1 Einführung

Mario Draghi, ehemaliger italienischer Ministerpräsident und Präsident der Europäischen Zentralbank, beschrieb die Corona-Pandemie als eine menschliche Tragödie von potenziell biblischem Ausmaß. Zudem würden sich Unternehmen mit Einkommensverlusten in allen Branchen konfrontiert sehen (Draghi 2020). Tatsächlich wirkt sich die Pandemie stark auf die Erwerbstätigen aus, da seitdem viele von ihnen im Homeoffice arbeiten oder sich in Kurzarbeit begeben mussten. Andere befürchteten, dass sie ihre Arbeit verlieren (Schröder et al. 2020). Bereits während der Finanzmarktkrise 2007/2008 wurde deutlich, dass eine derartige Krise negative Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung hat, das psychische Wohlbefinden der Bevölkerung nachhaltig negativ beeinflusst wird und die erschwerte Arbeitssituation sogar zu Selbstmordgedanken führen kann (Van Hal 2015).

Studien zeigen, dass die Anzahl der Tage, an denen Mitarbeitende wegen Burnout ausfallen, mit jedem Jahr zunimmt (Neckel und Wagner 2014). Stress und andere arbeitsbezogene Probleme werden immer öfter Themen der gesellschaftlichen Diskussion und wissenschaftlicher Untersuchung (Ehrenberg 2017). Insbesondere gelingt es nicht allen Menschen, eine „Burnout Firewall“ zwischen Home und Office aufzubauen (Bröckling 2017, S. 222). Mit der Corona-bedingten Verbreitung von Homeoffice-Arbeit ist diese Abgrenzung auch kaum noch möglich. Dabei haben bereits vor der Corona-Pandemie nicht nur die typischen Erwerbstätigen, sondern auch Arbeitslose und alleinerziehende Mütter/Väter unter Burnout gelitten (Neckel und Wagner 2014).

Arbeit im Homeoffice ist zweischneidig. Sie kann sich positiv auf die Produktivität der Erwerbstätigen auswirken; es kann jedoch auch der gegenteilige Effekt eintreten und die Mitarbeitenden an den Rand ihrer Kapazitätsgrenzen bringen und somit zu emotionaler Erschöpfung führen (Landes et al. 2020). Laut Demerouti et al. (2001) können die Arbeitsbedingungen von Erwerbstätigen in zwei Kategorien eingeteilt werden: Arbeitsanforderungen (Job Demands) und Arbeitsressourcen (Job Resources). Job Demands umfassen Aspekte der Arbeit, die Energie erfordern, wie beispielsweise Zeitdruck. Job Resources hingegen puffern die Auswirkungen von Arbeitsanforderungen ab und liefern Energie, wie beispielsweise Belohnungen (Bakker und Demerouti 2017; Demerouti et al. 2001).

Einen kritischen Faktor am Arbeitsplatz, insbesondere im Homeoffice, stellt Stress dar (Rieth und Hagemann 2021). In den Sozialwissenschaften wird von der „Subjektivierung von Arbeit“ gesprochen (d. h. Arbeit wird zum alleinigen Zentrum der Selbstverwirklichung), die zu erhöhtem Stress und zur Selbstüberforderung der Mitarbeitenden führt (Hirschfeld 2015, S. 1). Folgen, die aus arbeitsbedingtem Stress resultieren, sind im Wesentlichen Burnout und Schlafprobleme (Hobfoll und Shirom 2001; Riemann et al. 2017). Burnout wird von Maslach und Jackson (1981, S. 99) als „syndrome of emotional exhaustion and cynicism that occurs frequently among individuals who do ‘people-work‘ of some kind“ beschrieben.

In diesem Beitrag werden der persönliche und arbeitsbezogene Burnout und seine Konsequenzen, insbesondere Schlafprobleme, im Homeoffice betrachtet. Unter Schlafproblemen wird die Schwierigkeit verstanden, einzuschlafen oder durchzuschlafen, sowie das Problem, morgens zu früh zu erwachen. Von Schlafproblemen Betroffene sind tagsüber müde und fühlen sich bei ihren beruflichen oder privaten Aufgaben erschöpft (Armon et al. 2008; Heinemann und Heinemann 2017; Riemann et al. 2017). Sie stehen damit unter einer permanenten Belastung (Continuous Alarm State). Über Schlafprobleme hinaus kann es auch zu Gedächtnisverlust, schwacher Immunität bis hin zu totaler Erschöpfung kommen (Bröckling 2017).

2 Theoretische Grundlagen der Studie

Im Zuge der Corona-Pandemie und der politischen Entscheidungen zur Eindämmung des Virus haben viele Unternehmen auf Homeoffice-Arbeit umgestellt (Schröder et al. 2020). Laut einer im Mai 2020 vom Fraunhofer-Institut durchgeführten Befragung arbeiteten annähernd 70 % der Befragten komplett oder größtenteils im Homeoffice (Hofmann et al. 2020). Aber auch bei der Arbeit in der eigenen Wohnung ist es wichtig, dass die Balance zwischen Arbeitsanforderungen und Arbeitsanforderungen gegeben ist. Bakker et al. (2005) zeigen, dass ein Verhältnis von hohen Arbeitsanforderungen und geringen Arbeitsressourcen zu Erschöpfung und Burnout führt. Homeoffice-Arbeit kann einerseits die Work-Life-Balance fördern, da Familie oder andere außerberufliche Tätigkeiten mit der Arbeit leichter vereinbart werden können (Allen et al. 2015). Es kann aber auch der gegenteilige Effekt eintreten, bei dem die Erwerbstätigen emotionale Erschöpfung erleiden (Landes et al. 2020). Beispielsweise kann es bei Familien mit betreuungsbedürftigen Kindern zu einer Zunahme von Konflikten zwischen Arbeit und familiären Bedürfnissen und schließlich zu Burnout und Schlafproblemen kommen (Arntz et al. 2020).

Schon vor vielen Jahren verstand Arches (1991) Burnout als eine Folge von Bürokratie und Autonomieverlust von Mitarbeitenden. Obwohl sich seit Anfang der 1990er-Jahre Konzepte wie Lean Management verbreitet haben (Gadatsch 2020; Womack und Jones 1997), die u. a. zu einer erhöhten Autonomie von Mitarbeitenden führen sollten, ist die Arbeitszentrierung bestehen geblieben. Es hat sich zwar eine gewisse Veränderung der Arbeitsweise (z. B. Prozessgestaltung) ergeben, nicht aber der Arbeitsformen (z. B. klassische Büroarbeit). So argumentiert Neckel (2014), dass die durch Wettbewerbsgesellschaft und Wachstumskapitalismus getriebenen Arbeitsformen zum Grund für die Entstehung von Burnout wurden. Er fordert daher eine Flexibilisierung und Entbürokratisierung der Arbeitsformen. Die Idee des Homeoffice könnte potenziell die bisherigen rigiden Arbeitsformen verändern.

