literatur aufgearbeitet und umfasst folgende Abschnitte:

  • Die Geschichte von Magnesium,

  • dessen Rolle im Knochenstoffwechsel,

  • Magnesiumdefizit

  • und dessen Verbindung zu Übergewicht und Adipositas.

Zusätzlich werden Vergleiche zu Studien im Erwachsenenalter gezogen und ein Ausblick geschaffen, was die Wissenschaft und Medizin noch nicht weiß und wo die Forschung verstärkt ansetzen sollte.

Die Geschichte von Magnesium

Verfolgt man die Geschichte von Magnesium (Mg2+), findet man erste Informationen über die Anwendung von Mg2+ in der Humanmedizin bereits im Jahr 1697. Bereits damals wurde Mg2+ in Form von Magnesiumsulfat, der Hauptbestandteil von Bittersalz oder Epsom-Salz, zur Behandlung von Verstopfungen, Bauchschmerzen oder Verstauchungen von Dr. Nehemiah Grew angewendet [6]. Im Jahr 1755, also 58 Jahre nach der ersten dokumentierten Anwendung von Magnesiumsulfat in der Humanmedizin, wurde das Element Mg von Joseph Black anerkannt und schließlich im Jahr 1808 von Sir Humphrey Davy isoliert [7]. Erst über ein Jahrhundert später, im Jahr 1920, entdeckte Willey Glover Denis Mg2+ im Blutplasma. In weiteren Studien wurde die essenzielle Rolle hinsichtlich des Überlebens zuerst von Mäusen und dann vom Menschen berichtet. Hirschfelder und Haury untersuchten die Mg2+-Konzentration im Blutplasma und Urin von Männern nach der Einnahme von Epsom-Salz und konnten damit die Exkretion von Mg2+ über die Nieren und das sogenannte Mg2+-Defizit zum ersten Mal beschreiben [6, 8]. Bis heute wird das Mg2+-Defizit mit verschiedenen Erkrankungen in Verbindung gebracht, darunter Migräne, kardiovaskuläre Erkrankungen, Alzheimer, Diabetes, Insulinresistenz oder Osteoporose [9]. Obwohl diese Assoziationen bekannt sind, werden die Serum-Mg2+-Konzentrationen in der klinischen Routine nicht gemessen. Möglicherweise bezieht sich dies auf den Umstand, dass erst spät in der Klinik das Mg2+-Defizit im Serum nachweisbar wird, da der Körper immer versucht, den Mg2+-Spiegel konstant zu halten. Zur Aufrechterhaltung des Serumspiegels wird Mg2+ aus allen Reservoiren mobilisiert, weil Mg2+ essenziell für viele physiologische Vorgänge ist. Damit ist die Serum-Mg2+-Bestimmung nur bedingt geeignet, ein Defizit nachzuweisen. Diese Umstände bedingen, dass in der wissenschaftlichen Literatur oftmals eine satirische, aber auch zum Nachdenken anregende Bezeichnung für Mg2+ – „das vergessene Kation“ – herangezogen wird [6].

Magnesium, Ernährung und Knochendichte

Als vierthäufigstes Mineral ist Mg2+ im ganzen Körper verteilt, wobei mehr als die Hälfte im Knochen, etwa 39 % in anderen Organen und 1 % im Blut gespeichert wird [10]. Mg2+ muss über die Nahrung aufgenommen werden, weil der Körper überschüssiges Mg2+ nicht ausreichend speichern kann und es wieder ausscheidet. Die wichtigsten Mg2+-Lieferanten sind dabei Obst und Gemüse, wie zum Beispiel Spinat und getrocknete Früchte, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen. Jedoch zeigen Umfragen in Europa und den USA, dass die Zufuhr von Mg2+ niedriger ist als die empfohlene Tagesdosis. Dies lässt sich durch falsche Ernährung in westlichen Industriestaaten erklären [11]. Bezugnehmend auf die Daten des National Health Institutes (NIH) wird die empfohlene Tagesdosis von Kindern anhand ihres Alters und nicht ihres Geschlechts unterschieden. Ab einem Alter von 14 Jahren, wenn Kinder als Jugendliche bezeichnet werden, wird der empfohlene Tagesbedarf dann auch bezüglich des Geschlechts unterschieden (Tab. 1). Hierbei zeigt sich deutlich, dass männliche Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren bereits gleich viel Mg2+ zuführen sollten wie erwachsene Männer. Bei weiblichen Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren wird sogar eine höhere Tagesdosis an Mg2+ empfohlen als bei erwachsenen Frauen [12].

