1 Aktualität der Thematik

Die Situation ist den meisten Autofahrern bekannt: Die Straßen der Innenstadt sind voller Fahrzeuge, die grüne Welle ein Wunschtraum und man sucht händeringend einen freien Parkplatz. Die öffentlichen Parkplätze sind jedoch besetzt, das Warten, bis einer frei wird, dauert meist lange, das private Parkhaus ist nicht nur teuer, sondern zu Stoßzeiten auch fast vollständig belegt und der anstehende Termin rückt trotz eingeplanten Zeitpuffers näher. Um den Termin nicht zu verpassen, entscheidet man sich entweder für die teure, privat bewirtschaftete Parkhausvariante oder man stellt das Auto im Parkverbot ab und hofft, dass man keinen Bußgeldbescheid bekommt.

Unter dem Motto „Knolle statt Knöllchen“ ist derzeit im Netz eine Petition zu finden, welche sich an den Bundesverkehrsminister, Andreas Scheuer (CSU), richtet und bislang von 36.998 (Stand 21.08.2019) Unterstützern unterzeichnet wurde, was durchaus zu medialer Beachtung führt (etwa https://www.tagesspiegel.de/themen/podcasts/fuenf-minuten-berlin-buendnis-fordert-100-euro-bussgeld-fuer-falschparker/24362840.html). Initiiert wurde der Aufruf von Interessenorganisationen wie dem Verkehrsclub Deutschland (VCD), dem Bundesverband Carsharing (BCS), dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) und der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Besonders interessant ist dabei der VCD, der hier möglicherweise weniger die Interessen der Autofahrer im Blick hat und nach öffentlicher Legitimation trachtet.

Die Petition fordert eine Reformierung des Bußgeldkatalogs für unzulässiges Halten und Parken (vgl. https://www.change.org/p/andischeuer-knollestattkn%C3%B6llchen-bu%C3%9Fgelder-f%C3%BCr-falschparker-anheben). Begründet wird diese Forderung mit einer Aushebelung der verkehrs- und klimapolitischen Ziele (sog. „Verkehrswende“), da durch falsches Halten und Parken Bürger, die mit „alternativen“ Verkehrsmitteln wie Fahrrad, Bahn oder Bus unterwegs seien, behindert würden. Im Kern geht es also um die Lenkung der Nutzung eines öffentlichen Gutes, zu dem Jedermann Zugang hat, bei dessen Nutzung es aber zur ersatzweisen Preisbildung durch Wartezeit infolge der Rivalität im Konsum kommt.

Bislang liegen die Bußgelder für ein entsprechendes Vergehen zwischen 10 und 35 € – in Ausnahmefällen bis 65 € (https://www.bussgeldkatalog.org/strafzettel-parken/) –, was von den Initiatoren des Aufrufs als deutlich zu niedrig angesehen wird. Die Bewegung bezieht die negativen externen Effekte falschen Parkens in die Bewertung mit ein und fordert pauschal, die Bestrafung auf 100 € festzusetzen. Interessanterweise werden damit jene Falschparker, die Nutzer alternativer Verkehrsmittel behindern und solche, die dies nicht tun, gleichbehandelt. Damit bleibt weiterhin unklar, ob bzw. inwieweit dieser Betrag im Mittel die sozialen Grenzkosten eines Parkvergehens abbildet oder ob er willkürlich gewählt ist und rein der Abschreckung und Symbolpolitik wegen gewählt wurde, aber die Einbeziehung der Legitimation halber kommuniziert. Als Beispiele für die Legitimation der Straferhöhung werden zudem ohne weitere Erklärung Dänemark, die Niederlande oder Spanien angeführt, welche Bußgelder bis 200 € verlangen. Auch im politischen Berlin finden die Forderungen Anklang. Jüngst berichtete die Saarbrücker ZeitungFootnote 1, dass Bundesverkehrsminister Scheuer (CSU) eine Erhöhung der Strafen für Falschparken bis hin zu einem „Punkt in Flensburg“ erwägt. Denkbar wäre auch, die Nutzung des öffentlichen Parkraums mit einer Preisstaffelung zu versehen, die der im Tagesverlauf schwankenden unterschiedlichen Nachfrage Rechnung – im Sinne einer variablen Preisbildung – trüge. Es stellt sich somit die Frage, welches Kalkül hinter der Forderung nach höherer Bestrafung von Parkvergehen im öffentlichen Parkraum steht, wobei zu bedenken ist, dass 2017 alleine in Berlin durch bestrafte Parkvergehen etwa 24 Mio. € eingenommen wurden (Vossen 2018); allerdings fehlt eine Vollkostenrechnung, die den Einnahmen die entsprechenden Kosten der Eintreibung und Verwaltung gegenüberstellt.Footnote 2

Der vorliegende Artikel möchte zwecks Versachlichung der Diskussion das bekannte Alltagsphänomen „Falschparken“ aus der Perspektive der Ökonomik beleuchten, die das Verhalten von Individuen mit stabilen Präferenzen in bestimmten Sozialsituationen (Grass und Stützel 1984) mit variablen Anreizen betrachtet. Der Aufsatz folgt dabei nachstehender Struktur: Zunächst wird der Forschungsstand im Hinblick auf die relevanten Aspekte des Bereichs „Urban Economics“ im Allgemeinen und die ökonomische Analyse des Parkens im Speziellen erläutert (Kap. 2). Anschließend werden ein stilisiertes Modell zur Erklärung des illegalen Parkens auf Basis der Ökonomik der Kriminalität präsentiert und die Implikationen für das Verhalten der Kommune diskutiert (Kap. 3). Kap. 4 fasst dann die Ergebnisse der Analyse zusammen.

2 Forschungsstand

Unter dem Begriff „Economics of Parking“ findet sich in der internationalen Literatur eine Vielzahl von Beiträgen, die sich der ökonomischen Betrachtung des (legalen) Parkens widmet (als Überblick Inci 2015). Der privat bewirtschaftete Markt für Parkplätze ist ein Beispiel für einen in hohem Maße unvollkommenen Markt (Inci 2015), dessen Analyse interessante Einblicke für Individuen und Institutionen ermöglicht. Gleichzeitig wird die Ökonomik des Parkens als Beitrag zur „Ökonomik des Alltags“ (siehe etwa Becker und Becker-Nashat 1998) verstanden, die sich stilisierter Fakten im Sinne Hirschmanns (2016) bedient und die so entwickelten Modelle auf alltägliche Phänomene anwendet und damit deren Einsickern in die politische Arena erleichtert.

