1 Einleitung: Voraussetzungen und Ziele „outputorientierter“ Steuerung von Weiterbildung

Seit der „empirischen Wende“ Mitte der 1990er Jahre wird der Ansatz der evidenzbasierten und outputorientierten Politikgestaltung in Bildungsforschung und -politik verstärkt vertreten (Bromme et al. 2016; Buchhaas-Birkholz 2010). Damit einher geht ein zunehmender Bedarf an empirischen Kenntnissen zu den Wirkungen von Bildungsmaßnahmen. Als zentrales Steuerungsinstrument outputorientierter Bildungspolitik gilt eine indikatorengestützte Berichterstattung, die Daten und Forschungsberichte zu Ergebnissen von Bildungsprozessen systematisch aufbereitet, neben Beschreibungen auch Erklärungen sowie Hinweise für Änderungen bereitstellt und so Erkenntnisse für Bildungspolitik und -praxis nutzbar macht. Ziel ist eine „systembezogene, evaluative Gesamtschau“, insbesondere für „Entscheidungsträger in der Bildungspolitik und -administration“ als deren zentrale „Adressaten, die auf spezifische, zeitnahe und besonders auf verlässliche Informationen angewiesen sind“ (Maaz und Kühne 2018, S. 379).

Indikatoren

werden in der nationalen Berichterstattung aktuell verstanden als „[…] quantitative Messgrößen [...], die komplexe, in der Regel mehrdimensionale Zusammenhänge möglichst einfach und verständlich beschreiben. Sie werden konzeptionell hergeleitet und mit Hilfe einer oder mehrerer statistischer Kennziffern in einem der Sache nach (bezogen auf die zu untersuchende Fragestellung) angemessenen Maß ausdifferenziert dargestellt“ (Maaz und Kühne 2018, S. 384).

Kennziffern

sind die einzelnen statistischen Maße, die in unterschiedlicher Komplexität auf Grund einer Datenbasis, die den Anforderungen an Indikatoren genügt (Belastbarkeit, Fortschreibbarkeit, Repräsentativität (s. Döbert et al. 2009, S. 238)) dargestellt werden.

Der Begriff „outputorientierte Steuerung“ meint nicht nur unmittelbare Lernerfolge (Outputs), sondern auch „die Anwendung bzw. Übertragung des Gelernten in die Lebenssituation“ (Outcomes) (Sloane 2007, S. 24). Das Paradigma der outputorientierten Steuerung impliziert, dass Bildungsberichterstattung in der Lage sein sollte, Zusammenhänge zwischen Lehr-Lern-Prozess und Outputs/Outcomes nachzuweisen, damit die Steuerung daran ausgerichtet werden kann.

Seit ihren Anfängen um die Jahrtausendwende haben sich die konzeptionellen Grundlagen für eine indikatorenbasierte Bildungsberichterstattung stark weiterentwickelt (s. z. B. Baethge et al. 2003; Döbert et al. 2009; Maaz und Kühne 2018). Für den Weiterbildungsbereich ergeben sich allerdings besondere Herausforderungen, u. a. aufgrund der lückenhaften Datenlage sowie der großen institutionellen Heterogenität. Die Verantwortung für die Weiterbildung liegt bei einer Reihe von Akteuren: Unternehmen, Sozial- und Wirtschaftspartnern, Weiterbildungsträgern und Regierung auf Bundes- und Landesebene (OECD 2021).

Im Rahmen der sich aktuell in Umsetzung befindenden Nationalen Weiterbildungsstrategie (NWS) ist es ein Handlungsziel, die Datenlage zur beruflichen Weiterbildung zu verbessern, genauer: die strategische Vorausschau zu stärken und die Weiterbildungsstatistik zu optimieren (Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Bundesministerium für Bildung und Forschung 2019). Dies soll dazu beitragen, Geschehen und Wirkungen der beruflichen Weiterbildung besser einschätzen zu können. Dabei muss angenommen werden, dass Steuerungsinteressen und damit verknüpfte Informationsbedarfe der Adressatinnen und Adressaten von Bildungsberichterstattung in Bezug auf einzelne Aktivitäten mit den jeweils spezifischen Zielen und der dem jeweiligen Weiterbildungsbereich zugrundeliegenden Legitimationsstruktur zusammenhängen und damit teilweise bereichs- und aktivitätsspezifisch sind (Gnahs und Weiß 2012). Insgesamt wird, wie etwa in der NWS, aber auch ein bildungspolitisches bzw. gesamtgesellschaftliches Interesse an Informationen zu Wirkungen des Gesamtsystems artikuliert.

Reichart und Mülheims schätzten 2012 die Berichterstattung zur Weiterbildung so ein, dass sie sich nur bedingt als Steuerungsinstrument im outputorientierten Steuerungsparadigma eigne, weil gerade zu Outputs und Outcomes nur wenige Kennziffern vorlägen (Reichart und Mülheims 2012). Michaelis (2018) hat sich mit der Belastbarkeit von Indikatoren zur ökonomischen Leistungsfähigkeit beruflicher Bildung (hier bezogen auf Ausbildung) befasst und dafür die wichtigsten nationalen Berichtssysteme durchgesehen. Er kritisiert für alle Berichtsdimensionen eine zu geringe regionale und berufsspezifische Differenzierung, und bemängelt zudem eine ungleichmäßige Abdeckung der Teilbereiche des Ausbildungssystems. Für die Wirkungsebene würden vor allem direkte Effekte berichtet, weniger mittel- und langfristige Effekte. Es fehlten Kennziffern zu erworbenen Kompetenzen. Insgesamt seien, ähnlich wie für die Weiterbildung, die meisten Informationen für die Inputebene vorhanden, während die Berichtslegung zur Prozess- und Wirkungsebene als „defizitär“ (Michaelis 2018, S. 293) beschrieben wird. In Bezug auf die Bildungsberichterstattung zur Weiterbildung bemerkt auch Martin (2018), dass „mit Ausnahme der Weiterbildungsbeteiligung keine kontextübergreifenden Globalmaße berichtet werden konnten.“ Dabei erschweren die Mehrebenenstruktur der Weiterbildung und die Vielfalt der institutionellen Settings und Akteure eine klare Identifikation von Steuerungszielen, -potentialen und -aktivitäten (Kuper und Schrader 2019, S. 765 f.).

Aktuell existiert weder ein systematischer Gesamtüberblick zu vorhandenen empirischen Kennziffern zu Wirkungen beruflicher Weiterbildung über die verschiedenen Berichtssysteme hinweg noch eine Analyse der dadurch (nicht) abgedeckten Weiterbildungsbereiche. Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel dieses Beitrags, eine Bestandsaufnahme der indikatorenbasierten Darstellung der Wirkungen beruflicher Weiterbildung in der kontinuierlichen Bildungsberichterstattung, in Bezug auf die relevanten Teilbereiche in Deutschland, vorzunehmen.