Tatsächlich war die Arbeit im Homeoffice vor der Corona-Pandemie eine Ausprägung von Flexibilität, die ein Unternehmen seinen Mitarbeitenden geboten hat. Mit dem Beginn der Pandemie hat sich die Arbeitswelt jedoch drastisch verändert. Von einer attraktiven Option, die Arbeit in gewissem Rahmen selbst zu gestalten, wurde Homeoffice zu einer sozial notwendigen Pflicht. Damit wurde den Beschäftigten die Autonomie entzogen, was negative Folgen für die Motivation bedeutete (Kaiser et al. 2021). Durch die weitgehende Schließung von Büros, die Einführung von Homeoffice sowie daraus folgende soziale Distanzierung wurden die Arbeitsstrukturen verändert. Die Vernetzung, die Kommunikation und das Handeln mit den Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz wurde durch den digitalen Raum ersetzt. Kommunikation erfolgt(e) im Homeoffice ausschließlich digital (Kellner et al. 2020).

Die langfristigen Auswirkungen der neuen Arbeits- und Gesellschaftsmodelle müssen kritisch hinterfragt werden (Hirschfeld 2017). Es ist bereits jetzt erkennbar, dass die Nutzung von Homeoffice nicht nur vorübergehend sein wird. Studien belegen, dass Unternehmen und Mitarbeitende auch nach der Corona-Pandemie das Homeoffice beibehalten wollen (Demmelhuber et al. 2020). So haben Unternehmen festgestellt, dass eine hohe Produktivität auch im Homeoffice zu erreichen ist und die Mitarbeitenden engagiert und produktiv arbeiten können. Aus Sicht der Berufstätigen senkt Arbeit im Homeoffice Kosten, Zeit und Energie. Insbesondere verringern sich die Arbeitswege und somit wird auch das Verkehrsaufkommen reduziert (Mergener 2020). Daher wünschen sich viele Erwerbstätige auch zukünftig die Wahl zwischen Homeoffice und Offline-Office (Umbs 2020). Klar ist, dass die Zukunft des Homeoffice aus einer einvernehmlichen, für alle Beteiligten als fair wahrgenommenen Lösung bestehen muss (Diewald 2020). Um Arbeitsformen entwickeln zu können, die Burnout vermeiden oder zumindest reduzieren, ist es notwendig, den psychologischen Mechanismus der Entstehung von Burnout zu verstehen.

2.1 Job Demands-Resources Model

Im Job Demands-Resources Model (JD-R Model) wird dargestellt, dass Mitarbeitende in ihren Unternehmen unterschiedliche Arbeitsumgebungen vorfinden und sich diese Umgebungen immer in zwei Kategorien, Job Demands und Job Resources, einteilen lassen (Bakker et al. 2003). Unter Job Resources werden psychologische Ressourcen, wie z. B. Motivation, und physiologische Ressourcen, wie z. B. Ausdauer und Kraft, verstanden, die die Beschäftigten für die Erledigung ihrer Arbeit aufwenden müssen (Bakker et al. 2003; Bogodistov et al. 2018; Demerouti et al. 2001). Um den Arbeitsanforderungen gerecht zu werden, müssen Mitarbeitende also Ressourcen investieren. Dagegen sind Job Demands laut Demerouti et al. (2001) die psychologischen, physischen, sozialen und organisatorischen Aspekte der Arbeit, d. h. körperliche und geistige Anstrengungen. Darunter fallen z. B. zeitliche und inhaltliche Anforderungen, Arbeitsdruck, Umgang mit ungeeigneten Arbeitsumgebungen und emotionale Anforderungen (Demerouti und Nachreiner 2019).

Eine unzureichende Balance von Arbeitsanforderungen und -ressourcen kann unerwünschte Effekte haben – im Wesentlichen Ermüdung und Demotivation (Demerouti et al. 2001; Schaufeli 2017). Zum einen können zu hohe Job Demands zur Arbeitsüberlastung führen und damit die psychischen oder physischen Ressourcen eines/r Erwerbstätigen aufbrauchen. Daraus können gesundheitliche Probleme bis hin zum Burnout resultieren (Bakker et al. 2003; Demerouti et al. 2001; Leiter 1993). Zum anderen können fehlende oder zu geringe Job Resources die Zielerreichung am Arbeitsplatz verhindern. Das führt zu Misserfolgen und zur Frustration, was wiederum zum Rückzug von der Arbeit und zu verminderter Motivation führen kann (Bakker et al. 2003).

Eine ausgewogene Balance der Job Demands und Job Resources ist erforderlich, um Arbeitszufriedenheit zu erlangen. Daher sollten den Mitarbeitenden hinreichende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, um die Anforderungen der Arbeit erfüllen zu können (Hobfoll 2001; Rieth und Hagemann 2021). Beispiele sind laufende Rückmeldung von Vorgesetzten, Aufgabenvielfalt, eigene Kontrolle über die Arbeitsgestaltung sowie eine positive Teamatmosphäre (Schaufeli 2017). Hinsichtlich der Arbeit im Homeoffice können Organisationen z. B. ihre Mitarbeitenden unterstützen, indem sie Job Resources, wie beispielsweise freie Arbeitsgestaltung oder Unterstützung durch die Vorgesetzten, anbieten. Außerdem sollte den Beschäftigten die Anpassung an die Arbeitsanforderungen ermöglicht werden. Dies kann in Form von Führungstrainings, Arbeitsplatzsicherheit oder Job Crafting durch die Mitarbeitenden erfolgen (Demerouti und Nachreiner 2019). Gerade jetzt sollte es für Unternehmen von Interesse sein, die psychosozialen Faktoren am Arbeitsplatz und das Wohlbefinden der Beschäftigten regelmäßig zu überprüfen. Insbesondere in Zeiten großer Belastung (Pandemie, Rezession, Unruhen etc.) ist es wichtig, die Mitarbeitenden zu unterstützen, damit sie weiterhin ein hohes Arbeitsengagement und eine entsprechende Leistung erbringen können. Die Balance von Job Demands und Job Resources hilft dabei, das Wertvollste des Unternehmens, die Mitarbeitenden, vor Burnout und anderen psychischen Krankheiten zu schützen (Schaufeli 2017).

2.2 Burnout während der Corona-Pandemie

Burnout ist ein seit Langem bekanntes Phänomen, das während der Corona-Pandemie präsenter denn je war (Du et al. 2020; Maslach und Jackson 1984). In mehreren Studien im Gesundheitswesen wurden Angstzustände und Depressionen bei Fachkräften, die in direktem Kontakt mit Infizierten standen, diagnostiziert. Insbesondere diese Beschäftigten standen und stehen unter sehr hohem Druck (Wu et al. 2020).