Glazer und Niskanen (1992), Shoup (2006), Arnott und Inci (2006) sowie Inci und Lindes (2015) widmen sich dem Herumfahren zur Parkplatzsuche („cruising for parking“), also im Kern den Suchkosten für das Individuum und den damit verbundenen Umweltkosten (Lärm, Emissionen usw.). Die Suche nach Parkplätzen ist gleichzeitig ein Beispiel für die Unvollkommenheit des Marktes, da es eine Informationsasymmetrie zwischen dem Anbieter der Parkplätze und den Nachfragen und somit eine mangelnde Match Quality nahelegt. Während möglicherweise das städtische Ordnungsamt bessere Kenntnis über die Belegung öffentlicher Parkplätze hat, fehlt dem aktuell suchenden Autofahrer diese Information. Das Suchen nach Parkplätzen produziert damit abhängig von der Match Quality, also der verfügbaren Menge und der detaillierten Kenntnis der Nachfrager über dieses Angebot, der Nachfrage und abhängig vom Grad der Informationsasymmetrie erhebliche externe Effekte. Grund hierfür ist, dass es zu einer erhöhten Nutzung der Straßen und somit einerseits zu StausFootnote 3 und Zeitverlusten und andererseits zu Luftverschmutzung führt (etwa Pierce und Shoup 2013)Footnote 4, andererseits aber auch durch erhöhten Energieverbrauch nicht nur die Kosten dessen, der einen Parkplatz sucht, erhöht, sondern auch die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand durch Besteuerung der Betriebsstoffe. Insbesondere die externen Effekte der Suche nach einem Parkplatz sind im Gesamtkontext der Literatur zu „Urban Economics“ (als Überblick Arnott und McMillen 2006) zu betrachten. Aus diesem Teilgebiet der Ökonomik ist die Tendenz zu einem „spacial growth of cities that is excessive relative to what is socially desirable“ (Brueckner 2001, S. 66) (sog. „Urban Sprawl“ oder Suburbanisierung) bekannt. Die Umverteilung der Bevölkerung vom Stadtkern in die Peripherie kann graphisch wie folgt dargestellt werden (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Suburbanisierung (in Anlehnung an Maier und Tödtling 2006, S. 163)

Basierend auf den Modellen von Alonso (1964), Mills (1967) und Muth (1969) kann argumentiert werden, dass steigende Einkommen sowie fallende Pendlerkosten die Haupttreiber der städtischen Ausbreitung sind (etwa Nechyba und Walsh 2004). Daher ist es großen Teilen der Bevölkerung möglich, sich in den Randgebieten anzusiedeln, in denen die Wohnflächen günstiger sind als im Stadtkern (Maier und Tödtling 2006). Die Suburbanisierung führt folglich dazu, dass der Pendlerstrom in die Innenstädte zunimmt (Brueckner 2000, Maier und Tödtling 2006). Derartige Phänomene sind beispielsweise aus der japanischen Metropole Tokyo bekannt (Kanemoto 2006). Dass die Zahl der Einpendler auch in deutschen Großstädte seit einigen Jahren deutlich angestiegen ist, belegen Daten des Bundesinstituts für Bau‑, Stadt- und Raumforschung (Tab. 1).

Tab. 1 Einpendler in deutsche Großstädte 2018 im Vergleich zu 2000 (Bundesinstitut für Bau‑, Stadt- und Raumforschung 2018)

Neben dem Problem einer zunehmenden Umweltverschmutzung (Brueckner 2000) entsteht c. p. ein Nachfrageüberhang nach (legalen) Parkplätzen in den Innenstädten, da sich Personen, die zuvor den ÖPNV oder den Fußweg gewählt haben, nun ein Auto anschaffen und in die Innenstadt pendeln. Dieser Nachfrage kann einerseits durch eine Parkraumbewirtschaftung (etwa Bruns et al. 2002) und andererseits durch das Bilden von Fahrgemeinschaften, Carsharing oder ein verbessertes ÖPNV-Angebot begegnet werden. Die Nachfrage kann durch Parkraumbewirtschaftung nach dem Grundmodell von Verhoef et al. (1994) entweder durch eine physische Begrenzung des Parkraums oder die Einführung einer Parkgebühr gesteuert werden. Hierbei wird unterstellt, dass die Autofahrer elastisch reagieren und das Verkehrsmittel substituieren. Diesem Modell liegt zudem die Annahme zugrunde, dass jeder Pendler der Autofahrt einen Wert beimisst und insofern eine bestimmte Zahlungsbereitschaft aufweist. Der Grenzpreis für eine Autofahrt bestimmt sich durch den damit verbundenen Nutzen, die entstehenden Kosten sowie die im Möglichkeitsraum befindlichen Alternativen.

Besteht der Nachfrageüberhang jedoch fort, führt dies unweigerlich zu einem höheren Verkehrsaufkommen in den Städten. Zahlreiche Vorschläge sind erarbeitet worden, wie das Suchen nach Parkplätzen reduziert werden kann (Inci 2015), da es sich beim Herumfahren zur Parkplatzsuche um eine ineffiziente Aktivität handelt (Arnott und Inci 2006).

Eine Maßnahme gegen Ineffizienz durch Informationsasymmetrien ist z. B. in diesem Kontext die Ankündigung an der Stadtrandgrenze, welche Parkhäuser aktuell wie viele freie Plätze haben. Dazu kommen weitere Informationshilfen, die sich aus dem internetgestützten Informationen von Navigationssystemen speisen, in denen Daten über freie Parkplätze, deren Erreichbarkeit im Sinne der Zeit-Wegekosten usw. verarbeitet werden. Über sekundäre Effekte dieses Informationsangebots ist nichts bekannt. Denkbar ist ja, dass wie beim Herdentrieb viele Autofahrer Parkplätze suchen und in hohem Maße jeweils freie Plätze anstreben. Folglich kommt es abhängig von der Schnelligkeit der Informationsverarbeitung permanent zu nicht intendierten Effekten der EDV-gestützten Suche vieler Einzelner nach Parkplätzen.

Andere Autoren analysieren den Wettbewerb der Parkplatzanbieter (etwa Froeb et al. 2003; Choné und Linnemer 2012). Froeb et al. (2003) kennzeichnen den Parkplatzmarkt als Oligopol. Auf der Angebotsseite stehen wenige Anbieter – meist große Parkplatzgesellschaften, die über mehrere Parkhäuser verfügen, oder öffentliche Einrichtungen. Zentral ist hierbei die Annahme, dass die Konsumenten des Guts „Parkplatz“ nicht bereit sind, mehr als einige Straßenzüge vom Parkplatz zum Ziel zu gehen (Choné und Linnemer 2012), die Konsumenten also ihre Zeit-Wege-Kosten niedrig halten wollen. Gleichzeitig nimmt die Länge der Parkdauer ab, je teurer die Parkgebühr ist (Inci 2015), was aber wiederum Folgen für die weitere Geschäftswelt haben kann, da die zur Verfügung stehende Zeit für Einkäufe etc. abnimmt. Gleichzeitig wird die Stromgröße der Parkplatznutzer durch Verringerung der Wartezeiten erhöht, was diesen Effekt möglicherweise (über)kompensiert. Kern der Beschäftigung mit dem Wettbewerb zwischen Parkplatzanbietern ist die Frage nach der optimalen Menge bereitgestellter Parkplätze (Inci 2015) und damit die Frage nach dem markträumenden Preis. Die Elastizität der Nachfrager bestimmt damit gleichzeitig z. B. deren Bereitschaft zum Ausweichen auf öffentliche Verkehrsmittel.