Im Folgenden wird in einem ersten Schritt der konzeptuelle Rahmen für die systematische Gliederung von Kennziffern zur beruflichen Weiterbildung aufgezeigt und dargestellt, wie Kennziffern aus der Bildungsberichterstattung systematisch analysiert werden können. Hierzu wird zunächst die Wirkungskette beruflicher Weiterbildung nach OECD-Vorbild vorgestellt und die Operationalisierung der verschiedenen Wirkungsdimensionen beschrieben. Darüber hinaus werden entlang der Classification of Learning Activities (CLA) Teilbereiche beruflicher Weiterbildung voneinander abgegrenzt. Damit wird ein Rahmen zur Systematisierung von Befunden im spezifischen Kontext des deutschen Weiterbildungssystems geschaffen. Im zweiten Schritt wird eine Bestandsaufnahme relevanter nationaler Berichtssysteme durchgeführt, um der Frage nachzugehen, welche empirischen Kennziffern zu den Wirkungen von beruflicher Weiterbildung in der kontinuierlichen Berichterstattung Verwendung finden. Ferner wird der Frage nachgegangen, inwieweit die verschiedenen Teilbereiche beruflicher Weiterbildung in der Berichterstattung abgedeckt sind. Die Analyse der Teilbereiche soll auch Aufschluss darüber geben, für welche steuerungsrelevanten Bereiche keine Kennziffern vorliegen, so dass diese durch die Berichterstattung aktuell nicht abgedeckt werden.

2 Konzeptioneller Rahmen für eine systematische Gliederung von Wirkungsindikatoren der beruflichen Weiterbildung

Um einen Rahmen zur Systematisierung der Kennziffern der Bildungsberichterstattung zu schaffen, wird im Folgenden die Wirkungskette beruflicher Weiterbildung im Anschluss an die OECD dargestellt (2.1). Anschließend werden die Teilbereiche beruflicher Weiterbildung für eine Beschreibung des deutschen Systems beruflicher Weiterbildung voneinander abgegrenzt (2.2).

2.1 Wirkungskette beruflicher Weiterbildung

Rahmenmodelle der Bildungsberichterstattung sehen vor, Kennziffern anhand des Bildungsprozesses zu strukturieren (Maaz und Kühne 2018, S. 382f.). Ein besonderes Merkmal der in diesem Beitrag herangezogenen OECD Wirkungskette ist die Unterteilung der Bildungseffekte in drei Wirkungsdimensionen (Outputs, Outcomes und Impacts) (OECD 2020). Durch die Dreiteilung der Weiterbildungseffekte unterstützt die Wirkungskette eine systematische und differenzierte Überprüfung der verschiedenen Wirkungen der Weiterbildung.

Für den Bereich der beruflichen Weiterbildung lassen sich Wirkungsdimensionen des Weiterbildungsprozesses in Weiterbildungserfolge, Weiterbildungsergebnisse und Weiterbildungserträge einteilen (in Anlehnung an (OECD 2020, S. 15), siehe Abb. 1). Durch die Abgrenzung der Weiterbildungserfolge (Outputs) auf der einen Seite von den Weiterbildungsergebnissen (Outcomes) und -erträgen (Impacts) auf der anderen Seite werden die Produkte der Bildungsaktivitäten abgegrenzt von Veränderungen, die aus den Produkten resultieren. Darüber hinaus wird durch die Unterscheidung zwischen Weiterbildungsergebnissen und Weiterbildungserträgen eine differenzierte Betrachtung der Auswirkungen des Bildungserfolgs möglich; während in der Ergebnis-Dimension die direkten, kurz bis mittelfristigen Effekte untersucht werden, analysieren Indikatoren zu den Bildungserträgen die langfristigen Folgen für Individuen und Gesellschaft (OECD 2020, S. 16).

Abb. 1
figure 1

Wirkungsdimensionen beruflicher Weiterbildung. (Quelle: Eigener Entwurf nach OECD (2020))

Weiterbildungserfolge (eng. Outputs) beziehen sich auf die unmittelbaren Produkte bzw. Leistungen von beruflichen Weiterbildungsaktivitäten. Indikatoren zu Bildungserfolgen untersuchen die Charakteristika der Teilnehmenden nach Beendigung der Bildungsleistungen, etwa deren Bildungsstand (OECD 2020, S. 16). Beispiele für Output Indikatoren sind die von den Teilnehmenden erworbenen Leistungsnachweise in Form von Abschlüssen, Zertifikaten, Prüfungen sowie (über standardisierte Tests direkt messbare) Kompetenzen.

Weiterbildungsergebnisse (eng. Outcomes) beziehen sich auf „die direkten Auswirkungen des Bildungserfolgs, beispielsweise die Vorteile, die der Erwerb eines höheren Bildungsstands im Hinblick auf die Beschäftigungssituation und das Einkommen bietet“ (OECD 2020, S. 16). Beispiele für Weiterbildungsergebnisse von beruflicher Weiterbildung sind Erwerbstätigkeit und Einkommen oder non-monetäre Outcomes wie Gesundheit oder politische Partizipation.

Weiterbildungserträge (eng. Impacts) beziehen sich auf die langfristigen sowie auf die indirekten Auswirkungen der Weiterbildung. Sie indikatorisieren nachhaltige Veränderungen bei der Zielgruppe, „beispielsweise erworbene Fähigkeiten und Kenntnisse“, sowie gesamtgesellschaftliche Auswirkungen wie etwa „Beiträge zum Wirtschaftswachstum und zum Wohlergehen der Gesellschaft“ (OECD 2020, S. 16).

2.2 Teilbereiche Beruflicher Weiterbildung in Deutschland

In der Bildungsberichterstattung wird berufliche Weiterbildung anhand verschiedener Kriterien von allgemeiner Weiterbildung abgegrenzt, die teilweise abhängig von zur Verfügung stehenden Datenquellen oder ordnungspolitischen Regelungen sind. Damit zusammenhängend erfolgt die Zuordnung z. B. nach individueller Zweckzuschreibung, nach den Inhalten oder nach der Finanzierung durch Arbeitgeber. Für die hier vorzunehmende Analyse wird in Anlehnung an das Berufsbildungsgesetz (BBiG § 1) und die NWS (Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Bundesministerium für Bildung und Forschung 2019, S. 2) berufliche Weiterbildung breit definiert. Sie umfasst demnach alle intendierten Lernaktivitäten, die im Erwachsenenalter nach einer ersten Bildungsphase durchgeführt werden, um berufliche Handlungsfähigkeit zu erhalten, anzupassen oder zu erweitern. Damit wird auch das Verständnis des Lebenslangen Lernens auf EU-Ebene aufgegriffen (Eurostat 2016).

