Einleitung

Die Assoziation zwischen einem Diabetes mellitus (DM) und einer Leberzirrhose (LC) wurde bereits Anfang des 20. Jahrhunderts bei Patienten mit schwerem Alkoholismus beschrieben [1]. Zunächst wurde ein Typ-2-DM (T2DM) als Risikofaktor für die Entstehung einer chronischen Lebererkrankung identifiziert [2]. Später wurde die mögliche „diabetogene Natur“ der Zirrhose erkannt. Vido et al. prägten den Begriff des „hepatogenen Diabetes“ (HD) und grenzten diese Diabetes-Form vom Typ-2-Diabetes ab, indem sie die Störung des Glukosestoffwechsels als sekundäre Folge der Lebererkrankung beweisen konnten [3]. 1971 zeigte Werner Creutzfeldt, dass eine diabetische Stoffwechsellage durch eine Zirrhose verursacht werden kann [4].

1994 wiesen Bianchi et al. erstmals die prognostisch negative Vorhersagekraft eines DM auf das Outcome von LC-Patienten nach (signifikanter Anstieg der Mortalität durch gehäuftes Auftreten Zirrhose-assoziierter Komplikationen) [5].

Epidemiologie

Zwischen 20 und 60 % aller Patienten mit Zirrhose weisen eine diabetische Stoffwechsellage auf, 60–80 % eine gestörte Glukosetoleranz (IGT) und nahezu 100 % eine Insulinresistenz (IR) [6,7,8]. Die Prävalenz einer gestörten Glukosehomöostase ist je nach Schweregrad der Zirrhose erhöht [9]. Nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD), Mangelernährung, Alkoholmissbrauch, Hepatitis-C-Virus (HCV)-Infektion und primäre Hämochromatose sind mit einem besonders gesteigerten Risiko für einen HD assoziiert [10, 11]. Die National Health and Nutrition Examination Survey (N-HANES III) zeigte eine dreifach erhöhte Prävalenz eines Diabetes mellitus bei Hepatitis-C-Virus-Trägern im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung [12]. Darüber hinaus korrelierte das Ausmaß der Fibrose bei Patienten mit Hepatitis B und C mit einer erhöhten Diabetesprävalenz [13]. Patienten, bei denen eine Lebertransplantation aufgrund einer chronischen Hepatitis C durchgeführt wurde, haben ein höheres Diabetes-Risiko als Patienten ohne HCV-Infektion [14, 15]. Die Diabetesprävalenz ist bei Hämochromatose sogar noch höher (50–85 %) [16].

Die meisten klinischen Studien haben gezeigt, dass ein Diabetes mellitus die Wahrscheinlichkeit sowie den Schweregrad eines akut-auf-chronischen Leberversagens erhöhen und dessen Fortschreiten beschleunigen kann, was in einer signifikant gesteigerten Mortalität resultiert [6, 17, 18].

Ein HD ist nicht durch eindeutig definierte klinische und pathophysiologische Merkmale zu diagnostizieren, die eine dezidierte Unterscheidung von einem T2DM zulassen [19,20,21]. Der Begriff „hepatogener Diabetes“ ist daher nicht in den derzeit gültigen nationalen und internationalen Klassifikationssystemen enthalten [22], noch wird diese Komplikation der Zirrhose von der American Diabetes Association (ADA) und der Weltgesundheitsorganisation als spezifische Diabetesentität akzeptiert. Außerdem wird eine diabetische Stoffwechsellage bei Leberzirrhosepatienten in der ärztlichen Wahrnehmung oft übersehen, wie eine Befragung von 576 Gastroenterologen in Deutschland zeigte. So unterschätzten 90 % bzw. 40 % der befragten Ärzte die Prävalenz von IGT und DM bei zirrhotischen Patienten [23]. In einer anderen Studie wurde festgestellt, dass die Häufigkeit eines HD im Gegensatz zu anderen mit der Zirrhose assoziierten Komplikationen selbst von medizinischem Personal aus hochspezialisierten Krankenhausabteilungen unterschätzt wurde [24].

Pathophysiologie des HD

Die Pathophysiologie des HD ist komplex (Abb. 1). Auf der einen Seite kann ein Typ‑2-Diabetes über die Entwicklung eines metabolischen Syndroms und eine nichtalkoholische Fettleberkrankung eine chronische Lebererkrankung induzieren. Auf der anderen Seite geht die Zirrhose mit diabetogenen Effekten einher [25, 26]. Leberversagen, portosystemische Shunts, Hyperinsulinämie, erhöhtes Glukagon, Wachstumshormon, insulinähnlicher Wachstumsfaktor, freie Fettsäuren und Zytokine, die eine periphere IR und β‑Zell-Dysfunktion auslösen, spielen eine relevante pathogene Rolle bei der Pathophysiologie des HD ([27]; Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Pathophysiologie des hepatogenen Diabetes bei zirrhotischer Leber. Der hepatogene Diabetes entwickelt sich direkt aus einer hepatischen Insulinresistenz und indirekt aus einem gestörten Glukosestoffwechsel aufgrund einer Insulinresistenz im Muskel. Eine Hyperinsulinämie kann aus einer verminderten Insulinausscheidung durch die geschädigte Leber und aus dem Vorhandensein portosystemischer Shunts resultieren. Mit fortschreitendem Diabetes nimmt die Empfindlichkeit der β‑Zellen der Bauchspeicheldrüse aufgrund von Glukotoxizität ab, und die Insulinproduktion sinkt. IGF Insulinähnlicher Wachstumsfaktor. (Aus [28], Open access Publikation unter Creative Commons CC BY-NC Lizenz (https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/), © The Author(s) 2022)