Ein dritter Strang beschäftigt sich mit der Höhe von Parkgebühren. Hierbei konzentriert man sich auf kostenfreie Parkplätze im Rahmen der Arbeitsstätte (als Überblick Feeney 1989) und argumentiert, dass ein Übergang zu einem Preissystem zu einer effizienten Allokation führe, da sich Fahrgemeinschaften bildeten (etwa Willson 1992).

Glazer und Niskanen (1992) arbeiten heraus, dass die Steuerung des Parkplatzmarktes über ein Preissystem weniger effektiv sei als bislang angenommen, wenn die Nachfrager auf die hohen Preise mit kürzeren Parkdauern reagieren, die zu höheren Stromgrößen und mehr Umweltbelastung führen. Eine weitere Reaktionsmöglichkeit im Sinne einer Ausweichstrategie wäre das Parken auf illegalen öffentlichen Flächen, die nicht als Parkplatz bewirtschaftet werden. Parkgebühren leisten durchaus einen Beitrag zur Senkung zahlreicher Verkehrsprobleme in Innenstädten, da sie unmittelbar das Verhalten der Autofahrer beeinflussen (Miller und Everett 1982), gleichzeitig aber beeinflusst die Höhe der Gebühren die Parkdauer, damit die Stromgröße der Parkplatznutzer und produzieren mithin umso mehr externe Effekte, je höher die Preise sind.

Parkgebühren abzuschaffen und den öffentlichen Parkraum nicht mehr zu bewirtschaften, wäre allerdings auch keine sinnvolle Lösung. Wenn Parkplätze infolge fehlender Bewirtschaftung keine Gebühren kosteten, würde die Nachfrage steigen und damit die Wartezeit zunehmen. Weiterhin ist zu vermuten, dass es zur stellvertretenden Parkplatzsuche bzw. -belegung kommt, wenn Menschen gegen Entgelt für andere Parkplätze solange stellvertretend belegen, bis sie dann der bezahlende Auftraggeber für sich beansprucht. Bezahlt wird dann nicht mehr für die Nutzung des Parkplatzes, sondern für die genutzte, gewöhnlich durch weniger Opportunitätskosten belastete Zeit eines Stellvertreters. Also auch bei Abschaffung der Bewirtschaftung blieben öffentliche Parkplätze ein knappes Gut, wahrscheinlich sogar in verschärftem Maß (siehe zu den moralischen Grenzen eines Marktes, in dem stellvertretend für einen Auftraggeber gesucht und gewartet wird Sandel 2017). Direkte Preise sind offensichtlich die bessere Lösung zur Regelung von Angebot und Nachfrage.

Als nochmals wirkungsvoller zur Steuerung des Verhaltens identifizieren Pierce und Shoup (2013) die Einführung eines variablen Preissystems, welches eine laufende Anpassung der Parkgebühren an die Nachfrage vornimmt („performance pricing“). Damit wird das Parken zu einem individuellen Kalkül, in dem die zeitlichen Opportunitätskosten eines frühen Parkbeginns zu reduzierten Gebühren mit dem erhöhten Zeitverbrauch gegenüber einem späten Parkbeginn im Tagesverlauf und/oder höheren Preisen abgeglichen werden. Wird in Zukunft vermehrt über Mobilfunkgeräte die Parkgebühr bezahlt, könnten die variablen Preise sehr eng an die reale Situation von Angebot und Nachfrage angepasst werden. Möglicherweise wären im Vorfeld Preisintervalle festzulegen, um ggf. rechtlichen Erfordernissen zu genügen. Ziel des variablen Preissystems wäre normalerweise der markträumende Preis, der sich im Tagesverlauf ändern müsste, da die Nachfrage bedingt z. B. durch Berufspendler spezifische Nachfragespitzen hat und auch Zeiträume verringerter Nachfrage (etwa mit Ende der üblichen Arbeitszeiten) aufweist. Wenn also in Parkhäusern dauerhaft freie Parkplätze sind, ist der Preis zu hoch, wenn immer alle Plätze besetzt sind, ist er zu niedrig. Optimal dürfte er faktisch sein, wenn gerade noch einige wenige Parkplätze frei sind. Gleichzeitig könnten aber auch die externen Effekte eingepreist werden, z. B. indem man die Menge des Verkehrs teilweise über die Preise für Parkraum (mit)steuern könnte. Hohe Verkehrsbelastungen könnten durch sehr hohe Parkgebühren reduziert werden.

Neben der Fülle an Literatur, die sich mit dem legalen Parken aus ökonomischer Perspektive beschäftigt, existieren auch Arbeiten, die sich auf illegales Parken konzentrieren. Zahlreiche Studien stellen eine enorme Bedeutung des Falschparkens in Großstädten fest (etwa May und Turvey 1984; Mulder 1985; Tsukaguchi und Jung 1989; Spiliopoulou und Antoniou 2012, als Überblick Culliance und Polak 1992). Morillo und Campos (2014, S. 343) systematisieren verschiedene Typologien des Falschparkens, was die folgende Tabelle mit den Erweiterungen „Aus- und Zufahrten“ sowie „Gehwege“ zusammenfasst (Tab. 2).

Tab. 2 Typologien des Falschparkens

Elliott und Wright (1982) nennen als negative Effekte aus illegalem Parken insbesondere die Belegung der Straßen durch Bordsteinparker und die hohen Kosten einer Durchsetzung des Sanktionssystems, also vor allem die Vorhaltekosten für Kontrolleure. Dazu kommen die Kosten des Falschparkens, welche der Gesellschaft bzw. Dritten in Form des zugefügten Schadens entstehen (Brown 1986; z. B. Beschränkungen der Mobilität für Rollstuhlfahrer, Erhöhung der Risiken der Teilnahme am Verkehr für Radfahrer usw.), die Kosten der Durchsetzung des Rechts und die Kosten der Autofahrer, die entdeckt und bestraft werden.