Im Folgenden werden die Teilbereiche der beruflichen Weiterbildung entlang der Classification of Learning Activities (CLA; (Eurostat 2016)) abgegrenzt (siehe Abb. 2). Bildungs- und Lernaktivitäten lassen sich demnach generell und auch bzgl. beruflicher Weiterbildung in drei verschiedene Formen unterteilen: formale Bildung (Formal Education, FED), non-formale Bildung (Non-formal Education, NFE) und informelles Lernen (Informal Learning, INF). Die CLA ermöglicht durch ihre operationelle Definition eine Berücksichtigung eines weiten Spektrums empirisch erfassbarer Lernaktivitäten und stellt durch ihre bildungssystemunabhängige Betrachtungsweise ein geeignetes, auch international anschlussfähiges Instrument zur Systematisierung von Kennzahlen und Indikatoren dar (Eurostat 2016, S. 6–7).

Abb. 2
figure 2

Teilbereiche beruflicher Weiterbildung: Einbringung öffentlicher, individueller und betrieblicher Ressourcen. (Quelle: Eigener Entwurf in Anlehnung an Eurostat (2016))

Merkmale formaler Weiterbildungsaktivitäten sind, dass sie staatlich anerkannt sind, eine Hierarchie der Qualifikationen (nach ISCED-Stufen) sowie Zulassungsvoraussetzungen besteht und die Aktivitäten eine Dauer von mind. einem Semester bzw. 30 ECTS haben (Eurostat 2016, S. 16). Zu formalen Weiterbildungsaktivitäten zählen insbesondere Maßnahmen, die auf Neu- oder Höherqualifizierung der Teilnehmenden abzielen. Diese umfassen:

  • höherqualifizierende Berufsbildung nach Berufsbildungsgesetz (BBiG) und Handwerksordnung (HwO), die auf den Erwerb eines Abschlusses abzielt, der dem beruflichen Aufstieg dient, z. B. Meister- und Technikerausbildungen,

  • Umschulungen nach BBiG und HwO, mit dem Ziel des Erwerbs eines Abschlusses in einem Ausbildungsberuf,

  • den zweiten Bildungsweg,Footnote 1 d. h. das Nachholen von allgemeinbildenden Schulabschlüssen,

  • die wissenschaftliche Weiterbildung mit dem Ziel eines akademischen Abschlusses (weiterbildende Bachelor- oder Masterstudiengänge).

Die formale berufliche Weiterbildung ist überwiegend staatlich gesteuert. Die Regulierung erfolgt über Gesetze auf Bundes- und Landesebene. Dennoch spielen mitunter auch unternehmerische Interessen eine Rolle, z. B. wenn Teile der Ausbildung im Betrieb stattfinden. Das Angebot der wissenschaftlichen Weiterbildung ist trotz ihrer staatlichen Regulierung über Gesetze und Verordnungen in Teilen marktlich organisiert; in den landesspezifischen Hochschulgesetzten ist geregelt, dass kostendeckende Gebühren und Entgelte zur Finanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung erhoben werden (z. B. § 62 Abs. 5 HZG NRW).

Non-formale Weiterbildung führt nicht unmittelbar zu einem staatlich anerkannten Abschluss. Es handelt sich dennoch um strukturierte Aktivitäten im Rahmen einer Lehr-Lern-Beziehung zwischen Lernendem und einem Bildungsanbieter. Sie haben typischerweise einen geringeren Stundenumfang und sind weniger zeitintensiv ausgelegt als formale Aktivitäten. Hinsichtlich beruflicher Weiterbildung kann zwischen drei Segmenten unterschieden werden:

  • SGB-geförderte non-formale Weiterbildung: Diese umfasst öffentlich geförderte Anpassungsfortbildungen und sonstige nach SGB geförderte, arbeitsmarktbezogene (non-formale) Maßnahmen

  • Nicht-betriebliche non-formale Weiterbildung: Diese umfasst Weiterbildungen bei Weiterbildungsorganisationen, die staatlich, marktlich oder gemeinschaftlich angeboten werden. Hierzu zählen u. a. Kurse, Seminare, Konferenzen, Fernstudien und Privatunterricht.

  • Betriebliche non-formale Weiterbildung: Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie vollständig oder teilweise von Unternehmen für ihre Beschäftigten finanziert wird. Der Lernort spielt hingegen in der Abgrenzung betrieblicher von nicht-betrieblicher Weiterbildung eine untergeordnete Rolle, da betriebliche Weiterbildung sowohl inner- als auch außerbetrieblich stattfindet (vgl. Käpplinger 2018, S. 681 f.).

Die drei Segmente non-formaler Weiterbildung lassen sich in der Praxis nicht immer trennscharf voneinander unterscheiden (in Abb. 2 durch überlappende Kreise dargestellt). Zudem haben sie Überschneidungsbereiche mit der formalen beruflichen Weiterbildung (in Abb. 2 durch einen Grenzbereich zwischen FED und NFE dargestellt).

Informelles Lernen umfasst, dem Verständnis der CLA nach, sämtliche Aktivitäten, die explizit und absichtsvoll (intentional) einem Lernziel dienen, aber weniger strukturiert sind. Sie führen in der Regel nicht zu einer Zertifizierung und sind nicht institutionalisiert. Das informelle Lernen findet im privaten und im Arbeitsumfeld statt und kann vielfältige Formen annehmen (z. B. Lernen von Familienangehörigen, Besuch von Tagungen, Selbststudium von Fachliteratur, Nutzung von sozialen Medien).

3 Ergebnisse der Bestandsaufnahme

Im folgenden Abschnitt werden empirische Kennziffern in der nationalen Berichterstattung in Deutschland entsprechend der Wirkungskette nach Weiterbildungserfolgen, -ergebnissen und -erträgen zusammenfassend dargestellt (3.1) sowie hinsichtlich der Abdeckung unterschiedlicher Teilbereiche der beruflichen Weiterbildung analysiert (3.2).

3.1 Kennziffern zu Erfolgen, Ergebnissen und Erträgen der beruflichen Weiterbildung in der nationalen Bildungsberichterstattung

Als nationale Bildungsberichterstattung werden hier diejenigen Veröffentlichungen bezeichnet, die sich auf das nationale Bildungssystem beziehen, auf Kontinuität ausgelegt sind, primär für die Bildungsberichterstattung verfasst wurden und den Anspruch haben, die hier interessierenden Kennziffern regelmäßig und wiederkehrend zu berichten. Zudem wurden nur Berichte aufgenommen, die relevante Informationen zu den Effekten beruflicher Weiterbildung enthalten. Die Bestandsaufnahme bezieht sich auf die jeweils aktuellen Fassungen der untersuchten Berichte.

Bei der Durchsicht der relevanten Berichte wurden zunächst alle enthaltenen Kennziffern zu Wirkungen von beruflicher Weiterbildung identifiziert. Dabei wurden, neben Inhalt und Herkunft der verwendeten Daten, auch die in den Berichten verwendeten Differenzierungsmerkmale erfasst. In einem zweiten Schritt wurden die erfassten Kennziffern entsprechend der Beschreibung der Wirkungskette den Wirkungsdimensionen zugeordnet. Bei der Zuordnung wurden sowohl inhaltliche als auch zeitliche Kriterien berücksichtigt. Dementsprechend wurden unmittelbare Produkte der Weiterbildungsaktivitäten als Weiterbildungserfolge eingeordnet, während kurz-mittelfristige monetäre und nicht-monetäre Auswirkungen als Weiterbildungsergebnisse zugeordnet wurden. Für eine Einordnung als Weiterbildungsertrag wurden sowohl eine hohe inhaltliche Aussagekraft hinsichtlich des nachhaltigen Nutzens für Individuen oder Gesellschaft als auch eine langfristige Betrachtungsperspektive vorausgesetzt.

