Ein bariatrisch-chirurgischer Eingriff ist für viele morbid adipöse Patienten der letzte Ausweg, um nachhaltig Gewicht zu verlieren und Adipositas-assoziierte Komorbiditäten zu verbessern. Eine strukturierte, lebenslange Betreuung dieser Patienten ist ein wesentlicher Bestandteil für den langfristigen Erfolg der operativen Maßnahmen. Im folgenden Artikel werden internationale Empfehlungen für solch eine Nachsorge von Patienten nach Magenbypass und Schlauchmagenoperationen dargestellt. Der Fokus liegt vor allem auf Ernährungs- und Lebensstilempfehlungen.

Hintergrund

Übergewicht und Adipositas stellen mittlerweile ein größeres Mortalitätsrisiko als Untergewicht dar. Die weltweite Prävalenz von Übergewicht und Adipositas hat sich zwischen 1975 und 2016 nahezu verdreifacht. Die Ziele einer Adipositastherapie sind in erster Linie die Gewichtsreduktion – vor allem die Reduktion des Körperfettanteils – und die langfristige Stabilisierung des verringerten Körpergewichts. Mit der Gewichtsreduktion geht üblicherweise eine Minimierung der Gesundheitsrisiken und der mit Adipositas assoziierten Komorbiditäten einher. Die momentan effizienteste Therapiemöglichkeit der morbiden Adipositas ist die Adipositaschirurgie. Eine Operation wird für Patienten in Betracht gezogen, die einen BMI ≥40,0 kg/m2 haben oder an einem BMI ≥35 kg/m2 mit einer oder mehreren Adipositas-assoziierten Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 oder anderen metabolischen Krankheiten leiden. Die Anzahl bariatrisch-chirurgischer Eingriffe zur Gewichtsreduktion nimmt in Österreich ständig zu – 2013 wurden laut IFSO (International Federation for the Surgery of Obesity and Metabolic Diseases) österreichweit 2144, im Jahr darauf 2553 Operationen durchgeführt.

Der Erfolg einer chirurgischen Adipositastherapie hängt jedoch nicht nur von der Operation selbst, sondern ganz wesentlich von einer strukturierten prä- und postoperativen, interdisziplinären Betreuung der Patienten ab. Neben der intensiven medizinischen Betreuung sind Verhaltens- und Bewegungstraining sowie Ernährungsberatung und psychologische Betreuung elementare Bestandteile in der Versorgung Adipositas-chirurgisch behandelter Patienten. Empfehlungen für eine interdisziplinäre Vor- und Nachbetreuung finden sich zwar in internationalen Leitlinien, ein allgemeingültiges Nachsorgekonzept existiert jedoch nicht, sodass derzeit jedes Zentrum ein solches Programm entwickeln muss.

Aufgrund der steigenden Operationszahlen benötigen immer mehr Patienten einen kompetenten Nachsorgepartner. Mittelfristig werden Spezialambulanzen die Patientenzahlen nicht mehr versorgen können. Vermehrt werden diese Patienten bei ihren niedergelassenen Ärzten vorstellig (werden).

Nachsorgemanagement im niedergelassenen Bereich

Sicher ist, dass die bariatrische Chirurgie eine effektive Hilfe im Bereich der morbiden Adipositas bietet. Realität ist aber auch, dass nach den Operationen Veränderungen im Ess- und Bewegungsverhalten lebenslang eingehalten werden müssen, um eine Nachhaltigkeit in der Gewichtsabnahme sowie einen guten Gesundheitszustand zu erreichen.

Deutlich kleinere Nahrungsmittelmengen können das Decken des täglichen Bedarfs an Vitaminen, Mineralstoffen und Protein nicht immer sicherstellen. Ursachen dafür liegen in der angewendeten Operationstechnik. Restriktive Methoden wie der Schlauchmagen führen durch die Verkleinerung des Magens zu einer reduzierten Nahrungszufuhr pro Mahlzeit. Zu einer reduzierten Nährstoffaufnahme durch Verkürzung der Darmpassagestrecke führen malabsorptive Verfahren. Häufig werden beide Mechanismen kombiniert (z. B. Magenbypass). Eine entsprechend geringere Aufnahme an Vitaminen und Mineralstoffen kann daher nach allen Adipositas-chirurgischen Verfahren zur Entwicklung von Mangelerscheinungen führen (Tab. 1). Die durch den Mangel auftretenden biochemischen Veränderungen führen zunächst zu einem subklinischen Mangel, gefolgt von meist unspezifischen Symptomen. Eine Diagnose eines einzelnen Nährstoffmangels anhand dieser Symptome ist schwierig und unzureichend. Eine routinemäßige (jährliche) Laboruntersuchung ist eine gute Hilfestellung. Überprüft werden sollen alle Parameter, die auf eine Mangelernährung hindeuten könnten – zumindest Blutbild, Elektrolyte, Eisen, Ferritin, Vitamin B12, Folsäure, Vitamin D, PTH und Osteocalcin, 24 h-Kalziumausscheidung im Urin und alle zwei Jahre Knochendichtemessung (DXA – Dual-energy X‑ray absorptiometry). Je nach Operationsverfahren und daher zu erwartenden Mangelerscheinungen können das Ausmaß der Laborkontrollen und die Kontrollfrequenz nach klinischer Einschätzung angepasst werden.

