1 Einleitung

Seitdem ab den 1980er und 1990er Jahren sogenannte rechtspopulistische Parteien wie etwa der typenbildende Front National (seit 2018 Rassemblement National) in Frankreich, der Vlaams Blok (seit 2004 Vlaams Belang) in Belgien oder die Freiheitliche Partei Österreichs die politische Bühne effektvoll (wieder-)betreten haben, ist das zu Beginn als Randerscheinung qualifizierte politische Phänomen einer Partei vollkommen neuen Typs inzwischen in den meisten Ländern Europas in der Mitte der politischen Debatte angekommen. Nach der Jahrtausendwende wurde im Gefolge der Eurokrise 2008 eine Reihe populistischer Parteien überhaupt neu gegründet, wie etwa die Alternative für Deutschland oder die als linkspopulistisch einzustufenden Parteien Podemos in Spanien oder Syriza in Griechenland bzw. die nicht deutlich einordenbare Partei des Movimento 5 Stelle in Italien. Weithin als Krisenphänomen der in ihrer Repräsentativität ermüdet erscheinenden liberal-rechtsstaatlichen Demokratie tituliert, schwanken die Bewertungen zwischen Populismus als Gefahr oder positiver Herausforderung für die Demokratie. Gemeinsam ist allen populistischen Parteien der Charakter einer Protestbewegung, die gegen echte oder angebliche Ungerechtigkeit, verkörpert durch eine als korrupt diffamierte Elite, im Namen des Volkes ankämpft bzw. anzukämpfen behauptet.

Die empirisch untermauerte Untersuchung der konkreten thematischen Ausrichtung populistischer Parteien war bislang ein Aspekt, der in der stetig wachsenden politikwissenschaftlichen Forschung weniger Aufmerksamkeit erfahren hat, jedoch zunehmend in den Fokus rückt (vgl. z. B. jüngst Ernst et al. 2019). Gewisse Themen stehen in der allgemeinen Populismusdiskussion freilich im Brennpunkt und dienen als plakative Beispiele: So werden als rechtspopulistisch verstandene Parteien insbesondere mit Antiimmigration und Antiislam in Zusammenhang gebracht, während bei linkspopulistisch verstandenen Parteien etwa die Austeritätspolitik der EU (vgl. die Griechenlandkrise) als Thema genannt wird. Doch lässt sich das auch empirisch nachweisen? Welche Themen sind nun tatsächlich spezifisch populistisch? Gibt es sie, die typischen Themen der Populisten, oder ist es so, dass sich viele Themen eignen, um von populistischen Parteien aufgegriffen zu werden? Diese Überlegungen begleiteten das Forschungsprojekt, das diesem Beitrag zugrundeliegt (vgl. Poier/Saywald-Wedl/Unger 2017, hier S. 26 f.). Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, mit welchen Themen populistische Parteien in Wahlkämpfen, die ja die Zuspitzung politischer Auseinandersetzung bedeuten, tatsächlich medial in Zusammenhang gebracht werden. Anhand einer Analyse der (Wahlkampf‑)Berichterstattung über insgesamt acht als populistisch qualifizierte Parteien in je zwei überregionalen Tageszeitungen in fünf ausgewählten europäischen Ländern wurde untersucht, mit welchen Themen populistische Parteien in den ausgewählten Printmedien zusammen genannt wurden. Der Forschungsansatz geht dabei nicht den Themen nach, die populistische Parteien selbst lancieren wollen, sondern fokussiert vielmehr darauf, mit welchen Themen sie tatsächlich erwähnt werden. Als Vorfrage ist freilich zu klären, welche Parteien als populistisch zu qualifizieren sind. Daher unternimmt die Studie nach einer Bestandsaufnahme der gängigen Populismusdefinitionen zunächst einen eigenen Versuch der Definition, der dann in Merkmalen populistischer Parteien operationalisiert wird. Auch dieser Beitrag widmet sich zuerst der Frage der Begriffsbestimmung, bevor die Merkmale populistischer Parteien analysiert und schließlich die Ergebnisse der Medienanalyse hinsichtlich der Themen populistischer Parteien präsentiert werden.

2 Wer ist ›Populist‹? – Zur Definition von Populismus

Populismus ist mittlerweile ein globales Phänomen geworden. Historisch betrachtet, stammt der Begriff Populismus aus den USA. Er geht auf die Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Populist Party zurück, die sich aus einer Farmerbewegung entwickelt hatte und gegen die negativen sozialen Folgen der Industrialisierung auftrat (vgl. z. B. Skenderovic 2017, S. 45 f.). Im Laufe des 20. Jahrhunderts breiteten sich populistische Parteien auch in Lateinamerika, Kanada und nicht zuletzt in Europa aus. Heute stößt man auf fast jedem Kontinent auf populistische Parteien bzw. populistische Politiker, die in der Lage sind, das politische Geschehen maßgeblich zu beeinflussen (vgl. etwa Donald Trump oder Boris Johnson).

Alltagssprachlich wird der Begriff nicht eindeutig verwendet. Zumeist werden als populistisch Aussagen qualifiziert, die unzulässig verkürzt sind, emotionalisierende Schlagworte enthalten oder sonst effekthaschend sind, um damit die Seriosität der Politikerin bzw. des Politikers oder der Partei in Frage zu stellen. Zumeist klingt eine negative Komponente mit. Außerdem fehlt häufig die nötige Trennschärfe, wenn es um die Abgrenzung von rechtspopulistisch und rechtsextrem geht. Auch in der Wissenschaft besteht keine Einigkeit über die Definition von Populismus, obwohl der Begriff seit den 1960er Jahren in der sozial- und politikwissenschaftlichen Forschung verwendet wird (vgl. z. B. Ionescu/Gellner 1969).

