1 Einleitendes: Von Erfahrungsräumen und Erwartungshorizonten

Vorbei sind die Zeiten, in denen ein weltweiter Siegeszug des freiheitlichen Verfassungsstaates und damit gar ein „Ende der Geschichte“ (Fukuyama 1992) greifbar schienen. Die Wiederkehr alter Wirklichkeiten hat die Hoffnung auf eine neue Weltordnung mit jedem Krieg, mit jeder Krise weiter schwinden lassen. Dessen ungeachtet mag ihre relative Stabilität für die liberalen Demokratien des europäisch-atlantischen Westens lange Grund genug gewesen sein, das wohlstandsgesättigte Freiheitsfundament demokratischer Herrschaftsorganisation für selbstverständlich zu nehmen. Mit den in rascher Aufeinanderfolge erwachsenden multiplen Krisen hat sich dieser Befund heute grundlegend verändert. Zeitgleiche, ineinandergreifende Krisenereignisse wirken wie Katalysatoren für integrierende ebenso wie desintegrierende Kräfte innerhalb politischer Gemeinschaften. Die Krisendynamik befeuert eine prekäre Tendenz zu demokratischen Selbstzweifeln. Der Konsens über die „Gelingensbedingungen“ politischer Gemeinschaftsbildung wird fragil, die Verabsolutierung der je eigenen politischen Ordnungsvorstellungen attraktiv. Die Sehnsucht nach vermeintlichen Gewissheiten wächst. Ob Pandemie oder Migration, Klimawandel oder Staatsverschuldung, ob Krieg gegen die Ukraine oder Krieg im Nahen Osten, die überkomplexe Balance der davon berührten Freiheits‑, Sicherheits‑, Wohlstands- und Zukunftsinteressen leistet unterkomplexen Antworten, Polarisierungen und neuem Autoritarismus unwillkommenen Vorschub. National-identitäre Modelle behaupteten einen „wahren Willen“ des Volkes, den sie mit Hate Speech, Fake News und Verschwörungsmythen unterlegen (Eleftheriadi-Zachariaki et al. 2022). Die schon in sich widersprüchliche Rede von der illiberalen Demokratie (Zakaria 1997, S. 22) will sich auf ein explizites Freiheitsversprechen gar nicht mehr erst einlassen.

Wer, historisch informiert, den Gründen für solche Phänomene demokratischer Selbstentfremdung nachzuspüren sucht, mag mit Reinhart Koselleck nach der Diskrepanz von Erfahrungsräumen und Erwartungshorizonten fragen (Koselleck 1988, S. 322 ff.). Wen die Abwehrbereitschaft der Demokratie durch resilientes Recht umtreibt, mag sich in das vielzitierte Böckenförde-Diktum flüchten, wonach der freiheitliche Staat von Voraussetzungen lebe, die er selbst nicht garantieren könne (Böckenförde 2006 [1991], S. 112). Beides griffe ein Stück zu kurz: Für die Verfassung, nationalstaatlich wie europäisch gedacht, ist jener gesellschaftliche Grundkonsens, der ihre verfasste politische Gemeinschaft erst ermöglicht, nicht etwas „Vorfindliches“, „Vorgegebenes“, sondern etwas, was sie – jedenfalls zum Teil – selbst (mit-)stiftet (Häberle 1998b, S. 679 ff.). Die Verfassung muss sich wirklichkeitsbewusst ihren Erfahrungsräumen stellen und darf doch mit ihrem Zukunftsgestaltungsanspruch Erwartungshorizonte aufspannen, die mehr wollen, als die bloße (Verfassungs‑)Wirklichkeit abzubilden. Im Spannungsfeld von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ermöglicht die Verfassung, so ihr Grundparadoxon, was sie ermöglicht.

