1 Einleitung

Die britische Politik hat in der EU nie mehr als eine Wirtschaftsgemeinschaft gesehen. Weitergehende Integrationsschritte wurden als unzulässige Einschränkungen der nationalen Souveränität abgelehnt. Es lag daher nahe, dass wirtschaftliche Gemeinsamkeiten innerhalb der EU nur im Kontext der „negativen Integration“, also des Abbaus von Staatlichkeit im Kontext des erweiterten Binnenmarktes, möglich waren. Während eine gemeinsame europäische Wettbewerbspolitik, die ein „level playing field“ auf dem Gebiet der Wirtschaft garantierte, deshalb vermittelbar blieb, störte bei einer gemeinsamen Währungspolitik die Perspektive der „positiven Integration“, also europäischer Staatlichkeit, und in der Gestalt der Europäischen Zentralbank (EZB) die europäische Institutionenbildung. Kritiker lehnten diese als Schritt zu einem europäischen Superstaat föderalen Zuschnitts ab.

Auch wenn der Euro nie ernsthaft davorstand, in der britischen Bevölkerung eine breite Akzeptanz zu finden, war die britische Politik durch dessen wechselvolles Schicksal stets herausgefordert, musste sich zum Euro verhalten und kam in der Regierungszeit Tony Blairs und in der schottischen Unabhängigkeitsdebatte sogar nahe an eine Einführung der Gemeinschaftswährung im Vereinigten Königreich bzw. in Schottland heran. Der Euro war bis zur Brexit-Entscheidung so etwas wie der sprichwörtliche „elephant in the room“, zu groß, um ignoriert zu werden und immer wieder lästig.

2 Maastricht und die Folgen

In der EU hofften viele, dass der konservative Premierminister John Major, unter anderem auf dessen Betreiben das Vereinigte Königreich 1990 dem Europäischen Währungssystem (EWS) beitrat, seine Partei von einer pro-europäischen Haltung überzeugen würde. In diesem Sinne wurde seine richtungsweisende „Heart of Europe“-RedeFootnote 1 mit der er sich von Margaret Thatchers Europaskeptizismus distanzierte, missverstanden. Major ging es lediglich darum, eine konstruktive Rolle bei den Maastricht-Verhandlungen zu spielen. Als sich Mitte 1991 der Druck erhöhte, er möge sich pro oder contra Euro äußern, ließ er seine Position im Unklaren, betonte aber, die Einführung einer gemeinsamen Währung in Europa bedürfe der separaten Beratung des britischen Parlaments (Hogg und Hill 1995, S. 80).

In die Beratungen in Maastricht ging Großbritannien mit der Forderung nach einem „opt-in“ bzw. „opt-out“ bezüglich einer gemeinsamen Währung. Diese Haltung begründete Finanzminister Norman Lamont folgendermaßen: „We ought to decide it on its merits at the time. When we see whether it is going to work, Britain would have complete freedom to decide to do what it wanted to do in the merits of the case and we don’t think we should make up our minds today.“ (zitiert nach: Hogg und Hill 1995, S. 149). MaastrichtFootnote 2 folgte den britischen Forderungen und legte fest: „Das Vereinigte Königreich behält seine Befugnisse auf dem Gebiet der Währungspolitik nach innerstaatlichem Recht.“ Damit hielt sich das Land alle Optionen offen, auch wenn der Vertrag innerstaatlich umstritten blieb und Major wegen der Abweichler in seiner eigenen Partei nur mit Zustimmung der nordirischen Unionisten eine parlamentarische Mehrheit für das Abkommen finden konnte.