2.1 Abgrenzung zum (Rechts‑)Extremismus

Die Abgrenzung zwischen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus ist eine dünne Gratwanderung, die gerade in jüngster Zeit sowohl in der praktischen Politik als auch in der Wissenschaft verstärkte Aufmerksamkeit erfährt (vgl. z. B. Decker/Henningsen/Jakobsen 2015). Auch dem Begriff des Rechtsextremismus fehlt es mangels einer homogenen ideologischen Basis an einer einheitlichen Definition. Lediglich über den Kern des Konzepts besteht weitgehend Übereinstimmung. Demnach steht Rechtsextremismus als offen verfochtene radikale politische Strömung, die wie jede Form von politischem Extremismus den demokratischen Verfassungsstaat beseitigen will (vgl. Jesse 2002), im Sinne der Ideologie der äußersten Rechten außerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung und ist sowohl verfassungs- als auch demokratiefeindlich. Anhänger des Rechtsextremismus lehnen die freiheitliche demokratische Grundordnung ab und sind zur Herbeiführung eines autoritären, eventuell sogar totalitären staatlichen Systems auf der Basis von nationalistischem und rassistischem Gedankengut auch unter Gewaltanwendung bereit (vgl. Nandlinger 2008). Das ist Populismus nach der hier vertretenen Auffassung und jener anderer Politikwissenschafter nicht (vgl. z. B. von Beyme 2018; Loch 2017). Populismus setzt seiner inneren Logik nach Demokratie voraus, weil er den Gedanken der Volkssouveränität überhöht (vgl. Jörke/Selk 2017, S. 52). Populistische Parteien bleiben daher innerhalb des legalen Spielraums des jeweiligen politischen Systems, auch wenn sie zum Teil chauvinistische Positionen vertreten. Teilweise verschwimmende Grenzen und bewusste Provokationen – »kalkulierte Ambivalenzen« (vgl. z. B. Reisigl 2014, S. 88 f.) –, die dann halbherzig zurückgenommen werden, sind aber zu konstatieren und Teil des populistischen Programms.

2.2 Zwischen Politikstil und Ideologie

Im Wesentlichen oszillieren die Definitionsvorschläge des Begriffs Populismus zwischen den beiden Polen Politikstil und Ideologie. Die Überschneidungen populistischer Parteien auf formaler Ebene sind besonders augenfällig. Daher wird Populismus von einer Reihe von Autoren als reiner Politikstil bzw. als politische Kommunikationsstrategie beschrieben (vgl. Poier/Saywald-Wedl/Unger 2017, S. 37 f. m. w. N.). Das hat aber, wie oben angeklungen, Auswirkungen auf die Frage nach den Themen der Populisten. Wenn Populismus vor allem als rhetorisches Stilmittel, als bloße Diskursstrategie aufgefasst wird, ist die Wahl der Themen sekundär. Dann haben Populisten keine typischen Themen, weil jedes politische Thema in populistischer Manier »verkauft« bzw. propagiert werden kann, dann ist Opportunismus und programmatische Beliebigkeit ihr wesentlicher Charakterzug. Zweifelsohne sind der spezifische Sprach- und Politikstil sowie Opportunismus und Demagogie Teilaspekte von Populismus, charakterisieren aber nicht das Phänomen insgesamt.

Eine entgegengesetzte Position vertritt der Politologe Cas Mudde: Er sieht Populismus vor allem als Ideologie. Seine berühmte Definition lautet: Populismus ist eine »Ideologie, welche die Gesellschaft in zwei homogene und antagonistische Gruppen einteilt, ›das wahre Volk‹ gegen die ›korrupte Elite‹, und welche davon ausgeht, dass Politik ein Ausdruck der volonté générale (Allgemeinwillen) des Volkes sein sollte« (Mudde 2017, S. 4). Diese Dichotomie – das gute Volk gegen die korrupten Eliten – ist Kern der Ideologie des Populismus, die in Anlehnung an Michael Freedens Ideologietheorie auch als ›dünne Ideologie‹ bezeichnet wird (vgl. z. B. Canovan 2002, S. 25 f.; Priester 2012, S. 4; Loch 2017, S. 76) und sich daher auf Grund ihrer thematischen bzw. umfänglichen Beschränkung mit anderen, komplexeren Ideologien verknüpfen lässt. Dies führt dann zu Phänomenen wie Linkspopulismus (Populismus und Sozialismus), Rechtspopulismus (Populismus und Nationalismus bzw. Nativismus) oder etwa auch Ökopopulismus.