In Tab. 1 sind die analysierten Berichtssysteme sowie die darin enthaltenen Kennziffern und Indikatoren zu Erfolgen, Ergebnissen und Erträgen beruflichen Weiterbildung zusammenfassend dargestellt.

Tab. 1 Kennziffern zur beruflichen Weiterbildung in der nationalen Bildungsberichterstattung mit Zuordnung zu Wirkungsdimensionen, nach Berichten

Der Bericht der Bundesregierung über die Förderung der beruflichen Weiterbildung im Rahmen der aktiven Arbeitsförderung und die entsprechenden Ausgaben 2021 enthält eine Kennziffer zu Bildungserfolgen: die Erfolgsquote der Weiterbildungsmaßnahme. Sie beziffert die Prozentzahl der Austritte, bei denen das Maßnahmeziel erreicht wurde. Diese wird abgegrenzt von den Fällen, bei denen die Prüfung nicht bestanden wurde, ein Abbruch wegen Arbeitsaufnahme erfolgte oder sonstige Abbrüche verzeichnet wurden. Sie wird als Aggregat für berufliche Weiterbildungsmaßnahmen insgesamt (Deutscher Bundestag (BT) 2021, S. 10 f.), sowie als Teilbereichsaggregate für die abschlussorientierte Weiterbildung (BT 2021, S. 16 f.) und Anpassungsfortbildung und sonstige Maßnahmen (BT 2021, S. 20) ausgewiesen, sowie außerdem differenziert für verschiedene Einzel-Maßnahmen (BT 2021, S. 19 ff.) und Programme (BT 2021, S. 27 ff.). Die Darstellung auf Maßnahmeebene umfasst betriebliche Einzelumschulung (BT 2021, S. 18), Anpassungsfortbildung (BT 2021, S. 20), Vermittlung von Grundkompetenzen (BT 2021, S. 21), Vorbereitungslehrgänge auf Externen‑/Schulfremdenprüfungen (BT 2021, S. 22), Weiterbildung mit zertifizierter Teilqualifikation (BT 2021, S. 23), Bildungsprogramme (Initiative Zukunftstarter (BT 2021, S. 27) & WeGebAU (BT 2021, S. 29)) sowie über das Qualifizierungschancengesetz (BT 2021, S. 33,) geförderte Maßnahmen. Es erfolgt zudem durchweg eine weitere Differenzierung nach Rechtskreisen (SGB II/III). Die Informationen in dem Bericht basieren auf Statistiken der Bundesagentur für Arbeit.

Der Bericht enthält darüber hinaus eine Kennziffer zu den Bildungsergebnissen: die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, sechs Monate nach Beendigung der Maßnahme (Eingliederungsquote). Eingliederungsquoten werden dargestellt für die Förderung beruflichen Weiterbildung (FbW) insgesamt (BT 2021, S. 11), für abschlussorientierte Weiterbildung (BT 2021, S. 16), jeweils nach Rechtskreisen und Berufsgruppen und für Maßnahmen der betrieblichen Einzelumschulung (BT 2021, S. 18) (nur nach Rechtskreisen), sowie für die Programme der Beschäftigtenqualifizierung nach WeGebAU (BT 2021, S. 29) und dem Qualifizierungschancengesetz (BT 2021, S. 33). Daten zu Weiterbildungserträgen werden nicht berichtet.

Im Berufsbildungsbericht 2021 und im Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2021 lassen sich drei Kennziffern auf der Ebene der Weiterbildungserfolge identifizieren. Zum einen werden im Berufsbildungsbericht bestandene Fortbildungsprüfungen (Aufstiegs- und Anpassungsfortbildungen) nach BBiG/HwO dargestellt (Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) 2021a, S. 102). Die Informationen hierzu basieren auf Daten des Statistischen Bundesamts und der statistischen Landesämter. Im Datenreport erfolgt zusätzlich eine Differenzierung der Fortbildungsprüfungen nach Ausbildungsbereichen, Fachrichtungen und Geschlecht, sowie im Zeitverlauf (BIBB 2021b, S. 364 ff.). Im Berufsbildungsbericht wird als weitere Kennziffer der Bevölkerungsanteil mit höherer Berufsbildung dargestellt (BIBB 2021a, S. 102). Die Darstellung basiert auf Analysen mit Daten des Mikrozensus. Der Datenreport enthält zusätzlich Zeitverlaufsdaten im Vergleich mit akademischen Abschlüssen (BIBB 2021b, S. 397 ff.). Als dritte Kennziffer werden im Datenreport die Anzahl abgeschlossener beruflicher Weiterbildungen an FachschulenFootnote 2 (nach Berufshauptgruppen, Geschlecht und rechtlichem Status der Schule), basierend auf Daten des statistischen Bundesamts und der statistischen Landesämter dargestellt (BIBB 2021b, S. 380 ff.).

Auf Ebene der Weiterbildungsergebnisse enthält der Berufsbildungsbericht zwei Kennziffern. Die erste bezieht sich auf den beruflichen Erfolg (über Fachkarriere, Vorgesetztenfunktion und Monatseinkommen) bei Personen mit höherqualifizierender Berufsausbildung, basierend auf Daten der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018 (BIBB 2021a, S. 101 f.). Der Datenreport enthält hierzu weitere Ausdifferenzierungen nach Geschlecht und Berufsgruppen sowie zusätzlich eine Darstellung des Stundenlohns (BIBB 2021b, S. 401 ff.). Als zweite Kennziffer werden im Berufsbildungsbericht qualifikationsspezifische Arbeitslosenquoten basierend auf Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung dargestellt (BIBB 2021a, S. 101 f.).

Während der Berufsbildungsbericht keine Kennziffern zu analytischen Weiterbildungsergebnissen enthält, werden im Datenreport an drei Stellen Weiterbildungsergebnisse, die Wirksamkeit der Maßnahmen analytisch abschätzen, berichtet. Zum einen wird im Datenreport zum Berufsbildungsbericht der realisierte subjektive Nutzen betrieblicher Weiterbildung für sieben konkrete Nutzendimensionen dargestellt (BIBB 2021b, S. 299 ff.). Die Daten hierzu stammen aus dem AES 2016. Im Datenreport findet sich darüber hinaus eine Bewertung des Nutzens einer höheren Berufsbildung, insbesondere im Hinblick auf ein höheres Einkommen und eine anspruchsvollere Position (nach Abschluss/Geschlecht). Die Daten hierzu entstammen der BIBB/BAuA Erwerbstätigenbefragung 2018 (BIBB 2021b, S. 405 f.). Zudem werden anhand multivariater Analysen Lohnprämien (Vergleich des berichteten Monatseinkommens mit und ohne höherqualifizierender Berufsbildung; sowie im Vergleich mit akademischen Bildungsabschlüssen) dargestellt. Die Daten hierzu entstammen ebenfalls aus der BiBB/BAuA Erwerbstätigenbefragung 2018 (BIBB 2021b, S. 403 ff.). Daten zu Weiterbildungserträgen werden nicht berichtet.