Die Rechtstreue („Compliance“) der Autofahrer und die Durchsetzung der Regelungen werden von Culliance und Polak (1992) betrachtet. Die Autoren führen die negativen individuellen und kollektiven Auswirkungen des Falschparkens, insbesondere durch Staus, Verluste bei bewirtschafteten Stellplätzen und Unfälle an. Es werden einerseits die Motive des Falschparkens, die Effekte und die möglichen Zugänge zu einer Lösung der Problematik erörtert. Diskutieren könnte man im Rahmen der Compliance-Überlegungen auch, inwiefern in regional begrenzten Anwohnerbereichen die drastische Erhöhung der Strafgebühren bei Falschparken dann auf Akzeptanz stößt, wenn die eingenommenen Strafen einem gemeinwohndienlichen Zweck der Anwohner zugeführt werden, ein Modell, das man auch auf eine ganze Kommune ausdehnen kann. Damit würden negative externe Effekte des Parkens partiell kompensiert.

3 Ein stilisiertes Modell des Falschparkens

3.1 Das Verhalten des potentiellen Falschparkers

Die Ökonomik als Wissenschaft untersucht, wie Menschen mit stabilen Präferenzen in bestimmten Sozialsituationen auf unterschiedliche Anreize reagieren. Ein Individuum führt eine Handlung dann durch, wenn der subjektiv erwartete Nutzen die erwarteten Kosten übersteigt (Kirchgässner 2013; Emrich und Follert 2019), ein Sachverhalt, der auch im Bereich illegaler Handlungen zutrifft (Becker 1968). Die Überlegungen zu einer ökonomischen Theorie der Kriminalität kamen Gary S. Becker interessanterweise bei dem Gedanken, sein Auto aus Zeitnot im Parkverbot abzustellen, intuitiv wog er Kosten und Nutzen gegeneinander ab (Becker 1996). Auch in Beckers (1968) Konzept wird eine illegale Handlung in Form des Falschparkens dann begangen, wenn der prognostizierte Nutzen der Handlung die erwarteten Kosten übersteigt. Dem Ansatz Beckers folgend wird angenommen, dass eine Funktion existiert, die die Zahl der Parkvergehen in Relation zur Entdeckungs- und Verurteilungswahrscheinlichkeit, dem Strafmaß und einer sämtliche übrigen Einflüsse auf die Entscheidung beinhaltenden Variable setzt. Pj bezeichnet also die Parkvergehen, die ein Individuum in einer Periode j begeht. Wj ist die Entdeckungswahrscheinlichkeit, Sj die Höhe der Strafe und Uj misst alle übrigen Entscheidungsmotive.

$$\mathrm{P}_{\mathrm{j}}=\mathrm{P}_{\mathrm{j}}(\mathrm{W}_{\mathrm{j}},\mathrm{S}_{\mathrm{j}},\mathrm{U}_{\mathrm{j}})$$
(1)

Für den Einfluss der Variablen Wj und Sj gilt:

$$\mathrm{P}_{\mathrm{Wj}}=\frac{\partial Pj}{\partial wj}<0 \mathrm{ und } \mathrm{P}_{\mathrm{Sj}}=\frac{\partial Pj}{\partial Sj}<0.$$
(2)

Das Entscheidungskalkül eines potentiellen Falschparkers beinhaltet grundsätzlich den durch diesen realisierten Nutzen und die entstehenden Kosten. Der Nettonutzen des Falschparkens, UN, ergibt sich als Differenz des Bruttonutzens, UB, und der im Fall der Entdeckung auftretenden Kosten, K:

$$\mathrm{U}_{\mathrm{N}}=\mathrm{U}_{\mathrm{B}}-\mathrm{K}.$$
(3)

Die erwarteten Kosten der illegalen Handlung sind das Produkt aus der Höhe der Strafe, S, und der Entdeckungswahrscheinlichkeit, W, wobei der bisher wesentlich durch den Personaleinsatz bestimmten Entdeckungswahrscheinlichkeit insgesamt wohl die höhere Bedeutung zukommt. Die Entdeckungswahrscheinlichkeit beinhaltet zudem die Wahrscheinlichkeit – auch im Falle eines Widerspruchs gegen den Bußgeldbescheid – vor Gericht zu kommen und auch eine Strafe zahlen zu müssen. Hierbei entfaltet selbstverständlich die vergangene und gegenwärtige Verurteilungspolitik deutscher Gerichte eine nicht zu unterschätzende Signalwirkung, die vom rational agierenden Individuum in seinem Entscheidungskalkül berücksichtigt wird (Follert 2018).

Der Bruttonutzen, UB, ergibt sich einerseits dadurch, dass die Parkgebühr für ein reguläres Parkticket eingespart wird, und andererseits durch die Zeitersparnis, da kein legaler Parkplatz gesucht werden muss. Zudem wird ein Autofahrer auch die Qualität des Parkplatzes bewerten. Tendenziell wird er, um die Gefahr eines Schadens zu reduzieren, einen breiten und gut zugänglichen Parkplatz bevorzugen. UB ist umso höher, je höher der Wert der Zeit für das Individuum ist, je höher also seine Opportunitätskosten für eine zeitlich aufwändige Parkplatzsuche sind.

$$\mathrm{U}_{\mathrm{N}}=\mathrm{U}_{\mathrm{B}}-\mathrm{W}\cdot \mathrm{S}$$
(4)

Personen, deren Entlohnung maßgeblich durch den Faktor Zeit bestimmt wird – man denke an mobile Pflegedienste oder Taxifahrer, werden tendenziell einen höheren Nutzen aus dem Falschparken ziehen als beispielsweise Personen, die über mehr Freizeit verfügen. Zudem verkürzt sich im Fall des Falschparkens häufig die Wegzeit, da näher am Zielort geparkt wird, und damit reduzieren sich wiederum die Zeit-Wegekosten der Parkplatzsuche. Da Konsumenten regelmäßig nicht bereit sein dürften, größere Strecken vom Parkplatz zum Zielort in Kauf zu nehmen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass der gesparte Weg ebenfalls als Nutzen im Kalkül berücksichtigt wird. Damit werden die gesparten Zeit-Wegekosten zum Substitut für die drohenden Kosten aus dem Produkt von Strafhöhe und Entdeckungswahrscheinlichkeit, also W ∙ S.