Tab. 1 Empfohlene Tagesdosis an Magnesium für unterschiedliche Altersgruppen, Männer und Frauen. (Adaptiert nach National Institutes of Health [12])

Vor allem vor der Skelettreifung ist Mg2+-reiche Nahrung für Jugendliche wichtig. Eine Studie mit gesunden, kaukasischen Mädchen und Jugendlichen zwischen 8 und 14 Jahren zeigte eine positive Korrelation zwischen ergänztem Mg2+ und Knochenmineralgehalt [13]. Eine Regressionsanalyse bei postmenopausalen Frauen mit und ohne Osteoporose ergab einen niedrigeren Mg2+-Spiegel als für beide Probandengruppen empfohlen wird. Zusätzlich wurde gezeigt, dass die Mg2+-Werte mit den individuellen Knochenmineralgehalten korrelierten [14]. In einer weiteren Studie wurde die Knochendichte von Menschen mit heller und dunkler Hautfarbe miteinander verglichen. Dabei zeigte sich eine Korrelation zwischen Mg2+-Aufnahme und Knochendichte bei Erwachsenen mit heller, aber nicht bei Menschen mit dunkler Hautfarbe. Diese Ergebnisse könnten mit verschiedenen Nährstoffreportern oder einer unterschiedlichen Regulierung von Kalzium zusammenhängen [15].

Die Rolle von Magnesium und Magnesiumdefizit

Das anorganische Mineral Mg2+ spielt nicht nur bei der Knochendichte eine wesentliche Rolle, sondern ist auch ein Schlüsselmolekül für alle lebenden Zellen im Körper. Dabei nimmt Mg2+:

  • eine zentrale Rolle für das Adenosintriphosphat als Energiequelle der Zellen ein;

  • ist ein Kofaktor für verschiedene Enzyme, welche an der Lipid‑, Protein- und Nukleinsäuresynthese beteiligt sind;

  • ist ein prominenter Kalziumantagonist;

  • und stabilisiert aufgrund seiner positiven Ladung die Zellmembranen [16].

Bei unzureichender Zufuhr von Mg2+ kommt es in erster Instanz zu einem Mg2+-Defizit, welches sich in weiterer Folge in einer Hypomagnesiämie (< 1,8 mg/dl; schwere Hypomagnesiämie < 1,25 mg/dl) manifestieren kann. Eine Hypomagnesiämie wird mit einer Veränderung der systemischen und osteoimmunologischen Eigenschaften in Verbindung gebracht. Diese Veränderungen wurden als Folge von proinflammatorischen Vorgängen, durch die Hypomagnesiämie verursacht, beschrieben. Präklinische Studien an erwachsenen Ratten mit Mg2+-Defizit zeigten eine signifikante Erhöhung von Zytokinen im Plasma bereits 3 Wochen nach eingehaltener diätetischer Mg2+-Reduktion [17]. In einer anderen Studie beschrieben die Autoren, dass es bereits nach wenigen Tagen zu einem Anstieg der proinflammatorischen Zytokine Interleukin (IL)-6 und Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α) im Plasma von Mg2+-defizienten Ratten kommt [18]. Bei Hypomagnesiämie kommt es zu einem proinflammatorisches Syndrom, welches durch die Aktivierung von Leukozyten und Makrophagen, proinflammatorischen Zytokinen, Akutphaseproteinen sowie die Überproduktion freier Radikale gekennzeichnet ist. Zusätzlich zeigt sich sehr klar, dass durch die Erhöhung von extrazellulärem Mg2+ die proinflammatorischen Effekte verringert werden.

Rude et al. beobachteten, dass die Expression der proinflammatorischen Zytokine TNF‑α und IL‑1 in Osteoklasten um 120 % bzw. 140 % anstieg, wenn 4 Wochen alte Balb/c-Mäuse über maximal 12 Tage Mg2+-defizient (0,002 % Mg) gefüttert wurden. Insgesamt konnte die Studie zeigen, dass auch die Zahl der Osteoklasten um 135 % erhöht und das Volumen der Trabekelstruktur in der Tibia der Mg2+-defizienten Tiere verringert war. Des Weiteren berechneten die Forscher die Epiphysenfugenbreite, welche bei den Mg2+-defizienten Tieren um 33 % verringert war, das Knochenwachstum war zudem reduziert [19].