Der Nationale Bildungsbericht (NBB) 2020 enthält zwei Kennziffern zur beruflichen Weiterbildung auf der Ebene der Weiterbildungserfolge. Zum einen eine subjektive Bewertung der Lernerfahrung non-formaler Weiterbildung, differenziert nach Segmenten der Weiterbildung (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020, S. 220 f.). Diese basiert auf Daten des Adult Education Surveys (AES) 2018. In der AES-Befragung stehen die Zufriedenheit mit den Lernerfolgen sowie eine Einschätzung zur Anwendbarkeit des Gelernten im Vordergrund. Darüber hinaus werden im NBB Prüfungsergebnisse von Integrationskursen „Deutsch-Tests für Zuwanderer“ berichtet (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020, S. 226 f.).

Als Weiterbildungsergebnisse sind im Nationalen Bildungsbericht 2020 Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung nach SGB II/III dargestellt. Hierzu werden deskriptiv Eingliederungsquoten am Arbeitsmarkt, sechs Monate nach Abschluss einer Weiterbildungsmaßnahme, basierend auf Daten der Bundesagentur für Arbeit, nach Berufsgruppen aufgeteilt, dargestellt (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020, S. 224 f.). Der NBB präsentiert zur Bewertung der Wirkungen von Weiterbildung im Sinne von analytischen Bildungsergebnissen Befunde aus Einzelstudien (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020, S. 223 ff.). Eine Studie zu Beschäftigungswahrscheinlichkeit und Lohnhöhe nach beruflicher Weiterbildung für Arbeitslose (Bernhard 2016) wird dabei direkt, unter Einbettung von Zahlen, zitiert (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020, S. 225). Seit 2018 enthält der NBB ein separates Kapitel zu Wirkungen und Erträgen von Bildung (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020, S. 303–323). Die darin berichteten Kennziffern beziehen sich auf Wirkungen formaler Bildungsabschlüsse, wobei in Bezug auf Studienabschlüsse teilweise zwischen auf dem ersten Bildungsweg erworbenen und nachgeholten Studienabschlüssen differenziert wird. Für diesen Teilbereich wird damit implizit auf Weiterbildung verwiesen, weitere weiterbildungsspezifische Informationen zu Wirkungen anderer nachholender formaler Bildungsgänge sowie zu non-formalem und informellen Lernen sind jedoch nicht enthalten.

Der Reha Bericht 2019 zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation der Deutschen Rentenversicherung enthält zwei Kennziffern zu Weiterbildungserfolgen. Dargestellt werden zum einen Abschlüsse (erfolgreiche Abschlüsse sowie Abbrüche) bei beruflichen Bildungsleistungen der Rentenversicherung, die dem Datensatz zur Reha-Statistik-Datenbasis (RSD) entnommen sind (Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV), S. 72). Berufliche Bildungsleistungen umfassen sowohl Leistungen zur beruflichen Weiterbildung (Umschulungen und Fortbildungen), als auch Leistungen zur Anpassung bzw. Integration sowie Qualifizierungsleistungen. Im vorliegenden Bericht erfolgt keine differenzierte Darstellung nach Art der Bildungsleistung, jedoch wird der Anteil erfolgreich abgeschlossener Bildungsleistungen mit einem staatlich anerkannten Abschluss an allen erfolgreich abgeschlossenen Bildungsleistungen beziffert. Zusätzlich zu den Informationen aus der RSD liegen Informationen aus einer Teilnehmerbefragung (Reha-QS) hinsichtlich des Verlaufs und des Ergebnisses der BildungsleistungFootnote 3 vor (DRV, S. 69–72).

Auf der Ebene der Weiterbildungsergebnisse werden im Reha-Bericht Eingliederungsquoten dargestellt, die 6, 12 und 24 Monate nach Abschluss einer beruflichen Bildungsleistung vorliegen (DRV, S. 73–74). Die Eingliederungsquoten basieren, wie die Abschlussquoten, auf der RSD. Aus der Reha-QS-Befragung werden eine weitere Abfrage des Eingliederungsstatus der Versicherten in den Arbeitsmarkt sowie Kennziffern zu qualitativen Fragen, etwa zur Bedeutung von Rehabilitationsmaßnahmen für die Arbeitsstelle (DRV, S. 69–72), berichtet. Daten zu Weiterbildungserträgen kommen nicht vor.

Der Bericht zum Adult Education Survey (AES) „Weiterbildungsverhalten in Deutschland“ 2018 enthält zwei Kennziffern zu Weiterbildungserfolgen. Zum einen wird der Anteil von Weiterbildungsaktivitäten mit erworbenen Zertifikaten/Bescheinigungen dargestellt (Bilger und Strauß 2019, S. 50 f.) zum anderen eine subjektive Bewertung der Zufriedenheit mit dem durch non-formale Weiterbildungsaktivitäten Erlernten (Bilger und Strauß 2019, S. 49 f.). Darüber hinaus wird auf Ebene der Weiterbildungsergebnisse die subjektive Bewertung des aktuellen und künftig erwarteten Nutzenumfangs der in den non-formalen Weiterbildungsaktivitäten erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten gezeigt (Bilger und Strauß 2019, S. 50). Daten zu Weiterbildungserträgen werden nicht berichtet.

3.2 Analyse der Abdeckung unterschiedlicher Teilbereiche beruflicher Weiterbildung

Im Folgenden wird analysiert, inwiefern die in Abb. 2 dargestellten Teilbereiche beruflicher Weiterbildung durch Kennziffern zu ihrer Wirkung in der hier fokussierten Bildungsberichterstattung abgedeckt sind. Die grundsätzliche Gliederung nach formaler, nicht-formaler und informeller Weiterbildung ist dabei zentral, da aufgrund des höheren Ressourceneinsatzes und der Arbeitsmarktrelevanz formale Abschlüsse mit besonderen Wirkungserwartungen verbunden sind. Abb. 3 zeigt die Abdeckung der Teilbereiche beruflicher Weiterbildung durch objektive und subjektive Kennziffern entlang der verschiedenen Wirkungsdimensionen. Da in die Kategorie der Weiterbildungsergebnisse sowohl deskriptive Kennziffern, die einen Zustand beschreiben (Bsp. Eingliederungsquote sechs Monate nach Maßnahmeende) fallen, als auch analytische Ergebnisse, welche die aus der Weiterbildungsaktivität resultierenden Veränderungen bei den Teilnehmenden abschätzen (Bsp. Lohnprämie im Vergleich zu nicht-Teilnehmenden), wird folglich zwischen deskriptiven und analytischen Weiterbildungsergebnissen unterschieden.