Die Abschreckung funktioniert also nur, wenn das Produkt aus Wahrscheinlichkeit mal Höhe der Strafe, W ∙ S, höher ist als der zu erwartende Nutzen, UB.

$$\mathrm{W}\cdot \mathrm{S}>\mathrm{U}_{\mathrm{B}}$$
(5)

Je größer dabei die individuelle Gewichtung der Zeit-Wege-Kosten, je höher also die Opportunitätskosten alternativer Zeitverwendung, umso schwächer wird das Produkt von Strafhöhe mal Entdeckungswahrscheinlichkeit, W ∙ S, als Argument im individuellen Kalkül. Hinsichtlich der Beeinflussung der einzelnen Parameter des Entscheidungskalküls hat Becker (1968) bereits herausgearbeitet, dass die Risikoneigung des Individuums eine entscheidende Rolle spielt. Ist der potentielle Falschparker risikoavers, schreckt ihn eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit der Entdeckung stärker ab als eine Straferhöhung. Für einen risikoscheuen Falschparker gilt umgekehrte Relation (Becker 1968). Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die Beeinflussung der beiden Parameter mit unterschiedlichen Kosten einhergeht (siehe 3.2). Die Strafhöhe ist dabei auch in Relation zum verfügbaren Einkommen des potentiellen Parksünders zu sehen. Das Verhältnis der Strafe zum verfügbaren Einkommen sei mit α bezeichnet.

$$\mathrm{W}\cdot \mathrm{S}\cdot \upalpha >\mathrm{U}_{\mathrm{B}},\ \mathrm{mit}\ 0\leq \upalpha \leq 1$$
(6)

In praxi wird das individuelle verfügbare Einkommen kaum ermittelbar sein. Auch ein Abstellen auf das zu versteuernde Einkommen als Heuristik scheidet aufgrund des Steuergeheimnisses aus, sodass die angestellte Überlegung eher theoretischer Natur ist und an dieser Stelle nicht weiterverfolgt wird.

Unter dem Aspekt der Zeitknappheit kann es für einen Parkplatzsuchenden also rational sein, wenn dieser sein Fahrzeug ohne langes Suchen eines legalen Parkplatzes, der möglicherweise auch noch weiter entfernt ist, im Parkverbot abstellt. Je höher das Produkt aus Strafe und Entdeckungswahrscheinlichkeit, umso länger sollte die Suchdauer c. p. währen und je bedeutsamer die Wegekosten in Folge hoher Opportunitätskosten der Suche sind, umso schwächer wird gleichzeitig das Produkt von Wahrscheinlichkeit mal Höhe der Strafe, W ∙ S, eingeschätzt.

Gerade bei kurzen Parkdauern kann sich das Falschparken unabhängig davon insofern als rational erweisen, als das Risiko der Entdeckung gering ist und erst mit steigender Zeitdauer zunimmt. Der Bruttonutzen, UB, steigt also nachvollziehbarer Weise mit erhöhtem Zeitdruck an, sodass das Falschparken umso wahrscheinlicher wird, je näher ein anstehender Termin rückt und je wichtiger er eingeschätzt wird.

Nimmt man an, dass es aus politischer Perspektive erwünscht ist, dass künftig weniger Menschen ihre Kraftfahrzeuge auf nicht dafür zugelassenen Flächen parken, kann man zwei Ansätze aufgreifen, die beide auf einem Abschreckungseffekt fußen (etwa Pfeifer und Gelau 2002). Die Strafwahrscheinlichkeit zu erhöhen ist grundsätzlich personal- und verwaltungsaufwendig und damit teuer (etwa Posner 1985), zumal wegen des Datenschutzgesetzes automatische Erfassungen von Vergehen ausscheiden. Um also das Produkt von Strafhöhe mal Strafwahrscheinlichkeit, also W ∙ S, hochzuhalten, empfiehlt sich es zunächst einmal die Strafhöhe, S, zu erhöhen, um die Abschreckungswirkung, W ∙ S, kostengünstig zu erhöhen.

Man kann in diesem Zusammenhang theoretisch auch die Entdeckungswahrscheinlichkeit, W, für einen Falschparker ohne größeren Kosteneinsatz erhöhen, etwa durch die öffentliche Aufforderung, falsch parkende Autofahrer dem Ordnungsamt zu melden, also die polizeilichen Ordnungskräfte zu entlasten und so die Entdeckungswahrscheinlichkeit, W, und damit letztlich auch die Abschreckungswirkung, W ∙ S, kostengünstig zu erhöhen. Interessanterweise ist dieser Weg bisher noch nicht beschritten worden, obwohl z. B. im Umweltbereich freiwillige Überwachungsaktivitäten zu beobachten sind. Ist dagegen die Entdeckungswahrscheinlichkeit, W, niedrig, führt dies c. p. dazu, dass Individuen das Risiko, einen Strafzettel zu bekommen, also W ∙ S, eher eingehen.

Da es sich um eine Einschätzung der Wahrscheinlichkeit handelt, spielt auch der subjektive Eindruck des Parkplatzsuchenden eine Rolle. Beobachtet dieser beispielsweise, dass bereits mehrere andere Autos im Halte- oder Parkverbot einen Strafzettel aufweisen, wird er sich eher gegen das Falschparken entscheiden, sodass hier ein Imitationseffekt auftritt (etwa Diekmann et al. 2011), also ein spezifisches Lernen am Modell, in dessen Verlauf eine signalisierte Erhöhung der Entdeckungswahrscheinlichkeit, W, verhaltenswirksam wird.

Komplett verändern würde sich das Kalkül auf Seiten des Falschparkers, wenn Mehrfachtäter mit höheren Strafen abgeschreckt würden, es also zu einer automatischen Steigerung der Strafhöhe, S, bei Wiederholungstätern käme. Zudem wäre es denkbar, zusätzlich zur monetären Strafe das „Punktekonto in Flensburg“ zu erhöhen – was bereits diskutiert wurde –, da die Fahrerlaubnis für die meisten Autofahrer einen hohen monetären Gegenwert haben dürfte. Eine noch größere Abschreckung würde wohl erzielt, wenn bei x Verstößen, ein Fahrverbot von bspw. vier Wochen drohte. Damit würden zwei Effekte erzielt. Falschparken aus Versehen, das nicht entdeckt und bestraft wird, erhöht bisher die Neigung zu wiederholtem Falschparken. Bei Einführung höherer Strafen für Mehrfachtäter könnte man dieser Tendenz entgegenwirken, ohne den Ersttäter aus Unachtsamkeit über Gebühr zu bestrafen (vgl. Shoup 2006) und gleichzeitig könnte man „sparsam“ die Strafhöhe verändern und so dem Individuum Gelegenheit geben, aus den Strafen zu lernen.

