Bus- und Straßenbahnfahrer*innen sind bei der Ausübung ihrer Tätigkeit verschiedenen Belastungen wie Zeitdruck, hoher Verantwortung den Fahrgästen gegenüber oder auch Nacht- und Schichtarbeit ausgesetzt. Psychische Beeinträchtigungen und auch Schlafstörungen können die Folge sein. In dieser Studie wird die Beanspruchung bei Bus- und Straßenbahnfahrer*innen mit Schichtdienst der Beanspruchung von Verwaltungsangestellten gegenübergestellt.

Bus- und Straßenbahnfahrer*innen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sind Teil des Dienstleistungssektors. Fahrgäste müssen sicher und pünktlich befördert werden, und dies möglichst rund um die Uhr. Bei hohem Verkehrsaufkommen haben die Fahrer*innen jedoch meist nur eine geringe Möglichkeit der Einflussnahme auf den Straßenverkehr, was aufgrund der daraus resultierenden Nichteinhaltung des Fahrplanes neben vielen weiteren psychischen Belastungsfaktoren eine Stressreaktion auslösen und langfristig auch negative gesundheitliche Folgen hervorrufen kann.

Diese Tätigkeit ist mit ständigem Sitzen verbunden. Dies führt zu Bewegungsmangel, was ein weiteres Problem für die Gesundheit darstellt [23]. Körperliche Inaktivität kann zu erhöhten Cholesterin- und Triglyzeridspiegeln führen, was das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt [28]. Auch eine langjährige Schichtarbeit, wie sie bei Bus- und Straßenbahnfahrer*innen üblich ist, trägt weiterhin zu einer Erhöhung der kardiovaskulären Folgen bei [6]. Ein Zusammenhang zwischen suboptimalem Schlaf und einem erhöhten Risiko für kardiometabolische Erkrankungen wurde in vielen Studien belegt [12, 14, 20].

In einer Studie von Michaelis [17] wurden die Arbeitsbedingungen von Busfahrer*innen untersucht. Als Belastung empfanden die Befragten beispielsweise miteinander unvereinbare Arbeitsanforderungen. So müssen zur Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufs die Fahrpläne eingehalten, gleichzeitig aber auch im dichten Berufsverkehr auf sicheres Fahren und sowie Kundenfreundlichkeit geachtet werden. Hohe psychische Anforderungen wie die mehrstündige Daueraufmerksamkeit der Fahrer*innen im Straßenverkehr unter Zeitdruck, getaktete Arbeit sowie geringe Entscheidungsspielräume (z. B. bei der Dienstplangestaltung) stellen eine Diskrepanz dar, die die Fahrer*innen zusätzlich belastet. Darüber hinaus beklagen Busfahrer*innen häufig ihren isolierten Arbeitsplatz in der Fahrerkabine und einen mangelnden Austausch mit Kolleg*innen während der Arbeitszeiten [17].

Ein weiteres Problem in dieser Berufsgruppe stellen die unregelmäßigen Arbeitszeiten mit Nacht- und Schichtarbeit dar. Wie Schichtarbeiter allgemein leben Busfahrer*innen gegen ihre innere Uhr und gegen ihre biologischen Rhythmen, das heißt, in ihrer biologischen Ruhephase sind sie gezwungen zu arbeiten und während der biologischen Aktivitätsphase zu schlafen [31]. Langfristig führt das zu gravierenden körperlichen und psychischen Folgen wie Herz-Kreislauf-Störungen, gastrointestinalen und neurovegetativen Beschwerden und Schlafstörungen [31].

Geißler und Koautoren konstatierten einen Anstieg der Tagesschläfrigkeit bei Reisebusfahrer*innen [10]. Aufgrund der positiven Selektion in ihrer Studie gehen sie jedoch davon aus, dass bei Busfahrer*innen in Wirklichkeit das Schlafdefizit größer und das Unfallrisiko beträchtlich höher ausfällt. Auch im Rentenalter scheinen diese Schlafprobleme infolge der Schichtarbeit noch anzuhalten [18].