Abb. 3
figure 3

Abdeckung der Teilbereiche beruflicher Weiterbildung in der Bildungsberichterstattung durch objektive und subjektive Kennziffern entlang der Wirkungsdimensionen

Insgesamt zeigt sich, dass die Abdeckung mit empirischen Kennziffern entlang der identifizierten Teilbereiche der beruflichen Weiterbildung sehr unterschiedlich ist. Der formale Weiterbildungsbereich ist am detailliertesten dargestellt. Jedoch finden sich nicht für alle Formen der formalen Weiterbildung Informationen in den analysierten Berichtssystemen. Darüber hinaus unterscheiden die vorhandenen Kennziffern nicht überall trennscharf zwischen formalen und non-formalen Maßnahmen, teilweise aufgrund fehlender Daten, teilweise aufgrund von Bereichszusammenfassungen, die eigenen Logiken folgen.

Bedingt durch den aktuellen Schwerpunkt im Datenreport 2021 ist die höherqualifizierende Berufsbildung breit über Kennziffern abgedeckt, sodass sowohl Weiterbildungserfolge als auch deskriptive und analytische Weiterbildungsergebnisse beschrieben werden. Dagegen ist die formale wissenschaftliche Weiterbildung, deren Abschlüsse im Deutschen Qualifikationsrahmen auf demselben Niveau oder höher liegen, in den untersuchten Berichten nicht über wirkungsbezogene Kennziffern beschrieben. Auch der 2. Bildungsweg als Mittel zum Erwerb allgemeinbildender Abschlüsse spielt in der untersuchten Bildungsberichterstattung zur beruflichen Weiterbildung keine Rolle. Bezogen auf Umschulungen zeigt sich, dass in den kontinuierlichen Berichtssystemen kaum teilbereichsspezifische Informationen dargestellt werden. Lediglich für die betrieblichen Einzelmaßnahmen werden im Bericht der Bundesregierung Bildungserfolge und -ergebnisse separat berichtet; ansonsten sind Umschulungen entweder in Aggregatwerten enthalten (z. B. abschlussorientierte berufliche Weiterbildung in der BA-Statistik, abgeschlossene Weiterbildung an Fachschulen, abgeschlossene Bildungsleistungen nach SGB IX) und damit nicht als separate Kategorie von der Berichterstattung durch Kennziffern abgedeckt.

Kennziffern zum gesamten Bereich der Weiterbildungsergebnisse in formaler Bildung, wie etwa die Darstellung qualifikationsspezifischer Arbeitslosenquoten, wie sie der Berufsbildungsbericht vornimmt, bündeln den Kenntnisstand zur generellen Bedeutung formaler Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt, lassen jedoch keine Schlussfolgerungen darüber zu, welcher Beitrag davon der Weiterbildung (im Gegensatz zur Erstausbildung) zuzuschreiben ist (nicht in der Abbildung enthalten).

Obwohl non-formale Bildungsaktivitäten den größten Teil aller Weiterbildungsaktivitäten ausmachen, sind zu deren Erfolgen, Ergebnissen und -erträgen nur wenige Informationen in den gesichteten Berichten enthalten. Auf der Ebene der Weiterbildungserfolge umfassender durch Kennziffern abgedeckt ist lediglich die SGB-geförderte non-formale Weiterbildung. Die non-formale betriebliche Weiterbildung ist hingegen wenig und zudem nur durch subjektive Kennziffern zu Bildungserfolgen und Bildungsergebnissen repräsentiert. Für die nicht-betriebliche individuelle Weiterbildung liegen nur zur Teilmenge der Integrationskurse objektive Kennziffern vor. Ansonsten erfolgt eine Darstellung nur über subjektive Auskünfte der Teilnehmenden zu Bildungserfolgen anhand des AES.

Dazu kommt die Schwierigkeit, dass diese, in Abb. 2 im Überschneidungsbereich zwischen formaler und non-formaler Weiterbildung dargestellten Teilbereiche sich dadurch auszeichnen, dass eine Zuordnung nicht eindeutig vollzogen werden kann. So existiert bspw. in der Förderstatistik der BA die Kategorie der „abschlussorientierten“ Maßnahmen, die auch Maßnahmen enthalten, die „nur“ zu Teilqualifikationen führen und damit nicht direkt zu einem formalen Abschluss (BT 2021, S. 7). Auch in der Reha-Statistik erschweren die Zuschnitte der statistischen Aggregate verschiedener Leistungen eine differenziertere Darstellung. Dadurch lassen sich, anhand dieser Berichte, die Bildungserfolge und -ergebnisse weder für die Förderstatistiken im Rahmen der Arbeitsförderung noch für Reha Statistiken Teilmengen der Teilnehmenden in formalen und non-formalen Leistungen präzise quantifizieren.

Wirkungen des informellen Lernens, Kompetenzentwicklung sowie das Thema der Validierung von informell erworbenen Kompetenzen sind in den erfassten Berichtssystemen bisher nicht vertreten.

In Abb. 3 wird zusammenfassend deutlich, bei welchen Teilbereichen beruflicher Weiterbildung die meisten „weißen Flecken“ in der Darstellung von Weiterbildungswirkungen in der Bildungsberichterstattung vorhanden sind. Letztlich sind diejenigen Teilbereiche beruflicher Weiterbildung besser in der nationalen Bildungsberichterstattung vertreten, die öffentlich reguliert und gefördert werden und für die teilweise auch (gesetzliche) Legitimationspflichten bestehen.

4 Diskussion

Ziel dieses Beitrags war es, eine Bestandsaufnahme der indikatorenbasierten Darstellung von empirischen Kennziffern zu Bildungserfolgen, -ergebnissen und -erträgen der beruflichen Weiterbildung in der (kontinuierlichen, nationalen) Bildungsberichterstattung vorzunehmen. Dazu wurde geprüft, inwieweit entsprechende Kennziffern in der Bildungsberichterstattung Verwendung finden.

Die Analyse der verschiedenen Berichte im Rahmen der durchgeführten Bestandsaufnahme zeigt auf, dass die deskriptive Darstellung von (öffentlich geförderten) Weiterbildungsmaßnahmen den Kern der nationalen Bildungsberichterstattung zur beruflichen Weiterbildung bildet. Hinsichtlich der Effekte von Weiterbildung liegt der Fokus der Berichtssysteme in der Darstellung von Statistiken zu (messbaren) Bildungserfolgen und Bildungsergebnissen, wie erworbenen Zertifikaten, erfolgreich abgeschlossenen Maßnahmen und der Eingliederungsquote in den Arbeitsmarkt.