Kurzfristig kann das Mg2+-Defizit durch die Mobilisation von Mg2+ an der Knochenoberfläche gepuffert werden, wodurch der Mg2+-Spiegel im Serum über Monate konstant bleiben kann. Dies ist auch der Grund, warum die Hypomagnesiämie und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf den Knochen lange unentdeckt bleiben. Das Resultat sind spröde und zerbrechliche Knochen, die ein erhöhtes Risiko für Knochenfrakturen mit sich ziehen. Bei kurzzeitigem Mg2+-Defizit (20 mg/kg Mg2+ über 17 Tage) ergab die Bewertung der Knocheneigenschaften in männlichen jungen Ratten ein vermindertes Trabekelvolumen und Knochenmineralgehalt des neu gebildeten Knochens der Metaphyse [20]. Die Fütterung einer Mg2+-defizienten Diät (90 % Mg-Reduktion) für 3 Monate führte zu einem verminderten Mg2+-und einem erhöhten Parathyroidhormonspiegel im Serum von erwachsenen Ratten. Im Vergleich zu Ratten auf Standarddiät wiesen die Ratten, die Mg2+-defizient gefüttert wurden, eine geringere Knochenmasse und -dicke des kortikalen Knochens auf [21]. In einem weiteren Rattenversuch wurden verschiedene diätetische Mg2+-Reduktionen (10 %, 25 % und 50 % des täglichen Bedarfs) verwendet, um die gängigen, diätetischen Einschränkungen des Menschen nachahmen zu können. Dabei beobachteten die Forscher den Knochenverlust, die Abnahme von Osteoblasten und eine Zunahme der Osteoklasten. Daraus folgerten sie, dass die Mg2+-Reduktion zu einer Störung des Knochen- und Mineralstoffwechsels führte und somit die Entwicklung von Osteoporose begünstigte [22].

Generell geht ein niedriges bis mittelschweres Mg2+-Defizit mit einer geringgradigen Entzündung einher, welche sowohl zum metabolischen Syndrom als auch zu den damit verbundenen Folgeerkrankungen wie Atherosklerose, Bluthochdruck, Osteoporose, verschiedenen Tumorerkrankungen oder Typ-2-Diabetes führen kann [23,24,25].

Auswirkung von Übergewicht und Adipositas auf die Knochenbrüchigkeit

Übergewicht und Adipositas entwickeln sich, wenn die Kalorienzufuhr den Energieverbrauch übersteigt, was zur Akkumulation von Fett führt. Der BMI wird häufig verwendet, um Übergewicht (25,0–29,9 kg/m2) und Adipositas (≥ 30 kg/m2) bei Erwachsenen zu definieren. Zusätzlich werden die Schweregrade der Adipositas in Subtypen unterschieden: Adipositas Grad I (30,0–34,9 kg/m2), Adipositas Grad II (35–39,9 kg/m2) und Adipositas Grad III (≥ 40,0 kg/m2; wird auch als Adipositas permagna oder morbide Adipositas bezeichnet). Ähnlich wie bei der Kalkulation der täglich empfohlenen Mg2+-Dosis muss auch bei der Berechnung des BMI bei Kindern das Alter berücksichtigt werden [1].

Im Jahr 2016 registrierte die WHO 1,9 Mrd. Erwachsene, die übergewichtig waren, und verzeichnete davon 650 Mio. mit einer Adipositas. Seit 1975 handelt es sich dabei um eine Verdreifachung der adipösen Probanden. In der Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen wurden im Jahr 2016 340 Mio. mit Übergewicht oder Adipositas registriert [1]. Vergleicht man diese Zahl der adipösen Kinder (124 Mio. im Jahr 2016) mit dem Jahr 1975 (11 Mio. fettleibige Kinder und Jugendliche), errechnet sich daraus ein 10facher Anstieg innerhalb von rund 40 Jahren. Dabei zeigt sich, dass die Zahl der adipösen Kinder in Ländern mit hohem Einkommen auf einem hohen Niveau stagniert, während der größte Anstieg in Ostasien, Nordafrika und im Nahen Osten verzeichnet wird. Begründet wird der Anstieg aufgrund der guten Verfügbarkeit von energiedichten und nährstoffarmen Lebensmitteln und der zunehmenden Inaktivität. Nichtsdestotrotz ergibt sich daraus, dass auch zukünftig die Zahl der übergewichtigen Erwachsenen steigen wird. Dies hat auch einen fundamentalen Grund: Es wurde gezeigt, dass eine 55 %ige Wahrscheinlichkeit besteht, dass übergewichtige Kinder zwischen 6 und 9 Jahren auch im Erwachsenenalter übergewichtig bleiben. Des Weiteren wurde sogar eine 67 %ige Wahrscheinlichkeit verzeichnet, dass Kinder und Jugendliche, welche im Alter zwischen 10–14 Jahren Übergewicht entwickeln, auch im Erwachsenenalter übergewichtig bleiben [26].

