Insgesamt sind etwa 8–12 % aller Paare von Infertilität bzw. einem unerfüllten Kinderwunsch betroffen und jedes sechste Paar nimmt für den Weg zum Wunschkind medizinische Hilfe in Anspruch [1]. Registerdaten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz zeigen, dass der Anteil an Kindern, die nach einer In-vitro-Fertilisation (IVF) geborgen werden, jährlich steigt. Laut IVF-Fonds-Bericht aus dem Jahr 2021 führten die 32 österreichischen IVF-Zentren im Rahmen des IVF-Fonds 12.218 IVF-Versuche an 7609 Paaren durch. In Deutschland wurden im selben Zeitraum 125.542 Zyklen in 140 Zentren durchgeführt [2]. Das Schweizer Bundesamt für Statistik gibt an, dass 2020 11.982 Zyklen initiiert wurden und in der Schweiz jedes vierzigste Kind infolge einer IVF-Behandlung zur Welt kommt [3].

Österreich

In Österreich fand 2021 bei 9657 von den 12.218 IVF-Versuchen (Abb. 1) ein Embryotransfer statt, der in 3354 Fällen zu einer Schwangerschaft führte. Dies entspricht einer Schwangerschaftsrate pro Transfer von 34,7 % (33,7 % im Frischzyklus und 36,1 % im Kryozyklus). Die Baby-Take-Home-Rate bzw. Geburtenrate pro Transfer lag 2020 bei 27,6 %. Von den 3354 dokumentierten Schwangerschaften im Jahr 2021 waren 93,9 % Einlingsschwangerschaften, 6 % Zwillingsschwangerschaften und 0,1 % Drillingsschwangerschaften [4].

Abb. 1
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Anzahl der Versuche in Österreich zwischen 2002 und 2021. (Mit freundlicher Genehmigung aus [4]. © GÖG 2022, IVF-Jahresbericht 2021. Diese Abbildung fällt nicht unter die Creative Commons CC BY-Lizenz dieser Publikation)

Deutschland

In Deutschland betrug im Jahr 2021 die Schwangerschaftsrate pro Embryotransfer im Frischzyklus 31,8 % und nach einem Kryozyklus 30,4 %. Die Geburtenrate pro Embryotransfer betrug im Jahr 2020 im Frischzyklus 23,5 % und im Kryozyklus 21,1 %. Die Mehrlingsrate betrug in Frischzyklen 16,6 % und in Kryozyklen 11 % [2].

Schweiz

2020 betrug in der Schweiz die Schwangerschaftserfolgsquote pro Transfer 35,6 % und die Entbindungserfolgsquote pro Transfer lag bei 25,9 %. Die Mehrlingsrate nach einer IVF betrug 2020 4,3 % [3].

Mehrlinge nach IVF

Die Mehrlingsrate hat in allen drei Ländern in den letzten Jahren stetig abgenommen, was auf den steigenden Anteil der Einzelembryotransfers („single embryo transfer“ [SET]) zurückzuführen ist. Da Mehrlingsschwangerschaften häufiger zu Frühgeburten führen, hat sich nach dem Rückgang der Mehrlingsgeburten auch die Anzahl der zu früh geborenen Kinder nach einer IVF-Behandlung reduziert. Deutschland weist mit 16,6 % bzw. 11 % noch eine etwas höhere Mehrlingsrate als Österreich und die Schweiz auf. Diese durchschnittliche höhere Rate ist auf den zwar sinkenden, aber immer noch höheren Anteil an Transfers von zwei Embryonen am Tag 2/3 im Vergleich zu einem Einzelembryotransfer am Tag 5/6 zurückzuführen. Die Daten sprechen aber auch in Deutschland für die Anwendung des SET am Tag 5/6: Die Geburtenrate pro Einzelembryotransfer am Tag 5/6 war mit 25,9 % etwas höher als nach einem Transfer von zwei Embryonen am Tag 2/3 (23,8 %). Die Mehrlingsrate hingegen lag nach einem Einzelembryotransfer am Tag 5/6 bei 1,4 % und nach einem Transfer von zwei Embryonen am Tag 2/3 bei 20,4 %. Die AutorInnen leiten aus der Datenerhebung von 2021 ab, dass beim Vorhandensein von mehreren fertilisierten Oozyten die konsequente Anwendung des deutschen Mittelweges mit daraus resultierendem Single-Embryo-Transfer am Tag 5/6 sowohl für die Wahrscheinlichkeit einer Geburt als auch die Verminderung des Risikos einer Mehrlingsschwangerschaft für die betroffenen Paare einen Vorteil darstellt [2].

