Hintergrund und Zielstellung

Die Vorsorgemaßnahmen zur Minimierung des Infektionsrisikos während der COVID-19-Pandemie haben auch zu vielen Veränderungen für Beschäftigte in Deutschland geführt. Im Zuge dessen haben viele Unternehmen ad hoc ihre Büroarbeitsplätze ins Homeoffice verlagert [1], was zu einer Verdopplung des Anteils an Beschäftigten, die im Homeoffice arbeiten, geführt hat. 2019 lag der Anteil noch bei 12,8 % aller abhängig Beschäftigten in Deutschland und 2021 bereits bei 24,8 % [2] (ebenso in 2022 bei 24,2 % [3]). Systematische Übersichtsarbeiten zeigten auf, dass die pandemiebedingte Einführung von digitaler, remote Zusammenarbeit keine allgemeingültigen Folgen für Beschäftigte hatte [4, 5], sondern persönliche Faktoren (z. B. Wohnbedingungen oder persönliche Ressourcen wie Bewältigungsstrategien) und organisationale Faktoren (z. B. Handlungsspielraum, Führungsverhalten oder Unterstützung von Arbeitskolleg:innen) die Wahrnehmung der Arbeit im Homeoffice signifikant beeinflusste [4]. Insbesondere bei konstant fehlender Unterstützung seitens der Organisation während der COVID-19-Pandemie berichteten Beschäftigte von erhöhten Arbeitsanforderungen und einer Beeinträchtigung ihrer psychischen Gesundheit, u. a. erhöhtes Stresserleben, emotionale Erschöpfung und Burnout [5]. Nach dem aktuellen Stand der Forschung bestehen jedoch bislang wenige Studien zum Einfluss der pandemiebedingten Veränderungen auf Führungskräfte. Bisherige Forschungsergebnisse deuteten auf erhöhte Arbeits- und Führungsanforderungen in der digitalen, remote Zusammenarbeit hin [6,7,8,9] und infolgedessen auf eine Beeinträchtigung ihrer psychischen Gesundheit [10]. So wurden beispielsweise erhöhtes E‑Mail-Aufkommen und Arbeitsverdichtung [6], erhöhte emotionale Anforderungen (z. B. Umgang mit pandemiebezogener Unsicherheit; [7]), erhöhte soziale Anforderungen in der Mitarbeiterführung (z. B. erschwerte Kommunikation, Konfliktlösung und Wahrnehmung von nonverbalen Signalen; [7,8,9]) und erhöhte arbeitsorganisatorische Anforderungen (z. B. Strukturierung und Neuorganisation der Arbeit im Team; [7]) von Führungskräften berichtet, die während der COVID-19-Pandemie (teilweise erstmalig) digital und remote geführt haben. Allgemein bestehen bislang wenige Studien zur psychischen Gesundheit von Führungskräften und ihren spezifischen Ressourcen und Arbeitsanforderungen. Bisherige Studien verdeutlichten, dass Führungskräfte häufiger mit höheren Anforderungen konfrontiert sind als Beschäftigte [11, 12]: Eine hohe Arbeitsintensität und Arbeitsintensivierung, Konflikte, das Arbeiten unter widersprüchlichen Anforderungen und Rollenkonflikten sowie die Übernahme von Verantwortung zählen zu ihren potenziell gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen [13, 14]. Eine Literaturübersicht konnte demnach aufzeigen, dass die arbeitsbezogenen Risikofaktoren von Führungskräften in einem statistisch bedeutsamen Zusammenhang mit Gesundheitsrisiken (wie depressive und psychosomatische Symptome, Irritation und psychischer Stress) stehen [14]. Um die Ressourcen von Führungskräften wie z. B. Handlungsspielraum zu stärken, braucht es gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen in Organisationen sowie spezifische Unterstützungsmaßnahmen für Führungskräfte [11].

Zusammenfassend kann auf Basis des aktuellen Forschungsstands nicht abschließend beantwortet werden, welche Auswirkungen die COVID-19-Pandemie speziell auf Führungskräfte hatte, was sich für sie verändert hat und was sie im Umgang mit den veränderten Arbeits- und Führungsanforderungen unterstützt hat. Unter Berücksichtigung ihrer Vorbildfunktion und Multiplikator:innenrolle für Prävention am Arbeitsplatz [13, 15] ist unsere aus dem Forschungsstand abgeleitete Forschungsfrage daher von besonderer Relevanz: Welche Veränderungen haben sich für Führungskräfte während der COVID-19-Pandemie ergeben, und welche Unterstützungspotenziale haben sie in dieser Zeit wahrgenommen?