Zweckmäßiger für die Qualifizierung einer Partei oder Bewegung als populistisch erscheint aus Sicht der Autoren eine Verknüpfung dieser beiden extremen Pole der Definitionsachse. Ein Teil der Lehre vertritt ebenfalls die Auffassung, dass Populismus nicht nur eine politische Kommunikationsstrategie ist, sondern auch eine – zumindest dünne – Ideologie aufweist. Decker und Hartleb etwa verschränken Form und Inhalt und zeigen die verschiedenen Dimensionen von Populismus in horizontaler und vertikaler Zuspitzung auf (z. B. Decker 2006, S. 11, 2018, S. 359; Hartleb 2014, S. 51 f.).Footnote 1

2.3 Ein Definitionsansatz, der kombiniert

Basierend auf diesen Autoren schlagen wir eine Definition des Begriffs Populismus vor, der beide Komponenten im Sinne eines beweglichen Systems kombiniert. Kernelemente sind dabei die Bezugnahme auf das Volk (die Idealisierung des Volkes) und der Gegensatz zum Establishment bzw. zur Elite sowie die Verwendung einer spezifischen politischen Kommunikationsstrategie (vgl. Poier/Saywald-Wedl/Unger 2017, S. 43 f.). Moderner Populismus (im Sinne von ›verkörpert durch eine politische Partei‹) kann daher als politisches Phänomen bezeichnet werden, welches ein zumindest schwach ideologisches mit einem speziellen diskursiven Element vereint: Ausgehend von einem Antagonismus zwischen dem idealisierten, als homogene Gruppe dargestellten Volk und dem Establishment (inhaltliches Element – vertikales Feindbild) verfolgt er das Ziel, den Willen des Volkes zur universalen Maxime staatlichen Handelns zu erklären (inhaltliches Element – plebiszitäres Demokratieverständnis) und bedient sich dazu einer spezifischen, nämlich demagogischen, agitatorischen, unzulässig verkürzenden, emotionalisierenden Kommunikationsstrategie (formales Element – diskursiv). Ein horizontales Feindbild dient als Projektionsfläche der instrumentalisierten Ängste des Volkes, was zu vielfachen Anti-ismen führt. Mit Blick auf Parteien lässt sich in formaler Hinsicht noch die organisatorische Komponente ergänzen. Diese zeichnet sich oft durch eine charismatische Führungspersönlichkeit, eine hierarchische Organisation und die Betonung des Bewegungscharakters aus. Aus dieser Definition werden dann die Merkmale populistischer Parteien abgeleitet, die in flexibler Kombination die Qualifikation als populistische Partei erlauben. Abbildung 1 veranschaulicht diesen Definitionsvorschlag.

Abb. 1
figure 1

Populismus: Definitionselemente (eigene Darstellung)

3 Merkmale populistischer Parteien

Ausgehend von der oben dargelegten Definition von Populismus als Kombination eines inhaltlichen mit zumindest einem formalen Element lassen sich nun verschiedene Charakteristika von Parteien festmachen, die wie in einem beweglichen System zueinander stehen und eine Qualifikation als mehr oder weniger populistisch erlauben. Dabei kann man folgende Kategorien von Definitionsmerkmalen unterscheiden: (1) formal-diskursiv, (2) formal-organisatorisch und (3) inhaltlich-ideologisch. Abb. 2 enthält eine Zusammenstellung der wichtigsten Definitionsmerkmale populistischer Parteien. Während die formal-diskursiven Definitionsmerkmale die spezifische populistische Kommunikationsstrategie widerspiegeln und als solche vorrangig als Forschungsobjekt der Sprachwissenschaft erscheinen, betreffen die formal-organisatorischen Merkmale die institutionelle und organisatorische Dimension populistischer Parteien. Dazu zählen als wichtigste Kriterien das Vorhandensein einer charismatischen Führungspersönlichkeit, die oftmals hierarchische Organisation sowie der Bewegungscharakter populistischer Parteien, die häufig eine andere Bezeichnung als Partei im Titel führen (vgl. vertiefend Heinisch/Mazzoleni 2016).

Abb. 2
figure 2

Populistische Parteien: Übersicht über die wesentlichen Definitionsmerkmale (eigene Zusammenstellung)

Die wichtigsten inhaltlich-ideologischen Merkmale lassen sich wiederum in vier Kategorien unterteilen. Verbindende Klammer – und nach der hier vertretenen Auffassung erstes Kernelement der Populismusdefinition – ist die Idealisierung des Volkes, das dichotomisch gegen die Elite bzw. das Establishment als vertikales Feindbild abgegrenzt wird – zweites Kernelement der Definition. Als dritte Gruppe lassen sich die horizontalen Feindbilder zusammenfassen, die Anti-ismen, wie etwa der Antiamerikanismus oder Antiislamismus. Nicht weniger relevant ist schließlich die vierte Untergruppe der inhaltlich-ideologischen Definitionsmerkmale, die die Ausprägungen des für populistische Parteien typischen plebiszitären Demokratieverständnisses umfasst, womit etwa die Nähe zu Instrumenten direkter Demokratie und die für Populisten typische Skepsis gegenüber den Einrichtungen der repräsentativen Demokratie gemeint ist. Das kumulierte Vorliegen einer Mehrzahl dieser Kriterien in durchaus unterschiedlicher Gewichtung bei einer Partei erlaubt in weiterer Folge die Qualifikation dieser Partei als populistisch, wie sie dann für die Einordnung der ausgewählten Parteien im Blick auf die Medienanalyse auch durchgeführt wurde.