All diese Belastungen beeinträchtigen die physische und psychische Gesundheit der Fahrer*innen und sind wichtige Determinanten für deren Fahrleistung. Ist die Gesundheit eingeschränkt, können Gefahren für Fahrgäste und Umgebung entstehen. Anund et al. [1] stellten eine erhöhte Schläfrigkeit bei Busfahrer*innen im Stadtverkehr fest, die mit einem erhöhten Unfallrisiko verbunden war. Schläfrigkeit und auch das Einschlafen am Steuer gilt als starker Prädiktor für Verkehrsunfälle, insbesondere eine kurze Schlafdauer und eine schlechte Schlafqualität sind mit dem Auftreten von Verkehrsunfällen verbunden [19]. Laut anderen Studien waren ca. 8 % [25] bis hin zu ca. 50 % der Busfahrer*innen [10] schon am Steuer eingeschlafen.

Wie eine Umfrage des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) verdeutlicht, kommt der zunehmende Personalbedarf im öffentlichen Nahverkehr aufgrund des Erreichens der Klimaziele als ein weiteres Problem hinzu [27]. Auf der anderen Seite gehen immer mehr Fahrer*innen in den Ruhestand, Nachwuchs fehlt aufgrund von früheren Sparmaßnahmen und verfehlter Personalpolitik. Die Fachkräftesicherung ist auch ein aktuelles Thema des VDV [26].

Gerade in Zeiten des weit verbreiteten, branchenübergreifenden Personalmangels ist es notwendig, frühzeitig präventiv tätig zu werden, um die Gesundheit von Berufskraftfahrer*innen langfristig zu erhalten und zu fördern. Ziel dieser Arbeit ist es, psychische Beanspruchungsfolgen bei Bus- und Straßenbahnfahrer*innen zu identifizieren und diese denen von Beschäftigten aus der Verwaltung gegenüberzustellen. Im Fokus standen dabei das Auftreten von Schlafstörungen, Tagesschläfrigkeit, die psychische Gesundheit und die Erholungsunfähigkeit der Mitarbeitenden.

Stichprobe und Methodik

Studiendesign

Die Studie wurde in Kooperation mit einem lokalen Verkehrsunternehmen durchgeführt. Dieses Unternehmen unterhält ein Streckennetz mit 10 Straßenbahn- und 15 Buslinien auf einer Fläche von 201 km2. Insgesamt sind in dem Unternehmen ca. 800 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (darunter ca. 70 Auszubildende) beschäftigt, die jährlich ca. 58 Mio. Fahrgäste befördern.

Die Studie wurde auf verschiedenen betriebsinternen Veranstaltungen (Gesundheitstag, Personalversammlung) vorgestellt. Diese wurden zu unterschiedlichen Tageszeiten mehrfach durchgeführt, um auch die Mitarbeitenden im Schichtdienst zu erreichen. Weiterhin wurde die Studie mit Hilfe eines Flyers, der in der Hauptverwaltung und in den Pausenräumen des Unternehmens auslag, beworben. Zusätzlich wurden Mitarbeitende*innen durch persönliche Ansprache für die Studie gewonnen. Alle Mitarbeitenden in diesem Verkehrsunternehmen, die Interesse an der Studie bekundet hatten, bekamen einen Fragebogen ausgehändigt. Dieser sollte ausgefüllt und in einem frankierten Rückumschlag an das Institut zurückgeschickt werden. Somit entstand ein sog. „convenience sampling“, d. h. eine Stichprobe, die für uns verfügbar war. Einschlusskriterien für die Teilnahme an der Studie war eine mehr als ein Jahr ausgeübte Tätigkeit als Bus- und/oder Straßenbahnfahrer*in bzw. Verwaltungsangestellte*r. Die Proband*innen nahmen freiwillig an der Studie teil und bekamen keine Vergütung. Da unbekannt war, wie viele Mitarbeiter*innen die Information über die Studie erreicht hatte, konnte keine Rücklaufquote ermittelt werden.

