1 Hermeneutische Voraussetzungen

1.1 Parallelstellen

Der Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen ist die Feststellung, dass in der weit zurückreichenden und weit verzweigten hermeneutischen Tradition ein Bezug zur Forschung an Korpora angelegt ist und in gewissen Grenzen interpretativ verwendet wurde. Ein Begriff und eine Methode werden aus dieser Tradition herausgegriffen, um dies darzulegen. Diese Darlegung besteht zum einen im Rückgriff auf Texte der hermeneutischen Tradition und zum anderen in der Übertragung dieses Begriffs und dieser Methode auf ein Korpus von Texten des 20. Jahrhunderts mit einem ein später genauer beschriebenen literaturwissenschaftlichen Erkenntnisinteresse.

Der erste Bezugspunkt der hermeneutischen Tradition ist Friedrich Schleiermachers erster Kanon. Gezeigt werden soll im Folgenden, dass Parallelstellen dazu dienen können, die Verteilungen von Inhalten in Diskursen aufzudecken. Diese historischen Verteilungen betreffen sowohl die Streuung und Kristallisation von Inhalten als auch die Darstellungsformen dieser Inhalte. Mit Blick auf den ersten Kanon Schleiermachers ließe sich sagen, dass in der Tradition der hermeneutischen Theorie und Methode der Bezug zu Korpora seinen festen Platz hat:

Alles, was noch einer näheren Bestimmung bedarf in einer gegebenen Rede, darf nur aus dem dem Verfasser und seinem ursprünglichen Publikum gemeinsamen Sprachgebiet bestimmt werden. (Schleiermacher 1977, S. 101)Footnote 1

Das Verständnis der einzelnen Rede ist somit auf den historischen und gesellschaftlichen Kontext verwiesen. In der methodischen Umsetzung dieser Regel spielen Parallelstellen ihre Rolle. Sie können, wenn man sie systematisch beschreiben möchte, in unterschiedlicher Distanz zur Bezugsstelle gesehen und sowohl auf den Ausdruck als auch den Inhalt bezogen werden (vgl. Schleiermacher 1977, S. 128–129; Meier 1996, S. 58–59). Dies bringt die Parallelstellenmethode in eine gewisse Nähe zu computergestützten quantitativen Verfahren.Footnote 2 Eingeschränkt wird dieses Verfahren durch eine andere hermeneutische Regel, die bei Schleiermacher wie folgt lautet:

Der Sinn eines jeden Wortes an einer gegebenen Stelle muß bestimmt werden nach seinem Zusammensein mit denen, die es umgeben. (Schleiermacher 1977, S. 116)

Auf die Dialektik dieser beiden Regeln wird sowohl bei ihrer Übertragung in den Bereich der Philologie (s. Abschnitt 2) als auch bei der Anwendung auf die konkreten Beispiele zurückzukommen sein (s. Abschnitt 3). Historisch unabhängig von Schleiermachers erster Regel ist der zweite hier herausgestellte Bezugspunkt der hermeneutischen Tradition zur Erforschung von Korpora. Es handelt sich um den wenig prominenten Begriff des »Lebenshorizontes«, den Wilhelm Dilthey im Zusammenhang mit dem bekannteren »Zeitgeist« verwendet.Footnote 3

1.2 Lebenshorizonte

Unabhängig ist dieser Begriff von dem ersten Kanon Schleiermachers und von der Parallelstellenmethode insofern, als Dilthey in seiner Herleitung dieses Begriffs weder auf den einen noch auf die andere zurückgreift.Footnote 4 Der Lebenshorizont und der Zeitgeist kommen bei den von Dilthey sogenannten »Kultursystemen« ins Spiel.

Er führt diese Begriffe dort ein, als er auf Phänomene historischer Wirkzusammenhänge zu sprechen kommt, die er als »K o n z e n t r a t i o n  der ganzen Kultur eines solchen Zeitraums [d.i. einer Generation, eines Zeitalters, einer Epoche] in sich selbst« beschreibt, »so daß in der Wertgebung, den Zwecksetzungen, den Lebensregeln der Zeit der Maßstab für Beurteilung, Wertschätzung, Würdigung von Personen und Richtungen gelegen ist, welche einer bestimmten Zeit ihren Charakter gibt.« (Dilthey 1927, S. 177) Unter dem »Lebenshorizont« versteht Dilthey nun

die Begrenzung, in welcher die Menschen einer Zeit in bezug auf ihr Denken, Fühlen und Wollen leben. Es besteht in ihr ein Verhältnis von Leben, Lebensbezügen, Lebenserfahrung und Gedankenbildung, welche die Einzelnen in einem bestimmten Kreis von Modifikationen der Auffassung, Wertbildung und Zwecksetzung festhält und bindet. Unvermeidlichkeiten regieren hierin über den einzelnen Individuen. (Dilthey 1927, S. 177–178)Footnote 5

