In der Deutschen Schwesternzeitung 1950 (3) 272 schrieb Dr. med. Günter Gries über den Einfluss des Klimas auf den Menschen und daraus resultierende Krankheiten. 1973 berichtete die Deutsche Krankenpflegezeitschrift in ihrem Schwerpunkt ebenfalls über das Klima (Abb. 1, Abb. 2) und erwähnte sogar eine Beratungsstelle in Offenbach, an der ein "Kranker" sich beraten lassen konnte, wenn er in einem ungünstigen Klima wohnte. Heute ist das Thema in aller Munde und wichtiger denn je. Ich frage mich, was wir in 75 Jahren denken werden, wenn wir diese Ausgabe erneut lesen. Wird sich dann etwas verändert haben oder reden wir immer noch über mögliche ergreifende Maßnahmen?

Abb. 1:
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© (2) Deutsche Krankenpflegezeitschrift 1973 (3) 109

Sturmgebegeute Straßenbäume in Ostfriesland - "Der Kranke Mensch und das Klima" war 1973 Schwerpunkt

Abb. 2:
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Am Meer - Welche Faktoren beeinflussen die Gesundheit?

Benjamin Berger, Redaktion Pflege Zeitschrift

In den Betrachtungen über das Krankheitsgeschehen sind in den letzten Jahren die Wettereinflüsse als ursächliche Faktoren mehr in den Vordergrund gerückt. Die wechselnden Witterungseinflüsse eines begrenzten Gebietes haben dabei besondere Beachtung gefunden. In unserem Falle werden die Einflüsse der in unserem Klima auftretenden Wetterumschläge betrachtet. Ein Gruppe von Forschern schenkte ihre Aufmerksamkeit den Elementen, die eine Witterung ausmachen, z.B. Sonnenstrahlungsintensität, Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, Lang- und Kurzwellenstrahlungsintensität, Oxydationsstärke der Luft. Andere Forscher beschäftigen sich mit der Wirkung großer Luftbewegungen, die unser Wetter beeinflussen, z.B. warme und kalte Meereslufteinbrüche, warme und kalte Kontinentallufteinbrüche. Während die Forschung auf dem ersten Gebiet noch in vollem Fluss ist, lassen sich im zweiten schon eindeutige Ergebnisse verzeichnen. Man fand, dass hauptsächlich Umschwünge in der Witterung auf das Krankheitsgeschehen Einfluss nehmen. Bei genauerer Betrachtung erwies sich, dass diese Einflüsse je nach dem Charakter der neu einbrechenden Luftfronten verschieden sind. Jede Luftart hat dabei ihre spezifischen Auswirkungen. Kaltlufteinbrüche vermögen bei disponierten Personen Gallen- und Nierenkoliken auszulösen. Außerdem wird die Neigung zu Apoplexien, Kreislaufstörungen und spastischen Leiden erhöht. Bei Einbrüchen tropischer Luftmassen häufen sich in auffälliger Weise Angina pectoris- Anfälle, Präeklampsien, Gewichtsstürze bei Säuglingen und Verdauungsstörungen. Meereslufteinbrüche ziehen besonders dann, wenn das betreffende Gebiet lange vorher unter kontinentalem Lufteinfluss stand, Steigerungen und Häufungen allergischer Erscheinungen wie Heuschnupfen und Asthma nach sich. Die Zahlen der Geburten und vorzeitigen Blasensprünge sollen bei Kaltlufteinbrüchen auffällig steigen. Interessant ist, dass oft vor Wetteränderung auftretende Schmerzen in Amputationsstümpfen und Rheumatikern insofern eine Erklärung gefunden haben, als dass sie durch bestimmte Strahlen verursacht scheinen, die vor jedem Witterungsumschlag durch Aufschichtung neuer anders gearteter Luftmassen auftreten. Neben diesen großen Luftbewegungen spielen kleinere lokalere Geschehen eine fast ebenso große Rolle, wie aus den Untersuchungen, speziell im Taunusgebiet, hervorgeht.

Dr. med. Günter Gries