IR und Hyperinsulinämie

Die Leber spielt eine Schlüsselrolle im Glukosestoffwechsel als Hauptort der Glykogensynthese und Glukoneogenese. Eine hepatozelluläre Funktionsstörung führt zu einer abnormalen Glykogensynthese und einer verminderten hepatischen Kapazität für Glykogeneinlagerungen [21]. IR in peripheren Geweben (Fett- und Muskelgewebe) und die Leberdysfunktion spielen eine zentrale Rolle [29,30,31,32]. Die verminderte Insulin-Clearance durch die chronisch geschädigte Leber und portosystemische Shunts führen zu einer Hyperinsulinämie, die durch erhöhte Spiegel von Insulin-antagonistischen Hormonen (Glukagon, Wachstumshormon, insulinähnlicher Wachstumsfaktor) und freien Fettsäuren und Zytokinen potenziert wird [30, 33]. Eine Hyperinsulinämie kann bereits in frühen Stadien der Zirrhose sowohl im Nüchternzustand als auch postprandial nachgewiesen werden. Ein wesentlicher auslösender Faktor der Hyperinsulinämie ist außerdem die reaktive Insulinhypersekretion durch das Pankreas, um die periphere IR im Muskelgewebe und die gestörte hepatische Glukoseverwertung zu kompensieren [34].

Sekretionsstörung der pankreatischen Betazellen

Ein inadäquater früher Anstieg der Insulinsekretion und eine verminderte hepatische Glukoseverwertung werden bei Zirrhose häufig beobachtet, auch wenn keine diabetische Stoffwechsellage vorliegt. Der progrediente Verlust der Insulinsekretion mündet letztlich in einer diabetischen Stoffwechsellage [35]. Der Auslöser scheint die Glukosetoxizität durch die chronische Hyperglykämie zu sein, die möglicherweise eine Sekretionsstörung der pankreatischen β‑Zellen verursacht [36, 37].

Assoziation von Diabetes und chronischen Lebererkrankungen

NAFLD und DM-Assoziation

Die NAFLD stellt die häufigste chronische Lebererkrankung weltweit dar. Die Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung liegt zwischen 17 und 46 % [38]. Die nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH) ist eine Manifestation der NAFLD, da über eine Gewebeentzündung, Ballonierung und Fibrose die Ausbildung einer Zirrhose und das Fortschreiten eines hepatozellulären Karzinoms (HCC) drohen. Die Prävalenz der NASH wird auf 2–3 % geschätzt [38].

Die pathophysiologische Beziehung zwischen einem Diabetes und der NAFLD ist multifaktoriell und unvollständig verstanden. Einerseits stellt ein Typ‑2-Diabetes einen starken Risikofaktor für NAFLD, LC und HCC dar [39]. Andererseits ist NAFLD bei Fehlen von Stoffwechselstörungen ein Risikofaktor für inzidentellen DM und metabolisches Syndrom (MS), wie bei schlanken Probanden mit NAFLD gezeigt wurde [40, 41].

HCV und DM-Assoziation

Zahlreiche prospektive Studien haben eine höhere Diabetesprävalenz bei Patienten mit chronischer HCV-Infektion im Vergleich zu solchen mit Hepatitis-B-Virus-Leberinfektion oder Probanden ohne Lebererkrankung gezeigt [12, 42, 43]. Eine Metaanalyse von 32 Studien ergab, dass eine diabetische Stoffwechsellage unabhängig vom Vorhandensein einer Fibrose oder Zirrhose gehäuft mit einer HCV-Infektion assoziiert war, wobei die Diabetesprävalenz bei zirrhotischen Patienten höher war [32, 44, 45].

Eine HCV übt durch mehrere Mechanismen diabetogene Eigenschaften aus: (1) Autoimmunphänomene führen durch massive Stimulation des Immunsystems mit unspezifischer Aktivierung von potenziell selbstreaktiven Lymphozyten zur Induktion einer Immunkaskade, die bei anfälligen Personen in einer Dysfunktion der Inselzellen resultieren kann [46]. (2) direkte Zytotoxizität an Insel-β-Zellen, begleitet von einer verminderten Glukose-stimulierten Insulinfreisetzung [46]. (3) Blockierung von Insulinrezeptoren auf zellulärer Ebene über eine Hochregulation der Expression von Suppressor of Cytokine Signaling 3, was den proteasomalen Abbau der Insulinrezeptorsubstrate 1 und 2 (die zentrale Moleküle der Insulin-Signalkaskade sind) induziert und die Glukoneogenese erhöht [47].

Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass ein Diabetes negative Auswirkungen für den Verlauf einer HCV-Infektion mit oder ohne Zirrhose mit sich bringt [48, 49]. Unabhängig von Body-Mass-Index (BMI) und Alter kann ein Diabetes die Progression in Richtung Zirrhose und HCC-Entwicklung beschleunigen [50]. Bei diabetischen Patienten mit kompensierter Leberzirrhose besteht zudem ein erhöhtes Risiko für eine Dekompensation und eine signifikante Erhöhung der Mortalität [18, 51, 52]. Die Kombination von Diabetes und Zirrhose stellt einen starken Risikofaktor für die Entwicklung eines HCC auch nach Eliminierung der HCV-Infektion durch eine antivirale Behandlung dar.