Das Thema „Euro“ geriet mehr zu einem politischen als einem wirtschaftlichen Thema, weil die oppositionelle Labour Party sich nun positiv zur europäischen Integration positioniert hatte. Dies blieb ein schwieriger Prozess. Immerhin stimmten 1991 noch 62 Labour-Abgeordnete entgegen dem Wunsch ihrer Partei gegen den Vertrag von Maastricht, anstatt sich bei der Abstimmung zu enthalten (Weinmann 1999, S. 87). Für Major wurde der unfreiwillige Austritt des Landes aus dem EWS 1992 (noch) nicht zur Ursache einer Wahlniederlage, bestätigte aber den Premierminister in seiner zögerlichen Haltung gegenüber einer Euro-Einführung. Selbst der Schattenkanzler Gordon Brown, der den EWS-Beitritt des Vereinigten Königreiches unterstützt hatte, fürchtete politische Nachteile wegen seiner Entscheidung (Mandelson 2011, S. 146 und S. 237). Browns ablehnende Position zur Euro-Einführung in seinen späteren Rollen als Schatzkanzler einer Labour-Regierung (ab 1997) und Regierungschef (2007 bis 2010) ist auch auf diese Erfahrung zurückzuführen. Premierminister Tony Blair (1997 bis 2007) neutralisierte das Thema Euro-Beitritt im Wahlkampf 2007 durch seine Erklärung, dass dieser nur nach einem positiven Referendum möglich wäre.

3 Blair und Brown: Optimist und Bremser

Die Labour-geführten Regierungen unter Blair waren im Hinblick auf eine Euro-Einführung im Vereinigten Königreich zwischen den optimistischen Annahmen des „Lagers“ von Premierminister Tony Blair und der vorsichtigen bis ablehnenden Haltung des Schatzkanzler Gordon Brown-„Lagers“ gespalten, wobei es letzterem auch wegen der Grundstimmung in seiner Partei gelang, eine Art Vetoposition bei Regierungsentscheidungen aufzubauen. Er ging sogar so weit, seine Pressekontakte zu nutzen, um der „Times“ ohne Wissen des Premierministers (Mandelson 2011, S. 238) die Schlagzeile zu ermöglichen: „Brown Rules Out Single Currency for Lifetime of this Parliament.“ Der Schatzkanzler versuchte seiner Sichtweise mit dem Argument ökonomische Rationalität zu verleihen, dass das Vereinigte Königreich sich in einem anderen Bereich des ökonomischen Konjunkturzyklus befände als der Rest Europas. Dies schloss ein opt-in in den Euro nicht grundsätzlich aus – aber eben nicht gerade jetzt. Brown formulierte „fünf Tests“, die hinreichend vage blieben, um politische Spielräume nicht zu beschneiden: Ein Beitritt des UK zum Euro müsse sich für Großbritannien positiv auf das Verhalten ausländischer Investoren, die Finanzdienstleistungen und auf den Arbeitsmarkt auswirken. Es müsse weiterhin möglich sein, flexibel auf den ökonomischen Wandel zu reagieren, und die ökonomischen Daten der Euro-Zone und des UK müssten sich nachhaltig aufeinander zu entwickeln. Gegen eine Euro-Einführung sprach auch, dass bei Umfragen regelmäßig zwei Drittel aller Befragten angaben, die eigene Währung behalten zu wollen (Sturm 2017, S. 229).

Die Frage eines möglichen Euro-Referendums wurde in der zweiten Amtszeit der Regierung Blair (2001 bis 2005) zur Machtfrage zwischen Blair und Brown. Blair äußerte sich wiederholt als Befürworter einer Euro-Einführung im Vereinigten Königreich. Brown leistete anhaltenden Widerstand (Rawnsley 2010, S. 188 ff.). Er war der Meinung, er allein entscheide über dieses Thema (Mandelson 2011, S. 339). Es kam zum offenen Streit mit Blair. Browns skeptischere Haltung gegenüber der europäischen Integration war einer der Gründe, weshalb er als Premierminister 2007 die feierliche Unterzeichnung des Lissabon-Vertrags zugunsten eines Termins im britischen Parlament verpasste und diese am nächsten Tag nachholte, an dem alle anderen Staats- und Regierungschefs bereits abreisten (Seldon und Lodge 2011, S. 69).