2 Krisenerzählungen: Ein Narrativ weckt falsche Erwartungen

Dieses Moment des wechselseitigen Ermöglichens bedarf freilich der Übersetzung in den tagtäglichen politischen Prozess: durch Bürgerinnen und Bürger, die ihre Grundrechte einklagen, durch die Politik, die in ihrem Handeln an der Verfassung Maß nimmt, durch die Gerichte, die das Verfassungsrecht auslegen, durch die Wissenschaft, die an Verfassungsdogmatik arbeitet, kurz durch alle Aktivkräfte der offenen Gesellschaft (Häberle 1998a, S. 160 f.). Die demokratische Verfassung gibt „pluralistische(n) Initiativen und Alternativen“ Raum (Hesse 1999, Rn. 130). Mit dem streitigen Austragen von Konflikten (Wiener 2014) verbundene Risiken scheut sie nicht, will vielmehr ein Denken „der Alternativen“ und „in Alternativen“ (Häberle 1998a, S. 560 ff.), lässt zu, dass Spielräume ausgetestet und Grenzen ausgelotet werden. Doch Vorsicht: So wie die demokratische Verfassung den citoyen idealisiert, wenn sie alle Staatsgewalt in die Hand des Volkes legt, idealisiert sie die rationalisierende Kraft der Deliberation, wenn sie als deren Ergebnis eine wenn nicht von allen konsentierte, so doch für alle akzeptable Entscheidung über die bestmöglichen Handlungs- bzw. Gestaltungsoptionen erwartet. Eine solche Idealisierung ist aber deshalb erträglich, weil die demokratische Verfassung immer auch zur Reflexion über ihre immanenten Grenzen einlädt (Lauth 2013, S. 86). Der Reflexionsprozess seinerseits bedarf der Vergewisserung über das, was Politik steuern will und vor allem steuern kann.

Hier kommen die heute allgegenwärtigen Krisennarrative ins Spiel. Wer von „Krise“ spricht, operiert mit der Dialektik von Überwindung oder drohendem Ende. Die „κρίσις“ (krísis) bezeichnet den „Kulminationspunkt, an dem die Entscheidung über Leben und Tod fällt“, oder den „militärischen Wendepunkt, der Sieg oder Niederlage bringt“ (Koselleck 1975, S. 635). Krise in einem weiter gefassten Sinne meint ein plötzliches, unerwartetes, ganz außergewöhnliches Ereignis oder eine Reihe solcher Ereignisse, die eine politische Gemeinschaft aus ihrem davor mehr oder weniger stabilen Gleichgewicht bringen, für diese Gemeinschaft zugleich ein hohes Maß an Ungewissheit bedeuten oder gar ihre institutionellen Grundfeste bedrohen. Krisen implizieren stets akuten Handlungsbedarf und damit eine Logik von „challenge and response“ (Reiser und Schnapp 2007, S. 25 ff.). Werden dauerhafte politische Herausforderungen, sich wandelnde Realitäten und neue Normalitäten als Krisen eingeordnet, ist das nicht nur begrifflich ungenau, sondern weckt auch falsche Erwartungen. Krisen mögen sich (punktuell) lösen lassen, neue Wirklichkeiten verlangen nach einem kontinuierlichen „piece-meal social engineering“, gestützt auf „trial and error“ (Popper 1945).

Dazu nur zwei Beispiele: Weder die „Klima-“ noch die „Migrationskrise“ lassen sich schlicht lösen. Sie bilden vielmehr bleibende Wirklichkeiten ab, die immer neu politisch gestaltet werden müssen. Dass die ebenso oft angemahnten wie versprochenen Befreiungsschläge nicht gelingen, liegt weniger an der populistisch behaupteten Inkompetenz politischer Akteure und weniger an der vermeintlichen Entfremdung verantwortungsvergessener Eliten vom wahren Willen des Volkes, sondern vielmehr an der eben nicht krisen-, sondern dauerhaften Natur der zu lösenden Probleme. Der sorgfältige, vorsichtigere Umgang mit Krisennarrativen sei als Postulat an die nationale wie europäische Politik formuliert. Wie Rechtsstaat und Demokratie mit Ängsten und Unsicherheiten umgehen (Nußbaum 2019), ob effektive Steuerungs- und Gestaltungsmechanismen eher der nationalen, der regional-europäischen oder gar der internationalen Ebene zugetraut werden, muss im – streitigen, pluralistischen, idealiter wissenschaftlich informierten – politischen Diskurs geklärt werden. Vertrauen stiftet dieser Diskurs aber gewiss nicht durch das Versprechen kurzfristiger Lösungen, wo ein langer Atem gefordert ist.