Die Studie wurde unter Einhaltung ethischer Richtlinien mit Zustimmung der Ethikkommission der Otto-von-Guericke-Universität an der Medizinischen Fakultät (Registrierungsnummer 58/14) im Zeitraum von 06/2014 bis 03/2015 durchgeführt. Die schriftliche Einverständniserklärung zur Teilnahme an der Studie liegt von allen Proband*innen vor.

Stichprobe

Insgesamt konnten 53 Proband*innen rekrutiert werden, davon waren 24 als Bus- und/oder Straßenbahnfahrer*in (6 Frauen und 18 Männer) im Schichtdienst tätig. Im Durchschnitt waren die Bus- und/oder Straßenbahnfahrer*innen 46,3 ± 11,0 Jahre alt. Die Schichtdienste wurden zu unregelmäßigen Zeiten geleistet und beinhalteten Früh‑, Spät- und Nachtschichten mit jeweils unterschiedlichem Beginn. Nachts waren nur Buslinien im Stundentakt eingesetzt. Gesplittete Arbeitszeiten, um die Stoßzeiten abzudecken, waren in dem Unternehmen üblich. Als Kontrollgruppe wurden 29 Mitarbeiter*innen aus der Verwaltung ohne Schichtdienst (16 Frauen und 13 Männer) rekrutiert; sie waren 46,5 ± 10,5 Jahre alt.

Methodik

Fragebogenerhebung

Mithilfe eines selbstgestalteten Fragebogens wurden soziodemografische und berufsspezifische Angaben erfasst. Die Proband*innen wurden gebeten, Fragen zu Alter, Geschlecht, Jahre im Schichtdienst, Rauchgewohnheiten und Sportverhalten zu beantworten. Zusätzlich sollten sie noch ihren Gesundheitszustand auf einer 5‑stufigen Skala (1 = sehr schlecht; 5 = sehr gut) bewerten, die Höhe der Arbeitsbelastung (1 = sehr gering; 5 = sehr hoch) einschätzen und die Frage beantworten, ob sie sich durch die Arbeit erschöpft und ausgebrannt fühlten (Ja/Nein).

Die Fragen zur Work-Life-Balance wurden nach einer persönlichen Mitteilung von Dr. Reingard Seibt (TU Dresden) ausgearbeitet. Gefragt wurde zum einen, ob man mit der verfügbaren Zeit für Familie, Partner, Freunde und Verwandte bzw. mit der verfügbaren Zeit für Schlaf und auch Freizeitvergnügen wie Sport, Hobbys, Kino, Theater oder Konzerte zufrieden ist. Die Antwortmöglichkeiten waren „ja“ (3 Punkte), „teilweise“ (2 Punkte) und „nein“ (1 Punkt). Je zufriedener die Proband*innen mit ihrer verfügbaren Zeit waren, desto höher fiel der Punktwert aus. Cronbachs α als Maß für die interne Konsistenz ist mit 0,881 gut. Zum anderen wurden die Teilnehmenden befragt, wie oft es vorkommt, dass die Arbeit das Privatleben beeinträchtigt bzw. die Arbeit daran hindert, die Zeit nach eigenen Wünschen mit der Familie oder Freunden zu verbringen. Die Antwortmöglichkeiten waren „immer“ (1 Punkt), „häufig“ (2 Punkte), „gelegentlich“ (3 Punkte), „selten“ (4 Punkte) und „nie“ (5 Punkte). Je höher der Punktwert ausfiel, desto weniger fühlten sich die Proband*innen in ihrer Freizeit durch die Arbeit eingeschränkt. Cronbachs α als Maß für die interne Konsistenz ist mit 0,702 akzeptabel.