Mit der kürzlichen Einführung von direkt wirkenden antiviralen (DAA) Medikamenten für die Behandlung der HCV-Leberinfektion liegt die Eradikationsrate bei nahezu 100 %, unabhängig vom viralen Genotyp und dem Vorhandensein einer Zirrhose. In mehreren Studien hatte die Eliminierung des Virus einen kurz- und mittelfristig positiven Effekt auf die diabetische Stoffwechsellage. Die Patienten zeigten verbesserte Blutzucker- und Insulinwerte, Insulinsensitivität, gemessen durch HOMA-IR (Homeostatic Model Assessment of Insulin Resistance), und HbA1c. Diese Veränderungen waren unabhängig von BMI, Alter und Fibrosegrad [53,54,55]. In einer neueren Studie mit 893 Patienten mit chronischer Lebererkrankung (davon 15,7 % mit Zirrhose) konnte 44,5 Monate nach der Eradikation des Virus eine anhaltende Normalisierung der Glukosestoffwechselparameter nachgewiesen werden [56], allerdings war die Mortalität und Entwicklung eines HCC bei zirrhotischen Patienten höher.

Klinische Manifestationen eines Diabetes mellitus bei Zirrhose

Die Diagnose eines Diabetes kann schwierig sein, da klinische Manifestationen in den frühen Stadien der Lebererkrankung oft nicht vorhanden sind. Nüchternglukose und HbA1c als etablierte diagnostische Marker können normal sein. Insulinresistenz kann ein frühes Zeichen sein [57]. Bei den meisten Patienten ist ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) für die Diagnose erforderlich. Mit dem Fortschreiten der Leberdekompensation manifestiert sich häufig die diabetische Stoffwechsellage. Die praktische Unterscheidung zwischen einem hepatogenen Diabetes und einem Typ-2-Diabetes kann schwierig sein [9]. Wichtig ist der Zeitpunkt des Auftretens: In der Regel geht beim Typ-2-Diabetiker die diabetische Stoffwechsellage dem Auftreten der Lebererkrankung voraus, während der hepatogene Diabetes bei bereits vorhandener Zirrhose diagnostiziert wird. Außerdem sind eine positive Familienanamnese für einen Diabetes und vaskuläre Komplikationen seltener, während Zirrhose-assoziierte Komplikationen häufiger sind [6, 58, 59]. Darüber hinaus ist ein hepatogener Diabetes mit einem höheren Risiko für hypoglykämische Episoden unter antidiabetischer pharmakologischer Behandlung verbunden, da die hepatische Glukoseproduktion nicht gesteigert werden kann [30]. Schließlich kann eine orthotope Lebertransplantation (oLT) zu einer Remission der diabetischen Stoffwechsellage führen, was deren Ursprung in einer Leberfunktionsstörung bestätigt [60].

Diagnostik

Nüchternglukose und HbA1c-Werte sind bei Patienten mit hepatogenem Diabetes häufig normal [61]. Daher erfordert die Diagnose dieser Erkrankung häufig einen oGTT [6, 7, 9, 59]. Derzeit laufen Studien zur Identifizierung genetischer und biochemischer Marker, die eine genauere Unterscheidung zwischen den beiden Arten von DM ermöglichen sollen [62, 63].

Oraler Glukosetoleranztest (oGTT)

1997 senkte die ADA den Cut-off-Wert des Nüchternblutzuckers von 140 mg/dl auf 126 mg/dl für die Diagnose eines Diabetes, da dies einem 2‑h-Wert von 200 mg/dL im oGTT entsprach [64]. Patienten mit Zirrhose und hepatogenem Diabetes haben sowohl niedrigere Nüchternblutzuckerspiegel als auch im oGTT häufig niedrige Ergebnisse, sodass die Verwendung niedrigerer Cut-off-Werte zur Diagnosestellung in Betracht gezogen werden sollte [65].

HbA1c

HbA1c-Werte > 6,5 % werden ebenfalls zur Diagnose eines Diabetes verwendet [66]. Patienten mit Zirrhose und Diabetes mellitus weisen teilweise normwertige HbA1c-Werte auf [67]. Die schlechtere diagnostische Aussagekraft des HbA1c bei Zirrhose ist auf die lineare Beziehung zwischen HbA1c und dem Erythrozytenumsatz zurückzuführen [68], der bei Patienten mit fortgeschrittener Zirrhose infolge von gastrointestinalen Blutungen im Zusammenhang mit portaler Hypertension und Koagulopathie, Hämolyse durch Splenomegalie und beeinträchtigter Erythropoese aufgrund von Knochenmarksuppression gesteigert sein kann [69]. Die HbA1c-Werte können auch durch Bluttransfusionen beeinflusst werden, die bei Patienten mit Zirrhose häufig verordnet werden [70, 71].