4 Gibt es typische Themen rechts- und linkspopulistischer Parteien?

4.1 Zur Abgrenzung von Rechts- und Linkspopulismus

Populismus lässt sich sowohl in Kombination mit Elementen konservativer bzw. rechter Ideologie als sogenannter Rechtspopulismus sowie in Kombination mit Elementen sozialistischer bzw. linker Ideologie als sogenannter Linkspopulismus beobachten, was den Charakter der ›dünnen‹ Ideologie von Populismus unterstreicht, die sich an eine tragende Hauptideologie heftet. Eine Methode der Abgrenzung, die in der Forschung vorgeschlagen wird, liegt im Kriterium der Exklusion bzw. Inklusion. So grenzen sich vor allem rechtspopulistische Parteien gegen das kulturell Fremde ab (horizontale Feindbilder: Antiimmigration, Antiislam), weil sie die Identität des ›Volkes‹ politisch bewahren wollen – rechtspopulistische Parteien betreiben häufig Identitätspolitik, die bis an kulturellen Nativismus heranreichen kann (vgl. Betz 2001). Im Gegensatz dazu vertreten linkspopulistische Parteien eher einen inklusiven Zugang: In das Volk sollen alle integriert werden, was zur Betonung der Gleichheit teilweise auf Kosten der Freiheit führt (Inklusion, vgl. z. B. Priester 2012, S. 3). Ein anderer Ansatz zur Abgrenzung von Rechts- und Linkspopulismus stellt auf die Verschiedenheit der Definitionsmerkmale ab, wonach das Eigene vom Anderen getrennt wird. Dieser Auffassung zufolge wenden sich Rechtspopulisten gegen alle ethnisch, religiös oder national anderen, während Linkspopulisten sozio-ökonomische Definitionsmerkmale – und nicht ethnisch-kulturelle Merkmale – zur Abgrenzung nutzen, also z. B. Antikapitalismus (vgl. Pelinka 2012, S. 15; Rensmann 2006, S. 65).

4.2 Typische Themen rechts- und linkspopulistischer Parteien

Aus der idealtypischen Abgrenzung zwischen Rechts- und Linkspopulismus lässt sich die Frage ableiten, ob es nicht doch auch typische Themen rechts- und linkspopulistischer Parteien gibt. Dabei ist vorweg festzuhalten, dass es nicht immer möglich ist, Parteien auf der politischen Links-Rechts-Achse eindeutig zu verorten, weil dies teilweise von den Parteien selbst bewusst abgelehnt wird oder weil es auch verschiedene Kombinationen ursprünglich typischerweise rechter oder linker Positionen etwa im gesellschaftspolitisch/kulturellen oder sozialen und wirtschaftlichen Bereich gibt (vgl. Poier/Saywald-Wedl/Unger 2017, S. 82). Hartleb hat versucht, eine thematische Agenda populistischer Parteien zu erstellen, die auch thematische Schnittpunkte zwischen Rechts- und Linkspopulismus enthält (vgl. Hartleb 2006, S. 129–139 f.). Die angeführte Tabelle 1 präsentiert in Anschluss an Hartleb bisher beobachtete typische Themen rechts- und linkspopulistischer Parteien sowie deren Schnittmengen. Bemerkenswert sind die thematischen Überschneidungen, die sich zwischen rechts- und linkspopulistischen Parteien ergeben. Dazu zählen etwa die gemeinsame EU-Kritik, weiters die Themen Antiglobalisierung, Antiamerikanismus und die sozialen Gratifikationen für den ›kleinen Mann‹ sowie das Kennzeichen populistischer Politik schlechthin, das Auftreten gegen die Privilegien der etablierten Elite. Als typische rechtspopulistische Themen werden Antiimmigration, Antiislam, Antikommunismus, aber auch ein forciertes Eintreten für law and order genannt. Im Gegensatz dazu zeichnen sich linkspopulistische Parteien in ihrer Themenwahl vor allem durch die Betonung von Pazifismus, Antifaschismus, Antirassismus und Antikapitalismus aus.

Tab. 1 Typische Themen links- und rechtspopulistischer Parteien (eigene Zusammenstellung)

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass rechts- und linkspopulistische Parteien jeweils einige typische Themen aufgreifen, es aber zugleich auch eine beachtliche Schnittmenge an Themen gibt. Die Frage, ob und wie sich dieser Ausgangsbefund empirisch bestätigen lässt, war eines der Leitmotive für die im Folgenden präsentierte Medienanalyse.

5 Empirische Themenforschung: Medienanalyse von Wahlkämpfen

Wahlkämpfe gelten als die dichteste Phase politischer Auseinandersetzung, in der versucht wird, durch plakativ zugespitzte Inhaltsvermittlung das Profil der wahlwerbenden Parteien in komprimierter Form als attraktiv zu präsentieren. Daher bieten sich Wahlkämpfe gleichsam als Brennglas und Katalysator für die Identifikation typischer Themen von Parteien geradezu an. Ausgehend von dieser Hypothese entstand das diesem Beitrag zugrundeliegende Forschungsprojekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Themen der Populisten empirisch zu erforschen.