Tritt Burnout bei einer/m Erwerbstätigen auf, scheint in ihrer/seiner Beziehung zur Arbeit etwas fehlgelaufen zu sein (Wilkinson 2017). Typischerweise starten Erwerbstätige mit positiven Erwartungen und Gefühlen sowie mit dem Ziel, erfolgreich zu sein, in die Arbeitswelt. Dieses Hoch kann sich jedoch mit der Zeit in negative Gefühle verwandeln und die Betroffenen verspüren das Gefühl von Erschöpfung und des Versagens (Neubach und Schmidt 2004). Die Betroffenen fühlen sich „ausgebrannt“ (Maslach und Leiter 2017).

Erschöpfung, Zynismus und berufliche Ineffizienz sind Charakteristika von Burnout. Dabei wird das persönliche und soziale „Funktionieren“ beeinträchtigt (Maslach und Leiter 2016). Personen, die unter Burnout leiden, verlieren mit der Zeit die Fähigkeit, Aufgaben zu verrichten; sie empfinden, dass sie keine Leistung mehr erbringen können (Schaufeli et al. 2009). Sie fühlen sich selbst dann erschöpft, abgekoppelt von ihrer Umgebung und uneffektiv, wenn sie gute Leistungen erzielen (Nunn und Isaacs 2019).

In einem neueren Ansatz zum Burnout wird vermutet, dass Zynismus und berufliche Ineffizienz nicht Dimensionen von Burnout, sondern dessen Folgen sind. Danach wäre Zynismus eine Bewältigungsstrategie und berufliche Ineffizienz eine Folge von Burnout (Kristensen et al. 2005; Neubach und Schmidt 2004). Eine verbreitete Messmethode, das Copenhagen Burnout Inventory, folgt dieser Auffassung. Sie differenziert zwischen persönlichem Burnout, arbeitsbezogenem Burnout und kundenbezogenem Burnout (Kristensen et al. 2005; Reichl et al. 2014). Bei Burnout handelt es sich um ein Stressphänomen, das sich nicht nur auf das Berufsleben, sondern auch auf das Privatleben der betroffenen Person auswirken kann. Auch können an Burnout leidende Personen negative Einflüsse auf ihre Arbeitskolleginnen und -kollegen haben. Damit können Konflikte untereinander entstehen und die zu erledigenden Arbeitsaufgaben können dadurch vernachlässigt werden. Burnout kann sich zudem negativ auf Ehe und Familie auswirken und dort weitere Probleme schaffen (Maslach und Leiter 2017).

Die aktuelle Forschung zeigt, dass Burnout-Fälle bereits verstärkt im Homeoffice aufgetreten sind. Aufgrund der Pandemie sind Mitarbeitende auf das Funktionieren technologischer Komponenten (Computer, Zugriff auf Softwareanwendungen des Unternehmens, Internet/Router, Kommunikationssoftware wie Teams, Zoom etc.) angewiesen, was das Stressniveau der Mitarbeitenden erhöht (Schauffel und Ellwart 2021; Techniker Krankenkasse 2021). Außerdem erhöht die Erwartung der ständigen Erreichbarkeit, teilweise auch außerhalb der regulären Arbeitszeit, die Wahrscheinlichkeit, an Burnout zu erkranken (Barber und Santuzzi 2015; Rau und Göllner 2019). Eine Studie mit Homeoffice-Angestellten aus Indien zeigt, dass das Fehlen institutioneller Richtlinien, lange Arbeitszeiten und die Vorgabe strenger Fristen zu chronischem Stress, Erschöpfung und Burnout führt. Eine große Anzahl der Befragten gab an, sich chronisch müde und erschöpft zu fühlen. Auch die erschwerte Vereinbarung von Familie und Beruf erhöhte das Stressniveau, da vielfach der Schulbesuch auf Homeschooling umgestellt worden war und die Eltern nun nicht nur im Homeoffice arbeiten, sondern zusätzlich das Homeschooling zusammen mit den Kindern absolvieren mussten (Kumar und Dasgupta 2021). Eine Studie, die 2020 in Deutschland durchgeführt wurde, ergab, dass die Arbeit im Homeoffice dann einen Vorteil darstellt, wenn geeignete Arbeitsbedingungen vorliegen. Die Ergebnisse zeigen, dass Personen, die nicht von zu Hause arbeiteten, mehr Stress und weniger Lebenszufriedenheit erlebten als jene, die von zu Hause aus arbeiteten. Herrschen jedoch keine adäquaten Arbeitsbedingungen im Homeoffice, führt dies zu Ressourcenverlusten und Belastungen (Rieth und Hagemann 2021). Die zusätzlichen Belastungen, die sich Erwerbstätigen im Homeoffice in den Weg stellten, führten nicht nur zu stärkerer emotionaler Erschöpfung, sondern auch zu erheblichen Schlafproblemen (Voitsidis et al. 2020).

2.3 Schlafprobleme während der Corona-Pandemie

Personen, die an SchlafproblemenFootnote 1 leiden, haben Schwierigkeiten einzuschlafen oder durchzuschlafen (Riemann et al. 2017). Ein weiteres Problem ist das zu frühe Erwachen am Morgen. Die Betroffenen sind dann tagsüber müde und erschöpft (Armon et al. 2008). In den USA leiden ca. 60 Mio. Personen an Schlaflosigkeit (Bolge et al. 2009; Ohayon 2002). Greenberg (2006) berichtet, dass dort 10–17 % der Erwachsenen von Schlafproblemen betroffen sind, die länger als vier Wochen andauern. An Burnout erkrankte Personen oder Erwerbstätige mit viel Stress am Arbeitsplatz berichten häufig von Schlafstörungen (von Känel 2008). Schlafprobleme können zu verschlechterter Leistung am Arbeitsplatz führen, woraus Produktivitätsverluste entstehen. Darüber hinaus sind vermehrt Krankschreibungen zu beobachten (Jansson und Linton 2006). Weitere Auswirkungen von Schlafproblemen sind Gedächtnisprobleme (Bröckling 2017). Eines der größten Risiken im Zusammenhang mit Schlafproblemen ist die erhöhte Gefahr von Arbeits- und Verkehrsunfällen (Bolge et al. 2009; Riemann et al. 2017). Auch die finanziellen Auswirkungen sind beträchtlich. In den USA werden die jährlichen Kosten auf über 100 Mrd. US-$ geschätzt (Greenberg 2006), wenn man Unfälle, Behandlungskosten und Produktivitätsverluste einbezieht.