Für die folgenden Überlegungen ist es wichtig festzuhalten, dass in Diltheys Augen die »Konzentration einer ganzen Kultur« durchaus Widerspruch erdulde.Footnote 6 Er streicht heraus, dass »[n]eben der herrschenden, großen, durchgehenden Tendenz, die der Zeit ihren Charakter gibt […] andere [bestehen], die sich ihr entgegensetzen.« (Dilthey 1927, S. 178) Die Menschen können sich zu dieser Tendenz also unterschiedlich verhalten.Footnote 7 Die prägende Tendenz lässt sich vielmehr daran ablesen, dass die Menschen oftmals meinen, sich zu ihr überhaupt verhalten zu müssen und ihr damit eine Relevanz für ihr Denken und Handeln zugestehen. Der Grad dieser Prägung kann, davon soll für das Folgende ausgegangen werden, variieren. Das Verhalten zu einem Thema oder einem Wert kann auch soziale Distinktionen und Intentionen sinnfällig markieren.

Für die folgenden Überlegungen ist ferner wichtig, ein zweites festzuhalten: Diese historischen Tendenzen zeigen sich im Vergleich.Footnote 8 Die Parallele beruht dabei auf partieller Ähnlichkeit oder Identität, aber auch auf partieller Unähnlichkeit oder Alterität. Jede Anwendung des Vergleichs und der Parallelstellenmethode muss daher für sich geprüft werden.Footnote 9

In den später behandelten Beispielen wird es um die Anwendung der Parallelstellenmethode in einem relativ kleinen Korpus gehen. Deshalb liegt das Interesse auf dem Verständnis einzelner Stellen unter Zuhilfenahme von Belegstellen diesseits und jenseits des gegebenen Korpus. Aussagen zu umfassenden historischen Tendenzen lassen sich so nicht oder kaum gewinnen. Allerdings soll gezeigt werden, wie die Thematisierung und rhetorische Gestaltung als Spur dienen kann, um Tendenzen der Zeit aufzufinden.

Die Parallelstellenmethode kann hier als ein Gelenk verstanden werden. Einerseits kann sie der Erhellung erläuterungsbedürftiger Stellen dienen, andererseits stellt sie Bezüge zwischen Quellen in einem Korpus her. Diese Bezüge können demnach in beide Richtungen gelesen werden, in die Richtung der dunklen Stelle und in die Richtung inhaltlicher und anderer Verknüpfungen zwischen den Bestandteilen eines Korpus.

Dieses Verfahren kann dem Verständnis der einzelnen Stelle dienen. Es verdeutlicht nämlich, wie sich die Schreiberinnen und Schreiber zu einem Thema oder Problem ihrer Zeit verhalten und bestimmt somit deren Position in diesem Umfeld präziser. Dieser Rückbezug greift über die grammatische Interpretation hinaus auf die von Schleiermacher so genannte psychologische oder technische Interpretation zurück, insoweit sie die Komposition und den angenommenen oder erschlossenen Zweck der Rede berücksichtigt.Footnote 10 Dies soll zum Anlass genommen werden, eine eher literaturwissenschaftliche Frage zu formulieren: Inwiefern können nicht nur die Thematisierungen von Gegenständen helfen, den Lebenshorizont von Menschen aus den Quellen zu erschließen, sondern auch die von ihnen verwendeten rhetorischen und argumentativen Verfahren?

2 Philologische Übersetzungen

2.1 Korpus und Fragestellung

Die Verwendung von Parallelstellen und die Verbindung von Text und kulturellem Kontext haben in der Literaturwissenschaft eine Tradition, während das Fehlen einer »Korpusliteraturwissenschaft« bemerkt wurde.Footnote 11 Auch dieser Beitrag zielt lediglich auf die Anwendung der Parallelstellenmethode in einem kleineren Korpus. Dieses Korpus ist aber nicht an einem literarischen Kanon orientiert. Insofern nähert es sich einer solchen Korpusliteraturwissenschaft an.Footnote 12

Bei dem genannten Korpus handelt es sich um einen Teil des Koblenzer Liebesbriefarchivs.Footnote 13 Er umfasst über 60 Konvolute, die ganz oder teilweise in der Adenauerära, also in der Zeit zwischen der Gründung der Bundesrepublik und dem Vertrag von Élysée entstanden sind. Relevant ist dabei, dass die Briefe in diesem Fall nicht als Liebesbriefe interessieren, sondern als Zeitzeugnisse. Als solche lassen sie sich über den ursprünglichen Sammlungszweck hinaus auf politische, ökonomische, soziale und kulturelle Entwicklungen beziehen.Footnote 14

Im Sinne des oben Skizzierten sind sie Quellen für die Rekonstruktion von Lebenshorizonten. Man darf im Falle dieser Privatkorrespondenz annehmen, dass es nicht das vorrangige Ziel der Schreibenden gewesen ist, der Nachwelt Zeugnis von diesen Horizonten zu geben. Dennoch werden in ihnen Themen wie die Umsiedlungen aus den ehemaligen Ostgebieten, die Westorientierung der bundesdeutschen Außenpolitik oder die Einführung des Honnefer Modells im Bildungswesen angesprochen, bewertet und zum Teil mit der eigenen Biographie und den eigenen Entscheidungen der Schreibenden in Verbindung gesetzt.