5.1 Methode und Forschungsdesign

Die Themen der ausgewählten populistischen Parteien wurden auf Basis einer Medienanalyse bestimmt. Als Grundlage für die Medienanalyse wurde die Themenliste der Wahlstudie AUTNES (Austrian National Election Study)Footnote 2 herangezogen. Die Auswahl der behandelten Parteien in den untersuchten Ländern – Österreich, Deutschland, Schweiz, Dänemark und Polen – gründet auf der oben entwickelten Populismusdefinition. Als populistisch charakterisiert wurden in Österreich die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) und das Team Stronach (TS)Footnote 3, in Deutschland Die Linke und die Alternative für Deutschland (AfD), in der Schweiz die Schweizerische Volkspartei (SVP), in Dänemark die Dansk Folkeparti (DF – dt. Dänische Volkspartei) und in Polen die Prawo i Sprawiedliwość (PiS – dt. Recht und Gerechtigkeit) sowie die Ruch Palikota (RP – dt. Palikots Bewegung). Mit Ausnahme von RP und Die Linke, die als linkspopulistisch klassifiziert wurden, wurden sämtliche übrige Parteien als rechtspopulistisch eingestuft. Untersuchungszeitraum waren die den nationalen Parlamentswahlen in den Jahren 2011 bis 2013 vorangegangenen zwei Monate, da hier der Wahlkampf bereits langsam seinen Anfang nimmt und sodann kurz vor den Wahlen in eine Hochphase politischer Kommunikation mündet.Footnote 4 Als Untersuchungsmaterial wurden je Fallstudie zwei überregionale Tageszeitungen, deren Auswahl sich überwiegend an der Auflagenstärke und der ideologischen Ausrichtung orientierte, mit dem Ziel ausgewählt, eine möglichst pluralistische und umfassende Bevölkerungsteile erreichende Berichterstattung untersuchen zu können. Daher wurden sowohl eine Zeitung aus dem Bereich des sogenannten ›Qualitätsjournalismus‹ als auch eine aus dem Bereich des sogenannten ›Boulevardjournalismus‹ herangezogen, da sich unterschiedliche soziale Gruppen häufig auch unterschiedlicher Informationsquellen bedienen. Ebenso wurde darauf geachtet, dass beide Zeitungen möglichst nicht aus demselben Medienkonzern stammen, um hinsichtlich der Blattlinie bzw. Einordnung ein möglichst breites ›ideologisches‹ Spektrum erfassen zu können.

In die Analyse wurden sämtliche Zeitungsartikel, in denen die zu untersuchenden Parteien Erwähnung fanden, einbezogen. Als Aufgreifkriterien der Zeitungsartikel wurden die Parteibezeichnungen sowie die Namen der Parteivorsitzenden bzw. Spitzenkandidaten verwendet. Die Regionalteile der Zeitungen wurden nicht berücksichtigt, zumal sie in der Regel nur über lokale Angelegenheiten informieren. Ebenso unbeachtet blieben Beilagen-Hefte (es sei denn, sie wurden anlässlich der Parlamentswahl veröffentlicht) sowie Leserbriefe. Die zu codierenden Analyseeinheiten bildeten jeweils die Verknüpfungen einer Partei mit einem Sachthema. Innerhalb eines Artikels konnten dabei auch mehrere derartige Verknüpfungen vorliegen. Dass mehrere Themen in einem Artikel behandelt werden, kommt zwar grundsätzlich durchschnittlich seltener vor, als dass innerhalb einer Ausgabe mehrere Artikel zum gleichen Thema anzutreffen sind (vgl. Rössler 2017, S. 79). Allerdings ist davon auszugehen, dass gerade in Wahlkampfzeiten die Nennung mehrerer Themen – z. B. als die Hauptforderungen einer Partei – häufiger anzutreffen ist als gewöhnlich. Da eine Mehrfachnennung auch in kürzeren Artikeln zu erwarten ist, wurde die Möglichkeit von Mehrfachcodierungen vorgesehen. Allgemein wurde Nachrichtenmaterial, das die Darstellung eines umbruchtechnisch abgesetzten Textes aufwies, den eine Überschrift einleitete und der inhaltlich eine Einheit bildete, als Artikel definiert. Als selbständige Artikel wurden jedenfalls Texte gewertet, die mit dem Namen des verfassenden Autors gekennzeichnet waren. Als eigenständige Beiträge wurden weiters Texte angesehen, die eine dem Fließtext vorangestellte Ortsangabe aufwiesen. Im Zweifelsfall wurde auf die grafische Trennung des Textmaterials abgestellt.

5.2 Zu den untersuchten Parteien

Die Einordnung der Parteien als populistisch mittels der erarbeiteten Populismusdefinition erschien weitgehend unzweifelhaft. Bei sämtlichen untersuchten Parteien ist eine ›Anti-Establishment‹-Haltung sowie ein Eintreten für das ›Volk‹ zu beobachten. Die Bestimmung des ›Volkes‹ variiert dabei allerdings zwischen den Parteien: Während bei den sogenannten rechtspopulistischen Parteien in der Regel häufig der einheimische ›kleine Mann‹ idealisiert wird, wird etwa beim TS besonders der arbeitende, leistende Teil der Bevölkerung hervorgehoben. Bei den sogenannten linkspopulistischen Parteien sind das ›Volk‹ zumeist die von den ›Kapitalisten‹ ›Unterdrückten‹. Dichotomisch werden in dieser Weise Feindbilder auf vertikaler Ebene ›gepflegt‹, also ›Volk vs. selbstbezogene, korrupte Elite‹, wobei neben den Regierungen auch andere Institutionen bekämpft werden, wie etwa die traditionellen Parteien oder wie im Falle Österreichs etwa besonders Kammern (Interessenvertretungseinrichtungen) oder in Polen der Klerus.