Während der Pandemie kam und kommt es vor allem beim Gesundheitspersonal, das in die Behandlung der an Corona Erkrankten involviert ist, zu massiven Belastungen, was sich in körperlicher und geistiger Erschöpfung widerspiegelt. Aber auch Erwerbstätige anderer Branchen litten und leiden an Isolation oder den Verlust sozialer Kontakte, was sich in Angst, Depression und/oder Schlafstörungen zeigte (Lung et al. 2009; Pappa et al. 2020; Wu et al. 2020). Bereits im April 2020 führten Voitsidis et al. (2020) in Griechenland eine Erhebung durch, wobei sie die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Schlafgesundheit untersucht haben. 37,6 % der Befragten wiesen einen Messwert auf, der auf eine Verschärfung von Schlafstörungen hindeutete. Die Studie ergab, dass sich die Schlafprobleme während der Corona-Pandemie erhöhten und gleichzeitig das Stressniveau anstieg. Gründe dafür waren Sorgen um die Gesundheit sowie Veränderungen in der täglichen Routine. Festgestellt wurde auch, dass Befragte, die in ländlichen Gebieten wohnen, bessere Werte aufwiesen, da sie vorwiegend körperliche Arbeit verrichteten (Voitsidis et al. 2020). Eine Studie von Li et al. (2020), die in China zu Beginn der Corona-Pandemie durchgeführt wurde, zeigt, dass auch dort die Schlafprobleme anstiegen. Von 3637 Befragten entwickelten 13,6 % eine neu aufgetretene Schlafproblematik. Ein wesentlicher Grund dafür war die Angst sich zu infizieren, die sich negativ auf den Schlaf und die psychische Gesundheit der Befragten auswirkte (Li et al. 2020).

2.4 Forschungsmodell

Basierend auf den oben skizzierten theoretischen Grundlagen haben wir unser Forschungsmodell entwickelt. Laut Theorie erhöhen steigende Arbeitsanforderungen die Gefahr des Burnout im Homeoffice. Da Burnout mit Schlafproblemen im Zusammenhang steht, wird ein Mediationseffekt erwartet, d. h. wenn die Arbeitsanforderungen Burnout erzeugen und Burnout zur Schlaflosigkeit führt, so erzeugen Arbeitsanforderungen indirekt Schlafprobleme. Das Gegenteil gilt für Arbeitsressourcen: Diese sollen Burnout verringern, was wiederum Schlafprobleme reduzieren soll. Außerdem stehen Arbeitsanforderungen und -ressourcen in einem direkten Zusammenhang mit Schlafproblemen, wobei zu erwarten ist, dass Arbeitsanforderungen die Schlafprobleme erhöhen und Arbeitsressourcen diese reduzieren.

Hypothese 1

Arbeitsanforderungen erhöhen (a) und Arbeitsressourcen reduzieren (b) den persönlichen und arbeitsbezogenen Burnout.

Hypothese 2

Im Homeoffice erhöht arbeitsbezogener Burnout den persönlichen Burnout.

Hypothese 3

Persönlicher (a) und arbeitsbezogener Burnout (b) erhöhen die Schlaflosigkeit.

Hypothese 4

Arbeitsanforderungen erhöhen (a) und Arbeitsressourcen reduzieren (b) die Schlaflosigkeit.

Hypothese 5

Arbeitsanforderungen (a) und Arbeitsressourcen (b) haben einen indirekten Effekt (über Burnout) auf die Schlaflosigkeit. Dabei erhöhen Arbeitsanforderungen die Schlaflosigkeit, während Arbeitsressourcen die Schlaflosigkeit reduzieren.

Das Forschungsmodell inklusive Hypothesen wird in der Abb. 1 dargestellt.

Abb. 1 Fig. 1
figure 1

Forschungsmodell zu Burnout und Schlafproblemen im Homeoffice

Research model on burnout and sleep problems in the home office

3 Methoden

3.1 Untersuchungsdesign

Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine empirische Untersuchung durchgeführt. Die Daten wurden mithilfe eines Strukturgleichungsmodells analysiert (Hair et al. 2009, 2017). Es wurde eine quantitative Erhebung mittels des Online-Tools Qualtrics© durchgeführt. Für die Auswertung wurden SPSS® und SmartPLS 3.2.6© eingesetzt. Die Befragung erfolgte im März und April 2021. Es wurden Fragen aus bereits vorhandenen, standardisierten Fragebögen – der Studie zum Copenhagen Burnout Inventory (Kristensen et al. 2005) und der Skala zur Schlaflosigkeit von Greenberg (2006) – verwendet. Der Fragebogen wurde in deutscher Sprache erstellt und in Südtirol (Italien) und Tirol (Österreich) verteilt. Dabei wurde darauf geachtet, dass die ethischen Richtlinien zur Beteiligung der Probanden und zur Berücksichtigung ihrer Privatsphäre beachtet wurden (Saunders et al. 2009). Bei der Auswahl der Beteiligten haben wir uns für Beschäftigte in For-Profit-Organisationen entschieden. Tirol und Südtirol sind in dieser Studie von besonderem Interesse, da die Zahl der von der Pandemie Betroffenen hier rapide zunahm und die Arbeit im Homeoffice zu einer besonderen Notwendigkeit wurde (Lengen et al. 2021). Beide Regionen erlebten große Auswirkungen der ersten Welle der Corona-Pandemie (Di Saverio et al. 2020; Remuzzi und Remuzzi 2020; Spinelli und Pellino 2020).

3.2 Grundgesamtheit und geplante Stichprobe

Die Verteilung des Fragebogens erfolgte über E‑Mail und soziale Medien wie Facebook und Instagram. Zur Auswertung der Daten wurden nur vollständige Fragebögen verwendet. Die Grundgesamtheit bestand für unsere Arbeit aus der Menge aller Personen, die sich zum Zeitpunkt der Befragung zumindest teilweise im Homeoffice befanden. Der Stichprobenumfang unserer Erhebung betrug 165 Probanden. Das Durchschnittsalter war 32,9 Jahre (SD = 9,79), wobei die durchschnittliche Berufserfahrung bei 11,1 Jahren lag (SD = 9,48). Die berufliche Erfahrung im aktuellen Unternehmen lag bei durchschnittlich 6,5 Jahren (SD = 7,14). Die Stichprobe umfasste 74 Frauen und 82 Männer; eine Person hat sich als divers identifiziert. In den letzten drei Monaten arbeiteten 92 % der Beteiligten mindestens gelegentlich im Homeoffice, wobei die Zahlen stark streuen: 13,9 % arbeiteten weniger als 8 h pro Woche im Homeoffice, 20,6 % verbrachten dort 9–16 h, 21,2 % lagen zwischen 17 und 24 h, 13,3 % zwischen 25 und 32 h, 18,8 % zwischen 33 und 40 h und 12,1 % der Beteiligten verbrachten im Homeoffice durchschnittlich mehr als 41 h. Am Wochenende wurde selten im Homeoffice gearbeitet: 67,3 % arbeiteten dann nicht im Homeoffice, 29,1 % arbeiteten dort gelegentlich und nur 3,6 % der Probanden arbeiteten regelmäßig am Wochenende im Homeoffice.