Adipositas ist durch eine viszerale Ansammlung von Fett charakterisiert, welche in weiterer Folge zu einer Entzündung des Fettgewebes führen kann. Es ist weitgehend akzeptiert, dass die viszerale Adipositas ein Kennzeichen des metabolischen Syndroms ist, welches eine Anhäufung von Faktoren wie Bluthochdruck, Hyperglykämie und Dyslipidämie darstellt. Das metabolische Syndrom erhöht dadurch das Risiko für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ([27]; Abb. 1). Stoffwechselstudien haben Übergewicht und Adipositas mit Insulinresistenz, Typ-2-Diabetes und Fettlebererkrankungen (z. B. „non-alcoholic fatty liver disease“, kurz: NAFLD) in Verbindung gebracht. Der niedriggradige Entzündungszustand, der mit Übergewicht und Adipositas einhergeht, ist durch die erhöhte Expression von proinflammatorischen Zytokinen (z. B. IL‑1 oder TNF-α) und C‑reaktivem Protein gekennzeichnet [28]. Übergewicht ist mit intrazellulären (Lipide, oxidativer Stress, ER-Stress) und extrazellulären Reizen (freie Fettsäuren und Zytokine) assoziiert. Durch die Stimulation von intra- und extrazellulären Reizen werden inflammatorische Signalkaskaden wie c‑Jun-N-terminale Kinase (JNK), der „inhibitor of nuclear factor kappa B kinase beta“ und insulinsignalweghemmende Signalkaskaden aktiviert [29, 30].

Abb. 1
figure 1

Die Assoziation zwischen Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) mit anderen Erkrankungen

Adipositas wird auch mit muskuloskelettalen Erkrankungen im Kindesalter einschließlich der Blount-Krankheit, Epiphysenlösung des Femurkopfs, Tibia vara und Schmerzen in Verbindung gebracht [31, 32]. Studien über den Zusammenhang zwischen Übergewicht/Adipositas und Knochenbrüchen sind jedoch nach wie vor inkonsistent. Bei Typ-2-Diabetes wurde ein erhöhtes Frakturrisiko mit Adipositas-assoziiertem Sturzrisiko, Fettgewebe-assoziierter Zytokinproduktion und Entzündungen festgestellt. Was das metabolische Syndrom betrifft, so wurde die Hyperglykämie mit einer Anhäufung fortschrittlicher Glykationsendprodukte in der Knochenmatrix assoziiert, wodurch die biomechanischen Eigenschaften des Knochens beeinflusst wurden [33, 34]. Zusätzlich wurde eine negative Korrelation zwischen Insulinresistenz und Knochenmineraldichte bei übergewichtigen Jugendlichen festgestellt. Bisher gibt es nur wenige Daten über das metabolische Syndrom bei Kindern und Jugendlichen mit vergleichbaren Ergebnissen zu Erwachsenen [35]. Die Schlüsselfaktoren des metabolischen Syndroms und deren Zusammenhang mit einem erhöhten Frakturrisiko sind noch klinisch unklar und wissenschaftlich insuffizient beantwortet.