Diabetes und Zirrhose: Auswirkungen auf Gesamtverlauf und Prognose

Hepatische Enzephalopathie (HE)

Mehrere Studien zeigten eine erhöhte Inzidenz sowie einen höheren Schweregrad einer HE bei Patienten mit Zirrhose und Diabetes, unabhängig vom Child-Score [72, 73]. Dies deutet darauf hin, dass eine diabetische Stoffwechsellage unabhängig vom Schweregrad der Lebererkrankung ein zusätzliches Risiko für eine HE darstellt [74]. In einer aktuellen Studie wurde festgestellt, dass das Risiko für die klinische Erstmanifestation einer HE bei Vorliegen eines Diabetes um bis zu 76 % erhöht ist. Dies war außerdem abhängig von der Güte der Stoffwechseleinstellung: Das Risiko für eine HE war bei Patienten mit schlechter glykämischer Kontrolle (definiert durch einen HbA1c-Wert > 6,5 %) stärker ausgeprägt [75]. Interessanterweise war bei Diabetes das Risiko für eine HE nach Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunt (TIPSS) signifikant gesteigert [76].

Portale Hypertension

Eine Hyperglykämie kann zu einer Hyperämie im Splanchnicusgebiet und einem erhöhten Portaldruck führen, was das Risiko von Ösophagusvarizenblutungen steigern kann [72, 77]. In einer prospektiven Studie zeigte sich eine Assoziation eines erhöhten hepatisch-venösen Druckgradienten (HVPG) und portalvenösen Blutungsereignissen mit einer diabetischen Stoffwechsellage und postprandialer Hyperglykämie [78]. Außerdem stellt ein Diabetes einen Risikofaktor für eine erneute Blutung nach endoskopischer Varizenligatur von Ösophagusvarizen dar [79]. In einer anderen Studie hatten Patienten mit Zirrhose und Diabetes eine höhere Inzidenz von Nachblutungen und erneuten Krankenhausaufenthalten sowie eine höhere Sterblichkeitsrate [80].

Infektiöse Komplikationen

Eine diabetische Stoffwechsellage beeinträchtigt bei Patienten mit Zirrhose die immunologische Kompetenz [81, 82] und stellt einen unabhängigen Prädiktor für bakterielle Infektionen dar [51, 83]. Bei hospitalisierten Zirrhosepatienten war die Prävalenz bakterieller Infektionen signifikant höher, wenn gleichzeitig ein Diabetes mellitus vorlag [82]. In einer prospektiven Studie hydropisch dekompensierten Patienten mit Aszites waren die Inzidenz und das Risiko, eine spontane bakterielle Peritonitis (SBP) zu entwickeln, signifikant höher, wenn HbA1c-Werte ≥ 6,4 % vorlagen [84].

Hepatozelluläres Karzinom

In zwei großen Meta-Analysen konnten für diabetische Zirrhosepatienten ein erhöhtes Risiko für ein HCC sowie eine gesteigerte Mortalität belegt werden [85, 86]. In einer großen Fallkontrollstudie wurde festgestellt, dass DM unabhängig von der Prävalenz der Zirrhose mit einem erhöhten HCC-Risiko assoziiert war [87].

Mortalität

Bislang haben mehrere Studien darauf hingewiesen, dass bei DM die Überlebensrate von Patienten mit Zirrhose signifikant reduziert ist [5, 6, 51, 59, 80, 88,89,90]. Allerdings waren nur wenige dieser Studien prospektiv angelegt. Bianchi et al. berichteten über den ungünstigen Einfluss eines DM auf das kumulierte 5‑Jahres-Überleben [5]. In einer Studie mit Patienten mit refraktärem Aszites waren DM, höheres Alter und HCC, aber nicht der Child-Pugh-Score, unabhängige Prädiktoren für ein schlechtes Überleben [90]. Auch subklinische Auffälligkeiten der Glukosehomöostase haben einen Einfluss auf die Prognose. In einer Studie mit 100 kompensierten Patienten mit normwertigem Nüchternblutzucker hatten diejenigen mit abnormalem oGTT ein niedrigeres kumuliertes 5‑Jahres-Überleben als diejenigen mit einem normalen Test. Die Todesursachen waren meist Komplikationen der chronischen Lebererkrankung [89]. In einer ähnlichen prospektiven Studie betrugen die kumulativen 5‑Jahres-Überlebensraten von Patienten mit normaler Glukosetoleranz, IGT und DM jeweils 94,7 %, 68,8 % und 56,6 % [59]. In einer aktuellen Studie hatte ein DM nur bei Patienten mit einem MELD-Score < 10 einen Einfluss auf das Überleben [51, 91]. Diese Studien legen nahe, dass ein DM einen Prädiktor für Morbidität und Mortalität auch bereits in den frühen Stadien der LC darstellt.