Methodik

Die vorliegende qualitative Interviewstudie wurde mit 16 Führungskräften mittels halbstrukturierter, leitfadengestützter Telefoninterviews zwischen Mai und Juli 2021 durchgeführt. Teilnehmen konnten Führungskräfte, die zum Erhebungszeitpunkt (1) mehrheitlich digital arbeiteten (z. B. 3 Tage/Woche) und daher Erfahrungen mit virtueller Führung auf Distanz vor bzw. während der COVID-19-Pandemie gemacht haben, (2) eine Berufserfahrung von mindestens 1,5 Jahren hatten, (3) deutschsprachig waren und (4) mindestens 18 Jahre alt waren. Die Rekrutierung zur freiwilligen Teilnahme erfolgte nach dem Schneeballprinzip über persönliche und berufliche Kontakte, berufliche Netzwerkplattformen sowie Präsentationen auf wissenschaftlichen Konferenzen und eines Unternehmensverbandes. Die Datenerhebung erfolgte mittels der problemzentrierten Interviewmethode nach Witzel (unter Verwendung der vier Instrumente: Kurzfragebogen für soziodemografische Daten, Tonbandgeräteaufzeichnung, Leitfaden und Postskriptum; [16, 17]). Der Interviewleitfaden ist im Anhang dargestellt. Es wurde ein Pre-Test durchgeführt, keine Interviews wurden wiederholt oder ausgeschlossen. Die Datentranskription erfolgte anhand des semantisch-inhaltlichen Transkriptionssystems nach Dresing und Pehl [18], die Daten wurden anonymisiert und die induktive Datenauswertung anhand der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring [19] durchgeführt. Für beide Arbeitsschritte wurde die Software MAXQDA (Version 20.0.6, VERBI GmbH, Berlin, Deutschland) verwendet.

Ergebnisse

In der vorliegenden Stichprobe (N = 16) waren die meisten Führungskräfte männlich (68,75 %), in der Dienstleistungsbranche tätig (68,75 %), in großen Unternehmen (75,00 %), in Vollzeit (93,75 %) und seit 6–10 Jahren (37,50 %) beschäftigt. Die Führungskräfte waren im Durchschnitt 45,7 Jahre alt, die meisten waren auf einer Teamleitungsposition angestellt (50,00 %) und führten nationale Teams (81,25 %). Fast die Hälfte der Teilnehmenden hatte eine große Führungsspanne mit mindestens 26 Beschäftigten (43,75 %; Tab. 1).

Tab. 1 Deskriptive Charakteristika der Führungskräfte (N = 16)

Die qualitativen Ergebnisse sind in zusammenfassender Form in Abb. 1 dargestellt.

Abb. 1
figure 1

Wahrgenommene Veränderungen und Unterstützungspotenziale während der COVID-19-Pandemie aus der Perspektive von Führungskräften

Veränderungen der individuellen Arbeitsbedingungen und Führungsanforderungen

Insgesamt berichteten die Führungskräfte von vielen Veränderungen ihrer individuellen Arbeitsbedingungen im Zuge der COVID-19-Pandemie. Übergeordnet gab im Bereich der Arbeitsorganisation mehr als die Hälfte der Befragten an, dass sich ihr Arbeitsplatz im Zuge der COVID-19-Pandemie-Verordnungen überwiegend ins Homeoffice verlagerte und ihre tägliche Fahrtzeit ins Bürogebäude aber auch Dienstreisen damit wegfielen. Auf der einen Seite berichteten mehrere Führungskräfte, dass sie dadurch viele Vorteile genießen konnten, indem sie mehr Freizeit nutzen konnten und die erhöhte Flexibilität in der Gestaltung ihres Alltags positiv erlebten. Zwei Personen erläuterten in diesem Zuge, dass die flexible Arbeitszeiteinteilung aus dem Homeoffice insbesondere für die Kinderbetreuung eine Entlastung darstellte.

„Hat sich schon etwas geändert, wir haben alle dazugelernt. Also vor der Pandemie war meine Arbeitswoche, ich hab’ mich Sonntagabend ins Flugzeug gesetzt, bin meistens jeden Tag woanders gelandet, habe jeden Tag in einem anderen Hotel geschlafen, dachte, das muss so sein. Also merken Sie schon, dachte das muss so sein, nur so ist man erfolgreich. Jetzt bin ich eher digital unterwegs und nur noch weniger persönlich auf Reisen.“ [Führungskraft #12, 51–60 Jahre alt, Abteilungsleitung]

„Ich fand es eher durch mein persönliches Setup, ich habe ein Kleinkind zuhause und ich fand es erleichternd. Dadurch, dass die Arbeitswege entfallen sind und dadurch, dass ich zuhause war und die Kita dann nur 500 m entfernt. Da konnte ich hin. Das wäre nicht so gewesen, wenn ich ins Büro gefahren wäre. Deswegen fand ich es so eigentlich fast einfacher und habe eher die Vorteile des Homeoffice zu schätzen gelernt, worauf ich mich vielleicht nicht eingelassen hätte, wenn es nicht eh logisch gewesen wäre.“ [Führungskraft #13, 31–40 Jahre alt, Teamleitung]

Auf der anderen Seite berichteten andere Führungskräfte, dass die Arbeitszeiten bzw. Arbeitsmenge durch den Entfall von Fahrtzeiten und Dienstreisen stark zugenommen haben. Teils wurde das höhere Arbeitspensum positiv bewertet (höhere Produktivität), teils verwiesen einzelne Führungskräfte auch auf die Herausforderungen zur Abgrenzung von der Arbeit, der Selbstorganisation und der Informations- und Kommunikationszunahme.