Knochenbrüche in übergewichtigen Kindern und Jugendlichen

Frakturen der oberen und unteren Extremitäten sind in Kindern und Jugendlichen sehr häufig [36, 37]. Die Ernährung spielt eine wesentliche Rolle im Knochenwachstum sowie bei der Knochendichte und -masse. Verschiedene Studien zeigten, dass kohlensäurehaltige Getränke, wie zum Beispiel Cola, mit Knochenbrüchigkeit, Knochendichte und Hypokalziämie in Verbindung gebracht werden konnten [38]. In einer anderen, kürzlich veröffentlichen Studie wurde der Einfluss der Zusammensetzung des Weichteilgewebes auf die Knochenfestigkeit, -dichte und -struktur in Mädchen zwischen 9 und 12 Jahren evaluiert. Als Parameter wurden die Magermasse („total lean body mass“) und die Fettmasse („total body fat mass“) inkludiert und in einem 2‑Jahres-Follow-up verschiedene Knochen mittels quantitativer Computertomographie gemessen. Mithilfe eines separaten linearen Regressionsmodells konnte gezeigt werden, dass sowohl die Magermasse als auch die Fettmasse einen Einfluss auf den Knochen haben. Bei Zusammenfassung beider Faktoren konnte jedoch gezeigt werden, dass die Magermasse einen essenziellen Einfluss auf die Knochenstärke hatte und nicht die Fettmasse. Umgekehrt wurde vermutet, dass eine größere Fettmasse bei lasttragenden Röhrenknochen wie der Tibia einen positiven Effekt haben könnte, aufgrund der mechanischen Beanspruchung des Knochens, jedoch nicht in nicht-lasttragenden Regionen wie dem Radius [39]. Nichtsdestotrotz gibt es hinsichtlich des Einflusses der Fettmasse auf die Knochenmasse noch immer Bedenken. Dies ist darauf zurückzuführen, dass adipöse Kinder und Jugendlichen in Frakturgruppen, speziell der unteren und oberen Extremitäten überrepräsentiert sind [40,41,42,43,44]. Eine systematische Analyse von 6 Artikeln kam zum Schluss, dass Kinder mit Adipositas ein um 25 % höheres Risiko für Extremitätenfrakturen haben als normalgewichtige Gleichaltrige (n = 4594 Kinder; 867 adipöse; 3727 normalgewichtige Kinder) [45].

In der Pädiatrie/Kinderorthopädie findet bei Knochenbrüchen häufig eine konservative Therapie Anwendung, jedoch wird mit einer steigenden Tendenz gerne auf die chirurgische Behandlung zurückgegriffen. Speziell im Fall von übergewichtigen und adipösen Kindern sieht man eine höhere Wahrscheinlichkeit, chirurgisch zu behandeln, als bei normalgewichtigen Gleichaltrigen [46]. Dies liegt möglicherweise daran, dass redressierende Verbände schwieriger korrekt anzulegen sind, aber auch die korrekte Reposition in einer konservativen Therapie schwieriger zu erreichen ist, da die dazu notwendigen manipulativen Manöver nur unzureichend durchgeführt werden können (starker Weichteilmantel um die Knochen). Eine Studie zeigte, dass suprakondyläre Humerusfrakturen mit einer 4‑mal höheren Wahrscheinlichkeit chirurgisch behandelt werden. Zudem erfordert die postoperative Behandlung eine engmaschigere Überwachung [47]. Es ist bekannt, dass bei der Verabreichung der Anästhesie sorgfältiger ausgewählt werden muss, weil das Risiko für respiratorische und kardiovaskuläre Ereignisse bei übergewichtigen oder adipösen Patienten erhöht ist. Dies hat seine Ursache in der bekannten Tatsache, dass Anästhesiemittel leicht in das Fettgewebe abfluten und dann wieder mobilisiert werden. Die Behandlung hat insgesamt auch ökonomische Auswirkungen: Wenn sich der Krankenhausaufenthalt verlängert bzw. die Nachuntersuchung engmaschiger stattfinden muss (z. B. Sekundärverlust der Redression), erhöhen sich die damit verbundenen Kosten. In einer anderen retrospektiven Studie wurden übergewichtige und adipöse mit normalgewichtigen Gleichaltrigen zwischen 2 und 17 Jahren hinsichtlich der Eigenschaften, Behandlung und Komplikationen von Unterarmfrakturen miteinander verglichen. Im Gegensatz zu anderen Studien zeigte sich hier, dass übergewichtige und adipöse Kinder und Jugendliche andere Unterarmfraktureigenschaften (Lokalisation der Fraktur, involvierte Knochen, Frakturtyp) hatten. Die Wissenschaftler folgerten aus den Ergebnissen, dass es wahrscheinlich sei, dass die dicke Weichteilhülle der übergewichtigen/adipösen Kinder und Jugendlichen einen Schutz gegen offene Unterarmfrakturen bildet. Es wurde kein Unterschied zwischen den verschiedenen Gruppen hinsichtlich neurovaskulärer Verletzungen, Komplikationen bei der Behandlung oder dem Versagen der nichtoperativen bzw. operativen Behandlung erfasst [48]. Einige Forschungsgruppen zeigten einen Zusammenhang zwischen dem BMI und Frakturen bei Kindern und Jugendlichen, während andere diese Beobachtungen nicht bestätigen konnten. So wurde beispielsweise von Kessler et al. eine bevölkerungsbasierte Querschnittstudie mit elektronischen Krankenakten von Kindern und Jugendlichen zwischen 2 und 19 Jahren veröffentlicht (insgesamt 913.178) und zeigte ein erhöhtes Risiko für Frakturen bei Kindern mit erhöhtem BMI. Es zeigte sich, dass Kinder mit extremer Adipositas ein um 50 % erhöhtes Risiko für Fuß‑, Knöchel‑, Knie- und Beinfrakturen hatten [49]. Eine andere Studie von Sabhaney et al. zeigte jedoch ein geringeres Frakturrisiko in adipösen im Vergleich zu normalgewichtigen Kindern, während kein signifikanter Unterschied zwischen übergewichtigen und normalgewichtigen Kindern festgestellt werden konnte [50].