Mit der Finanzkrise von 2008 änderten sich Browns Prioritäten. Er wurde als relativ erfolgreicher Krisenmanager geschätzt – ein Euro-Beitritt des Vereinigten Königreiches war inzwischen undenkbar geworden. Wenn nicht Schadenfreude wegen der Eurokrise auf dem Kontinent, so zumindest Erleichterung, sich nicht an den Euro-Rettungsbemühungen beteiligen zu müssen, bestimmte zu dieser Zeit die Haltung zum Euro in der britischen Öffentlichkeit.

4 Der Euro als Streitgegenstand im Schottland-Referendum

Die Eurokrise erschwerte auch der Scottish National Party (SNP) die Antwort auf die Frage, welche Währung in Schottland nach einem Sieg beim Referendum über eine schottische Unabhängigkeit 2014 für Schottland gelten sollte. Die Unabhängigkeitsgegner argumentierten, Schottland dürfe nach der Unabhängigkeit das britische Pfund nicht mehr benutzen. Der SNP war klar, dass ihr ursprünglicher Gedanke, den Euro als schottische Währung mit Blick auf einen schottischen EU-Beitritt einzuführen, wenig populär war. Die von ihr geführte schottische Regierung argumentierte deshalb, sie wolle am Pfund festhalten. Dies sei eine britische Währung und keine englische. Diese Möglichkeit schloss der damalige Chef der britischen Zentralbank (Bank of England), der Kanadier Mark Carney, kategorisch aus (Financial Times 10.09.2014, S. 1). Mit welcher Währung eine neu zu gründende schottische Nationalbank arbeiten würde, blieb offen. Neben einer neuen schottischen Währung als Option, blieb die Möglichkeit der Euro-Einführung.

Das negative Ergebnis des Unabhängigkeitsreferendums am 18. September 2014 unterbrach kurzfristig die schottische Debatte, die allerdings wegen des in Schottland negativen Ausgangs des Brexit-Referendums und des Bemühens um ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum nicht ad acta gelegt wurde. Die Mehrheit im schottischen Parlament befürwortet weiterhin die EU-Mitgliedschaft und steht dem Euro weit weniger skeptisch gegenüber als die Mehrheit im britischen Parlament. Dennoch bleibt unklar, wie die schottische Regierung auf die Erwartung der EU reagieren möchte, dass neue Mitgliedstaaten Kontrolle über ihre nationale Währung haben und perspektivisch den Euro einführen müssen (Dickie und Robinson 2016).

5 Der Euro in der Brexit-Debatte

In der Brexit-Debatte hat die grundsätzlichere Frage nach der Mitgliedschaft des Vereinigten Königreiches in der EU das Thema Euro-Beitritt in den Hintergrund treten lassen. Nach dem Wahlsieg David Camerons 2015 mit absoluter Mehrheit, welcher die Koalition der Konservativen mit den europafreundlichen Liberaldemokraten beendete, setzte der neue Premierminister sein 2013 gegebenes Versprechen eines EU-Referendums um. Er reagierte damit auf die Stimmung in seiner Partei, die der Economist (05.03.2016, S. 27) treffend zusammenfasste: „that Britain should be in the EU’s outermost orbit: beyond the euro zone and the (notionally) borderless Schengen zone, exempt from as many rules and costs as is practical and under no circumstances subject to further integration.“ Nicht nur eine wachsende Gruppe konservativer Rebellen innerhalb und außerhalb des Parlaments forderte den Brexit, auch der United Kingdom Independence Party (UKIP) gelang es durch Siege bei Nachwahlen und den Europawahlen im Jahr 2014 und wegen Parteiübertritten aus der Konservativen Partei, den Druck der Europagegner zugunsten eines EU-Referendums zu erhöhen.