Insgesamt sind in der analysierten Bildungsberichterstattung jedoch nur wenige Kennziffern vorhanden, die den Beitrag der Maßnahmen zu den Ergebnissen von Weiterbildung analytisch bemessen, und keine, die direkt auf die Dimension der Bildungserträge abzielen. Demnach fehlen in den Berichten bislang weitestgehend Informationen, die eine Überprüfung von Wirkungshypothesen erlauben oder eine Beurteilung des Beitrags der beruflichen Weiterbildung auf höher aggregierte (gesamtgesellschaftliche) Ziele ermöglichen würden. Dadurch können steuerungsrelevante Fragen, wie sie etwa im Kontext der nationalen Weiterbildungsstrategie gestellt werden – ob und wie etwa das System der beruflichen Weiterbildung und dessen Teilbereiche zu gesellschaftlicher Teilhabe, Chancengleichheit, Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft oder Deckung der Qualifikationsbedarfe beitragen – nur tentativ und kursorisch beantwortet werden.

Die Frage, ob die Bildungsberichterstattung damit als Steuerungsinstrument für die berufliche Weiterbildung geeignet ist, muss weiterhin mit einem „jein“ und damit differenziert beantwortet werden. Perspektiven liegen insbesondere in der Verbesserung der Abdeckung bildungspolitisch relevanter Teilbereiche, in der verbesserten Nutzung vorhandener Datengrundlagen und in der Konzeption und in der Weiterentwicklung der Bildungsberichterstattung selbst.

Um die genannten Teilbereiche, zu denen Wirkungsindikatoren fehlen, stärker in der Bildungsberichterstattung zu berücksichtigen, gilt es, sowohl die Nutzung gegebener Datenquellen auszubauen als auch neue Datenquellen zu erschließen.

Ein Teilbereich, dem auch bildungspolitisch eine hohe Bedeutung zukommt, ist die wissenschaftliche Weiterbildung, und zwar sowohl in Form von formalen (abschlussbezogenen) weiterbildenden Studiengängen als auch non-formaler (nicht-abschlussbezogener) wissenschaftlicher Weiterbildung. In der wissenschaftlichen Weiterbildung existiert inzwischen eine große Vielfalt an Bildungsgängen und erhebliche Heterogenität (Franz und Feld 2014), so z. B. modulare Bildungsgänge, die wahlweise den Erwerb von einzelnen Zertifikaten oder eines ganzen Studienabschlusses ermöglichen. Im Einklang mit früheren Forschungsbefunden (Widany et al. 2020) ist die Datenlage in der Berichterstattung dazu sehr dünn. Derzeit ist noch wenig bekannt über die spezifischen Wirkungen eines weiterbildenden Studiums (auch im Gegensatz zu einem Studium im Rahmen der Erstausbildung). Ein Grund könnte sein, dass, anders als bei der höherqualifizierenden Berufsbildung, die per se als Weiterbildung zählt, eine empirische Trennung von Aktivitäten zwischen erster und weiterbildender Bildungsphase in vielen Fällen wissenschaftlicher Weiterbildung nur individuell zu bestimmen ist, da die entsprechenden Aktivitäten im Angebotsprofil von Hochschulen nur teilweise spezifisch (z. B. als weiterbildender berufsbegleitender Studiengang) gekennzeichnet sind. Bezüglich der wissenschaftlichen Weiterbildung gilt es zunächst, Datengrundlagen zu schaffen, die einerseits die Vielfalt der non-formalen (nicht-abschlussbezogenen) Angebote abbilden, andererseits auch die Abgrenzung von weiterbildenden Studiengängen (insb. nicht-konsekutiven Masterstudiengängen) zu grundständigen Studiengängen ermöglichen.

Ein weiterer Aspekt, der kaum in der Berichterstattung vertreten ist, ist der Erwerb von Teilqualifikationen, also z. B. Zertifikatsangeboten, die in Kombination zu einem beruflichen Abschluss oder Hochschulabschluss führen können. Bei den Zertifikatsangeboten und auch bei den Teilqualifikationen, die als Untergruppe der formalen, abschlussorientierten Weiterbildung in den SGB-Förderstatistiken auftauchen, ist zu wenig darüber bekannt, welchen Teil der Weiterbildung sie ausmachen. Dies lässt sich teils durch die heterogene Datenlage erklären (BIBB 2021b, S. 384), andererseits erscheint es doch möglich, zumindest die BA-geförderten Umschulungen in Form von Gruppenmaßnahmen separat auszuweisen (Braun et al. 2015). Zur Einschätzung von deren Wirkungen wäre bedeutsam, ob die Möglichkeit der Kumulation von Qualifikationen von den Individuen tatsächlich genutzt wird und ob davon ein Mehrwert ausgeht.

Generell fehlen auch Informationen zu den Wirkungen des 2. Bildungswegs im Sinne des Nachholens von allgemeinbildenden Schul- oder von Ausbildungsabschlüssen, der bisher nicht als systematischer Bestandteil beruflicher Weiterbildung begriffen wird. Um die Rolle des 2. Bildungswegs für schulische und berufliche Abschlüsse differenzierter darstellen zu können, bedarf es einer konzeptionellen Abgrenzung und entsprechend differenzierter Statistiken.

Trotz des auch in der Bildungsberichterstattung immer wieder thematisierten Sachverhalts, dass die betriebliche Weiterbildung einen Großteil der non-formalen Weiterbildung ausmacht, ist hier in Bezug auf Wirkungsindikatorik das größte Defizit zu verzeichnen. Der Beitrag der Betriebe zur Kompetenzentwicklung und zur Karriere ihrer Mitarbeitenden bleibt damit in der Bildungsberichterstattung weitgehend im Dunkeln. Trotz einer durchaus entfalteten internationalen bildungsökonomischen Forschung wird in Deutschland die betriebliche Gestaltung von Bildungsprozessen aufgrund deren Komplexität teilweise als Blackbox wahrgenommen (s. Kuper und Schrader 2019, S. 759). Kleine und mittlere Betriebe sowie die Sozialpartner werden in den Handlungszielen der NWS zwar explizit adressiert, es fehlen aber Informationen sowohl für diesen Teilbereich als auch für den Beitrag der Betriebe zu den gesamtgesellschaftlichen Zielen von Weiterbildung. Vor dem Hintergrund, dass auch hier öffentliche Ressourcen eine zunehmende Rolle spielen (z. B. durch öffentliche Ko-Finanzierung im Rahmen des Qualifizierungschancengesetzes), ist hier auch ein bildungspolitisches Steuerungsinteresse anzunehmen.

Neben der betrieblichen ist auch die nicht-betriebliche, non-formale Weiterbildung insofern steuerungsrelevant, als dass im Kontext des Lebenslangen Lernens den Individuen eine stärkere Eigenverantwortung zugeschrieben wird und das individuelle Lernen gezielt unterstützt werden soll (z. B. durch mehr Transparenz, Schließung von Förderlücken). Es liegen aber zu wenige Informationen über deren Folgen in den Berichten vor, um die Erreichbarkeit der in der NWS gesetzten Ziele beurteilen zu können. Unter dem Aspekt der Chancengleichheit müsste eine Berichterstattung auch spezifisch zur Wirkung von grundbildenden Maßnahmen für Beschäftigte und nicht-Beschäftigte informieren. Im Rahmen der AlphadekadeFootnote 4 spielt die arbeitsplatzorientierte Grundbildung eine wichtige Rolle. Hierzu enthält lediglich der Bericht der Bundesregierung Hinweise auf Erfolge und Ergebnisse, es bleibt aber unklar, ob dies schon den ganzen Bereich der, auch an öffentlich geförderten Weiterbildungsorganisationen durchgeführten, grundbildenden Maßnahmen erfasst.