Die Briefe sind in diesem Sinne potentielle Quellen der Kulturgeschichte, etwa der Forschung zu Mentalität und Habitus. Die Annahme für die späteren Deutungen ist allerdings vor allem, dass literarische Verfahren, die mit Mitteln der Rhetorik, Poetik, Stilistik beschrieben werden können, nicht auf den Bereich von Buchpublikationen beschränkt ist, der gemeinhin als ›Belletristik‹ bezeichnet wird. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass diese literarischen Verfahren in sprachlichen Gegebenheiten wurzeln und auch von Briefschreiberinnen und Briefschreibern verwendet werden. Offensichtlich ist dies, wenn Liebesgedichte in den Briefen auftauchen. Aber auch sonst fließen in die Briefe als »alltägliche Verbrauchsreden« diese Verfahren mehr oder weniger kunstvoll ein, um einen bestimmten Zweck mit sprachlichen Mitteln zu erreichen.Footnote 15 Das literaturwissenschaftliche Erkenntnisinteresse besteht aus zwei Fragestellungen:

  1. 1.

    Zum einen werden literarische Verfahren in den Briefen selbst als Phänomene einer Textstrategie untersucht. Bei Privatbriefen zeigt sich dies insbesondere als Form der Diskussion und Überzeugungsarbeit, aber auch in der Entwicklung einer unter Umständen anspielungsreichen Privatsprache.

  2. 2.

    Zum anderen können diese rhetorischen Verfahren als mögliche Indikatoren für kulturelle Reflexe und Reflexionen auf politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Zustände und Veränderungen gelesen werden. Auch die Ausdrucksweise kann also, wie an den Beispielen gezeigt werden soll (siehe Abschnitt 3) zum Teil als Resonanzraum dieser Strukturen und Prozesse gelesen werden.

2.2 Parallelstellen in der Literaturwissenschaft

Als Mittel und auch als Scharnier zwischen diesen beiden Fragestellungen mit ihrer unterschiedlichen Ausrichtung soll nun die Parallelstellenmethode in Anschlag gebracht werden. Den Rahmen für diese Anwendung bildet die genannte Sammlung von Briefen, die ediert und dann als Korpus für weitere Untersuchung zur Verfügung gestellt wird. Das heißt, dass das Korpus erst durch die Edition in eine digitale Form gebracht wird und sich die analytischen Kategorien erst während der Erschließung und Kommentierung herausbilden. Das Korpus und die Kategorien sind also nicht die Voraussetzungen, sondern die Ergebnisse dieses Prozesses. Damit unterscheidet sich dieses Vorgehen von anderen korpushermeneutischen Ansätzen.

Insoweit eine Kommentierung Teil der Edition sein wird, spielen Bezüge innerhalb des Korpus zuweilen schon auf dieser Stufe eine wissenschaftliche Rolle.Footnote 16 Die Auswertung der digitalen Annotationen kann dabei in verschiedene Richtungen führen. Erstens lassen sich inhaltliche Schwerpunkte in diesen voneinander unabhängigen Zeitzeugnissen bündeln. Zweitens entfaltet sich hier aber auch eine Themenvielfalt und eine Heterogenität von Überzeugungen und Einschätzungen.

Die Parallelstellenmethode hat in der literaturwissenschaftlichen Hermeneutik unterschiedliche Verwendungen und Bewertungen gefunden. Peter Szondi, der die beiden Kanones Schleiermachers mit den strukturalistischen Begriffen des Syntagmas und Paradigmas in Verbindung brachte,Footnote 17 hat auf die Schwierigkeiten hingewiesen, einen Wort- und Sachparallelismus nachzuweisen. Seine Anwendung dieser Methode ist meist auf Œuvre beschränkt. Szondi verwendet entsprechende Apparate für die Werke Friedrich HölderlinsFootnote 18 und Rainer Maria Rilkes (siehe Szondi 1975a, S. 495–510). Der hier gegebene Fall weicht davon ab. Parallelstellen können sich im Kontext eines Briefbündels finden, aber auch im gesamten Korpus. Nicht selten aber werden sie, wie sich noch zeigen wird, sogar jenseits seiner Grenzen zu suchen sein.