3 Die demokratisch-rechtsstaatliche Verfassung soll Antworten geben: Resilienz durch Responsivität

Auch die Verfassung selbst kann durch ihr Recht Vertrauen stiften, wenn es den Normunterworfenen Rede steht und Antworten gibt. Resilienz des (Verfassungs‑)Rechts entsteht durch seine Responsivität. Die zentrale Frage einer politischen Gemeinschaft, auf welche die Verfassung auch in der Generationenperspektive eine überzeugende Antwort finden muss, ist die nach der Legitimität von Herrschaft. Verfassungen wollen Herrschaft begründen, ihre Ausübung ermöglichen, zugleich aber begrenzen und kontrollieren (Thornhill 2011, S. 372 ff.). Die dafür relevanten Grundentscheidungen trifft die Verfassung in Antwort auf die konfliktträchtige Heterogenität einer pluralistisch offenen Gesellschaft. Die Verfassung bildet die spezifischen Beziehungen zwischen Recht, Politik und Gesellschaft entlang gesellschaftlicher Konfliktlinien ab und setzt den institutionellen Ordnungsrahmen, in dem aus konstruktivem Konflikt ein Mindestmaß an Einig-Werden über das politische Zusammenleben entstehen kann (Kersten 2020, S. 18, 38; Möller 2015, S. 30).

Ihre Antwort auf die Legitimationsfrage gibt die Verfassung des europäisch integrierten Nationalstaats heute indes nicht mehr isoliert, sondern im Zusammenklang mit dem Unionsrecht. Die Gründungsverträge der Union (EUV, AEUV und Grundrechtecharta) sind, jedenfalls partiell, als Verfassungsrecht im funktionellen Sinne zu qualifizieren. Sie nämlich legitimieren, kanalisieren und begrenzen die Hoheitsrechte der Union und begründen subjektive Rechte des Einzelnen, die sie/er sowohl gegen Maßnahmen der Union als auch Maßnahmen der Mitgliedstaaten durchsetzen kann (Hatje und Müller-Graff 2022, Rn. 19). Vor allem aber verfolgt die Union im Zusammenspiel mit den nationalen Verfassungen, aus denen sie ihre Wertgrundlagen ableitet, „gemeinwesenartig-komplexe“ Ziele (Hatje und Müller-Graff 2022, Rn. 17). So korrespondieren die Wertgrundlagen aus Art. 2 EUV und die in Art. 3 EUV formulierten Unionsziele mit den Staatsstrukturprinzipien aus Art. 20 GG und greifen das Integrationsnarrativ aus der Grundgesetzpräambel respektive die Struktursicherungsklausel aus Art. 23 GG unionsrechtsspezifisch auf. Weniger für sich allein als in Wechselwirkung mit den mitgliedstaatlichen Verfassungen gewinnt das Unionsprimärrecht konstitutionelle Qualität. Das versuchen Konzepte wie der „Verfassungsverbund“ (Pernice 2001, S. 163) oder die „Verfassungsgemeinschaft“ (Häberle 2000, S. 840 ff.) terminologisch zu fassen. Mit Blick auf die Responsivität heißt das: Unionsverfassung und mitgliedstaatliche Verfassungen geben gemeinsam Antwort und suchen so ihre Wirkungsintensität zu verstärken.