Orthotope Lebertransplantation (oLT)

Das Vorliegen eines DM vor Transplantation ist gleichzeitig der Hauptrisikofaktor für das Auftreten eines DM nach oLT (7–45 %) [92,93,94]. Erhöhte Nüchternblutzuckerwerte waren auch ein Risikofaktor für neu auftretenden DM nach oLT [95]. Die präoperative β‑Zell-Funktion, bestimmt durch einen oGTT, kann ein nützliches Vorhersageinstrument für das Auftreten von DM nach oLT darstellen [96]. Post-LT-DM ist mit einem erhöhten Risiko für Transplantatabstoßung, Komplikationen und Mortalität verbunden [92, 97,98,99,100]. Eine Studie an erwachsenen LT-Empfängern zeigte, dass die Post-LT-DM-Inzidenz 34,7 %, 46,9 % bzw. 56,2 % nach 1, 3 und 5 Jahren betrug, mit Gesamtüberlebensraten von 90 %, 80,9 % bzw. 71,7 %, wobei 75 % der Fälle innerhalb eines Jahres auftraten. Die Post-LT-DM-Gruppe hatte mehr Abstoßungsepisoden und schlechtere 5‑Jahres-Überlebensraten [98]. Ein persistierender oder neu aufgetretener DM nach oLT ist auch mit kardiovaskulären Erkrankungen, Nierenfunktionsstörungen, Infektionen und Transplantatabstoßung assoziiert [92, 99, 100]. Bei Patienten mit HCV-bedingter LC ist ein vorbestehender oder neu auftretender DM mit einem erhöhten Risiko eines HCV-Rezidivs und einer hepatischen Fibrose nach LT assoziiert [100, 101].

Einige Studien haben eine Verbesserung der Glukosehomöostase nach LT gezeigt [60, 94].

Management des Diabetes bei Leberzirrhose

Die Behandlung eines DM bei Patienten mit LC (DM Typ 2 oder HD) basiert prinzipiell auf den allgemeinen Prinzipien des Diabetesmanagements gemäß aktuellen Leitlinien [102].

Lebensstil

Ernährung und körperliche Aktivität sind Eckpfeiler des Managements bei DM Typ 2. Einerseits steigt die Prävalenz von Adipositas unter den Patienten mit NAFLD und Zirrhose [103]. Andererseits ist Mangelernährung ein überaus häufiges Merkmal bei Patienten mit insbesondere äthyltoxischer Zirrhose (20–50 %), meist bei Patienten mit dekompensierter Lebererkrankung [104]. Sowohl Adipositas als auch Mangelernährung können mit Sarkopenie assoziiert sein, die durch den Verlust von Muskelmasse gekennzeichnet ist und einen Hauptrisikofaktor für Gebrechlichkeit darstellt [105,106,107].

Diät

Bei der Frage nach Gewichtsreduktion bei scheinbar übergewichtigen Patienten muss beachtet werden, dass die korrekte Beurteilung des Ernährungsstatus bei Zirrhosepatienten häufig irreführend sein kann. Hauptsächliche Gründe sind die Tendenz zur Wasserretention sowie die häufig eingeschränkte hepatische Proteinsynthese bei Leberzirrhose, sodass im Falle einer hydropischen Dekompensation ein normwertiges oder sogar deutlich erhöhtes Körpergewicht („Pseudoadipositas“) vorgetäuscht werden kann, obwohl tatsächlich eine Erniedrigung der Körperzellmasse (z. B. reduzierte Muskelmasse, Verlust des subkutanen Fettgewebes) bei vermehrter Extrazellulärmasse (z. B. Unterschenkelödeme oder Aszites) vorliegt [103, 104]. Körpergewicht und BMI sind daher beim Leberzirrhotiker zur Beurteilung des Ernährungszustands nicht absolut verlässlich [108]. Das grundsätzliche Hauptproblem des Patienten mit einem hepatogenen Diabetes mellitus stellt demnach nicht die Überernährung dar, sondern die Mangelernährung, d. h., der erforderliche individuelle Bedarf an Energie und Nährstoffen wird längerfristig unterschritten. Malnutritive Zustände sind bereits oft in frühen Stadien einer Leberzirrhose nachweisbar, insbesondere bei Patienten mit alkoholischer Lebererkrankung [103, 104].

Obgleich für die Behandlung des hepatogenen Diabetes mellitus keine evidenzbasierten Ernährungsempfehlungen vorliegen, haben ernährungsmedizinische Gesichtspunkte einen wichtigen basistherapeutischen Stellenwert. Diese unterscheiden sich teilweise von den Empfehlungen zur diabetesgerechten Ernährung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) (u. a. ballaststoffreiche Kost, ggf. Reduktionskost, Limitierung der Fettzufuhr zur langfristigen Gewichtsreduktion) und sollen im Folgenden kurz erörtert werden. Die Basis und Voraussetzung jeder ernährungsmedizinischen Beratung sollten die absolute Alkoholkarenz und eine gute Compliance des Patienten darstellen. Primäres Ziel der Ernährung von Patienten mit Leberzirrhose muss eine quantitativ ausreichende Nährstoffzufuhr sein. Während der tägliche Energiebedarf bei stabilen Patienten ohne chronische Lebererkrankung mit 25–30 kcal/kg KG und Tag angegeben wird, ist die empfohlene tägliche Gesamtkalorienzufuhr bei Zirrhosepatienten aufgrund des häufig vorhandenen Hypermetabolismus höher und sollte ca. 35–40 kcal/kg KG und Tag (147–168 kJ/kg KG und Tag) betragen. Selbstverständlich muss die tägliche Gesamtkalorienzufuhr auch auf die individuelle körperliche Aktivität abgestimmt werden. Eine niedrige Kohlenhydratzufuhr verstärkt eventuell die häufig katabole Stoffwechselsituation des Leberzirrhotikers, weil in diesem Fall Proteine als Energieträger zur Deckung des Betriebstoffwechsels herangezogen werden müssen. Gemäß den Empfehlungen der DDG für den Typ-2-Diabetes sollte daher bei der Ernährung von Patienten mit Leberzirrhose und diabetischer Stoffwechsellage keine Kohlenhydratrestriktion erfolgen, sondern ggf. eine medikamentöse antidiabetische Therapie eingeleitet werden. Für kohlenhydratarme Diäten konnte außerdem eine Verschlechterung der Insulinsensitivität wie auch der Insulinsekretion nachgewiesen werden. Die Konsumierung komplex aufgebauter Kohlenhydrate gegenüber niedermolekularen Kohlenhydraten ist sinnvoll. Eine Umsetzung auf 5–6 kleinere und über den Tag verteilte Mahlzeiten einer laktovegetabilen Ernährung auf Basis der leichten Vollkost ist günstig. Außerdem konnte für kohlenhydratreiche Spätmahlzeiten („late evening snack“) bei Patienten mit Leberzirrhose ein positiver Effekt im Hinblick auf den Energiehaushalt sowie eine bereits bestehende Glukoseintoleranz gezeigt werden. Die Spätmahlzeit ist für Leberzirrhotiker besonders wichtig, da aufgrund der eingeschränkten Glukoneogenese sowie der oft reduzierten Glykogenspeicher nächtliche Hypoglykämien drohen.