„Und ja und für mich privat, ich […] bin sonst immer jeden Tag gefahren, hin und zurück, so 250 km. Das spare ich natürlich im Moment. Also für mich ist so, also ich muss versuchen diese zwei, zweieinhalb Stunden Fahrtzeit jetzt nicht nur noch zu arbeiten. So rechtzeitig Feierabend zu machen, das ist ein bisschen schwierig, das ist eine Herausforderung, meine persönliche Herausforderung.“ [Führungskraft #1, 51–60 Jahre alt, Abteilungsleitung]

Besonders große Umstellungen erlebten zum einen diejenigen Führungskräfte, die erst durch die COVID-19-Pandemie die Erfahrung machten, regelmäßig digital mit ihrem Team aus dem Homeoffice zusammenzuarbeiten. Zum anderen beschrieben auch einzelne Führungskräfte große Veränderungen, die während der COVID-19-Pandemie den Arbeitgeber gewechselt haben oder nach der Elternzeit erst lernen mussten, das Team aus dem Homeoffice zu führen, oder noch wenig Führungserfahrungen zu dem Zeitpunkt aufwiesen.

„Für mich war das erstmal so ein bisschen ein Erleben aus der Ferne, weil ich noch in Elternzeit war, als Corona so richtig getroffen hat und alles ins Digitale umgeschoben wurde. Als ich dann im August gestartet bin, war es schon so, dass mein Team einen kleinen Vorsprung hatte, was das bedeutet, remote zu arbeiten und aus dem Homeoffice zu arbeiten und ich mich erstmal anpassen musste und erstmal einrichten musste. Also wirklich physisch einrichten musste am Schreibtisch, aber auch irgendwie auch diese neue veränderte Atmosphäre, dieses neue Arbeiten, dieses sehr eigenverantwortliche Arbeiten, dieses auch sehr eigenverantwortliche, wenn ich Kontakt haben will, dann muss ich auch dafür sorgen, dass ich Kontakt habe.“ [Führungskraft #5, 31–40 Jahre alt, Teamleitung]

„Auch wenn ich schon fünf Jahre in dem Unternehmen bin, bin ich erst seit zwei Jahren Gruppenleitung, überhaupt eine Führungskraft und nach einem Jahr dann war das schon für mich eine starke Herausforderung. Weil nach einem Jahr hatte man gerade so sein Team ein bisschen kennengelernt, das befand sich gleichzeitig auch im Wandel, weil Teammitglieder das Team verlassen haben, neue dazu gekommen sind, es haben sich neue Hierarchien gebildet, neue Freundschaften.“ [Führungskraft #8, 31–40 Jahre alt, Teamleitung]

Mehrere Befragte betonten hierbei die erhöhten Anforderungen, die sie an sich als Führungskräfte in dieser Zeit erlebt haben. Neue Anforderungen beinhalteten u. a. die ständige Erreichbarkeit als Führungskraft, der höhere Aufwand für Mitarbeiterführung und Kollaboration, zusätzliche pandemiebedingte Aufgaben wie die Verteilung von Kurzarbeit bzw. Personalplanung oder zusätzliche Führungsverantwortung für ein weiteres Team.

„Also, wenn ich jetzt so zurückdenke an die Anfangszeit, dann war ich da teilweise definitiv überfordert. Das war schon so ein Gefühl von Überforderung. Wie schaffe ich das jetzt alles? Ich muss hier jetzt gerade irgendwie ein Team wieder zusammenfügen, was durch die Pandemie gefühlt so ein bisschen auseinandergezogen wurde wie Kaugummi?“ [Führungskraft #5, 31–40 Jahre alt, Teamleitung]

„Ja, es hat sich schon stark verändert, weil wenn ein ganzes Team, vor allen Dingen eins, was man nicht so gut kennt, dann auf einmal digital zu führen ist, ist der Aufwand und die Betreuung auch, ich sag mal, alle an Bord zu halten, deutlich höher. Also ich habe so die ersten drei, vier Monate, bin ich da ganz schön auf dem Schlauch gegangen, weil alles derartig durchgetaktet ist und auch durchaus die Anforderung der Mitarbeiter kam: ‚Okay, wir wollen morgens und nachmittags gerne jeden Tag uns austauschen, weil wir sehen uns ja nicht.‘ Was sonst alles so nebenher passiert, muss dann alles organisiert werden. Und inzwischen ist es, eigentlich geht es, aber so die ersten Monate waren da schon, auch wenn man es gewohnt ist, digital zu arbeiten in Webkonferenzen und allem möglichen, waren schon extrem anstrengend.“ [Führungskraft #14, ≥ 61 Jahre alt, Teamleitung]

Veränderungen in den sozialen Beziehungen und in der Zusammenarbeit im Team

Fast alle Führungskräfte berichteten von Veränderungen in den sozialen Beziehungen und in der Zusammenarbeit im Team. Auf der einen Seite beschrieben die meisten Personen negative Veränderungen aufgrund der Herausforderungen in der digitalen Kommunikation sowie des stark reduzierten informellen und ungeplanten Austauschs im Homeoffice. Es wurde eine Zunahme an Kommunikationshäufigkeit über unterschiedliche Kanäle und Arbeitsverdichtung festgestellt sowie eine größere Herausforderung, Konflikte über digitale Kommunikationsmedien zu lösen. Hierbei wurde teilweise erläutert, dass die Umstellung auf eine digitale, remote Zusammenarbeit Zeit brauchte, um sich daran zu gewöhnen. Einzelne Teammitglieder haben hierbei größere Herausforderungen bei der Umstellung auf die Zusammenarbeit aus dem Homeoffice erlebt, teils aufgrund weniger oder keiner Vorerfahrung, geringer Medienaffinität oder persönlicher Wohnverhältnisse.