Getreu der Maxime in der Bienenfabel (Mandeville 2006) „der Allerschlechteste sogar für’s Allgemeinwohl tätig war“ könnten die Kommunen, um die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung zu erhöhen, also einerseits vermehrt Ordnungsdienste beschäftigen, welche die Städte hinsichtlich Falschparkern überwachen und dabei die Strafen genauso wählen, dass die Gesamtsumme, die durch Parkplatzvergehen erwirtschaftet wird, durch den Abschreckungseffekt nicht gedrückt wird. „Parksünder“ wären in diesem Sinn eine von der Kommune zu bewirtschaftende natürliche Ressource, die kontinuierlich nachwächst und so bewirtschaftet wird, dass sie im „Biotop“ nicht wuchert, andererseits aber eben auch nicht völlig aus dem „Biotop“ vertrieben wird. Hilfreich könnten sich hier die Überlegungen aus der Ökonomik nachwachsender Rohstoffe erweisen. Legitim wäre eine solche Bewirtschaftung auf Dauer wohl nur solange es zu verdeutlichen gelingt, dass volkswirtschaftlich die sozialen Kosten, die W ∙ S, also das aggregierte kumulierte Produkt aus der Schwere der Strafe mal Wahrscheinlichkeit des Eintritts, verursachen, höher sind als die sozialen Kosten, die aus UN, also dem kumulierten Nettoertrag der Falschparker, entstehen.

Andererseits könnte man wie oben bereits ausgeführt zur Meldung von Falschparkern auffordern. Letzteres bedürfte aber einer klaren moralischen Begründung und ggf. geringfügiger finanzieller Anreize, weil ansonsten die Meldung von Falschparkern durch andere Autofahrer wohl eher nicht stattfände, da sie selbst in der nächsten Runde davon betroffen wären und zudem Nicht-Autofahrer gar nicht um Parkplätze konkurrieren, also tendenziell im Gegensatz zum Umweltschutz auch kein besonderes Interesse daran haben dürften, Falschparken zu bestrafen. So ist auch verständlich, dass die Meldung von Falschparkern derzeit wesentlich davon beeinflusst wird, ob das Verhalten des Falschparkers erkennbar negative externe Effekte für die öffentliche Sicherheit, Bewegungsfreiheit des Einzelnen usw. hat. Bei Zuparken einer Feuerwehr- oder Krankenhauszufahrt wird deshalb ein Falschparker durchaus angezeigt, bei einem illegalen Parken, das andere nicht wesentlich beeinträchtig, dagegen eher nicht. Abgewogen werden müssen hierbei jedoch moralische Erwägungen, da man Bürger gewissermaßen zum Denunziantentum auffordert.

Man könnte überdies mit den Mitteln der vereinfachenden Botschaften den Falschparker als jemanden etikettieren, der auf Kosten der Steuerzahler einen Gewinn einstreicht ohne Rücksicht auf Dritte (sog. „Public Shaming“), eine nicht ungefährliche Strategie. Eine Initiative, welche in diese Richtung geht, ist die App „Wegeheld“, welche vom sog. „Fahrrad-Aktivisten“ Heinrich Strößenreuther begründet wurde. Durch diese Plattform können durch Falschparker beeinträchtigte Verkehrsteilnehmer Photos der Parksünder hochladen und so auf das Vergehen aufmerksam machen. Auch einige Ordnungsämter rufen die Bevölkerung zur Mitwirkung auf (etwa das Ordnungsamt Bonn auf seiner Netzseite).

Insgesamt geht es wohl eher um die Erwirtschaftung von Mitteln, und eher nicht um die Einhaltung von Normen. So könnte das Überwachungsnetz enger gestrickt werden, während aktuell gewisse Bezirke nicht oder nur selten kontrolliert werden und eine Sanktionierung der Falschparker mangels Kontrolle entfällt. Eine Erhöhung der Entdeckungswahrscheinlichkeit wird jedoch bisher nur durch einen erhöhten Arbeitseinsatz des bisher beschäftigten Personals oder die Neueinstellung zusätzlicher Kräfte realisiert werden können. Erste Möglichkeit scheidet schon wegen der tariflich begrenzten Arbeitszeit aus. Das Einstellen neuer Mitarbeiter führt wiederum zu steigenden Personalkosten. Gleichzeitig drohen den Kommunen Rückgänge in den Besucherzahlen bei Intensivierung der Parkraumüberwachung und drastischer Erhöhung der Strafen. Damit lohnt sich dieses Vorgehen nur für Kommunen, die an einem Nachfrageüberhang leiden und deren touristische und sonstige Besucherzahlen dynamisch wachsen. Insofern ist verständlich, dass touristisch extrem nachgefragte Städte wie etwa Amsterdam sehr hohe Parkgebühren eintreiben.

Eine weitere Möglichkeit wäre die Installation von Videoüberwachungssystemen, welche Falschparker identifizierten. Diese Videoüberwachung würde – so die gängige Theorie – potentielle Verkehrssünder bereits a priori abschrecken und sie so dazu bringen, einen legalen Parkplatz zu suchen (zur Videoüberwachung aus ökonomischer Sicht siehe Stutzer und Zehnder 2009), wodurch jedoch der Kommune wiederum Einnahmen wegfielen. Gleichzeitig steht dem auch die Einschränkung bürgerlicher Freiheit und erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken entgegen, da de facto eine permanente Identifizierung des Aufenthaltsorts der Bürger möglich wird. Denkbar wäre aber möglicherweise die Installation von ggf. kostengünstigen Attrappen, die der Abschreckung dienen könnten.

Neben der Steuerung der illegalen Handlung über eine Erhöhung der Entdeckungswahrscheinlichkeit kann die Neigung zum Falschparken aber auch über die Strafhöhe gesteuert werden. Falschparken lohnt sich für ihn solange, wie die Kosten des Parkens im privaten Parkhaus bzw. die Kosten einer alternativen Mobilität höher sind. Das Kalkül lautet somit unter Einbeziehung privater Anbieter, dass Falschparken umso eher in Kauf genommen wird, je teurer das Parken im Parkhaus ist, je kürzer die erwartete Zeit des Falschparkens erwartet wird und je geringer die Entdeckungswahrscheinlichkeit eingeschätzt wird. Die illegale Handlung bekommt somit einen Preis. Erhöhte man die Strafe nun auf 100 €, setzt eine höhere Abschreckungswirkung ein, vorausgesetzt, die Straferhöhung wird ausreichend breit kommuniziert. Nimmt man die übrigen Parameter des Kalküls als konstant an, lohnte sich das Falschparken somit weniger.