Für die Erhebung der subjektiven Schlafqualität und -quantität wurde der Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) [3] genutzt, mit dem durch Beantwortung von 19 Fragen retrospektiv über einen Zeitraum der letzten Wochen 7 Komponenten der Schlafqualität (subjektive Schlafqualität, Schlaflatenz, Schlafdauer, Schlafeffizienz, Schlafstörungen, Schlafmittelkonsum und Tagesmüdigkeit) beurteilt werden. Die Beantwortung der Fragen erfolgt auf einer 4‑stufigen Likert-Skala (0 = gar nicht über 1 = weniger als einmal/Woche, 2 = ein- bis zweimal/Woche bis 3 = dreimal oder häufiger/Woche). Insgesamt ist eine Punktzahl von 21 Punkten erreichbar. Je höher der Punktwert ausfällt, desto eher liegt eine Schlafstörung vor. Ein Punktwert von > 5 Punkten gilt nach Buysse et al. [3] als Cut-off-Wert zur Differenzierung zwischen guten und schlechten Schläfern. Cronbachs α als Maß für die interne Konsistenz ist für den PSQI mit 0,747 akzeptabel.

Die Erfassung der individuellen Tagesschläfrigkeit erfolgte mit der Epworth Sleepiness Scale (ESS) nach Johns [13]. Mit diesem Fragebogen wird mit Hilfe von 8 Fragen die Wahrscheinlichkeit subjektiv eingeschätzt, in unterschiedlich stark einschläfernden Alltagssituationen (z. B. beim Lesen oder Fernsehen, als Beifahrer im Auto während einer einstündigen Fahrt ohne Pause) einzunicken. Die Antwortmöglichkeiten liegen zwischen „nie“ (0 Punkte) über „geringe Wahrscheinlichkeit“ (1 Punkt), „mittlere Wahrscheinlichkeit“ (2 Punkte) bis zu „hoher Wahrscheinlichkeit“ (3 Punkte). Der Punktwert kann somit zwischen 0 und 24 Punkten betragen, höhere Werte sprechen für eine erhöhte Tagesschläfrigkeit. Der Cut-off-Wert für eine pathologische Tagesschläfrigkeit beträgt > 10 Punkte [22]. Cronbachs α ist mit 0,758 ebenfalls akzeptabel.

Zur Erfassung einer möglichen Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit wurde der General Health Questionnaire (GHQ-12) nach Goldberg [11] in der deutschen Fassung von Linden et al. [15] genutzt. Durch die Beantwortung von 12 Fragen bezüglich Empfindungen und Verhaltensweisen des Probanden auf einer Likert-Skala („besser als üblich“ – „so wie üblich“ – „schlechter als üblich“ – „viel schlechter als üblich“) können Rückschlüsse auf die psychische Gesundheit gezogen werden. Die Auswertung wurde zum einen nach der 0‑1-2-3-Kodierung (erreichbare Punktzahl von 0–36) durchgeführt. Je höher der Punktwert ist, desto beeinträchtigter ist die psychische Gesundheit. Zum anderen wurde die dichotome 0‑0-1-1-Antwortskalierung verwendet, um ab einem Punktwert ≥ 5 als Cut-off-Wert Probanden mit stabiler psychischer Gesundheit (Summenwert ≤ 4) von Probanden mit beeinträchtigter psychischer Gesundheit unterscheiden zu können. Cronbachs α ist mit 0,804 gut.

Die Fähigkeit zur Erholung wurde mit der Skala E des Fragebogens zur Analyse belastungsrelevanter Anforderungsbewältigung (FABA) bestimmt [21]. Sechs Fragen (z. B. „Ich schlafe schlecht ein, weil mir oft Berufsprobleme durch den Kopf gehen“) werden auf einer 4‑stufigen Likert-Skala von „stimme gar nicht zu“ (1 Punkt) bis hin zu „stimme voll zu“ (4 Punkte) beantwortet. Der gebildete Summenwert (6–24 Punkte) wird je nach Alter und Geschlecht bewertet. Je höher der Punktwert ausfällt, desto weniger kann sich die betreffende Person erholen. Eine auffällige Erholungsunfähigkeit liegt ab der 75. Perzentil vor, ein erreichter Punktwert ab der 90. Perzentile steht für eine „sehr auffällige“ Erholungsunfähigkeit. Die Normwerte sind in Tab. 1 aufgelistet.