Am 17.12.2015 erhielt der European Union Referendum Act Gesetzeskraft. Vor einer Abstimmung über die Mitgliedschaft des Vereinigten Königreiches in der EU wollte David Cameron mit dieser verhandeln. Seine Hoffnung war, dass ein positives Verhandlungsergebnis das Referendum überflüssig machen könnte. Bezüglich des Euro forderte er von der EU eine explizite Anerkennung, dass dieser nicht die einzige Währung in der EU ist bzw. sein sollte, was auch implizierte, dass der exklusive Kreis der Euroländer aufzubrechen sei. Der Lissabon-Vertrag führte ja eine zweijährige Präsidentschaft der Euro-Gruppe ein, was aus Sicht des UK seinen Ausschluss aus essenziellen EU-Entscheidungsprozessen noch verhärtete. Auch das Vereinigte Königreich wollte bei allen Wirtschaftsfragen von Anfang an mitreden können. Erreichen konnte Cameron, dass Nicht-Euro-Ländern – sollten Beschlüsse bei Treffen der Eurozone zustande kommen, mit denen sie nicht einverstanden waren – der Weg eröffnet wurde, dieses Problem beim nächsten EU-Gipfeltreffen zur Sprache zu bringen. Streit gab es auch mit Frankreich und Deutschland darüber, inwieweit die Londoner City, das britische Finanzzentrum, von den Finanzmarktregeln der Eurozone abweichen dürfe (Barker und Brunsden 2016). Hier forderte Cameron maximalen Spielraum. Konkret ging es um die Bankenunion im Euroraum, die eine gemeinsame Bankenaufsicht und Bankenabwicklung umfasst. Diese beruht auf einem gemeinsamen Regelwerk, dem „single rule book“ für alle EU-Staaten. Schon bei dessen Ausarbeitung verlangte Großbritannien ein Mitspracherecht. Es ging vor allem darum, inwieweit das Land von diesem Regelwerk abweichen dürfe. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte eingeräumt, dass die Briten legitime eigene Interessen hätten, konkreter war man aber nicht geworden (Frankfurter Allgemeine Zeitung 20.02.2016, S. 19). Kritiker wiesen auf die inneren Widersprüche von Kompromissformeln hin: „But how could different regulatory regimes for the financial sector work for a monetary union whose main financial centre – London – is geographically outside its own borders?“ (Münchau 2016). Für Cameron war der Umgang mit der Eurozone „best of both worlds“ – mit dem UK nicht in der Eurozone, aber dennoch im Binnenmarkt (The Economist 23.04.2016, S. 25).

Im Lissabon-Vertrag von 2007 wird Großbritannien der Gruppe zugeordnet, deren Währung nicht der Euro ist. Formuliert ist dies, und so hat es die EU-Kommission auch gehandhabt, als eine Art Übergangsstadium „bis der Euro zur Währung aller Mitgliedstaaten der Union geworden ist“ (Protokoll Nr. 14). Dies spiegelt die weitergehende Festlegung im gescheiterten EU-Verfassungsvertrag wider. In dessen Artikel IV‑1 hieß es: „Die Währung der Union ist der Euro“. Der britische Premierminister erwartete von der EU entgegen der Logik einer Vertiefung der europäischen Zusammenarbeit, auf das Ziel einer allgemeinen Euro-Einführung zu verzichten. Mit Blick auf den Zustand der Eurozone in und nach der Finanzkrise 2007/08 war dies selbst für Brexit-Gegner eine Selbstverständlichkeit. Sie argumentierten mit dem Widerspruch, dass der Euro zwar eine supranationale Währung sei, die Verantwortung für die Währungspolitik aber weiter im nationalen Rahmen diskutiert werde. Martin Wolf (2016) stellte in der Financial Times fest: „… the UK is not part of this. The defects of the EU over democratic accountability cannot be solved without truly supranational politics.“ Und den europäischen „Superstaat“ lehnten auch die Brexit-Gegner ab. Cameron versicherte als Gegenleistung für den Verzicht auf eine allgemeine Einführung des Euro in der EU, dass das Vereinigte Königreich einer Vertiefung der Währungsunion nicht im Wege stehen werde.

Zusätzlich – und im Widerspruch zum Beteiligungsanspruch – forderte Cameron auch eine Garantie, dass das UK sich bei Euro-Rettungsaktionen nicht beteiligen müsse. Schon beim Europäischen Fiskalpakt zur Stabilisierung des Euro von 2013 hatte sich das Vereinigte Königreich ausbedungen, nicht mitzuarbeiten. Dies verhinderte eine rechtliche Einbindung des Fiskalpakts in die europäischen Verträge. Ob das Mitfinanzieren des UK in Eurokrisenzeiten in der Zukunft immer zu vermeiden sei, wurde auch von Brexit-Gegnern in Frage gestellt (Geoghegan 2016).