Ein Ansatz, der bislang noch nicht diskutiert wurde, ist die Erhöhung etwaiger Gewissenskosten (GK) eines Falschparkers. Die Gewissenskosten mindern den Bruttonutzen entsprechend und erweisen sich als nachteiliger Effekt aus einer nicht zulässigen Handlung (Eifler und Schulz 2007), der innerlich wirkt. Hayek (1969, S. 159) schreibt hierzu: „Ein schlechtes Gewissen ist die Angst vor Gefahren, denen man sich aussetzt, wenn man den vertrauten Pfad verläßt und eine […] unbekannte Welt betritt.“ Gewissenskosten – auch psychische Kosten – entstehen einem Individuum dann, wenn es gegen das von ihm verinnerlichte Wertesystem handelt (etwa Franz 2004) und/oder die Entdeckung dieser Abweichung befürchtet.

$$\mathrm{U}_{\mathrm{N}}=\mathrm{U}_{\mathrm{B}}-\mathrm{W}\cdot \mathrm{S}-\mathrm{GK}$$
(7)

Trotz der momentan als niedrig eingeschätzten Strafgebühren hat der Falschparker möglicherweise sogar das Gefühl, er würde für das Falschparken einen angemessenen Preis bezahlen, was die Gewissenskosten entsprechend mindert (hierzu in anderem Kontext Gneezy und Rustichini 2000). Würde man die Strafgebühren also erhöhen, minderte man in gewissem Sinn sogar die Gewissenskosten, weil man ja bereits für das Fehlverhalten bezahlt hat. Je mehr also Strafgebühren aus Sicht der Abweichler reine „Abzocke“ sind, umso schwächer werden tendenziell die Gewissenkosten. Die Gewissenskosten dürften allerdings insbesondere beim Parken auf für behinderte Menschen vorgesehenen Parkplätzen signifikant höher sein.

Man kann also zusammenfassen, dass dann, wenn die Ungleichung

$$\textit{Bruttonutzen}-\textit{Begehungskosten}-\textit{erwartete}\,\textit{Strafe}>\textit{alternativer}\,\textit{Nettoertrag}$$
(8)

erfüllt ist, falsch geparkt wird. Trifft sie nicht zu, verzichtet man auf das Falschparken und parkt z. B. im privaten Parkhaus. Betrachtet man die Ungleichung nach der erwarteten Strafe, muss diese größer sein als der Ertrag aus Falschparken minus Begehungskosten minus alternativer Nettoertrag, wenn man Falschparken verhindern will.

Aufgabe der staatlichen Stellen könnte es daher zwecks Verhaltensprävention sein, für Halte- und Parkverbotszonen die Gewissenskosten zu erhöhen. Dies kann beispielsweise durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit geschehen. Wird einem potentiellen Parksünder bewusst vor Augen geführt, welche Kosten dritten Personen durch die negativen Effekte seiner Handlung entstehen – beispielsweise die Verspätung der Nutzer einer Straßenbahn, die ein falsch geparktes Auto nicht umfahren kann, oder ein Blinder, der sich durch das widerrechtlich abgestellte Fahrzeug verletzt – wird er sich tendenziell eher gegen die Handlung entscheiden.

3.2 Zwischenfazit

Grundsätzlich gibt es – wie gezeigt – mehrere Ansätze, das Entscheidungsverhalten eines potentiellen Parksünders in die politisch gewünschte Richtung zu verändern, die Abschreckung durch eine erhöhte Strafandrohung ist in diesem Fall sicherlich ein probates Mittel, minderte aber ab einem gewissen Punkt die Gewissenkosten und reduziert den Besucherstrom in eine Stadt, sofern es sich um touristische Magnete mit extremer Nachfrage nach ihren touristischen Angeboten handelt. Gleichzeitig liefen die Kommunen bei Überschreiten des Grenzpunktes Gefahr, Einnahmen aus der Eintreibung von Bußgeldern wegen Falschparkens zu verlieren, da die Abschreckung zu wirksam wird und die Rohstoffe der Falschparker nicht mehr in ausreichendem Maße nachwachsen, um den personellen Aufwand der Kontrolle usw. zu rechtfertigen. Zur näheren Betrachtung dieses dynamischen Gleichgewichts könnte sich der Einsatz eines auf der Umweltökonomik aufbauenden Modellierungsansatzes lohnen (für eine Lehrbuchdarstellung einschlägiger umweltökonomischer Modelle vgl. Perman et al. 2011). Mit seiner Hilfe könnte man detailliert betrachten, wie aus der Sicht einer Überwachungsinstanz Einkommen aus Strafgebühren, Kosten der Überwachung durch Abschreckung und Überwachung und optimale Preisgestaltung zu einem differenzierten Gleichgewicht kommen. Eine bloße Erhöhung der Strafhöhe, S, wäre ohne Erhöhung der Entdeckungswahrscheinlichkeit, W, nicht sonderlich wirksam und wenn es gelingen sollte, das Produkt beider zu erhöhen, sehr personalintensiv, zumal die bürgerliche Überwachung nur unter bestimmten Bedingungen der öffentlichen Kommunikation der sozialen Unerwünschtheit des Falschparkens gelingt. Am Ende steigt dann die Nachfrage nach privat bewirtschaftetem Parkraum, insbesondere in Zeiträumen erhöhter Nachfrage und somit der Preis des Parkens. Dies führt am Ende dazu, dass sich sowohl Falschparken als auch Parken im privat bewirtschafteten Parkraum nur noch Einkommensstärkere leisten können, deren zeitliche Opportunitätskosten zudem im Mittel höher als die der Einkommensschwächeren sind, was zu stellvertretendem Warten führen kann. Im Extremfall fährt dann ein Stellvertreter das Fahrzeug dauerhaft durch die Stadt und wird dafür bezahlt, sozusagen eine Art mobiles Parken.

Die Staffelung der Strafen mit deutlicher Erhöhung des Produkts aus Strafe und Eintrittswahrscheinlichkeit für Wiederholungstäter ist ebenfalls nicht uneingeschränkt zu empfehlen, es sei denn, sie berücksichtigt die individuelle Einkommenshöhe, was wie gezeigt rein datenschutzrechtlich und aufgrund eines enormen Verwaltungsaufwands kaum umsetzbar erscheint. Tut man dies nicht, begünstig man hier auch Einkommensstärkere. Hierfür wären allerdings die entsprechenden Verwaltungskosten in das Kalkül einzubeziehen. Als sinnvoller kann einer Erhöhung des „Flensburger Punktekontos“ oder sogar ein Fahrverbot ab einer bestimmten Anzahl an Vergehen angesehen werden. Hier ergibt sich durch die individuellen Opportunitätskosten, die durch ein Fahrverbot entstehen, eine automatische Gewichtung.