Die Feindbilder auf horizontaler Ebene eignen sich auch für eine Differenzierung der Parteien in sogenannte rechts- bzw. linkspopulistische Parteien. Aus der Ablehnung von ›Überfremdung‹ wird bei rechtspopulistischen Parteien gegen Ausländer, Immigration und zuletzt vor allem auch gegen Islamisierung mobilisiert: deutlich bei der FPÖ, dem TS (weniger bei Frank Stronach selbst als bei anderen Funktionären der Partei), (mittlerweile) der AfD, der SVP, der DF und (mittlerweile) auch der PiS. Insbesondere Antikapitalismus findet sich bei Die Linke als ein ideologisches Merkmal sogenannter linkspopulistischer Parteien, zu denen man wohl auch die RP mit ihrer starken Ablehnung traditioneller (christlich geprägter) gesellschaftlicher Werte zählen kann. Die EU, der Euro bzw. die Wirtschaftspolitik der EU wird von allen Parteien – mit zum Teil konträren Forderungen (Rechtspopulisten gegen Euro und Kreditpolitik; Linkspopulisten gegen Austeritätspolitik) – massiv kritisiert. Ebenso als Feindbilder dienen internationale Organisationen (wie z. B. Weltbank oder IWF). Bei den meisten der ausgewählten Parteien spielt programmatisch die Forderung nach mehr direkter Demokratie eine große Rolle.

Sämtliche untersuchten Parteien weisen starke Führungspersönlichkeiten auf. Im Laufe der Zeit kam es bei einem Großteil dieser Parteien zu einem Führungswechsel. Dabei gibt es Fälle, in denen die neue Führung ähnlich erfolgreich oder sogar erfolgreicher zu sein scheint (z. B. FPÖFootnote 5), und Fälle, bei denen einer neuen Führungspersönlichkeit zwar weniger Charisma beschieden wird, die Partei aber nicht merklich weniger erfolgreich ist (z. B. DF). In anderen Fällen bleibt die frühere charismatische Persönlichkeit auch nach der (formalen) Abgabe der Führungsfunktion weiter präsent (z. B. SVP, Die Linke).

Bestätigt wird durch die Fallbeispiele jedenfalls, dass es einen Trend in Richtung Zunahme populistischer Parteien gibt. Drei der acht Parteien – TS, AfD und RP – wurden erst in den 2010er Jahren unmittelbar vor den untersuchten Wahlen gänzlich neu gegründet. In den 2000er Jahren wurde die PiS gegründet, und es entstand durch Verschmelzungen Die Linke. FPÖ und SVP gibt es zwar schon länger, allerdings legten sie nach einer populistischen Neuausrichtung ab den 1980er/1990er Jahren deutlich an politischem Gewicht zu; in dieser Zeit wurde durch Abspaltung auch die DF gegründet (siehe zu den Parteigründungen: Die Presse 25.09.2012; AfD 2018; Flis 2012, S. 2; Ziemer 2013, S. 206; Frischenschlager 1992, S. 373 f.; Linder 2009, S. 568; Hasselberg/Kjærsgaard 2002, S. 153 ff.). Ob populistische Parteien auch als Regierungs- und nicht bloß als Oppositionsparteien erfolgreich sein können, scheint anhand der hier gewählten acht Beispiele jedenfalls nicht eindeutig beantwortbar zu sein. Zwar ist die SVP seit Jahrzehnten im Bundesrat, der Schweizer Bundesregierung, vertreten, allerdings gibt es in der Schweiz de facto ein so gelebtes (›Zwangs‹‑)Proporzsystem, was es der SVP ermöglichte, trotz Regierungsbeteiligung als stärkste Partei in der Schweiz weiter die Oppositionsrolle zu spielen (vgl. die Daten zu den Parteistärken auf der Homepage des Bundesamts für Statistik 2019). Diese ambivalente Rolle führte allerdings auch zur De-facto-Abwahl von Christoph Blocher als Regierungsmitglied und der Abspaltung einer neuen Partei (BDP) von der SVP. In Österreich hatte die Stärkung der populistischen Kräfte innerhalb der FPÖ schon 1986 zum Ende der damaligen Koalition mit der SPÖ geführt (Frischenschlager 1992, S. 393 ff.). Die Koalition der FPÖ mit der ÖVP ab 2000 brachte ebenso starke interne Spannungen, die 2002 in einer schweren Wahlniederlage und 2005 der Abspaltung des BZÖ von der FPÖ und damit dem De-facto-Ausscheiden der FPÖ aus der Regierung mündeten, wobei diese in der Opposition bald wieder äußerst erfolgreich wurde und in Umfragen zumindest zwischendurch sogar auf Platz eins in Österreich lag (Heinisch 2004, S. 257 f.; Geden 2009, S. 101). Die letzte Regierungsbeteiligung der FPÖ zwischen 2017 und 2019 endete anlässlich der sog. Ibiza-Affäre (in die der Parteichef Strache selbst sowie der FPÖ-Klubobmann verwickelt waren) mit der Auflösung der Koalition mit der ÖVP (vgl. Jankowski/Schmidt-Vierthaler 2019). Jüngst musste die FPÖ zudem bei den Nationalratswahlen im September 2019 große Verluste verzeichnen.Footnote 6 Die erste Regierungsbeteiligung der PiS – als stärkste Parlamentspartei zuerst in einer Minderheits-, dann in einer Koalitionsregierung – dauerte bloß von 2005 bis 2007 (vgl. Ziemer 2013, S. 206; Scheffs 2012, S. 73 f.). Seit 2015 verfügt sie allerdings über eine absolute Mandatsmehrheit im polnischen Parlament und stellt seither die Alleinregierung (vgl. National Electoral Commission 2015). Bei den jüngsten Parlamentswahlen im Oktober 2019 konnte sie überdies einen deutlichen Zugewinn an Wählerstimmen verzeichnen (vgl. National Electoral Commission 2019).