Weiterhin sollte eine Ernährung mit mindestens normalem, wenn nicht gar leicht erhöhtem Eiweißgehalt gewährleistet sein. Zur konstanten Erhaltung der Körperzellmasse darf eine Eiweißzufuhr von 0,8 g/kg KG und Tag nicht unterschritten werden (funktionelles Eiweißminimum). Von der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGE) sowie der European Society of Parenteral and Enteral Nutrition (ESPEN) wird daher eine Eiweißzufuhr von 1,2–1,5 g Protein/kg KG und Tag empfohlen. Liegt bereits eine ausgeprägte Proteinmalnutrition vor, muss die Eiweißzufuhr ggf. auf 1,5 g/kg KG und Tag gesteigert werden, um eine anabole Stoffwechselsituation zu erzielen. Eine Proteinrestriktion sollte nur bei Vorliegen einer therapierefraktären chronischen hepatischen Enzephalopathie (HE) oder kurzfristig in einem fortgeschrittenen Stadium (Stadium III–IV nach West-Haven-Kriterien) verordnet werden. Pflanzliche Eiweiße (Hülsenfrüchte, Kartoffeln) sollten bei Zirrhosepatienten aufgrund ihres erhöhten Anteils an verzweigtkettigen Aminosäuren (VKAS) sowie des höheren Ballaststoffgehalts (Modifizierung der Darmflora; Erhöhung der gastrointestinalen Motilität) gegenüber tierischem Protein bevorzugt werden. Allerdings wird eine rein pflanzliche Diät von vielen Patienten oft als voluminös und unangenehm empfunden und ist daher mit Compliance-Problemen behaftet. Problemfälle sind Leberzirrhotiker, bei denen eine beginnende Mikroalbuminurie oder eine bereits manifeste diabetische Nephropathie diagnostiziert wird. In solchen Fällen sollte eine Reduktion der Proteinaufnahme empfohlen werden.

Abschließend sei noch einmal betont, dass es eine einzelne „pauschale“ Ernährungsempfehlung, welche gleichermaßen für alle Zirrhosepatienten verbindlich gilt, nicht gibt. Wichtig ist daher bei jeder Ernährungsberatung eine individuelle Abstimmung auf die im Vordergrund stehenden Komplikationen (z. B. Aszites, HE, diabetische Stoffwechsellage) und die Prognose der Erkrankung. Jeder Patient mit Leberzirrhose, insbesondere bei zusätzlicher Glukoseintoleranz, sollte deshalb in Bezug auf eine potenziell vorliegende Mangelernährung sowie auf mögliche prädisponierende Faktoren (Alkoholkrankheit? Cholestase? Steroideinnahme?) untersucht und ggf. einem ernährungsmedizinisch geschulten Arzt- oder Diätassistenzpersonal vorgestellt werden.

Körperliche Aktivität

Durch körperliche oder sportliche Aktivität ist eine Steigerung der Insulinempfindlichkeit und eine Gegensteuerung der Insulinresistenz möglich. Analog zu den Präventionsstrategien der DDG sollte daher bei Vorliegen eines hepatogenen Diabetes auf regelmäßige körperliche Bewegung von wenigstens 30 min/Tag an mindestens fünf Tagen pro Woche geachtet werden [109, 110]. Die verstärkte Immobilität vieler Zirrhosepatienten, beispielsweise im Rahmen einer hydropischen Dekompensation, einer HE oder bei allgemeiner Adynamie, begünstigt jedoch häufig die Entwicklung einer Muskelhypotrophie oder einer Knochendichteminderung [111]. Je nach Dauer und Schweregrad der Leberzirrhose ist eine ausreichende körperliche Aktivität unter Umständen daher nicht gewährleistet.