3.3 Variablen

3.3.1 Abhängige Variablen

Unser Modell besteht aus den zwei abhängigen Variablen Burnout und Schlafqualität. Um Burnout zu messen, stützt sich diese Arbeit auf das Copenhagen Burnout Inventory von Kristensen et al. (2005). Dabei ist Burnout im vorliegenden Modell ein Mediator. Die verwendeten Items und die erhaltenen Ladungen werden in der Tab. 1 dargestellt. Die Antwortskala bestand aus einem Slider, der von Null (nie oder in sehr geringem Maße) bis 100 (immer oder in sehr hohem Maße) einstellbar war. Die Schlafprobleme haben wir als Schlaflosigkeit operationalisiert. Sie wurden auf einer Likert-Skala von −50 (stimme überhaupt nicht zu) bis +50 (stimme voll zu) ebenfalls mithilfe eines Sliders erfasst.

Tab. 1 Table 1 Konstrukte, Items und LadungenConstructs, items, and loadings

3.3.2 Unabhängige Variablen

Psychologische und physiologische Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen sind die unabhängigen Variablen in unserem Modell. Die in der Literatur verwendeten Beispiele für Arbeitsanforderungen und -ressourcen, wie z. B. psychische Anforderungen, Bürokratie oder Rollenklarheit, sind zu abstrakt, um sie im Fragebogen abfragen zu können (Demerouti et al. 2001). In den Pretests konnten einige der Befragten diese abstrakten Begriffe nicht verstehen und einordnen. Aus diesem Grund wurden diese Begriffe durch offene Fragen, wie z. B. „Bitte geben Sie an, wie viel Energie Ihnen die folgenden Aspekte rauben/bringen“, ersetzt. Aus dem Pretest wurden die finalen Items für die Konstrukte Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen entwickelt. Dabei handelt es sich um formative Konstrukte zweiter Ordnung. Für die Arbeitsanforderungen wurden die Items Arbeitsdruck, ungeeignete Arbeitsumgebung, virtuelle Meetings, Telefonate, keine sozialen Kontakte mit Arbeitskollegen, virtuelle Kommunikation mit Arbeitskollegen sowie virtuelle Kommunikation mit dem Vorgesetzten verwendet. Die Arbeitsressourcen wurden mit den Items Gewissheit über Arbeitsplatzsicherheit, Teilhabe an Entscheidungen, Lob vom Vorgesetzten, Lob von Arbeitskollegen, Aufgabenvielfalt, virtuelle Kommunikation mit Arbeitskollegen sowie virtuelle Kommunikation mit dem Vorgesetzten dargestellt. In der Tab. 2 sind die Items zusammengestellt. Die Antwortskala bestand aus einem Slider, der von Null (kostet sehr wenig Energie) bis 100 (kostet sehr viel Energie) einstellbar war. Da die Items formativ dem latenten Konstrukt zugeordnet wurden, werden in der Tabelle die Gewichte (und nicht die Ladungen) gezeigt.

Tab. 2 Table 2 Arbeitsanforderungen und ArbeitsressourcenJob demands and job resources

Interessanterweise ist virtuelle Kommunikation in beiden Konstrukten zu finden. Gut erkennbar ist aber, dass die virtuelle Kommunikation mit den Arbeitskollegen ein positives Gewicht für das Konstrukt Arbeitsanforderungen hat (d. h. sie raubt Energie) und ein negatives Gewicht für die Arbeitsressourcen (d. h. sie bringt keine Energie). Ähnlich ist das bei dem Item „Virtuelle Kommunikation mit dem Vorgesetzten“. Das zeigt, dass die Probanden konsistent in ihren Antworten sind, d. h. ein Energiefresser kann nicht gleichzeitig Energiebringer sein.

Mithilfe von SmartPLS wurden zwei latente Konstrukte (Arbeitsanforderungen, Arbeitsressourcen) erstellt, wobei die im Pretest entwickelten Items diesen Konstrukten formativ zugeordnet wurden. Die Items wurden also als unabhängige Variablen bzw. als Antezedenzien behandelt. Die β‑Koeffizienten drücken die Gewichte aus, d. h. wie stark jedes Item das latente Konstrukt erklärt. Diese Gewichte können sehr klein (wenn ein Item nur geringfügig zu dem latenten Konstrukt beiträgt) oder sogar negativ sein. Die negativen Werte werden am Ende des Beitrags diskutiert.

3.3.3 Kontrollvariablen

Neben der Kontrolle der Effekte von Alter, Geschlecht und Berufserfahrung (generell sowie im jetzigen Unternehmen) wurde auch die Anzahl der Stunden erfasst, die die Befragten im Homeoffice verbringen. Zudem wurden Variablen zur Trennung von beruflichen und privaten Aufgaben sowie zum Homeschooling eingebaut. Diese Variablen wurden als Kontrollvariablen in das endgültige Modell aufgenommen. Da sich nur ein Teilnehmer der Umfrage als divers bezeichnete, haben wir diese Person als „missing value“ interpretiert, um Verzerrungen zu vermeiden.

3.4 Reliabilität und Validität

3.4.1 Procedere

Das Modell wurde mit SmartPLS 3.2.6 berechnet (Hair et al. 2011; Sarstedt et al. 2017). Wir haben das Modell zunächst für die Faktorenanalyse benutzt (ohne Kontrollvariablen, 5000 Iterationen, Gewichtungsschema „Factor“) und dann für die Analyse der postulierten Zusammenhänge (mit Kontrollvariablen, 5000 Iterationen, Gewichtungsschema „Path“). Die erste Berechnung wurde für die Beurteilung der Gütekriterien des Modells, Reliabilität und Validität verwendet.

3.4.2 Gütekriterien des Modells

Das Modell weist eine sehr hohe Modellgüte auf (Hu und Bentler 1999): Das Standardized Root Mean Square Residual (SRMR) beträgt 0,076 und 𝜒2 ist 816,660. Die Freiheitsgrade liegen bei 432, was uns zu 𝜒2/df = 1,890 bringt. Das adjustierte R2 der abhängigen Variablen beträgt 13,6 % für Schlaflosigkeit, 54,2 % für persönlichen und 23,2 % für arbeitsbezogenen Burnout.

3.4.3 Reliabilität und Validität

Vor dem Test des Forschungsmodells wurden die Standardverfahren zur Überprüfung der Validität und Reliabilität der Messskalen angewendet (Hair et al. 2011). Die Werte der kongenerischen Reliabilität (Composite Reliability [CR]) liegen deutlich über 0,8, wie die Tab. 3 zeigt. Die Indikatorladungen und Cronbach’s α übersteigen 0,7, was auf interne Konsistenz-Reliabilität und Indikator-Reliabilität hinweist (Churchill 1979). Wie die Tabelle ebenfalls zeigt, liegen die Zahlen der durchschnittlich erfassten Varianz (Average Variance Extracted [AVE]) aller latenten Variablen deutlich über 0,4, was die konvergente Validität bestätigt (Diamantopoulos und Siguaw 2000).

Tab. 3 Table 3 Reliabilität und ValiditätReliability and Validity

Die diskriminante Validität wurde anhand des Heterotrait-Monotrait-Korrelationsverhältnisses (Heterotrait-Monotrait Ratio [HTMT]) von Henseler et al. (2015) überprüft. Die HTMT-Werte (Tab. 4) für die Konstrukte zeigen, dass alle Werte unter 0,9 liegen (Henseler et al. 2015).