„Also das, was absolut verloren gegangen ist, ist die Hinterbühne des Unternehmens. Also die Flurgespräche, die Kaffeeküche. Also alles das, was ich für Innovation im Unternehmen für hochgradig wichtig halte, ist natürlich weg. Also ich treffe jemanden zufällig in der Kaffeeküche und erzähle jemandem das Problem, das ich gerade habe, und Kollegen helfen mir. Dieses Selbstverständnis ist nicht mehr da und ich muss jemanden anrufen, wenn ich ein Problem habe, und das ist eine Hürde. Also das nehmen wir schon wahr, dass das weniger stattfindet.“ [Führungskraft #2, 51–60 Jahre alt, Unternehmensleitung]

„Man kriegt E‑Mails, man kriegt Anrufe, man kriegt noch einen Chat, dann wird noch irgendwie in die Teams-Gruppe was reingeschrieben und man muss das irgendwie managen, das alles noch im Blick zu behalten. Das wird manchen dann auch ein bisschen viel.“ [Führungskraft #5, 31–40 Jahre alt, Teamleitung]

Auf der anderen Seite nahm mehr als die Hälfte der Befragten auch positive Veränderungen in der Zusammenarbeit wahr. So erlebten die Führungskräfte eine Verbesserung der inhaltlichen Zusammenarbeit, in welcher fokussierter, kollaborativer und selbstorganisierter gearbeitet und direkter kommuniziert wurde. Ebenso wurde eine Verbesserung der sozialen Beziehungen wahrgenommen, da mehr persönliche Einblicke im Homeoffice gewährt wurden, ein stärkerer Zusammenhalt in der Krise entstand und mehr kollegiale Unterstützung stattfand.

„Das, was sich verändert hat ist, dass die Leute eben nicht mehr bei Kunden unterwegs sind, sondern alle zuhause sitzen. Was aus meiner Sicht auch, ich sag mal, gewisse Persönlichkeiten mit reingebracht hat. Also gerade am Anfang der Pandemie, als die Tools noch nicht die Hintergründe verändern konnten und ähnliches machen konnten (lacht), kriegt man natürlich nochmal viel mehr mit. Ich sag mal, also allein schon, dann läuft da mal eine Katze durch den Bildschirm und so weiter, also das sind natürlich alles Dinge, die man irgendwie mitkriegt. Bei mir sind es die Kinder, in meinem Fall. Das sind Dinge, die natürlich persönliche Einblicke reingegeben haben, die so vorher nicht waren, also bewusst oder unbewusst. Das betrachte ich auch als eher positiv. Also das ist eher, ich sag mal, man ist ein Stück weit eher enger zusammengerückt praktisch. Also trotz der Entfernung ja eigentlich.“ [Führungskraft #3, 41–50 Jahre alt, Unternehmensleitung]

„Die Zusammenarbeit hat sich auch etwas geändert, finde ich. Es ist mehr kollaborativ würde ich fast schon sagen, weil wir, also kollaborativ in dem Sinne, dass wir durch Teams jetzt auch die Möglichkeit haben, gleichzeitig zum Beispiel an Dateien zu arbeiten, an Präsentationen oder Excel-Listen zu arbeiten und wir durchaus schon die ein oder andere Work-Session hatten, in Anführungszeichen, die wir alle uns gleichzeitig in ein Dokument eingeklickt haben und dabei telefoniert haben oder einen Video-Call hatten und das dann fertig gemacht haben. Und das ist wirklich etwas, was ich sehr schätze an der ganzen Umstellung, das ist viel einfacher geworden, gemeinsam Präsentationen zu erstellen oder Daten sich anzuschauen und damit zu arbeiten.“ [Führungskraft #5, 31–40 Jahre alt, Teamleitung]

„Also mir ist jetzt auch aufgefallen, auch im professionellen Bereich beim Kunden, […]. Man ist viel früher bereit über persönliche Dinge zu reden, um so ein Vertrauen aufzubauen. Das hatte ich so schnell in Gesprächen noch nie. Auch wird relativ schnell, kommt man auf das Anbieten vom Du.“ [Führungskraft #11, 51–60 Jahre alt, Abteilungsleitung]

Dennoch gaben einzelne Personen an, keine Veränderungen in der Zusammenarbeit auf fachlicher oder persönlicher Ebene festgestellt zu haben.