Pharmakologische Therapie

Eindeutige Empfehlungen für eine spezielle medikamentöse Behandlung des hepatogenen Diabetes mellitus, vergleichbar z. B. mit dem Stufenplan der DDG, fehlen. Außerdem liegen nur wenige prospektive Studien mit kleiner Fallzahl speziell zur pharmakologischen Therapie des hepatogenen Diabetes vor. Die Wahl der Substanzgruppe wird daher in der Praxis im Wesentlichen von der Nebenwirkungsrate bestimmt, und weniger im Hinblick auf einen günstigen Effekt auf mikro- oder makrovaskuläre Endpunkte ausgewählt.

Orale Antidiabetika

Sekretagoga wie Sulfonylharnstoffe und Glinide werden extensiv von der Leber in einer Cytochrom-P450-abhängigen Weise metabolisiert und können daher bei Zirrhose akkumulieren [112]. Dies ist mit einem gesteigerten Risiko für Hypoglykämie-Episoden verbunden. Besonders gilt dies für Glibenclamid [28]. Daher wird empfohlen, diese Wirkstoffe bei Patienten mit mittlerer bis schwerer Leberinsuffizienz zu vermeiden.

Insulin-Sensitizer wie Metformin werden nicht über die Leber verstoffwechselt [112]. Als besonders gefürchtete Komplikation bei Zirrhose gilt die Laktatazidose. Diese Komplikation wurde jedoch nur in Einzelfällen berichtet, insbesondere bei gleichzeitigem Alkoholkonsum und bei Patienten mit Lebererkrankungen im Endstadium. Die dauerhafte Einnahme von Metformin wurde mit einem reduzierten Risiko für HCC, leberbezogenen Komplikationen und einer Verlängerung der Überlebenszeit bei Patienten mit Zirrhose in Verbindung gebracht. Es ist wahrscheinlich, dass die glykämische Kontrolle einen Beitrag zur reduzierten Morbidität und Mortalität geleistet hat. Andere Insulin-Sensitizer wie z. B. Thiazolidindione werden vollständig von der Leber in einer Cytochrom-P450-abhängigen Weise metabolisiert, sodass sie bei Patienten mit Leberinsuffizienz akkumulieren [112]. Daher ist ihr Einsatz auf Patienten mit kompensierter Zirrhose (Child-Pugh-Klasse A) beschränkt.

Alle Inhibitoren der Dipeptidylpeptidase 4 (DPP-4) werden von der Leber verstoffwechselt. Trotzdem ist ihr Einsatz bei Patienten mit kompensierter LC (Child-Pugh A oder B) ohne Dosisanpassung erlaubt, außer bei Vildagliptin [112]. Eine Dosisreduktion ist jedoch bei einer geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) < 50 ml/min/1,73 m2 erforderlich, außer bei Linagliptin, das nicht über die Niere ausgeschieden wird.

Glucagon-like-Peptide-1-Rezeptor-Agonisten werden nicht über die Leber metabolisiert, sodass keine Dosisanpassung erforderlich ist [112]. Da pharmakokinetische Informationen bei Patienten mit Lebererkrankungen im Endstadium nur für Liraglutid, Dulaglutid und Semaglutid vorliegen, ist die Anwendung dieser Substanzklasse bei Patienten mit Child-Pugh-A- oder -B-Zirrhose erlaubt, während die Anwendung von Exenatid und Lixisenatid auf Patienten der Child-Pugh‑A beschränkt werden sollte [112]. Der Einsatz von Exenatid und Lixisenatid sollte auch vermieden werden, wenn die eGFR < 30 ml/min/1,73 m2 ist, da diese Wirkstoffe renal metabolisiert werden.

Inhibitoren des Natrium-Glukose-Co-Transporters 2 (SGLT2) werden alle in der Leber metabolisiert. Pharmakokinetische Studien haben eine signifikante Akkumulation nur bei schwerer Leberinsuffizienz gezeigt. Daher ist der Einsatz von SGLT2-Inhibitoren bei Child-Pugh‑A und B ohne Dosisanpassung möglich [112]. Die diuretischen Eigenschaften dieser Wirkstoffe könnten nützlich sein, um die Wirkung der Therapie mit Schleifendiuretika und Mineralokortikoidrezeptor-Agonisten zu potenzieren.

Insulin

Da Humaninsulin in der Leber metabolisiert wird, kann es notwendig sein, die Dosierung zu reduzieren. Der Einsatz von Insulin (bevorzugt Insulinanaloga) ist in allen Stadien der Zirrhose möglich. Der Insulinbedarf kann bei Patienten mit kompensierter Zirrhose hoch sein, während er bei dekompensierten Patienten niedrig sein kann. Daher sollte die Insulinbehandlung unter genauer Überwachung begonnen werden, um Hypoglykämien zu vermeiden. Das Insulinregime kann nur aus Basalinsulin oder einer Kombination aus Basal- und prandialem Insulin (Basal-plus oder Basal-Bolus) bestehen. Bei Patienten, die sich durch eine vorherrschende postprandiale Hyperglykämie auszeichnen, kann nur prandiales Insulin indiziert sein [112].