Die Kommission war bei den Verhandlungen mit David Cameron zur Abwendung eines Brexit-Referendums nicht bereit, Grundfragen der europäischen Integration und die Arbeitsweise der EU zur Disposition zu stellen, weshalb insgesamt das Verhandlungsergebnis in der Konservativen Partei den Referendumswunsch nicht veränderte. Dies sei eine „ziemlich dünne Suppe“ hieß es da, „the changes are insubstantial, but the negotiation’s importance is symbolic“ (The Economist 06.02.2016, S. 25), der Premierminister täusche das Volk (Buchsteiner 2016a). Aus Brüsseler Sicht ging es vor allem darum, jene zu überzeugen, die nicht am Verhandlungstisch saßen – die britische Öffentlichkeit. Die Vermarktung der Einigung mit dem britischen Premierminister war deshalb mindestens ebenso wichtig wie der Inhalt der britischen Forderungen (Bubrowski und Mussler 2016). Im Ringen um Stimmen im Referendum spielten Camerons „Brüsseler-Erfolge“ so gut wie keine Rolle, obwohl dem Premierminister versprochen worden war, diese bei der nächsten Veränderung der EU-Verträge zu berücksichtigen.

In der Brexit-Referendumskampagne stellten Brexit-Befürworter neben dem Bürokratismus der EU und den EU-Schulden die Eurozone als eines der wirtschaftlichen Risiken des Verbleibs in der EU dar: „Die Eurozone, geschwächt von Stagnation, Arbeitslosigkeit und Wachstumsschwäche, könne ‚jederzeit explodieren‘ und werde dann auch die Briten zu Bail-outs zwingen“ (Buchsteiner 2016c) Es gebe keine guten ökonomischen Gründe, in der EU zu bleiben. In der EU sei das UK „shackled to a corpse“ (Financial Times 15.06.2016, S. 6). Der damalige britische Justizminister und Brexit-Befürworter Michael Gove warf der EU vor, die Euro-Krise und die Politik gegenüber Griechenland habe „die extreme Rechte gestärkt, wie man es in Europa seit den dreißiger Jahren nicht mehr erlebt habe“ (Buchsteiner 2016b).

6 Und nach dem Brexit?

Nachdem eine Mehrheit im Referendum von 2016 für den Brexit stimmte, verschob sich der Fokus der Briten auf die Formulierung der legislativen Bestimmungen des Austritts, unter anderem The European Union (Withdrawal) Act 2018 und 2020 (zuerst Great Repeal Act), die das EU-Beitrittsgesetz von 1972 (European Communities Act) ersetzen sollten. Der Euro war aus britischer Sicht nun endgültig zur Währung von Drittländern geworden – der sprichwörtliche Elefant hatte das Zimmer verlassen. Aus der Sicht der EU bzw. zumindest aus der Perspektive des Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker war dies die goldene Gelegenheit, der britischen Vorstellung einer EU mit multiplen Währungen ein Ende zu bereiten. Eine vertiefte wirtschaftliche Integration sollte die Antwort auf den Brexit sein, eine Perspektive, die der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble schon vor der Brexit-Abstimmung abgelehnt hatte (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.06.2016, S. 21). Die EU musste die Hoffnung aufgeben, das Vereinigte Königreich in die Währungsunion einbinden zu können. Darauf konnten sich alle Länder der Eurozone einigen – die Konflikte waren aber nicht beendet. Ein Paradox zeichnete sich ab, wie Vernon Bogdanor (Financial Times, 02.05.2016, S. 7) argumentierte: Die Streitereien innerhalb der Eurozone, die Wiederbelebung nationaler Ansprüche hatte die EU „britischer“ gemacht als jemals zuvor, mit Möglichkeiten für das UK, nationale Forderungen mit wechselnden Verbündeten durchzusetzen. Just zu diesem Zeitpunkt aber verließ das Vereinigte Königreich die EU.