„Gleichwohl wird mir aber auch zurückgemeldet, dass es sozusagen am Verhältnis und am Vertrauen in der Zusammenarbeit, und das Gefühl kann ich auch bestätigen, keinerlei Abrieb gibt.“ [Führungskraft #9, 41–50 Jahre alt, Abteilungsleitung]

„Also inhaltlich, habe ich vorhin schon beschrieben, es hat sich nichts geändert und das ist die Erkenntnis. Ich kann genauso digital ein Gespräch führen und Resultate vereinbaren, die kontrollieren, ins offene Gespräch gehen als wenn ich in einem Raum sitze. Also an der inhaltlichen Qualität, stelle ich fest, hat sich nichts geändert.“ [Führungskraft #12, 51–60 Jahre alt, Abteilungsleitung]

Darüber hinaus erzählten die Führungskräfte, dass die Einarbeitung und Integration neuer Teammitglieder sowohl Herausforderungen mit sich brachte (z. B. Wahrnehmung von Unterstützungsbedarf, digitales Kennenlernen), aber auch gelingen konnte. Begründet wurde dies mit ehrlichem Interesse, klarer Kommunikation von Anforderungen und Erwartungen, einer guten technischen Ausstattung, einer engen Führung in der Anfangszeit und einem Fokus auf guter Vernetzung im Team.

„Also da muss man schon ein paar besondere Anstrengungen machen, also dafür sorgen, dass sie [die neue Mitarbeiterin] mit jedem sprechen kann und dass es gerade am Anfang sehr enge Meetings gibt. Wenn man im Büro wäre, würde man sich ja auch jeden Tag sehen. Und jetzt zu sagen, wir haben jetzt einmal in der Woche eine Stunde einen Call, das ist halt einfach viel zu wenig, sondern das muss dann zwei Mal am Tag sein. Einmal morgens und einmal am Nachmittag. Und andere Möglichkeiten.“ [Führungskraft #6, 51–60 Jahre alt, Abteilungsleitung]

„Auf Mitarbeiterebene haben wir mehrere neue Mitarbeiter bekommen und das ist schon etwas, wo diese dann zurückmelden, dass natürlich das Einlernen, das Kennenlernen etc. pp. schon deutlich schwieriger, anspruchsvoller, ruckeliger ist, wenn man so will.“ [Führungskraft #9, 41–50 Jahre alt, Abteilungsleitung]

Wahrgenommene Unterstützung während der COVID-19-Pandemie

Bei der organisatorischen und technischen Umstellung auf ortsunabhängige Zusammenarbeit berichteten einzelne Führungskräfte von größeren Herausforderungen in der Organisation, wie z. B. Überlastungen der IT-Infrastruktur in den ersten Wochen, nicht ausreichende Ressourcen für die technische Ausstattung aller Beschäftigter oder ein überlasteter IT-Support.

„In anderen Bereichen sehr, sehr schwer, weil dort die Ressourcen überhaupt nicht vorhanden waren. Wir mussten sehr große finanzielle Mittel aufwenden, um die Mittel nachzukaufen, um die Leute auszustatten. Sogenannte Corona-Laptops wurden ausgeteilt, die dann aber nicht funktionierten, und es gab ein riesen, riesen Chaos. Und Gruppen oder Abteilungen waren teilweise nur bedingt arbeitsfähig, was uns ganz schön zurückgeworfen hat auch in der Leistung. Und wie gesagt, da hatten wir Glück, dass wir schon ganz gut ausgestattet waren. […] Wir haben ein IT-Support im Unternehmen, der aber heillos überlastet ist, weil die Anfragen zu tausend eingingen, gefühlt. Ich wurde als Ersatz mal angefragt, ob ich etwas wüsste. Leider bin ich technisch auch nicht so bewandert und manchmal auch nur Vermutungen äußern: ‚Hier probier mal dies, probier mal das. Vielleicht klappt es ja.’ Manchmal hat es funktioniert. Dann habe ich mir den Schweiß abgewischt, super. Aber manchmal hat es auch nicht funktioniert und dann kam man an der IT nicht vorbei.“ [Führungskraft #8, 31–40 Jahre alt, Teamleitung]

Die meisten Führungskräfte gaben jedoch an, dass ihre Organisation technisch und organisatorisch bereits gut vorbereitet war, somit ortsunabhängige Zusammenarbeit bereits vor der Pandemie möglich war und die zusätzlichen Anpassungen der technischen Ausstattung im Zuge der Pandemie hilfreich erlebt wurden.

„Wir haben alles das, was wir brauchen, vor Jahren schon in die Cloud migriert, um ortsunabhängig zu sein. Also das hat alles natürlich uns unheimlich in die Karten gespielt. Das Einzige, was wir gemacht haben, wir haben beim Internetdienstanbieter angerufen und gesagt: ‚Wir brauchen ein bisschen breitere Leitung.’, damit da ein paar mehr Daten durchgehen. Ansonsten haben wir natürlich auch lernen müssen. Online-Formate und wie macht man die ganzen Meetings nur online und nicht in Präsenz und Kundenveranstaltungen und alles das, was man so tut. Da haben wir natürlich auch viele Dinge lernen müssen, aber rein organisatorisch und technisch waren wir vom ersten Tag an voll arbeitsfähig.“ [Führungskraft #2, 51–60 Jahre alt, Unternehmensleitung]