Bezug nehmend auf diese Studien mit Übergewicht/Adipositas und Knochenbrüchen müssen die Limitationen diskutiert werden. Während einige Studien Adipositas durch Körpergewicht charakterisierten, nutzten andere den BMI, um zwischen Adipositas, Übergewicht und normalem Gewicht zu unterscheiden. Dennoch müssen Aktivitätsniveau, Fettverteilung, Skelettentwicklung und metabolische Anomalien bei der Charakterisierung von Fettleibigkeit, Übergewicht und normalem Gewicht bei Kindern und Jugendlichen berücksichtigt werden [51]. Bei Erwachsenen sind Adipositas, BMI, Osteoporose und Diabetes jedoch wichtige Risikofaktoren für das Nichtheilen von Knochenbrüchen. Fettleibige Kinder und Jugendliche werden in Zukunft ein immer größer werdendes Klientel in der pädiatrischen Orthopädie und Traumatologie.

Welche Rolle spielt Magnesium bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen mit Knochenbrüchen?

Die Speicherung von Mg2+ findet zu 60 % im Knochen statt und dient bei einem Mg2+-Defizit als Puffersystem zur Aufrechterhaltung des Mg2+-Serumspiegels. Langfristig kommt es zu einer Schwächung des Knochens und das Frakturrisiko steigt. Studien in Ratten haben gezeigt, dass es bei einem diätetisch-induzierten Mg2+-Defizit zu einem verringerten Trabekelvolumen und Knochenmineralgehalt kommt, folglich kommt es zur Entwicklung der Osteoporose. Osteoporose und auch Übergewicht/Adipositas sind direkt mit dem metabolischen Syndrom assoziiert und gehen mit einer geringgradigen Entzündung einher. Der mögliche Zusammenhang zwischen dem Mg2+-Defizit und dem metabolischen Syndrom ergibt sich somit aus der geringgradigen Entzündung, die auch bei Übergewicht und Adipositas zu finden ist. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ein Mg2+-Defizit bei übergewichtigen und adipösen Kindern zum einen öfter vorhanden ist und zum anderen seltener untersucht wird, dies aber Veränderungen auf die Knochenstruktur hat.

In Kombination mit den möglichen Komplikationen bei Knochenbrüchen dieser Patientengruppen müssen präventive Maßnahmen schon frühzeitig geschaffen werden. Neben der Ernährung, Bewegung und Aufklärung der Kinder und Jugendlichen und der Eltern ist eine mögliche tägliche Substitution überlegenswert, aber die Basis stellt die klinische Diagnostik hierfür dar. Es muss daran gedacht werden: Nur so können diese Kinder, die davon profitieren, auch diagnostiziert werden. In der Wissenschaft und Medizin muss gefordert werden, dass die Erforschung der Verlinkung zwischen Erkrankungen, die mit dem metabolischen Syndrom einhergehen, und deren Auswirkungen auf die Knochenbrüchigkeit und den Mg2+-Spiegel wichtig wären, um dieser Problematik besser gerecht zu werden. Speziell im Fall der Kinder ist diese Forschung essenziell, um auf lange Frist die Gesundheit der Kinder und damit auch deren Gesundheit im Erwachsenenalter zu verbessern, möglichen Komplikationen zuvorzukommen und Langzeitfolgen abwehren zu können.

Fazit für die Praxis

  • Bereits jetzt schon ist Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen ein Thema in der Klinik, speziell bei der Behandlung von Knochenfrakturen.

  • Von größter Wichtigkeit wäre, neben der Gewichtsabnahme, auch präventive Maßnahmen zu entwickeln.

  • Dies kann zum einen die Physiotherapie und Ergotherapie zum Geschicklichkeitstraining, aber auch eine Substitution des Mg2+ während der Frakturbehandlung sein.