Das gemeinsame Antwort-Geben-Können hat dort besonders hohe Relevanz, wo die Bürgerinnen und Bürger ihre grundrechtlich gesicherte Freiheit oder Gleichheit bedroht sehen. Wohl weltweit kein anderer Verfassungsraum weist eine so hohe Grundrechtsdichte auf wie die europäische Grundrechtsgemeinschaft aus EU, Europarat und deren Mitgliedstaaten. Die grundrechtsspezifische Responsivität erstarkt so zu einem dreistimmigen mit den nationalen Verfassungsgerichten, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als Stimmführern (Voßkuhle 2010; Merli 2007). Art. 6 Abs. 3 EUV liefert den unionsrechtlichen Textbeleg für diese menschenrechtliche Verbundarchitektur. Er macht die Menschenrechte, „wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben“ und die „Grundrechte, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet“ sind, zu allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Unionsrechts (Kotzur 2007, S. 337 ff.; Kämmerer und Kotzur 2020, S. 177 ff.). Mit der Anerkennung potenziell widerstreitender Grundrechtsinteressen werden zugleich der europäischen Demokratie Grenzen gesetzt. Denn wie jede Form der Souveränität ist auch die Volkssouveränität nur deshalb erträglich, weil sie letztlich rechtlich eingehegt wird. Weder „rex“ noch „populus“ dürfen „legibus absolutus“ sein. Nur wo sich das demokratische und das nomokratische Prinzip, hier insbesondere die Herrschaft der Grundrechte (Limbach 2000, S. 417 ff.), wechselseitig ermöglichen und begrenzen, hat die Verfassung in institutioneller wie materieller Hinsicht einen tragenden Grund. Aus diesem ineinandergreifenden Zusammenwirken, das durch die Verschränkung von nationaler und unionaler Ebene im europäischen Verfassungsverbund transnational gespiegelt und kooperativ verdoppelt wird, nimmt der verfassungsstaatliche Gegenentwurf zur Willkürherrschaft Gestalt an (Schnapp 2017).

Eine wichtige Wechselbezüglichkeit von Resilienz und Responsivität betrifft schließlich die Anerkennung des Individuums in seinem Selbst-Sein. Nur eine politische Gemeinschaft, welche die/den Einzeln(en) vorbehaltlos anerkennt und die Rahmenbedingungen dafür schafft, dass auch alle Einzelnen sich untereinander gegenseitig anerkennen, kann jene für ihren Selbstbehauptungsanspruch unabdingbare Zugehörigkeit vermitteln und Zustimmung finden (Honneth 2018). Wer sich „sozial abgehängt“, weil in ihren/seinen Ängsten und Bedürfnissen von der Politik nicht mehr ernst genommen, von seinen/ihren Mitmenschen nicht respektiert fühlt, wird anfällig für Radikalismen und Populismen (Kotzur 2018). Gewiss kann die Verfassung Anerkennung nur begrenzt normativ einfordern, aber doch den für funktionierende Anerkennungsverhältnisse maßgeblichen normativen Rahmen setzen. Art. 1 Abs. 1 GG und parallel Art. 1 EU-Grundrechtecharta tun das, indem sie den Staat in den Dienst des Menschen stellen („zu achten und zu schützen“, so die wortgleiche Formulierung) und jedem würdebegabten Individuum seine unhintergehbare Anerkennung („unantastbar“) durch die hoheitliche Gewalt zusichern (Häberle 2004). Das menschenrechtsgestützte demokratische Anerkennungsversprechen führt letztlich auch alle Versuche ad absurdum, die nationale Demokratie gegen supra- und internationale (Menschen‑)Rechtsstaatlichkeit auszuspielen.