„Und wir haben extrem viele Angebote auch im Intranet bei uns. Das heißt, da gibt es beispielsweise Film- und Videosequenzen von anderen Kollegen, die dort ihre Erfahrungen schildern, ihre Tipps weitergeben, wie die es machen, wie die ihren virtuellen Kaffee gestalten, was sie für ihre Weihnachtsfeier veranstaltet haben. Das haben wir zum Beispiel auch gemacht, wir haben eine Weinprobe gemacht. Das war ganz witzig, virtuelle Weinprobe. Und das sind so Sachen, die sind neu, die hatte man in der Vergangenheit natürlich nicht (lacht), aber die helfen enorm, weil das ist halt ein anderes Erlebnis.“ [Führungskraft #10, 51–60 Jahre alt, Teamleitung]

Des Weiteren berichteten die Führungskräfte, dass sie die Einführung bzw. Ausweitung flexibler Arbeitsbedingungen und die Nutzung struktureller Angebote im Unternehmen (z. B. Weiterbildungsangebote für Führungskräfte oder psychosoziale Beratung) unterstützend im Umgang mit den Veränderungen und besonderen Führungsanforderungen während der COVID-19-Pandemie erlebt haben. Ebenso wurden die Unternehmensleitung (z. B. durch die Bereitstellung eines großen Handlungsspielraums, Führung und klare, transparente Kommunikation in Krisenzeiten) sowie soziale Beziehungen im Unternehmen als Unterstützung wahrgenommen. Hierbei wurden die kollegialen Beziehungen im eigenen Team, gute Arbeitsverhältnisse zur eigenen Führungskraft oder zu Kolleg:innen genannt.

„So habe ich das bei unserer Top-Führung auch erlebt. Unser CEO. Der hat halt gleich seine Task-Force gegründet. Die hat sich jeden Morgen um halb acht getroffen und die haben ganz, ganz eng immer überlegt, was jetzt zu machen ist und das auch entsprechend kommuniziert. Genau, und das hat sehr viel Sicherheit und Ruhe reingebracht. Weil man wusste immer: Die kümmern sich und da ist ein großes Vertrauen da. Und analog habe ich das bei mir eben im Team auch gemacht.“ [Führungskraft #6, 51–60 Jahre alt, Abteilungsleitung]

„Ich habe einfach meine Kollegen […] gefragt: Wie organisiert ihr euch? Wie macht ihr eure Jour Fixe-Struktur? Was macht ihr als Führungskräfte, um nah bei eurem Team zu bleiben? Wie plant ihr fachliche Prozesse, die sonst vor Ort stattgefunden haben? Plant ihr alles jetzt in digital und virtuell oder plant ihr nur mit dem bestmöglichen Szenario und guckt dann, dass ihr es doch auf digital umstellen müsst, weil es dann doch wieder nicht klappt, weil irgendwelche Inzidenzen hochgehen? Ja, also ich habe mir da auf jeden Fall intern Tipps geholt.“ [Führungskraft #5, 31–40 Jahre alt, Teamleitung]

Diskussion

Insgesamt zeigten die Ergebnisse, dass Führungskräfte während der COVID-19-Pandemie viele positive als auch negative Veränderungen in ihren individuellen Arbeitsbedingungen und in der digitalen, remote Zusammenarbeit im Team wahrgenommen haben. Ebenso wie in der vorliegenden Studie deuteten auch vorherige Forschungsergebnisse auf erhöhte Arbeits- und Führungsanforderungen in der digitalen, remote Zusammenarbeit von Führungskräften hin wie beispielsweise Arbeitsverdichtung [6], verschwommene Grenzen zwischen Arbeits- und Privatrolle [20], erhöhte Anforderungen in der Arbeitsorganisation [7] und in der Mitarbeiterführung [7,8,9]. In Anbetracht der vielschichtigen Herausforderungen, mit denen Führungskräfte in Krisenzeiten konfrontiert sind, und dem erhöhten Risiko psychischer Beeinträchtigungen [10] ist es wichtig, dass sie adäquate Unterstützung durch die Organisation erhalten [7, 8, 21, 22]. Dies ist vor dem Hintergrund des nachweisbaren Einflusses von Führungskräften auf die psychische Gesundheit von Beschäftigten [23, 24], ihrer Vorbildfunktion und Multiplikator:innenrolle für Prävention am Arbeitsplatz [13, 15] umso bedeutender. Aus den vorliegenden Studienergebnissen und dem aktuellen Stand der Forschung lassen sich folgende Empfehlungen für die Praxis ableiten.

Empfehlungen für Unterstützungspotenziale für Führungskräfte

Übergeordnet sollten Organisationen bei Veränderungsprozessen wie der Einführung neuer Arbeitsweisen eine ganzheitliche und partizipatorische Bedarfsanalyse durchführen, um Handlungsfelder für Prozessanpassungen und Unterstützungsbedarf zu identifizieren. Die Konzeption von abgeleiteten Maßnahmen sollte kontextspezifisch und bedarfsorientiert erfolgen, die Implementierung sorgfältig und unter Partizipation der Belegschaft umgesetzt werden. Eine transparente Kommunikation über den Prozess sowie kontinuierliche Evaluation (ggf. mit Anpassungen, insbesondere bei sich verändernden Bedingungen [7]) ist hierbei von entscheidender Relevanz [25].

Für Führungskräfte sollten Organisationen die Arbeitsbedingungen so gestalten, dass Anforderungen reduziert, Ressourcen gestärkt und Unterstützungsmaßnahmen angeboten werden [11], denn hinderliche Rahmenbedingungen können die Potenziale von Führung beschränken [8]. Hierbei gilt, dass mehr Unterstützung bei einem höheren Ausmaß digitaler, remote Zusammenarbeit erforderlich ist [26, 27].