Tab. 4 Table 4 Heterotrait-Monotrait-VerhältnisHeterotrait-Monotrait Ratios

Für die formativen Variablen der Arbeitsanforderungen und -ressourcen wurde ein Test der Varianzinflationsfaktoren (Variance Inflation Factor [VIF]) durchgeführt. Der Test zeigt gute Ergebnisse, da der höchste Wert, persönlicher Burnout, bei 2,222 liegt, was unter dem Schwellenwert von 3 liegt (Salmerón Gómez et al. 2016).

3.5 Methodenverzerrung (Common Method Bias)

Da die Daten für das Forschungsmodell nur mit einer Umfrage (Zeitpunktaufnahme) erhoben wurden, musste sichergestellt werden, dass die Daten nicht durch gemeinsame Methodenvarianz verzerrt sind. Dazu wurde eine vollständige Kollinearitätsprüfung durchgeführt, wie von Kock (2015) empfohlen, wobei alle VIF-Werte unter 3,3 liegen müssen. Da der in der vorliegenden Untersuchung größte VIF-Wert 2,222 (persönlicher Burnout) beträgt, kann geschlossen werden, dass der Common Method Bias in der Analyse nicht beachtet werden muss (Kock 2015).

4 Ergebnisse der Datenanalyse

4.1 Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen

Da die Software SmartPLS zur Berechnung der latenten Konstrukte die Werte standardisiert, berichten wir die standardisierten β-Werte. Ein Beta-Wert wird als die erwartete Veränderung der Ergebnisvariablen (in Standardabweichungseinheiten) bei einer Erhöhung der Prädiktorvariablen um eine Standardabweichung interpretiert, wobei alle anderen Prädiktorvariablen konstant gehalten werden. Steigt ein Prädiktor im Modell (z. B. Arbeitsressourcen) um eine standardisierte Einheit an, dann steigt die abhängige Variable (z. B. arbeitsbezogener Burnout) um β standardisierte Einheiten an. Dabei handelt es sich um standardisierte Konstrukte zweiter Ordnung, die aus den gewichteten Items zusammengestellt wurden. Die Konstrukte zweiter Ordnung sind Mittelwert-zentriert, d. h. sie haben 0 als Mittelwert und 1 entspricht einer Standardabweichung vom Mittelwert.

Zunächst wurden die Zusammenhänge zwischen Arbeitsanforderungen, Arbeitsressourcen und Burnout untersucht. Arbeitsanforderungen im Homeoffice haben einen signifikanten Einfluss auf den arbeitsbezogenen Burnout (β = 0,396; t = 4,424; p < 0,001), wobei der Einfluss auf den persönlichen Burnout nur schwach signifikant ist (β = 0,140; t = 1,684; p = 0,092). Interessanterweise haben Arbeitsressourcen weder einen Einfluss auf arbeitsbezogenen Burnout (p = 0,154) noch auf persönlichen Burnout (p = 0,996). Dabei gab es einen indirekten Effekt von Arbeitsanforderungen über den arbeitsbezogenen auf den persönlichen Burnout (β = 0,244; t = 3,936; p < 0,001). Arbeitsressourcen zeigten keine signifikanten direkten Effekte. Somit wurden H1a und H5a bestätigt und H1b und H5b widerlegt.

Was die Effekte von Arbeitsanforderungen und -ressourcen auf Schlafprobleme betrifft, wurden statistisch schwach signifikante Zusammenhänge nur für Arbeitsanforderungen beobachtet. Diese Effekte verliefen nur indirekt über Burnout (β = 0,116; t = 1,840; p = 0,066), wobei es keinen signifikanten direkten Zusammenhang gab (p = 0,779). Hinsichtlich der Arbeitsressourcen konnte kein signifikanter Effekt festgestellt werden. Somit gelten H4a und H4b als widerlegt.

4.2 Burnout

Interessanterweise hatte nur persönlicher Burnout Einfluss auf die Schlafprobleme (β = 0,326; t = 2,529; p = 0,011), was damit H3a bestätigt. Arbeitsbezogener Burnout hatte nur einen indirekten Effekt über persönlichen Burnout auf die Schlaflosigkeit (β = 0,201; t = 2,283; p = 0,022). Somit wird H3b nur teilweise bestätigt. Arbeitsbezogener Burnout erhöhte den persönlichen Burnout (β = 0,617; t = 9,140; p < 0,001), was H2 bestätigt. Dabei ist zu betonen, dass Diskriminanzvalidität zwischen persönlichem und arbeitsbezogenem Burnout gegeben ist. Die Ergebnisse werden in der Abb. 2 zusammengefasst.

Abb. 2 Fig. 2
figure 2

Statistische Ergebnisse der Studie

Statistical results of the study

4.3 Kontrollvariablen

Bei den Kontrollvariablen wurden folgende signifikante direkte Effekte gefunden: Die Schwierigkeit der Trennung zwischen privaten und beruflichen Aufgaben erhöht tendenziell den arbeitsbezogenen Burnout (β = 0,107; t = 1,709; p = 0,088). Männer nehmen Arbeitsanforderungen geringer wahr als Frauen (β = −0,252; t = 2,269; p = 0,023). Bei den indirekten Effekten hat sich der folgende Zusammenhang als schwach signifikant herausgestellt: Die schwierige Trennung zwischen privaten und beruflichen Aufgaben führt tendenziell zu größerer Schlaflosigkeit (β = 0,056; t = 1,776; p = 0,076).

5 Diskussion

5.1 Heutige Gestaltung der Arbeitswelt

Die Verbreitung des Corona-Virus hat zu einem großen sozialen Wandel geführt. Arbeitsformen, die vor der Corona-Pandemie als Perspektive für flexible Arbeitskonzepte zur Entlastung des Personals verstanden wurden, wurden quasi über Nacht zu einer neuen (nicht immer positiven) Realität. Arbeit im Homeoffice wurde schnell zu einem unausweichlichen Teil des Arbeitslebens. Derartige soziale Strukturen müssen ständig hinterfragt werden (Hirschfeld 2017), insbesondere im Licht der hier präsentierten Studie. Wenn Homeoffice-Arbeit von einer alternativen Arbeitsform zu einer Pflicht wird, werden Konsequenzen wie Burnout und Schlaflosigkeit zu einem wachsenden psychologischen und soziologischen Thema. Vor allem geht es darum, dass zur Zeit der Corona-Pandemie Homeoffice-Arbeit nicht frei wählbar war. Die Pflicht führt zum Verlust der Autonomie im Sinne von Ryan und Deci (2000) und kann in mangelnder Motivation sowie Überlastung durch häusliche und arbeitsbezogene Aufgaben resultieren. Die vorliegende Studie spiegelt sowohl die Wahrnehmung des Homeoffice durch die einbezogenen Personen als auch die sich ergebenden Konsequenzen wider.