Zu den literaturwissenschaftlichen Einwänden gegen die Methode zählt die Frage nach der Bedeutung der Parallele für das Verständnis der Stelle.Footnote 19 Wenn zu bedenken gegeben wird, dass vage Ähnlichkeiten literaturwissenschaftlich keine Verwendung finden sollten,Footnote 20 dann wird eine gewisse Stärke des Verweises gefordert. In dem gegebenen Fall verschärft sich dieser Einwand noch. Ist schon die Übertragbarkeit innerhalb eines Œuvres problematisch, so wird der Bezug zu anderen, historisch unabhängigen Quellen noch zweifelhafter erscheinen. Exklusivität des Bezuges wird in diesen Fällen nur gelegentlich gegeben sein.Footnote 21

Bei der Erklärung einzelner Stellen kann dies ein Nachteil sein, wenn es notwendig ist, einen Kontakt zwischen Quellen nachzuweisen. Zuweilen kann aber auch der Nachweis einer weiten Verbreitung hinreichend sein, um die Stelle verständlich zu machen. Schließlich ist für eine Analyse des Korpus unter Umständen relevanter, dass ein bestimmtes Element an verschiedenen, voneinander getrennten Stellen auftritt. Die mangelnde Exklusivität kann hier ein Indiz für die Ausprägung eines Musters sein.

Auch wenn kein historischer Kontakt nachgewiesen, sondern ein Muster in einem Korpus gefunden werden soll, bleibt die Notwendigkeit zu bestimmen, welche Elemente als identisch oder hinreichend ähnlich behandelt werden sollen und welche nicht. Bei den Fragen nach der Stärke und nach der Eindeutigkeit des Verweises beziehungsweise der sprachlichen und der historischen Klarheit des Bezuges, sind Abstufungen möglich. Im Fall von Wortparallelen sind diese Abwägungen, wie Szondi festhält, noch einfacher festzustellen als im Fall reiner Sachparallelen.Footnote 22

Szondi wägt an verschiedenen Stellen die Möglichkeiten und die Grenzen dieser Methode ab. Nimmt man an, dass beide Kanones Schleiermachers ihre Berechtigung haben, so können sie, jeweils nur für sich genommen, zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Dennoch hat ihre Berücksichtigung und die Anwendung der Parallelstellenmethode ihren heuristischen und evaluativen Zweck. Szondi schreibt:

Sie [d.i. die philologische Auslegung] versucht, den statischen Zusammenhang des Faktischen, den die Verzettelung von Belegen allemal zerreißt, in der Rekonstruktion des Entstehungsvorgangs dynamisch nachzuvollziehen. Für diese Rekonstruktion werden die Fakten sowohl zu Wegweisern als auch zu Warnungen vor Irrwegen. Keines der Fakten darf übersehen werden, soll die Rekonstruktion Evidenz gewinnen. […] In der Evidenz wird die Sprache der Tatsachen weder überhört, noch in ihrer Verdinglichung mißverstanden, sondern als subjektiv bedingte und in der Erkenntnis subjektiv vermittelte vernommen, also allererst in ihrer wahren Objektivität. (Szondi 2011a, S. 280)Footnote 23

Neben anderem ist hier zu beachten, dass Szondi sich auf die Entstehungsgeschichte eines literarischen Textes bezieht. Dennoch ist die Dialektik zwischen Übereinstimmung und Abweichung im Prozess der Deutung auch auf den gegebenen Fall übertragbar. Parallelen können Deutungen bestätigen, in Zweifel ziehen oder sogar falsifizieren.Footnote 24 Sie dienen dann zur Evaluation von Hypothesen. Sie können aber auch heuristisch genutzt werden, um Hypothesen zu entwickeln. Das betrifft sowohl die Äußerung als auch den Diskurs. Beziehen sich die Hypothesen auf die jeweilige Textstelle, kann diese sie bestätigen, in Zweifel ziehen oder widerlegen. Dienen Parallelen heuristisch als paradigmatische, diskursive Hinweise, dann kann man sie als »Spuren« lesen.

In der paradigmatischen Perspektive können die Parallelstellen mit verschiedenen Ansätzen der Literaturgeschichtsschreibung verbunden sein. In ihr ergeben sich auch Verbindungen zu Diltheys Begriff der Lebenshorizonte. Da das Korpus keine literarischen Texte versammelt, steht deren besondere sprachliche Gestaltung, soziale Stellung und kulturelle Bedeutung in der Entwicklung und Vermittlung von Vorstellungen und Werten an dieser Stelle nicht zur Diskussion. Das Korpus lässt sich jedoch mit einer rhetorischen Perspektive verbinden, wenn man in die Untersuchung neben der materia, dem Gegenstand der Rede, auch die Artikulationsform in die Betrachtung einbezieht.Footnote 25 Auch in Texten, die keinen Anspruch auf literarische Qualität im engeren Sinn erheben, wird ein gemeinsamer Vorstellungs- und Wertehorizont entworfen und verhandelt. Dilthey selbst meinte mit Blick auf die jüngere Geschichte der Künste:

Und das macht nun den geschichtlichen Gang des Verhältnisses der Kunst zu den Weltanschauungen aus, daß nach dieser religiösen Vertiefung der Kunst in ihr die Lebensverfassung des Künstlers zu freiem Ausdruck gekommen ist. Dies wird nicht im Hineinlegen einer Weltanschauung in das Kunstwerk zu suchen sein, sondern in der inneren Form der künstlerischen Gebilde. (Dilthey 1931, S. 91–92)

Auch wenn man von alltäglichen Texten wie Privatbriefen und von »Lebenshorizonten« statt »Weltanschauungen« spricht, kann vermutet werden, dass die rhetorische Gestaltung dieser Quellen etwas über die Bedingungen der gesellschaftlichen Felder, den Habitus und die Stellung der Akteure aussagen kann. Diese historische und kulturelle Position von Äußerungen in den Blick zu nehmen, kann eine mögliche Aufgabe der literaturwissenschaftlichen Korpusforschung sein.

Die Forschung zeigt dann die Offenheit und Beschränkung der Lebenshorizonte, die auch eine Offenheit und Beschränkung von Erwartungshorizonten sind.Footnote 26 Sie sieht Quellen als Spuren einer Gemengelage aus empirischer Vielfalt und Verfestigung, indem sie zum Beispiel thematische Streuungen und Bündelungen erfasst. Sie wird dabei oftmals eine methodische Pendelbewegung zwischen Wort und Diskurs vollziehen, die Henri Meschonnic (1991, S. 9) einmal so fasste: »On cherche de mots, on trouve le discours. On cherche le discours, on trouve des mots.« Verschiedene solcher und ähnlicher Pendelbewegungen finden sich in den abschließenden Interpretationen einzelner Briefpassagen, die insbesondere die rhetorische Struktur der Schreiben berücksichtigen.

3 Interpretative Umsetzungen

3.1 »Brandwache« und »Mopedbraut«

Die folgenden Beispiele stammen aus zwei Konvoluten.Footnote 27 Das erste Konvolut enthält Briefe einer Schülerin, die sie vermutlich zwischen Oktober 1959Footnote 28 und Frühjahr 1960 an ihren Freund geschrieben hat. Die Datierung ist unpräzise, weil die Briefe zum Teil nur fragmentarisch erhalten sind und die Ordnung der Briefe deshalb manchmal unsicher ist. Der jüngste datierte Brief stammt aus dem Januar 1960.Footnote 29 Danach folgen noch drei fragmentarische Schreiben, die nicht sicher datiert werden können.Footnote 30 Das zweite Konvolut umfasst 133 Briefe eines Mannes an seine Freundin, Verlobte und spätere Ehefrau. Diese Korrespondenz beginnt im Juni 1959 und endet im April 1967.Footnote 31

Auf die folgenden Beispiele wird die Parallelstellenmethode in unterschiedlicher Weise angewendet. Sie unterscheiden sich unter anderem in ihrer rhetorischen Gestaltung. Versteht man es als eine vorrangige Aufgabe des Kommentars, un- und missverständliche Stellen aufzuhellen, dann ist es naheliegend, andere Stellen aus dem Brief und dem Konvolut hinzuzuziehen, um diese Unklarheiten zu beseitigen. So findet sich im erstgenannten Konvolut an einer Stelle ein Hinweis auf die Brandwache, für die der Adressat eingeteilt worden sei.Footnote 32 Man könnte, liest man den Brief isoliert, vermuten, er sei bei der Feuerwehr. Auch ist in einem der Briefe von einem möglicherweise entsprechenden Gruppenfest die Rede.Footnote 33

Bei einem weiteren Blick wird deutlich, dass der Adressat bei der Bundeswehr ist und schon der erste Brief nennt im Zusammenhang mit einem Abschied einen großen Truppenübungsplatz.Footnote 34 Ein anderer Brief bestätigt, dass die Nennung der Brandwache sich tatsächlich auf die Bundeswehr bezieht, die dort als Strafmaßnahme diente.Footnote 35

So einfach diese Auflösung einer Stelle scheinen mag, so zeigt sie das Maß an, wie gut oder wie schlecht sich Zusammenhänge nicht nur der Briefe, sondern auch der lebensweltlichen Umstände von Absenderin und Adressat rekonstruieren lassen. Die rhetorische Gestaltung spielt in diesem Fall keine wesentliche Rolle. Es wird vor allem eine Verbindung zwischen einzelnen Begriffen und einer Organisation hergestellt.

Dieselbe Schülerin schreibt in einem anderen, wohl nur fragmentarisch überlieferten Brief zwei Sätze, die die Bedeutung dieser lebensweltlichen Umstände und, mit Dilthey zu sprechen, Lebenshorizonte ebenfalls zeigt. Ging es im ersten Beispiel um die Aufklärung eines bestimmten Ausdrucks und seines Kontextes durch den Rückgriff auf Parallelstellen in weiteren Briefen des Konvoluts, so berührt das zweite Beispiel die Ebene der Werte und, wie Dilthey sagen würde, der »Lebenswürdigkeit«.Footnote 36 Die Schreiberin bewertet hier eine Überlegung des Adressaten. Es handelt sich um die ersten beiden Sätze der vermutlich einzigen überlieferten Seite dieses Briefes.Footnote 37 Deshalb ist der Zusammenhang nicht vollständig bestimmbar, zumal in diesem Fall, wie oftmals, die Gegenbriefe fehlen.