Ähnlich wie in der vorliegenden Studie sollten Organisationen darauf achten, dass eine adäquate technische Ausstattung der Belegschaft (entsprechend der Bedarfe) für das Büro und Homeoffice zur Verfügung gestellt wird und damit die Grundlage für digitale, remote Zusammenarbeit gegeben ist [8]. Darüber hinaus empfehlen weitere Studien einen umfangreichen IT-Support (inkl. Weiterbildungen für IT-Teams), Lösungen für den umfassenden Datenzugriff aus dem Homeoffice, modernisierte Hard- und Software sowie die Sicherstellung stabiler Internetverbindungen [21, 22].

Weiterhin zeigten die vorliegenden Studienergebnisse, dass Führungskräfte durch den Wechsel ins Homeoffice und dem Wegfall von Dienstreisen (und damit verbunden eine Fahrtzeitreduktion) sowohl Chancen (z. B. erhöhte Flexibilität und Produktivität) als auch Herausforderungen (z. B. Arbeitsintensivierung und Abgrenzung von der Arbeit) erleben können. Demnach sollten im Bereich der Arbeitsorganisation flexible Arbeitsbedingungen eingeführt und der Handlungsspielraum von Führungskräften erweitert werden. Insbesondere in Krisenzeiten können Führungskräfte eine starke Arbeitsverdichtung erleben [6, 8]. Damit die Selbstführung von Führungskräften und ihre Mitarbeiterführung nicht darunter leiden, sollten die Arbeitsintensität und der Zeitdruck nach Möglichkeit reduziert werden, Prozesse klarer strukturiert werden [8], verbindliche Absprachen zur Nichtüberschreitung von Arbeitszeiten mit der Unternehmensleitung erfolgen [21] und neue organisationale Normen und realistische Erwartungshaltungen zu Aufgabenbearbeitungszeiten entwickelt werden [6]. Unternehmensleitungen können zudem eine relevante Unterstützungsfunktion für Führungskräfte einnehmen, indem sie die Prävention und Priorisierung der Gesundheit in der Unternehmensstrategie verankern, eine Vorbildfunktion einnehmen und in Krisenzeiten transparent und richtungsweisend kommunizieren. Um Führungskräfte in Veränderungsprozessen zu beteiligen, sollten diese in Entscheidungsprozesse mit der Unternehmensleitung einbezogen werden [7]. Darüber hinaus kann die Bereitstellung einer Vielzahl struktureller Angebote wie betriebliche Gesundheitsförderungsangebote, Schulungen zur Nutzung neuer Arbeitsmethoden oder die Kostenerstattung für die Nutzung privater Geräte im Homeoffice unterstützend wirken [7, 21]. Über die vorliegenden Studienergebnisse hinaus kann auch eine offene, sich gegenseitig unterstützende Unternehmenskultur die Einführung von digitaler, remote Arbeit erleichtern [22].

Des Weiteren verdeutlichten die vorliegenden Studienergebnisse, dass der Wechsel ins Homeoffice sowohl die inhaltliche Zusammenarbeit als auch die sozialen Beziehungen im Team verbessern (z. B. mehr kollaborative, selbstorganisierte Zusammenarbeit und persönliche Einblicke via Webkonferenzen), jedoch auch beeinträchtigen kann (z. B. digitale Konfliktlösung und Zunahme an Kommunikationshäufigkeit). Daher sollten Organisationen soziale Beziehungen am Arbeitsplatz aktiv fördern, sowohl um den kollegialen Austausch anzuregen, den Zusammenhalt zu stärken, die fachliche Zusammenarbeit zu verbessern und die reziproke soziale Unterstützung zwischen Arbeitskolleg:innen und Führungskräften zu fördern. Teammitglieder können über eine positive Arbeitsatmosphäre, gegenseitige Unterstützung und selbstorganisierte Teamarbeit eine wichtige Stütze für Führungskräfte sein [7, 28]. Ebenso können Kolleg:innen mit Führungsverantwortung unterstützend wirken, wenn ein breites Netzwerk unter Führungskräften besteht und ein kollegialer Austausch über Best Practices und Lessons Learned während herausfordernder Zeiten ermöglicht wird [7, 28]. Insbesondere in Teams, die geografisch weit verteilt sind, wird empfohlen, Budget für persönliche Treffen in regelmäßigen Zeitabständen zu ermöglichen. Allgemein sollte für Teams in hybrider oder rein virtueller Zusammenarbeit vielfältige Möglichkeiten bestehen, Teamentwicklungsmaßnahmen durchzuführen sowie Teamberatung oder Mediation bei Konflikten in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus sollten Organisationen ihren Führungskräften entsprechend der vorliegenden Studienergebnisse die Voraussetzungen für die digitale Einarbeitung neuer Teammitglieder wie eine adäquate technische Ausstattung ermöglichen und Schulungsseminare zu Anpassungen im Führungsverhalten anbieten.