Immer wieder kommen in der Unternehmenspraxis neue Methoden zur Prozessgestaltung und -verbesserung zum Einsatz (Kaizen, Lean Management, Six Sigma, agiles Management usw. in unterschiedlichsten Ausprägungen), die die Flexibilität und Autonomie der Mitarbeitenden verstärken sollen. Trotzdem wird die durch effizientere Prozesse gewonnene Zeit für die Erledigung weiterer oder neuerer Aufgaben verwendet und verbraucht. Methoden wie Six Sigma legen den Fokus auf die Reduktion von Fehlern und deren Schwankungen. Einerseits erzeugt dies fehlerfreie(re) Arbeit und reduziert damit das gesellschaftliche Stigma der betroffenen Beschäftigten (d. h. das moralische Gefühl, etwas falsch zu machen). Andererseits werden die Mitarbeitenden unter größeren Druck zur Fehlersuche und zur kontinuierlichen Verbesserung gesetzt. Das führt zu einer weiteren Belastung der psychologischen und physiologischen Ressourcen sowohl der Mitarbeitenden als auch der Leitungskräfte, was als Folge die Burnout-Prävention schwieriger macht. Die aus dem Operational-Excellence-Bereich bekannten Methoden sind darauf ausgerichtet, Effizienz und Effektivität von Organisationen zu erhöhen und nicht darauf, die Menschen zu entlasten.

5.2 Arbeitsanforderungen und -ressourcen im Homeoffice

Die Studie hat zu einigen unerwarteten Ergebnissen geführt, die wir auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie zurückführen. Erstens war überraschend, dass die Gewichte der Konstrukte Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen negative Werte aufwiesen. Zweitens scheinen Arbeitsanforderungen eine viel geringere Rolle im Homeoffice zu spielen, als das JD-R Modell vermuten lässt. Drittens nehmen Männer Arbeitsanforderungen im Homeoffice als niedriger wahr im Vergleich zu Frauen und viertens spielt die Fähigkeit zur Trennung von Arbeits- und Privatleben eine wichtige Rolle für die Burnout-Prävention im Homeoffice. In den nächsten Abschnitten werden diese Erkenntnisse genauer diskutiert.

In seinem Artikel hat Schaufeli (2017) eine Reihe von Arbeitsanforderungen und -ressourcen erwähnt. Basierend auf dieser Liste haben wir eine Reihe von arbeitsbezogenen Aspekten entwickelt und diese mit einer kleinen Stichprobe getestet (Pretest). Unsere finale Befragung hat dann gezeigt, dass einige Items zu „Energiefressern“ und „Energiebringern“ negative Gewichte aufweisen. Beispielsweise weist das Item „Virtuelle Meetings“ ein negatives Gewicht bezüglich Arbeitsanforderungen auf, d. h. die Arbeitsanforderungen sinken. Bisherigen Studien zufolge führen virtuelle Meetings zur „Zoom Fatigue“, also zur Videokonferenz-Erschöpfung (Shockley et al. 2021). Unsere Untersuchung hat jedoch gezeigt, dass virtuelle Meetings die psychologische Belastung reduzieren. Das kann sowohl an kulturellen als auch an arbeitsspezifischen Faktoren liegen. So haben Shockley et al. (2021) ihre Studie im Gegensatz zu unserer Studie in einem US-amerikanischen Unternehmen im Bereich des Gesundheitswesens durchgeführt.

Die Interaktionen zwischen den Beschäftigten und der Organisation müssen im Zentrum der Burnout-Modelle stehen (Jiménez 2013). Dabei sind diese Interaktionen mit emotionaler Arbeit verknüpft (Emotional Labour) (Brotheridge und Grandey 2002), wobei Letztere eine Arbeitsanforderung darstellt (Schaufeli 2017). Wir haben jedoch festgestellt, dass virtuelle Meetings (d. h. Interaktion zwischen Mitarbeitenden) Arbeitsanforderungen reduzieren. Gleichzeitig wird die Kommunikation mit dem Vorgesetzten als eine Arbeitsressource und kaum als eine Arbeitsanforderung (β = 0,003) verstanden. Teilhabe an Entscheidungen, Lob von Arbeitskolleginnen und -kollegen sowie die virtuelle Kommunikation mit Kolleginnen und Kollegen haben ebenfalls einen negativen statistischen Effekt auf das Konstrukt der Arbeitsressourcen. Wir vermuten, dass Homeoffice-Arbeit einen viel differenzierteren Ansatz zum Verständnis der Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen verlangt.

So kann man Interaktionen zwischen den Mitarbeitenden bzw. zwischen den Beschäftigten und deren Vorgesetzten nicht mehr pauschal als „emotionale Arbeit“ bezeichnen. Beispielsweise kann die Kommunikation mit dem Vorgesetzten zur Klarheit der zu leistenden Arbeit beitragen und folglich ist sie eine Arbeitsressource. Außerdem fehlen im Homeoffice viele informelle Aspekte der Kommunikation (Techniker Krankenkasse 2021). Das könnte eine Erklärung dafür sein, warum so viel Wert auf die Kommunikation mit dem/der Vorgesetzten gelegt wird (siehe auch Tab. 2). Gleichzeitig weist die Kommunikation mit den Arbeitskolleginnen und -kollegen im Homeoffice negative Werte auf. Es scheint, dass die Beschäftigten eine Offline-Kommunikation mit den Kolleginnen und -kollegen bevorzugen. Eine mögliche Erklärung liegt in der Zwei-Faktoren-Theorie der Motivation von Herzberg (1974). Demzufolge werden in Krisenzeiten Hygienefaktoren, wie die Betreuung durch Vorgesetzte sowie Klarheit hinsichtlich der Personalpolitik im Unternehmen, zu Motivatoren, d. h. die zwischenmenschlichen Beziehungen verändern sich deutlich und werden vom Hygienefaktor zum Motivator. Ebenso verhält es sich bei den anderen Motivatoren. So verliert Lob an Bedeutung. Bei den Mitarbeitenden geht es oft nicht darum, individuell gelobt zu werden, sondern als Teil des Teams gelobt zu werden (Stokes 1995). Ein solches Lob und die Anerkennung der Verdienste vor dem Team erhöht den Status im Team und verstärkt das Gefühl der Zugehörigkeit zum Team. All diese Vorgänge können im Homeoffice kaum erfolgen. Dieses Modell haben wir in unserer Studie repliziert und gezeigt, dass die Corona-Pandemie einen „Hygiene Shock“ für Unternehmen darstellt (Herzberg 1974, S. 25).

Arbeit im Homeoffice stellt eine neue Arbeitsform dar, die einen sozialen Dialog innerhalb des Unternehmens verlangt. Der Aufbau eines solchen sozialen Dialogs zwischen Mitarbeitenden und Leitungskräften erfordert viel Zeit und eine klare Definition der Stakeholder-Rollen. Obwohl ein solcher Ansatz hin zu einem neuen Verständnis der Arbeitsform viel Zeit und Ressourcen kostet, ist es „the only means to find the way for action for change“ (Ehrenberg 2017, S. 159).