Die Schülerin schreibt: »Ich würde mir ja eher einen Motorroller statt ein Moped kaufen. Eine Mopedbraut möchte ich nämlich nicht werden.«Footnote 38 Der weitere Verlauf verdeutlicht, dass nicht ihre eigene Kaufentscheidung zur Diskussion steht, sondern die ihres Gesprächspartners. Sie empfiehlt, mit dem Kauf noch zu warten und den Führerschein erst bei der Bundeswehr und damit günstiger zu erwerben. Rhetorisch interessant ist der enthymemische Charakter. Die Bewertung der Fahrzeuge, die die Schreiberin vornimmt, legt eine Empfehlung für die Entscheidung des Adressaten nahe. Seine Entscheidung wird als eine Entscheidung über den sozialen Status der Schreiberin dargestellt.

Die Bewertung selbst ist in hohem Maße kulturell und historisch eingebettet. Die Verkaufserfolge der 1950er und 1960er Jahre bei Motorrollern werden so oft mit entsprechenden Kaufentscheidungen von Frauen in Verbindung gebracht und diese wiederum mit sozialen und ökonomischen Veränderungen.Footnote 39 Diese Verbindung scheint sich auch in der Werbung der Zeit widerzuspiegeln.Footnote 40 In jedem Fall, und das ist hier das Entscheidende, bestätigt sich diese Präferenz bei der genannten Schreiberin, die zumindest ein wenig um ihr soziales Ansehen zu fürchten scheint, wenn der Adressat das falsche Fahrzeug erwirbt. Ihre Ablehnung einer bestimmten Rolle dient als Anweisung an den Freund. Die Verwendung des Enthymems setzt die Anerkennung dieser Prämisse beim Adressaten voraus.Footnote 41

3.2 »Mariawald« und »Mecki«

Die Verwendung rhetorischer Strategien in Privatbriefen ist keine Seltenheit, obwohl man annehmen darf, dass sie nicht primär darauf angelegt sind. Auch in Briefen wird, wie in der Rhetorik von alters her, gelobt und getadelt, zu- oder abgeraten, angegriffen und verteidigt.Footnote 42 Dies zeigt sich auch in dem zweiten hier betrachteten Konvolut, in dem ebenfalls nur die Briefe einer Seite enthalten sind.

In einem der Briefe erläutert der Schreiber ausführlich die Situation der beiden Familien, die sich miteinander im Streit befinden.Footnote 43 Dabei stellt er nach der hier vorgeschlagenen Deutung das eigene Verhalten in Konflikten dem der Adressatin antithetisch gegenüber. Sie seien beide nicht in der Lage, einen Streit mit »Geschick und Ruhe« durchzuhalten.Footnote 44 Dies äußere sich in seinem Hang zur »Knebbelei«, während bei ihr oft tagelang »Mariawald« sei.Footnote 45 Er selbst bezeichnet in einem anderen Brief »Jähzorn« als seine eigene Schwäche.Footnote 46 Der Verweis auf »Mariawald« aber bleibt vermutlich unklar für diejenigen, die nicht wissen, dass das Paar aus der Eifel stammt und es dort einen Ort dieses Namens gibt, in dem sich ein Trappistenkloster befindet. Schließlich muss man noch wissen, dass dieser Orden für sein strenges Schweigegelübde bekannt ist.Footnote 47 Der Ort steht also für das Kloster, das Kloster für den Orden und der Orden für das Schweigen.

Diese Aufklärung, so sie überhaupt richtig ist, ergibt sich nicht aus dem Konvolut selbst und auch nicht aus dem Korpus, soweit es bisher erschlossen ist. Die Unabhängigkeit der Quellen im Korpus verringert die Wahrscheinlichkeit, eindeutige Parallelstellen zu finden. Aufschlüsse finden sich hingegen für vieles außerhalb des Konvoluts und des Korpus in anderen Ressourcen wie Autobiographien, Wörterbüchern oder der Populärkultur. Die Metapher, die eine dreifache Metonymie voraussetzt, kann man erst verstehen, wenn sich bestimmtes Wissen der Zeit oder des sozialen Umfeldes rekonstruieren lässt. Mag diese Redeweise auch, wie manch andere Wendung, in den familiären oder privaten Wortschatz der Korrespondenzpartner fallen, so ist die Verbindung zwischen den Trappisten und dem Schweigen auch andernorts bekundet und diese Kenntnis nicht auf den Kreis der Expertinnen und Experten zur Geschichte der Zisterzienser beschränkt.