Angesichts des problematischen Sicherheitsprofils der meisten oralen Antidiabetika (insbesondere Glinide, Sulfonylharnstoffe [SH]) bei Patienten mit Leberzirrhose sollte der Einsatz vor allem kurz wirksamer Insuline (prandiale Insulintherapie) frühzeitig erwogen werden. Bei vorwiegend postprandial erhöhten Blutzuckerwerten sollte eine gut steuerbare prandiale Insulintherapie erwogen werden. Eine prandiale Insulintherapie mit Insulinen von kurzer Wirkdauer (z. B. „Humaninsuline“ bzw. „Normalinsuline“) oder kurz wirksamen Insulinanaloga (z. B. Lispro, Aspart, Glulisin) zu den Mahlzeiten muss gegenüber Präparaten mit verzögertem Wirkeintritt bevorzugt werden, da die Halbwertzeit von Insulin bei Leberzirrhose verlängert ist und Hypoglykämien aufgrund der chronischen Lebererkrankung nur insuffizient kompensiert werden können. Außerdem weisen Patienten mit einem hepatogenen Diabetes häufig vor allem postprandiale Blutzuckerspitzen und weniger hohe Nüchternglukosewerte auf, sodass diese Therapieform, verglichen mit der konventionellen Insulintherapie (CT) mit Mischinsulinen zu festen Zeitpunkten, wesentlich besser geeignet ist.

Im Vergleich zu den bisherigen konventionellen Normalinsulinen haben kurz wirksame Insulinanaloga (z. B. Insulin lispro, Insulin aspartat, Insulin glusilin) ein günstigeres Wirkprofil, da der Spritz-Ess-Abstand entfällt und das unmittelbar vor oder gar während dem Essen zu spritzende Insulinanalogon in der Regel zu signifikant besseren postprandialen Blutzuckerwerten, einer damit besseren Stoffwechselkontrolle und einer mehr flexiblen und sicheren Therapie führt. Ein weiterer Vorteil bei kurz wirksamen Insulinanaloga ist die deutlich seltenere Rate von postprandialen, d. h. zwischen den Mahlzeiten auftretenden Hypoglykämien gegenüber der Therapie mit Normalinsulinen. Dies ist insbesondere bei Hypoglykämie-gefährdeten Patienten mit hepatogenem Diabetes wichtig. Für die Therapie mit lang wirksamen Insulinanaloga (Insulin glargin, Insulin detemir) konnte ebenfalls eine signifikant niedrigere Rate von Hypoglykämien, insbesondere nächtlichen Unterzuckerungen, gegenüber herkömmlichen NPH-Insulinen nachgewiesen werden.

Behandlung von DM nach Transplantation

Eine komplette Heilung eines hepatogenen Diabetes wurde nach Lebertransplantation beschrieben. In 30 % persistiert die diabetische Stoffwechsellage. Außerdem wurden auch Fälle eines De-novo-Diabetes nach Lebertransplantation beobachtet, z. B. auf Grund der immunsuppressiven Behandlung, viraler Infektionen und spender- und verfahrensbedingter Faktoren [112]. Intraoperativ und unmittelbar nach Transplantation werden häufig schwere Hyperglykämien beobachtet, welche oft vorübergehend und reversibel auftreten [97, 112]. Hier gilt die intravenöse oder subkutane intensivierte Insulintherapie nach validierten Algorithmen als Standard. Mit der Reduktion der Steroiddosis nimmt der Insulinbedarf rasch ab und die Insulinbehandlung kann in vielen Fällen beendet werden [112].

Spezifische Leitlinien für die Behandlung der Post-LT-DM wurden 2014 publiziert [94]. Die Therapie richtet sich nach den allgemeinen Standards der Diabetestherapie, unter spezieller Berücksichtigung der Nierenfunktion, die sich z. B. in Folge einer Therapie mit Calcineurininhibitoren verschlechtern kann.

Schlussfolgerungen und Perspektiven

Prädiabetes und Diabetes stellen bei Zirrhose extrem häufige Komorbiditäten dar, welche angesichts der wachsenden Prävalenz von Adipositas und nichtalkoholischer Fettlebererkrankung noch zunehmen werden. Eine Zirrhose stellt durch die chronische Parenchymschädigung und den damit verbundenen Funktionsverlust eine diabetogene Kondition dar. Diabetes mellitus Typ 2 sowie hepatogener Diabetes triggern außerdem die weitere Dekompensation der Zirrhose sowie die Zunahme von assoziierten Komplikationen und sind daher signifikant mit einer gesteigerten Mortalität verbunden. Bezüglich der pathophysiologischen Mechanismen gibt es eine Reihe wichtiger Unterschiede zwischen Typ-2-Diabetes und hepatogenem Diabetes. Anhand einiger klinischer sowie biochemischer Merkmale ist eine Unterscheidung zwischen den beiden Typen möglich. Bislang ist der klinisch-praktische Nutzen der taxonomischen Trennung der beiden Diabetes-Typen nicht klar belegt. Verglichen mit den „klassischen“ Komplikationen einer Zirrhose wie z. B. der Ösophagusvarizenblutung oder der Entstehung eines hepatozellulären Karzinoms (HCC) wird dem hepatogenen Diabetes in der Praxis oft nur eine zweitrangige Bedeutung beigemessen und die hohe Prävalenz von Störungen des Glukosestoffwechsels bei Patienten mit Leberzirrhose deutlich unterschätzt. Dies spiegelt sich auch im Fehlen von spezifischen evidenzbasierten Behandlungsleitlinien wider. Es besteht ein klarer Handlungsauftrag an die beteiligten Fachgesellschaften, diese häufige und unterschätzte Komplikation bei Zirrhose in den klassischen „Kanon“ der Zirrhose-Komplikationen aufzunehmen.