5.3 Arbeitsressourcen und Burnoutprävention

Burnout ist eine Folge mangelnder Balance zwischen Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen (Bakker et al. 2004; Neubach und Schmidt 2004). Dabei können Arbeitsressourcen dazu beitragen, Motivation aufzubauen und negative Aspekte der Arbeit auszugleichen (Bakker et al. 2005, 2014). Unsere Studie hat jedoch gezeigt, dass dieser Mechanismus im Homeoffice nicht vorhanden ist. Die Ergebnisse zeigen, dass Arbeitsanforderungen zu erhöhtem Burnout führen, während Arbeitsressourcen keinen Einfluss auf Burnout und dessen Folgen (u. a. Schlaflosigkeit) haben. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen daher neue Wege finden, die Energie der Mitarbeitenden im Laufe eines Tages aufzubauen. Dazu trägt die Fähigkeit bei, gut zwischen privaten Tätigkeiten und Arbeitsaufgaben trennen zu können. Die Kontrollvariable „Trennung von beruflichen und privaten Aufgaben“ zeigte einen schwach signifikanten Zusammenhang sowohl mit Burnout als auch mit Schlaflosigkeit.

Besonders beunruhigend war der Einfluss von arbeitsbezogenem Burnout auf den persönlichen Burnout. Bei einer normalen Tätigkeit im Büro haben Mitarbeitende die Möglichkeit, sich anschließend zu Hause von den erschöpfenden Aufgaben zu erholen. Somit wird ein arbeitsbezogener Burnout ausgeglichen. Das gleiche gilt auch umgekehrt: Wer zuhause Probleme hat, kann sich bei der Arbeit von privaten Problemen „erholen“. Im Homeoffice können jedoch private Aufgaben nur schwer von arbeitsbezogenen Aufgaben getrennt werden und so weitet sich die arbeitsbezogene Erschöpfung auf die anderen Typen psychologischer und physiologischer Erschöpfung zuhause aus. Diese Tendenz spiegelt sich in unseren Ergebnissen wider.

5.4 Frauen im Homeoffice

Die Studie von Shockley et al. (2021) hat gezeigt, dass Frauen mehr unter virtuellen Meetings leiden als Männer. Vermutlich liegt das am Druck, die perfekte Leistung auch außerhalb des Büros liefern zu wollen. Eine andere Erklärung ist die Ablenkung durch Kinder. Den Ergebnissen der Kontrollvariablen unserer Studie zufolge nehmen Männer Arbeitsanforderungen im Homeoffice geringer wahr als Frauen. Dieses Ergebnis bestätigt die Aussage von Shockley et al. (2021), wobei die Erkundung der Gründe dafür außerhalb unserer Studie liegt.

Das Geschlecht zeigte keinen direkten oder indirekten Einfluss auf Burnout. Vorherige Studien haben zu diesem Thema widersprüchliche Ergebnisse geliefert. Einige Untersuchungen wiesen keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen auf, andere kamen zu dem Schluss, dass Frauen bzw. Männer stärker betroffen sind (Fila et al. 2017). Zwar hat unsere Untersuchung gezeigt, dass Männer Arbeitsanforderungen im Homeoffice geringer wahrnehmen, jedoch ist dieser Effekt nicht ausreichend, um Burnout zu beeinflussen. Auch zeigte sich, dass Personen, die gut zwischen privaten und beruflichen Aufgaben trennen können, weniger unter Burnout leiden. Oft müssen Mitarbeitende im Homeoffice sowohl mit privatem Telefon (aufgrund schulischer oder anderer familiärer Verpflichtungen) und dienstlichem Handy agieren. Dies kann zu einer Überbeanspruchung der psychologischen Ressourcen führen und wird im Wesentlichen auf Frauen zutreffen. Bereits Listopad und Brünner (2020) haben festgestellt, dass ständige Erreichbarkeit oder schwierigere Kommunikation im Homeoffice zu erhöhtem Stress und daraus resultierend zu Burnout führen kann. Aus diesem Grund ist eine bewusste Trennung zur Burnout-Prävention wichtig (Listopad und Brünner 2020; Schaufeli et al. 2009).

6 Limitationen

Unsere Arbeit weist einige Limitationen auf. Erstens erfolgte die Auswahl der Items in einem Pretest, wobei die Probanden aus einer Liste von Faktoren auswählen konnten, welche der Items ihnen Energie rauben bzw. geben. Die Liste möglicher Items sollte in weiteren Forschungsarbeiten überprüft bzw. erweitert werden. So war die virtuelle Kommunikation mit Arbeitskollegen sowie mit dem Vorgesetzten für beide Konstrukte (Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen) von Bedeutung. Auf die Ergebnisse dieser Studie hatte das kaum einen Einfluss, da die Probanden explizit zu Energiefressern bzw. Energiebringern befragt wurden. Nichtsdestotrotz wurde deutlich, dass diese Items erweitert werden sollten, z. B. in Richtung „Virtuelle Kommunikation aufgrund arbeitsbezogener Tätigkeiten“, „Virtuelle Kommunikation aufgrund von Teambuilding“, „Virtuelle Kommunikation zur Stärkung der sozialen Kontakte“ o. ä. Die virtuelle Kommunikation scheint ein vielschichtiges Konzept zu sein.

Zweitens liegt unserer Studie ein Convenience Sampling zugrunde. Eine Replikation der Studie mit einer größeren Stichprobe wäre zur Unterstützung unserer Ergebnisse wichtig.

Drittens beruht unsere Vorgehensweise auf einer Varianz-basierten Strukturgleichungssoftware. Dies ist aufgrund der formativen Natur der Konstrukte Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen vorgegeben. Wir empfehlen Forschern, alternative Skalen reflektiver Natur zu entwickeln, um unsere Ergebnisse in einem Kovarianz-basierten Modell zu bestätigen.

7 Fazit

Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass sich in der Homeoffice-Arbeit mehrere Probleme verbergen, insbesondere wenn die Balance zwischen Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen nicht gegeben ist oder die Trennung zwischen beruflichem und privatem Bereich nicht ausreicht. Wir argumentieren, dass die bisherigen Forschungsmodelle einer Überprüfung bedürfen, da einige Annahmen der derzeitigen Theorien im Bereich Burnout und Motivation nicht mehr gelten oder zumindest nicht auf die Arbeit im Homeoffice übertragbar sind. So hat unsere Studie gezeigt, dass emotionale Arbeit differenzierter betrachtet werden muss, da im Homeoffice während der Corona-Pandemie Interaktionen zwischen Mitarbeitenden zu einer Belastung und die mit dem Vorgesetzten zu einer Erleichterung wurden. Weitere Forschung im Bereich der neuen Arbeitsformen ist aus unserer Sicht daher dringend erforderlich. Unsere Studie stellt einen ersten Schritt in diese Richtung dar.