3.3 Das Verhalten der Kommune

Während bislang das Entscheidungsverhalten eines potentiellen Parksünders modelliert wurde, soll der Blick nun auf das Verhalten der Kommune, welche als Gegenspieler ebenfalls strategische Überlegungen hinsichtlich ihrer Entscheidungen anstellt. Das Verhalten der Kommune ergibt sich aus ihrer Antizipation des Verhaltens der Autofahrer. Anhand des ökonomischen Modells der Delinquenz kann leicht erkannt werden, dass die Kommune verschiedene Parameter beeinflussen kann, um das Kosten-Nutzen-Kalkül des potentiellen Falschparkers zu beeinflussen. Es konnte gezeigt werden, dass eine Erhöhung der Kosten im Kalkül des Falschparkers selbst mit Kosten für die Kommune einhergeht, was insbesondere für eine Erhöhung der Entdeckungswahrscheinlichkeit gilt. Im Optimum gilt, dass die Grenzkosten einer verkehrspolitischen Maßnahme dem Grenznutzen entsprechen.

Die Entscheidung, welche Parameter die Kommune beeinflussen möchte, hängt maßgeblich von ihrer Zielfunktion ab. Agiert die öffentliche Seite als bloßer Einnahmenmaximierer, kann dieses Ziel einerseits durch eine Erhöhung der (monetären) Strafe S erreicht werden. Die Erhöhung von S ist aus Sicht der Kommune kostenfrei möglich. Neben dem Abschreckungseffekt, kann durch die Transferzahlung im Falle einer Verurteilung, ein Teil der Externalitäten kompensiert werden.Footnote 5 Allerdings darf S nicht zu hoch gewählt werden, da die Abschreckung dann dazu führte, dass niemand mehr falsch parkte, was dem Ziel der Einnahmemaximierung zuwider liefe. Es stellt sich zudem die Frage, ob dies eine hinreichende Abschreckungswirkung mit sich bringt, insbesondere, wenn nicht von Risikoaversion ausgegangen wird. Zudem muss das Ziel einer reinen Einnahmemaximierung auf öffentlicher Seite nicht zwingend zu einem gesamtgesellschaftlichen Optimum führen.

Möchte die Kommune auch die Zahl der Bestrafungen erhöhen, müsste sie andererseits versuchen, den Wert von w, also entdeckt und bestraft zu werden, erhöhen. Die größte Abschreckungswirkung würde selbstverständlich erzielt, wenn sie W an 1 heranführte (Becker 1968). Eine Steigerung von W setzt jedoch wie gezeigt, regelmäßig einen erhöhten Personaleinsatz voraus, was die Kosten auf Seiten der Kommune ansteigen lässt. Diese Kosten entstehen auf gesamtgesellschaftlicher Ebene und belasten den Steuerzahler. Ferner kann auch das o. g. Argument angeführt werden, dass bei einer öffentlich bekannten Entdeckungswahrscheinlichkeit von 1, niemand mehr falsch parken würde, was die Einnahmen nicht maximiert.

Im Sinne einer Wohlfahrtsmaximierung muss die Kommune jedoch auch andere Einflüsse als den Einnahmestrom in ihrem Kalkül berücksichtigen. Einerseits muss sie die Parameter so wählen, dass eine hinreichende Abschreckung erreicht wird. Andererseits stellen die Ausgaben für etwaige Maßnahmen und die Einnahmen durch entdeckte Falschparker in Zeiten einer angespannten kommunalen Finanzsituation ebenfalls relevante Determinanten dar. Zudem ist zu berücksichtigen, dass ein konstant niedrig bleibendes Angebot an legalen Parkplätzen bei hohen Kosten für Falschparken die Attraktivität der Innenstadt sinken lässt, was sich auch auf die Wirtschaftsleistung niederschlagen kann.

Zudem ist aus Sicht der Kommune zu bedenken, dass eine Abnahme des Falschparkens, das Problem des hohen Autoaufkommens in den Innenstädten keineswegs zu lösen vermag. Bleibt das Parkplatzangebot knapp, vermindert dies möglicherweise den Wert der Innenstadt, wenn nicht im Gegenzug verkehrspolitische Maßnahmen, bspw. verbesserter ÖPNV, „Park and Ride“-Möglichkeiten, „Carsharing“-Modelle usw. ergriffen werden. Eine Ausweitung des (legalen) Parkplatzangebots steht bei begrenzter Bebauungsfläche wiederum in Konkurrenz zum Angebot an Wohnraum in den Innenstädten. Hier muss von staatlicher Seite möglicherweise die Werturteilsfrage beantwortet werden, inwiefern man die bürgerliche Freiheit einschränken möchte, um verkehrs- und umweltpolitische Ziele zu erreichen.

4 Zusammenfassung

Der vorliegende Beitrag widmet sich einem Alltagsphänomen, welches in allen Großstädten dieser Welt ein zunehmendes Problem darstellt. Die Suburbanisation, welche in zahlreichen internationalen Metropolen zu beobachten ist, führt zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen in den Innenstädten. Aufgrund der Parkplatz- und Zeitknappheit, möglicherweise auch aus Gründen der Bequemlichkeit, stellt eine wachsende Zahl von Autofahrern ihre Fahrzeuge ordnungswidrig im Parkverbot ab. Hierdurch resultieren zahlreiche negative Effekte, beispielsweise Behinderungen von Fußgängern und Radfahrern, eine Einschränkung der Barrierefreiheit für behinderte Verkehrsteilnehmer und Unfälle. Derzeit werden medial höhere Strafen als Mittel der ersten Wahl diskutiert, was durch eine online-Petition unter dem Motto „Knolle statt Knöllchen“ unterstützt wird. Der Aufsatz greift die Aktualität der Thematik auf und integriert die Thematik einerseits in den Forschungsbereich der Stadtökonomik und skizziert andererseits ein einfaches Modell zur Erklärung des Falschparkens auf Basis der ökonomischen Theorie abweichenden Verhaltens. Neben dem Verhalten eines potentiellen Falschparkers werden die Implikationen des Modells auch im Hinblick auf das Verhalten der Kommune diskutiert. Aufbauend auf der ökonomischen Theorie abweichenden Verhaltens lassen sich wichtige Implikationen für die Verantwortlichen in Justiz und Politik ableiten. So bleibt als derzeitig einsetzbares Instrument lediglich die einkommensangepasste Straferhöhung bei Wiederholungstätern ohne negative externe Effekte bzw. Verdrängungsreaktionen, aber mit höherem Verwaltungsaufwand. Zudem stehen datenschutzrechtliche Hürden einer praktischen Umsetzung entgegen. Allerdings kann eine Erhöhung des „Punktekontos in Flensburg“ oder gar ein Entzug der Fahrerlaubnis nach mehrmaligem Vergehen als vielversprechend angesehen werden. Aufgrund der aktuellen umweltpolitischen Diskussionen besteht weiterhin erheblicher Forschungsbedarf im Bereich der Stadtökonomik im Allgemeinen und der Nutzung von PKW in Innenstädten im Speziellen. Zukünftige Forschung könnte sich etwa einer Erweiterung des Modells durch verhaltensökonomische Aspekte oder in Form möglicher Optimierungsansätze widmen.