Die übrigen näher untersuchten Parteien, die unter oder knapp über 10 % der Stimmen bei den jeweiligen nationalen Parlamentswahlen erreichten, weisen bislang noch keine Regierungsbeteiligung auf, auch wenn sie teilweise auf Länderebene und im Falle der DF sogar in der darauffolgenden Parlamentswahl 2015 Ergebnisse von mehr als 20 % der Wählerstimmen verzeichnen konnten.Footnote 7 Allerdings spielt die DF in Dänemark insofern eine wichtige Rolle, als sie schon mehrfach als sogenannte ›Stützpartei‹ Minderheitskoalitionen unterstützt hat. Die Linke in Deutschland ist zumindest bereits in Landesregierungen vertreten und stellt derzeit in Thüringen sogar den Ministerpräsidenten.

5.3 Ergebnisse der Medienanalyse

In der ersten Spalte der Ergebnistabelle (Tab. 2) sind die Themen zu finden, die im Zusammenhang mit den untersuchten populistischen Parteien im Untersuchungsmaterial als signifikantFootnote 8 bewertet werden konnten. Insgesamt bestand das Codeschema aus 13 Themenblöcken, welches neben den Themen Immigration, Gesellschaft, Wirtschaft, Institutionenreform, Wohlfahrtsstaat und Europa, die als signifikant zu werten sind, auch die Themen Budget, Infrastruktur, Bildung und Kultur, Sicherheit, Außenpolitik, Militär und Umweltschutz umfasste.Footnote 9

Tab. 2 Übersicht über die signifikant häufigen Themenblöcke

Zu den jeweils signifikanten Themenblöcken zählen insgesamt sechs, kein Themenblock war allerdings bei mehr als drei der acht Parteien signifikant.

Der Themenblock Immigration war bei FPÖ, SVP und DF hochsignifikant. Immigration war daher bei drei Parteien in drei unterschiedlichen Ländern ein signifikantes Thema – es war insbesondere die kritische Haltung gegenüber der Einwanderung, mit der sie in Erscheinung traten. In allen diesen drei Ländern war Einwanderung hingegen kein allgemeiner Schwerpunkt des Wahlkampfes (Hauptthema der damaligen Periode, dies sei ausdrücklich betont, war noch die Wirtschaftskrise und ihre Folgen und nicht die – bald darauf die politische Debatte bestimmenden – Flüchtlingsbewegungen in Europa – vgl. die Wahlanalysen: Dolezal/Zeglovits 2015, S. 644; Kritzinger/Müller/Schönbach 2014, S. 231 f.; Lutz 2012, 685 f.; OSCE 2012; Dardanelli/Mueller 2013, S. 198; Arndt 2012, S. 144; Kosiara-Pedersen 2012, S. 418; Munkøe 2011, S. 2). Das Ergebnis bestätigt daher durchaus, dass Immigration ein in den Medien bedeutendes Thema bei ›rechtspopulistischen‹ Parteien war. Im Vergleich war bei den untersuchten ›linkspopulistischen‹ Parteien (Die Linke und RP) Immigration kein signifikantes Thema. Allerdings zeigt das Ergebnis auch, dass Immigration selbst bei ›rechtspopulistischen‹ Parteien nicht zwangsläufig ein bedeutendes Thema sein muss: Bei TS, AfD und PiS war das Thema nicht signifikant. Seit den verstärkten Migrationsbewegungen im Jahre 2015 nach Europa dürfte sich die Situation allerdings geändert haben.

Der Themenblock ›Gesellschaft‹ war bei FPÖ, PiS und RP hochsignifikant, jeweils auch mit einem besonderen Schwerpunkt auf Religion. Bei der Interpretation des Ergebnisses der beiden polnischen Parteien muss die besondere, aber gleichzeitig auch umstrittene Stellung der Kirche in Polen berücksichtigt werden. Bei der FPÖ war das Thema Religion insbesondere mit der von ihr lancierten Nächstenliebe-KampagneFootnote 10 präsent, die teils auch stark von der Katholischen Kirche kritisiert wurde.

Im Hinblick auf die Flüchtlingsbewegungen und ihre gesellschaftlichen Implikationen (v. a. hinsichtlich kultureller sowie konfessioneller Aspekte und Integration) ist allerdings zu erwarten, dass auch dieser Themenblock heute zumindest gleich häufig oder vermutlich sogar noch häufiger als damals anzutreffen wäre.

Der Themenblock Wirtschaft war beim TS, der SVP und der PiS hoch bzw. sehr signifikant, der Themenblock Wohlfahrtsstaat beim TS, bei Die Linke und der DF signifikant bzw. sehr signifikant. Insgesamt waren beide Themenblöcke, die einen nahen Bezug zur Wirtschafts‑, Euro- und Staatsschuldenkrise haben, damit zumindest bei fünf Parteien signifikant.