Tab. 1 Metabolische und ernährungsbedingte Komplikationen nach bariatrischen Eingriffen. (Modifiziert nach [1,2,3])

Zur Prophylaxe eines Vitamin- und Mineralstoffmangels wird bei allen bariatrischen Verfahren die tägliche Einnahme eines Multivitamin- und Mineralstoffpräparats sowie zusätzliche Supplementation von bspw. Kalzium und Vitamin D (Abb. 1) empfohlen. Bei Vorliegen eines klinischen Mangels muss eine ärztlich kontrollierte und gezielte Substitution erfolgen.

Abb. 1
figure 1

Tägliche Einnahmeempfehlungena für Supplementeb nach bariatrischen Operationen (in Apotheken, Drogerien und online erhältlich). (aEmpfehlungen mod. nach Aills et al. (ASMBS) 2008 [4], Mechanick et al. 2014 [2], Busetto et al. (EASO) 2017 [3]. bAlle Angaben erfolgen ohne Gewähr. cVitamine und Mineralstoffe sollten bis zu 200 % des Tagesbedarfs laut D‑A-CH Referenzwerten für Erwachsene enthalten. dIE Internationale Einheiten)

Patienten, die ihre Nachsorgetermine nicht mehr wahrnehmen, laufen Gefahr, mit einer erneuten Gewichtszunahme konfrontiert zu sein, und häufig wird parallel dazu die Mikronährstoff-Supplementeinnahme vernachlässigt.

Ernährungs- und Lebensstilempfehlungen nach einer Adipositasoperation

  • Drei ausgewogene Mahlzeiten und zwei Zwischenmahlzeiten

  • Ausreichend kauen (30 Mal) und kleine Bissen nehmen, langsam essen

  • Bei Völlegefühl nicht weiteressen

  • Fettaufnahme einschränken (maximal eine Speise mit mehr als 5 g Fett/Portion)

  • Faserreiche Lebensmittel meiden

  • Individuelle Unverträglichkeiten sind möglich

  • Essen und Trinken trennen – Flüssigkeitszufuhr 30 min vor oder nach der Mahlzeit (sonst besteht Gefahr von Erbrechen oder Diarrhöe sowie negativer Einfluss auf die Sättigung)

  • Stilles Wasser trinken, Kohlensäure meiden

  • Tägliche Einnahme der verordneten Vitamine und Spurenelemente

  • Regelmäßige gezielte Bewegung (Muskelaufbau- und Herz-Kreislauf-Training)

Fazit

Abschließend bleibt festzustellen, dass eine strukturierte lebenslange Betreuung bariatrisch operierter Patienten zur Sicherung eines langfristigen Erfolgs und zur Vermeidung von Komplikationen sowie Mangelerscheinungen unabdingbar ist. Dabei hat die Beratung zu Ernährung und Lebensstil einen wichtigen Stellenwert.

Im Rahmen der Versorgungsstudie BagEL (Bariatrische PatientInnen in der Primärversorgung: post-operatives Ernährungs- und Lebensstilmanagement), der Medizinischen Universität Wien wird das Nachsorgekonzept der Adipositasambulanz der Wiener Universitätsklinik in Form eines Nachsorgepasses auf Anwendbarkeit im niedergelassenen Bereich getestet. Dieser Pass beinhaltet empfohlene Kontrolltermine, Laborkontrollen und Fragen zu Ernährungs- und Bewegungsverhalten für Magenbypass- oder Schlauchmagenpatienten. Ziel der Studie ist es, die Qualität in der Langzeitnachsorge bariatrisch operierter Patienten zu verbessern und so den Erfolg einer Adipositas-chirurgischen Maßnahme nachhaltig positiv zu beeinflussen.