Zuletzt sollten Organisationen berücksichtigen, dass Führung nicht einfach in die digitale, remote Zusammenarbeit übertragen werden sollte, ohne dass Anpassungen vorgenommen werden [8, 29]. Demnach ist es zentral, dass Führungskräfte Unterstützung erfahren, um ihre fachlichen und sozialen Führungskompetenzen weiterzuentwickeln. Weiterbildungsangebote sollten bedarfsspezifisch konzipiert sein und können u. a. folgende Themenbereiche abdecken [7,8,9]:

  • Neuorganisation der Struktur und Abläufe von Teammeetings wie die Einführung virtueller Projektmanagementtools, gemeinsame Einigung auf interne Teamregeln zu digitaler Kommunikation (Etablierung digitaler „Meeting-Etiquette“) und persönlicher Treffen;

  • Klares Erwartungsmanagement (z. B. teaminterne Regeln zur Erreichbarkeit) und Kommunikation von Zielen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten (z. B. Umgang bei Unsicherheit oder Konflikten);

  • Partizipation und Feedbackrunden (z. B. zu festgelegten, regelmäßigen Terminen aktive Nachfragen zu Unklarheiten oder Schwierigkeiten, Vereinbarung von Erreichbarkeitszeiten und Kommunikationsmedien bei Fragen oder Problemen im Homeoffice);

  • Beziehungserhalt im Team (z. B. Nähe zu und zwischen Teammitgliedern trotz Distanz aufrechterhalten, Planung informeller Kommunikation, Vertrauensaufbau, emotionale Unterstützung und Wertschätzung);

  • Sensibilisierung für die Wahrnehmung von Emotionen und Belastungen (z. B. Frühwarnsignale in digitaler Kommunikation, individuelle Bedürfnisse).

Führungskräfte sollten zudem dafür sensibilisiert werden, dass sich ihre Führungsrolle im Homeoffice verändern kann (z. B. mehr eine moderierende Rolle) und die neue Ausrichtung von Führung eine aktive Auseinandersetzung sowie Bewusstsein bedarf [9]. Neben Weiterbildungsangeboten können Organisationen gemeinsam Führungsleitlinien entwickeln, die als Orientierung und Wertegrundlage für Führungskräfte fungieren können. Ebenso sollte Führungskräften der Zugriff auf diverse Methoden zur digitalen Zusammenarbeit, Instrumente und digitale Kollaborationstools (Software oder Integration u. a. zur gemeinsamen Bearbeitung von Dokumenten, Projektmanagement) zur Verfügung gestellt werden. Führungsprogramme und Netzwerke für Führungskräfte können den Austausch und die gemeinsame Entwicklung fördern. Eine Grundlage für den Umgang mit Veränderungen und Herausforderungen bildet die Selbstfürsorge der Führungskraft. Organisationen wird daher empfohlen, ihre Führungskräfte dabei zu unterstützen, eine gesunde Balance zwischen der Mitarbeiterführung und weiteren Aufgaben zu finden, adaptive Bewältigungsstrategien zu erlernen, empathisch mit den eigenen Bedürfnissen umzugehen sowie klare Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben zu ziehen. Weiterhin sollten Führungskräfte ermutigt werden, proaktiv auf Unternehmensleitungen zugehen zu können, Unterstützung einzufordern und damit Bedarfe aufzuzeigen [7]. Indem Führungskräfte auf ihre eigene Gesundheit und Wohlbefinden achten und gesundheitsförderliches Verhalten im Arbeitsalltag zeigen, können sie zudem eine Vorbildfunktion für Beschäftigte einnehmen [9].

Allgemein sollte jedoch bei der Ergebnisinterpretation der Erhebungszeitraum der Studie berücksichtigt werden. Im Jahr 2021 waren viele Organisationen mit großen Umstellungen und Unsicherheiten in Bezug auf die digitale Zusammenarbeit aus dem Homeoffice konfrontiert [30, 31]. Vor dem Hintergrund der dynamischen Entwicklung der COVID-19-Pandemie bleibt zu diskutieren, wie sich die Erfahrungen von Führungskräften über den zeitlichen Verlauf verändert haben.

Fazit für die Praxis

  • Die COVID-19-Pandemie stellte Führungskräfte bei der Ad-hoc-Umstellung auf digitale, remote Zusammenarbeit aus dem Homeoffice vor viele Herausforderungen – sowohl bei der eigenen Arbeitsorganisation als auch neuen Führungsanforderungen.

  • Organisationen wird in Krisenzeiten empfohlen, neben der Unterstützung für Beschäftigte auch gezielte Unterstützung für Führungskräfte anzubieten. Hierbei braucht es eine ganzheitliche Perspektive für die Umsetzung von verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen.

  • Unterstützungspotenziale auf Verhältnisebene können die Entwicklung gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen (z. B. die Erweiterung des Handlungsspielraums von Führungskräften), die adäquate technische Ausstattung und IT-Support, die Bereitstellung einer Vielzahl struktureller Angebote, die Unterstützung durch die Unternehmensleitung sowie die Förderung der Unternehmenskultur und der sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz beinhalten.

  • Verhaltenspräventive Maßnahmen für Führungskräfte sollten bedarfsspezifische Weiterbildungsangebote zur Selbstfürsorge und Mitarbeiterführung berücksichtigen.