Das zeigt sich zum Beispiel bei der Betrachtung weiterer kultureller Zeugnisse. In Billy Wilders Film The Private Life of Sherlock Holmes aus dem Jahr 1970 zum Beispiel reist Dr. Watson mit dem Zug nach Schottland. Er sitzt neben Männern in Mönchskleidung und versucht, ein Gespräch zu beginnen. Einer von ihnen führt den Finger vor den Mund. Dr. Watson kommentiert dies, indem er seine Sitznachbarn als Trappisten identifiziert.Footnote 48 Auch in der Serie Drei Damen vom Grill findet sich mit etwas größerem zeitlichen Abstand zur hier betrachteten Quelle eine ironische Anspielung auf das Schweigegebot der Trappisten.Footnote 49 Später wird der Name zu »Trapezmönch« verulkt.Footnote 50 In beiden Fällen wird die Ordensbezeichnung besonders hervorgehoben und in beiden Fällen ist die Beziehung zwischen Orden und Schweigen ausschlaggebend.Footnote 51

Während an dieser Stelle das Konfliktverhalten ausdrücklich angesprochen wird, so zeigt sich an einer anderen Stelle das konkrete sprachliche Verhalten in Konfliktfällen. Der Schreiber möchte der Adressatin von einem neuen Haarschnitt abraten. Dieser Akt einer versuchten Persuasio zeigt zahlreiche rhetorische Merkmale. Nur eine Beobachtung soll hier hervorgekehrt werden. Vergleicht man diese briefliche Diskussion mit der oben beschriebenen zum Kauf eines Motorrollers, so fällt die Umständlichkeit auf.

Der Schreiber will seiner Partnerin »volle Freiheit« lassen, die »Entscheidung lieg[e] ganz bei [ihr]«.Footnote 52 Zugleich macht er seine Position klar. Sie wisse, was ihm gefalle. Das Haar hält er für »den schönsten natürlichen Schmuck der Frau«.Footnote 53 Er spricht von »wenige[n] kümmerliche[n] Reste[n]« und von »Selbstverstümmelung«,Footnote 54 lenkt vergleichend den Blick auf »[e]in geschorenes Schaf« und einen »Mann mit Glatze«.Footnote 55

Auch in dem anderen Konvolut werden mehrfach Haare und Frisuren angesprochen. Die Briefschreiberin beschreibt, dass sie ihre Haare beim Abtanzball »schlicht« und mittels Kamillenkur »schön blond« tragen will.Footnote 56 Umgekehrt fürchtet sie anscheinend, dass ihr Freund ohne Haare von der Bundeswehr heimkehren werde. Obwohl hier ein besonderer und anderer Kontext gegeben ist, benutzt auch sie dieses Erscheinungsbild, um vielleicht indirekt ein Geschmacksurteil zu äußern: »Hast Du Dir die Haare auch nicht ganz abrasieren lassen? Ich traue Dir zu, mich eines Tages mit Glatze zu besuchen.«Footnote 57

Der Schreiber des zweiten Konvoluts ist sich bewusst, dass er mit »krassen Beispielen« argumentiert, hält das Abschneiden von einigen Strähnen im Nacken für »vernünftig, aber nicht Mecki oder noch kürzer.«Footnote 58 Abschließend kehrt er wieder zu seiner ursprünglichen Position zurück: »Aber auch das kannst Du frei selbst entscheiden. Ich laß Dich deswegen nicht laufen.«Footnote 59 Im nächsten Brief, fünf Tage später verfasst, schreibt er zu dieser Angelegenheit noch, dass er nicht den »Geschmacksdiktator« in ihrer Familie spielen wolle.Footnote 60

Dieser argumentative Pendelschlag kann nun auf Diltheys Bemerkung bezogen werden, dass sich die Weltanschauung in der »inneren Form« der Dichtung artikuliere. Auch in dieser Subiectio mit einigen Zügen von Prokatalepsen kann ein Bedürfnis gesehen werden, die Voraussetzungen des eigenen Urteils zu klären und mit Gegenargumenten zu konfrontieren. Anders als bei dem gekürzten Syllogismus zum Motorroller, wird hier nicht die Zustimmung zu einer ungenannten Prämisse vorausgesetzt, sondern die Schwierigkeit vor Augen geführt, dass der eigene Wunsch und Geschmack letztlich nicht das Handeln der Adressatin bestimmen soll. In dieser argumentativen Zwickmühle kann auch verständlich werden, warum die gewählten Bilder für die eigene Position besonders drastisch ausfallen.