4 Verfassungsgerichte als Resilienzakteure im Dienste von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit

Solchen Versuchen können mitgliedstaatliche Verfassungsgerichte, EuGH und EGMR wirksam entgegentreten. Sie sind im gewaltenteiligen Gefüge des demokratischen Rechtsstaats zur „Wahrung des Rechts“ (vgl. Art. 19 I S. 2 EUV) berufen, vermögen sogar dem demokratischen legitimierten Gesetzgeber Grenzen zu setzen und geben den Bürgerinnen und Bürgern Raum, als Verfahrensbeteiligte selbst für die Resilienz des (Verfassungs‑)Rechts einzutreten – bis hin zu Klimaklagen und zahlreichen Varianten der sog. „strategic litgation“ (Graser und Helmrich 2019). Weil sie „den Citoyen rechtlich zu Wort kommen lassen“, gewinnen Gerichte Gestaltungsmacht und zugleich Glaubwürdigkeit (Haltern 1998). Sie schöpfen, um den EGMR als Beispiel zu bemühen, daraus das Selbstbewusstsein, „(to) deliver rulings which deal with crucial legal, political and societal issues of our day and influence domestic legal orders of the Council of Europe (…) member states on a regular basis (causing the latter ones) to amend legislation, change domestic case law, alter their public policies and even revisit the fundamental features of their constitutional and political systems“ (Kosar und Petrov 2017, S. 587). Je mehr demokratie- und rechtsstaatsrelevante Fälle die Bürgerinnen und Bürger vor den Straßburger Gerichtshof bringen, desto mehr wird er zum Resilienzakteur in Sachen rechtsstaatlicher Demokratie.

John Hart Ely (Ely 1980, S. 87; Dixon 2023) argumentierte schon in den 1980er-Jahren für eine Form des „judicial representation-reinforcement“. Kontextbewusst arbeitende, über die gesellschaftlichen Verhältnisse informierte Richter (Dixon 2023, Kap. 5) sollen gerade den marginalisierten Gruppen und den in ihren Partizipationschancen Beeinträchtigten eine Stimme geben. Durch diese Art der Responsivität haben Demokratien eine größere Chance, ihre verfassungsrechtlichen Bekenntnisse zu Säkularismus, Liberalismus und Pluralismus resilient zu machen und auch dann und dort zu bewahren, wo demokratische Herrschaftsorganisation als vermeintlich elitengetrieben unter Druck gerät (Dixon 2023; Williams 2015). Sondervoten, obiter dicta, und Reaktionen auf sogenannte „amicus curiae briefs“ verschaffen responsiven Gerichten einen besonderen Resonanzraum und helfen zu verdeutlichen, dass es im demokratischen Rechtsstaat weder die eine Wahrheit noch die einzig richtige Entscheidung gibt. Responsive Gerichte sprechen bewusst die unterliegende Partei an, denken nicht national verengt und nehmen die Bedeutung ihrer Entscheidung für die politische Gemeinschaft als solche mit in den Blick (Laux 2022, S. 322 ff.). Es wäre gewiss verfehlt, europäische (Verfassungs‑)Gerichte damit zu vorbehaltlos wirkungsmächtigen Akteuren im Kampf gegen den Niedergang der Demokratie zu stilisieren, aber sie können dort, wo es rasant abwärts zu gehen droht, manche „speed bumps“ einbauen (Sethi 2021, S. 125).

5 Eine kritisch-optimistische Schlussbemerkung

Sowohl Rechtsstaatlichkeit als auch Demokratie sind keine statischen Konzepte, sondern ebenso wie die Verfassung, die diese ausformt, ein kontinuierlicher öffentlicher Prozess (Häberle 1998). Es wäre angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen beider leichtfertig und wirklichkeitsblind, diesen Prozess mit unreflektierten Fortschrittsnarrativen zu unterlegen. Es wäre indes nicht weniger leichtfertig und wirklichkeitsblind, in Schwanengesänge auf die Demokratie einzustimmen und ihr jene Resilienz abzusprechen, die sie nicht zuletzt dem europäischen Verfassungsrecht in seinem verbundspezifischen Ineinandergreifen verdankt.