Für die non-formale Weiterbildung insgesamt wäre es ein wichtiger Schritt, mehr an objektive Sachverhalte geknüpfte Wirkungskennziffern zu entwickeln, die über die bisher häufig genutzten, auf subjektiven Einschätzungen beruhenden Kennziffern hinausgehen. Für nicht-betriebliche und betriebliche Weiterbildung sollten u. a. die Potenziale des Nationalen Bildungspanels (NEPS) stärker erschlossen werden, das auf individueller Ebene alle Arten von Lernaktivitäten erfasst und somit das vorhandene Spektrum vollständig abbildet. Durch die mittlerweile vorliegenden elf Wellen der Erwachsenenkohorte bestehen gute Voraussetzungen für analytische Forschung, aber auch für die Entwicklung spezifischer Kennziffern für den Längsschnitt.Footnote 5 Das NEPS böte zudem auch das Potenzial, Kennziffern zu Bildungsverläufen quer durch die Teilbereiche beruflicher Weiterbildung zu entwickeln und bereichsübergreifende Forschungsergebnisse zu Wirkungen von Weiterbildung zu generieren, die in die Bildungsberichterstattung einfließen könnten. Stärker erschlossen werden sollten auch in den Berichten bisher ungenutzte länderübergreifende Daten (z. B. Labor Force Survey, EU-SILC oder das European Social Survey), die ein Potenzial für vergleichende Analysen auf supranationaler Ebene bieten, um makroökonomische bzw. gesamtgesellschaftliche Auswirkungen der Weiterbildungspolitik und -aktivitäten besser analysieren zu können.

Dem informellen Lernen wird bildungspolitisch eine hohe Bedeutung zugeschrieben. Dies wird sichtbar insbesondere durch die verstärkte Entwicklung und Durchführung von Validierungsverfahren auf nationaler und internationaler Ebene (Bohlinger und Münchhausen 2011). Auch existieren Konzepte für arbeitsbezogenes Lernen, betriebliche Lernorte und Lernräume in der digitalisierten Arbeit (Dehnborstel 2020), ohne dass etwas über deren Anwendung und Wirkungen bekannt wäre. Kompetenzen könnten so als „zentraler Ertragsindikator“ (Kuper und Schrader 2019, S. 759) von Weiterbildung auch im beruflichen Kontext aufgefasst werden. Eine standardisierte Kompetenzmessung wie im Schulbereich existiert für die Weiterbildung jedoch nicht. Da eine berufliche Kompetenzmessung einen Bezug zum jeweiligen Inhalts- und Handlungsfeld voraussetzt (Kaiser und Kaiser 2018) und berufliche Felder vielfältig sind, wäre der direkte Einbezug solcher Messungen in die Bildungsberichterstattung auch nicht realistisch (Baethge et al. 2006). Auf einer globaleren Ebene könnte Bildungsberichterstattung jedoch die Inanspruchnahme und Ergebnisse von Anerkennungsprozessen aufgreifen und diese in einen Zusammenhang mit Fragen des informellen Lernens und der Kompetenzentwicklung im beruflichen Kontext stellen. Auch die Effekte von informellem Lernen ließen sich in der Längsschnittperspektive mit Daten des NEPS potenziell besser erforschen und ggf. auch kennziffernbasiert abbilden.

Der hier vorgestellte Befund zur Schwierigkeit der indikatoren- und kennzifferbasierten Darstellung von Wirkungen beruflichen Weiterbildung bietet auch Anlass, über Weiterentwicklungsmöglichkeiten des Aufbaus und Transfers der Bildungsberichterstattung nachzudenken. Gemessen an dem formulierten Anspruch, sich an den Zielen der Weiterbildung zu orientieren (Döbert und Maaz 2016), und angesichts der Vielfalt der Teilbereiche und Ziele beruflicher Weiterbildung auf individueller, betrieblicher und gesamtgesellschaftlicher Ebene, könnte eine Fokussierung der Berichterstattung auf konkretere, konsensual definierte bildungspolitische bzw. spezifisch weiterbildungspolitische Ziele hilfreich sein, um für die Adressatinnen und Adressaten nützliche steuerungsrelevante Informationen zu generieren. Auch ein verstärkter Dialog mit der Bildungsforschung zu den dafür relevanten Fragestellungen könnte dazu beitragen, dass mehr durch methodisch ambitionierte Verfahren gewonnene Befunde in die Berichterstattung einfließen, die es erlauben würden, Wirkungsfragen näher zu beantworten als bisher. Zum Beispiel durch eine vermehrte Einbindung von Analysen, in denen Selektionseffekte und Einflussfaktoren berücksichtigt werden.

Bezogen auf die Darstellung von Forschungsergebnissen zu den Wirkungen von beruflicher Weiterbildung könnten systematische Herangehensweisen, beispielsweise durch Meta-Analysen oder systematische Reviews eine wertvolle Erweiterung des Bildungsmonitorings darstellen, das Forschungsbefunde bisher eher punktuell und kursorisch aufgreift. Solche Reviews würden sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht das Evidenzlevel erhöhen (z. B. Metastudien für Wirkungsbedingungen betrieblicher Weiterbildung bei (Kuper und Schrader 2019, S. 762 f.)). Neben einer höheren Aussagekraft könnte so auch eine explizitere Darlegung der Kriterien zu Auswahl der Studien für eine höhere Transparenz und Akzeptanz der Ergebnisse führen. Da diese in die Logik von indikatorenbasierter Berichterstattung schwer zu integrieren sind, würde sich ein systematischer Ort dafür (z. B. eigenes Standardkapitel) im Rahmen der Berichterstattung anbieten. Gleiches gilt für Forschungsbefunde mit niedrigerer Evidenz, aber innovativen Inhalten, wie sie bspw. in qualitativen Forschungsprojekten z. B. im Rahmen von Begleitforschung anfallen. Auch diese könnten über ein besonderes Format bzw. Kapitel die indikatorengestützte Bildungsberichterstattung bereichern.

Die Kombination mit einem bildungspolitischen Diskurs der Adressatinnen und Adressaten und steuernden Akteurinnen und Akteure in geeigneten Strukturen, wie sie z. B. jetzt durch die NWS eingerichtet sind, könnte zyklisch zur Fokussierung auf jeweils aktuelle Fragestellungen beitragen. Durch diese und weitere komplementäre Maßnahmen könnte der Informationsgehalt der Bildungsberichterstattung speziell zu den Wirkungsdimensionen auf eine Art und Weise verbessert werden, die nicht nur auf Indikatorik angewiesen ist.