Weltweit wird eine sehr unterschiedliche Mehrlingsrate nach einer IVF berichtet. Diese reicht von 4,2 bis 35,4 %. Die Anwendungshäufigkeit des Einzelembryotransfers ist noch variabler und reicht von 6,2 % bis 74,8 % [5]. Das Risiko für eine Mehrlingsschwangerschaft nach einer IVF ist trotz eines Einzelembryotransfers vorhanden und sogar gering erhöht. Daten zeigen aber, dass die konsequente Durchführung eines Einzelembryotransfers die Mehrlingsrate senken kann und eine Mehrlingsrate von 5 % scheint ein machbares Ziel zu sein [5].

Komplikationen und Risiken

Daten des deutschen IVF-Registers zeigen, dass fortpflanzungsmedizinische Techniken sicher sind. Das Risiko eines Überstimulationssyndroms Grad III nach WHO (OHSS III) als Folge der Hormontherapie lag 2021 bei 0,5 %. Das Risiko für eine Darmverletzung lag bei 0,004 %. Das Risiko für eine Blutung lag bei 0,6 % und das Risiko für eine Peritonitis lag bei 0,03 % [2].

Pre-stimulation-Management und Stimulation

Im Rahmen der Stimulation für eine IVF werden die Ovarien mit Gonadotropinen gewollt überstimuliert. Es gibt verschiedene Stimulationsprotokolle und um das Ansprechen auf die Stimulationsmedikation voraussagen zu können und somit Patientinnen mit einem hohen Risiko für ein OHSS, aber auch Patientinnen mit einem hohen Risiko für ein vermindertes Ansprechen vorab zu erkennen, sollte vor der Stimulation die Anzahl der antralen Follikel („antral follicle count“ [AFC]) und/oder das Anti-Müller-Hormon (AMH) bestimmt und für die Dosierung der Medikation verwendet werden [6]. Besteht aufgrund einer hohen Eizellreserve ein erhöhtes Risiko für ein OHSS, sollte das Gonadotropin-Releasing-Hormon(GnRH)-Antagonisten-Protokoll verwendet werden. Eine Cochrane Analyse, die 73 randomisierte kontrollierte Studien einschloss, zeigte, dass die Lebendgeburtenrate nach einem GnRH-Antagonisten-Protokoll vergleichbar ist mit der Lebendgeburtenrate nach einem GnRH-Agonisten-Protokoll (Odds Ratio [OR] 1,02 95 %-Konfidenzintervall [CI] 0,85–1,23). Die OHSS-Rate ist jedoch geringer, wenn ein GnRH-Antagonisten-Protokoll angewendet wird (6 % versus 11 %, OR 0,61 95 %-CI 0,51–0,72) [7]. Das OHSS wird durch die Verabreichung von Humanchoriongonadotropin (hCG) zur finalen Eizellreifung (frühes OHSS) oder durch hCG, das vom Embryo im Falle einer Schwangerschaft produziert wird (spätes OHSS) ausgelöst. Zeigt sich im Rahmen der Stimulation ein erhöhtes Risiko für das Auftreten eines OHSS, sollte daher die finale Eizellreifung vor der Follikelpunktion mittels eines GnRH-Agonisten ausgelöst werden und eine „freeze-all“-Strategie verfolgt werden. Damit kann das Risiko für das Auftreten eines OHSS stark gesenkt werden [6]. Die Schwangerschaftsraten pro Transfer eines kryokonservierten Embryos sind sehr gut und lagen zuletzt bei 36,1 % (Österreich) und 30,4 % (Deutschland) [2, 4].

Deutschland berichtet, dass im Jahr 2020 2530 Zyklen als IVF oder intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) im natürlichen Zyklus (ohne jegliche Stimulation und leichte Stimulation – zum Beispiel Clomiphen, Letrozol, low dose Follikelstimulierendes Hormon [FSH]/Humanes menopausales Gonadotropin [HMG]) durchgeführt wurden [2]. Bei diesen Versuchen kam es bei 10,6 % (269 Zyklen) zu einer klinischen Schwangerschaft und in 7,2 % (183 Zyklen) zu einer Geburt. 31,6 % (799 Zyklen) der Zyklen wurden vor der Eizellbehandlung abgebrochen [2].