Auffallend ist allerdings, dass der Themenblock Europa nur bei der AfD signifikant war, obwohl im Zuge der Schulden- und Eurokrise die Europäische Union und Europa insgesamt durchaus ein wichtiges Thema dieser Zeit waren. Eine nähere Betrachtung der am häufigsten anzutreffenden Unterthemen zeigt allerdings, dass auf dieser Ebene das Europathema neben der AfD auch bei der FPÖ und dem TS sehr häufig anzutreffen war.

Institutionenreform war bei der SVP hochsignifikant, allerdings mit dem besonderen Aspekt der Anwendung (und nicht Reform) von Instrumenten der direkten Demokratie, was allerdings unter dem Blickwinkel einer starken Verankerung der direkten Demokratie im Legislativprozess der Schweiz zu sehen ist. Darüber hinaus war der Themenblock Institutionenreform auch bei den beiden österreichischen Parteien FPÖ und TS signifikant.

Vergleicht man die sechs ›rechtspopulistischen‹ Parteien, so sind insgesamt zumindest die Themenblöcke Immigration und Wirtschaft bei jeweils drei der sechs Parteien signifikant. Bei den beiden ›linkspopulistischen‹ Parteien gibt es bei keinem Thema eine Übereinstimmung hinsichtlich der Signifikanz.

Schließlich sei nochmals darauf hingewiesen, dass anhand der in dieser Untersuchung identifizierten Themen grundsätzlich keine Aussage über das Agenda-Setting der Parteien getroffen werden kann. Erfasst wurden die Themen, mit denen die Partei jeweils in Zusammenhang gebracht wurde.

Abschließend sei noch eingeräumt, dass die zahlenmäßige Erfassung von Themen über einen zweimonatigen Zeitraum lediglich Aussagen über die durchschnittliche Bedeutung dieser Themen treffen kann. Freilich kann auch ein Thema, das etwa überraschend in der Schlussphase eines Wahlkampfes aufgebracht wird, politisch enorm bedeutend sein, was sich nach der hier gewählten Methode zahlenmäßig nicht widerspiegeln würde.

6 Schlussfolgerungen

Die Medienanalyse der Zeitungsberichterstattung während zweier Monate des Wahlkampfes vor nationalen Parlamentswahlen in fünf ausgewählten europäischen Ländern hinsichtlich acht untersuchter als populistisch qualifizierter Parteien in den Jahren 2011 bis 2013 hat zum Teil überraschende Ergebnisse geliefert, zum Teil bereits bekannte Annahmen untermauert. Dabei handelt es sich zwar um eine Art Momentaufnahme, aus der sich als wichtigste Schlussfolgerungen dennoch folgende Ergebnisse ableiten lassen:

  • Bei bloß etwas weniger als der Hälfte der Artikel wurde zumindest ein Sachthema genannt. Auch wenn keine Vergleichszahlen zur Verfügung stehen, scheint dies den schon länger beschriebenen Trend einer ›De-Thematisierung‹ der Politik bzw. der Wahlkämpfe – im Gegensatz zur beschriebenen Personalisierung – zu bestätigen. Gerade für populistische Parteien mit charismatischen Führungspersönlichkeiten erscheint die verstärkte Personenzentriertheit der Medien vorteilhaft.

  • Populistische Parteien wurden in der vorliegenden Untersuchung mit einer großen Breite an Themen in den Medien in Zusammenhang gebracht. Bei den signifikanten Themen auf Ebene der Themenblöcke bzw. den am häufigsten anzutreffenden Unterthemen gibt es nur wenige bzw. nicht sehr starke Übereinstimmungen. Dies bestätigt die theoretische Annahme, dass sich viele Themen eignen, um von populistischen Parteien besetzt zu werden. Die These einer ›dünnen Ideologie‹ bei populistischen Parteien bzw. einer opportunistischen Themenwahl wird damit bestätigt. ›Feindbilder‹ können in vielfältigen thematischen Zusammenhängen gefunden bzw. konstruiert werden.

  • Bei den ›rechtspopulistischen‹ Parteien war der Themenblock Immigration bei drei der sechs Parteien hochsignifikant. Dies bestätigt die theoretische Annahme, dass dieses Thema ein wichtiges Thema für rechtspopulistische Parteien sein kann. Allerdings war das Thema Immigration bei den übrigen drei ›rechtspopulistischen‹ Parteien kein signifikantes Thema. Dies legt den Schluss nahe, dass dieses Thema umgekehrt daher nicht zwingend dominierendes (Wahlkampf‑)Thema einer rechtspopulistischen Partei sein muss.Footnote 11

  • Bei den beiden untersuchten ›linkspopulistischen‹ Parteien brachte die Untersuchung keine übereinstimmenden signifikanten Themen. Diesbezüglich war die Fallzahl der untersuchten Parteien allerdings wohl auch zu gering.

Abschließend kann zusammengefasst werden, dass die angestellten Untersuchungen zu interessanten Ergebnissen geführt, herkömmliche Annahmen über die Themen der populistischen Parteien zum Teil bestätigt, zum Teil aber auch zu neuen Überlegungen Anlass gegeben haben. Angesichts des geänderten politischen Kontexts heute bleiben weitere Untersuchungen zu den Themen populistischer Parteien daher ein Forschungsdesiderat.