In der rhetorischen Gestaltung der Argumentation kann selbst ein Indiz für den übergreifenden Lebenshorizont der genannten Korrespondenzpartner gesehen werden. War bisher die Parallelstelle ein Mittel, die zweifelhafte Einzelstelle aufzuklären, so kann sich, auf einem allgemeineren Niveau, eine Verbindungslinie zwischen den hier diskutierten Beispielen aufspannen. Die Linie liegt bei Liebesbriefen freilich nahe. Es sind die Veränderungen in den Geschlechterrollen und Geschlechterbildern in der bundesrepublikanischen Nachkriegszeit, die sich hier abzeichnen. Die Verpflichtung zum Wehrdienst, die Haarlänge, die Ablehnung eines bestimmten Fahrzeugs verbinden die Beispiele unter diesem Aspekt miteinander und sogar, im letztgenannten Beispiel, mit der rhetorischen Art der brieflichen Konfliktgestaltung.

4 Korpushermeneutisches Fazit

Die inhaltliche Erschließung erlaubt die Zusammenstellung von Parallelstellen für eine vergleichende Untersuchung. Die Unabhängigkeit der Konvolute voneinander kann hilfreich sein, wenn sich an ihnen die Streuung der Äußerungen in einer Frage aufzeigen lässt, zu der die Schreibenden meinten, sich verhalten zu müssen. Man kann in den Briefen nicht nur sehen, wie Themen aufgegriffen werden oder nicht, sondern auch, wie sich der sprachliche Umgang mit ihnen verändert.

Das hier vorgeschlagene Vorgehen geht im Gegensatz zu anderen korpushermeneutischen Ansätzen von der Lektüre der einzelnen Quellen aus. Deren Kommentierung kann Beziehungen explizieren, die nur bedingt an der Oberfläche der Texte abzulesen sind. Die Rhetorik der Texte kann somit ein Hindernis für eine unmittelbare quantitative Auswertung der Quellen darstellen. Die Kommentare können allerdings, wenn man ihren Explikationen vertraut, Teil einer solchen quantitativen Auswertung werden.

Obwohl im vorliegenden Fall das Korpus erst durch die Edition entsteht und der Kommentar der Erläuterung der einzelnen Stelle gilt, so können die Transkription und der Mikrokommentar auch einen Eindruck von den Tendenzen der Zeit, den Lebenshorizonten, geben, weil Parallelstellen nicht nur der Erhellung des Einzelnen dienen, sondern auch Verknüpfungspunkte im Ganzen darstellen.

Es gehört nicht viel dazu, eine gewisse Zirkularität dieses Vorgehens zu erkennen. Das Ganze, in diesem Fall das Korpus, ist hilfreich, um das Einzelne, die Stelle, zu verstehen, und das Verständnis des Einzelnen dient dem Verständnis des Ganzen. Im Fall von Privatbriefen ist es oft der Fall, dass nur andere Briefe desselben Konvoluts zur Erläuterung herangezogen werden können. Für alltagsgeschichtliche Phänomene findet man wie bei den Beispielen des »Trappisten« und der »Mopedbraut« zuweilen allerdings Entsprechungen in anderen Quellen, etwa in Hobbyliteratur, Filmen oder Fernsehserien.

Im Fall der Haare jedoch fanden sich ein Gegenstand und Wertungen, die in Briefen verschiedener Konvolute diskutiert werden. Das Ganze, das hier zum Verständnis des Einzelnen dient, ist dabei nicht das Ganze, das durch die Stelle verständlicher wird. Eine Erläuterung des Ausdrucks »Mecki« und seines metonymischen Gebrauchs kann zum Beispiel dem Verständnis der einzelnen Stelle dienen.Footnote 61 Die Diskussion in dem Brief kann aber zudem Quelle für eine kulturhistorische Untersuchung zum Haarschnitt sein. Der Diskurs, der das Wort begreiflicher werden lässt, muss nicht der Diskurs sein, der durch das Wort begreiflicher werden kann.

Man kann somit zumindest zwei hermeneutische Aspekte dieses Vorgehens unterscheiden. An einigen Stellen ist der einzelne Ausdruck unverständlich und sein Verständnis bedarf eines größeren Kontextes, der auch über das Korpus selbst hinausgehen kann. Von literaturwissenschaftlichem Interesse ist dabei, dass auch in Alltagsdokumenten rhetorische Analysen für die Kommentierung bedeutsam sind.

An anderen Stellen ist nicht der einzelne Ausdruck unverständlich, da oftmals recht alltägliche Gegenstände angesprochen werden und auch eine rhetorische Analyse für das Verständnis nicht notwendig ist. Auch in diesen Fällen kann sich allerdings ein thematisches Netz zwischen Quellen unterschiedlicher Provenienz zeigen.

Diese beiden Aspekte sind methodisch kombinierbar. Die Aufhellung einzelner Stellen erzeugt zugleich neue Knotenpunkte des Netzes. Dieses Netz zeigt sich nicht bei der Betrachtung des einzelnen Dokumentes oder Konvolutes. Der gemeinsame Lebenshorizont als soziokulturelles Phänomen wird erst bei der Betrachtung des Korpus sichtbar.