Kryoversuche und Auftauzyklen

Im Jahr 2021 waren in Österreich 44,8 % (4327 Zyklen) der Versuche und in Deutschland 31,5 % (39.595 Zyklen) der Versuche Kryoversuche bzw. Auftauzyklen [2, 4]. Die Schwangerschaftsraten waren vergleichbar mit den Schwangerschaftsraten im Frischzyklus. In den letzten Jahren zeigten Studien, dass die Art der medikamentösen Vorbereitung für den Embryotransfer entscheidend hinsichtlich Komplikationen und mütterlicher und kindlicher Gesundheit ist [8,9,10,11]. Eine entscheidende Rolle kommt dabei auch dem Corpus luteum (CL) zu [8, 10, 12]. Das Vorhandensein eines CL und eine physiologische Anzahl von CL scheinen vor der Entwicklung einer Präeklampsie zu schützen [8]. Aktuell wird im Rahmen einer großen (n = 1200) prospektiven Studie (Impact of Corpus Luteum Presence or Absence in the Incidence of Preeclampsia After Frozen Embryo Transfer – PREECLAM-2019) untersucht, ob das Vorhandensein bzw. das Fehlen eines CL einen Einfluss auf die Entwicklung von Schwangerschaftskomplikationen hat (NCT04092829). Aufgrund der derzeit vorhandenen Daten scheint es sinnvoll zu sein, den Kryotransfer in einem natürlichen Zyklus bzw. in einem stimulierten natürlichen Zyklus (Clomiphen, Letrozol, low dose FSH/HMG) durchzuführen.

Ausblick Forschung & Registerdaten

Forschung im Bereich der Reproduktionsmedizin führt zur ständigen Weiterentwicklung des Faches. 2021 wurden von Duffy et al. die Top 10 „Research Priorities“ im Bereich der Reproduktionsmedizin publiziert (Tab. 1; [13]).

Tab. 1 Top 10 Research Priorities im Bereich der Reproduktionsmedizin. (Mit Genehmigung aus [13], © 2020, Oxford University Press. Diese Abbildung fällt nicht unter die Creative Commons CC BY-Lizenz dieser Publikation)

Eine wichtige Rolle hinsichtlich Qualitätssicherung spielen nationale und internationale Register. Im Jahr 2022 feierte das Deutsche IVF-Register sein 40-jähriges Bestehen [2]. Die hohe Qualität der Datenerfassung und Datenauswertung trägt maßgeblich zur Qualitätssicherung in der Reproduktionsmedizin bei und ist eine echte Erfolgsgeschichte. In Österreich müssen IVF-Fonds-Versuche gemäß IVF-Fonds-Gesetz an die Gesundheit Österreich GmbH gemeldet werden, die ein IVF-Register führt und einmal jährlich eine Datenauswertung erstellt [4]. Durch Paare privat finanzierte Versuche (ohne Unterstützung durch den IVF-Fonds) werden in diesem Register nicht abgebildet. Eine statistische Auswertung aller durchgeführten IVF-Versuche wäre auch in Österreich sinnvoll. Das europäische IVF-Monitoring(EIM)-Konsortium erhebt Daten aus 43 europäischen Ländern und publizieren jährlich den ART-Monitoring-Bericht mit aktuellen Zahlen [14]. Der aktuelle Bericht gibt die Zahlen aus dem Jahr 2018 an und zeigte, dass in diesem Jahr insgesamt 1422 Kliniken in 39 europäischen Ländern mehr als 1 Mio. (1.007.598) Behandlungszyklen meldeten. Davon waren 162.837 IVF-Zyklen, 400.375 ICSI-Zyklen, 309.474 Kryozyklen, 48.294 Zyklen mit einer Präimplantationsdiagnostik, 80.641 Zyklen mit einer Eizellspende, 532 Zyklen mit In-vitro-Maturation der Oozyten und 5444 Zyklen mit dem Transfer von kryokonservierten Oozyten [14]. Das Ausmaß und die Vollständigkeit der Datenerhebung sind von Land zu Land variabel und eine Harmonisierung von ART-Registern europaweit wird angestrebt. Das systematische Erheben, Auswerten und Publizieren dieser Daten sind wichtige Schritte, um die Qualität im Bereich der Reproduktionsmedizin zu sichern [14].

Fazit für die Praxis

Daten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz zeigen, dass der Anteil an Kindern, die nach einer IVF(In-vitro-Fertilisation)-Behandlung geboren werden, jährlich steigt. Die aktuellen Zahlen sollen Ihnen dabei helfen, Paaren in Beratungssituationen Fragen zu Statistiken und Erfolgsraten beantworten zu können.