Tab. 1 Normwerte für die Skala Erholungsunfähigkeit getrennt nach Alter und Geschlecht. (Nach [21])

Cronbachs α beträgt 0,798 und ist als akzeptabel zu bewerten.

Statistische Auswertung

Die Auswertung der Daten erfolgte unter Anwendung des Statistikprogramms SPSS 28 (IBM, Armonk, NY, USA). Zunächst wurden deskriptive Kennwerte ermittelt mit Häufigkeiten, Mittelwerten, Standardabweichungen, Median, Minima und Maxima. Die Daten wurden auf Normalverteilung mit dem Shapiro-Wilk-Test geprüft. Da keine Normalverteilung vorlag, wurden zur weiteren Analyse auf Unterschiede der Mann-Whitney-U-Test bzw. für Mehrfachvergleiche innerhalb der Schichtdienstgruppe die zweifaktorielle Varianzanalyse für Ränge nach Friedman bei verbundenen Stichproben mit anschließendem Paarvergleich mit Bonferroni-Korrektur verwendet. Korrelationen wurden mittels des Rangkoeffizienten nach Spearman berechnet. Den Testentscheidungen wurde ein Signifikanzniveau von 5 % zu Grunde gelegt.

Ergebnisse

Beschreibung der Stichprobe

Die soziodemografischen Daten der 24 Bus- und Straßenbahnfahrer*innen und 29 Mitarbeiter*innen der Verwaltung sind Tab. 2 zu entnehmen. Die Verteilung der Geschlechter in den beiden Berufsgruppen war unterschiedlich – als Fahrer*innen waren weniger Frauen (26,9 %) als Männer (73,1 %) beschäftigt.

Tab. 2 Soziodemografische Beschreibung der Stichprobe

Bezüglich des Alters unterschieden sich die untersuchten Gruppen nicht. Ebenfalls wurden keine Unterschiede zwischen den Gruppen bezüglich des Familienstands und des Rauch- und Sportverhaltens gefunden. Da sich beide Gruppen hinsichtlich der Geschlechterverteilung unterscheiden, wurden die nachfolgenden Tests unter Einbeziehung des Geschlechts als Kontrollvariable durchgeführt. Sowohl lineare Regressionsanalysen als auch geschichtete Chi2-Tests ergaben keine Rückschlüsse, dass das Geschlecht einen Einfluss auf die Ergebnisse gebracht hat. Deshalb werden hier die Ergebnisse für die beiden Gruppen jeweils zusammengefasst.

Einschätzung des Gesundheitszustands und der Arbeitsbelastung

Die Bus- und Straßenbahnfahrer*innen schätzen ihren Gesundheitszustand im Median mit 4 Punkten (Range 2–5) gleich gut ein im Vergleich zur Verwaltung mit 4 (2–5) Punkten, jedoch empfanden sie eine höhere Arbeitsbelastung (p = 0,012). Details sind der Tab. 3 zu entnehmen.

Tab. 3 Einschätzung des Gesundheitszustands und der Arbeitsbelastung in beiden Gruppen

Zwölf Prozent der Fahrer*innen gaben eine sehr hohe und 65 % eine hohe Arbeitsbelastung an. 79 % der Fahrer*innen fühlten sich durch die Arbeit erschöpft und ausgebrannt, während es unter den Verwaltungsmitarbeiter*innen nur 45 % waren (\(p_{\text{Chi}^2}\) = 0,011).

Work-Life-Balance

Bei der Auswertung der Angaben zur Work-Life-Balance stellte sich heraus, dass die Fahrer*innen mit der Zeit für Schlaf, Hobbys, Kino oder Theaterbesuche sowie für die Teilnahme am Vereinsleben signifikant weniger zufrieden waren als die Mitarbeiter*innen aus der Verwaltung. Tendenziell waren die Fahrer*innen auch weniger zufrieden mit der Zeit für Freunde oder Verwandte (Tab. 4).

Tab. 4 Angaben zur Zufriedenheit mit der verfügbaren Zeit

Außerdem passierte es häufig, dass die Arbeit das Privatleben beeinträchtigt bzw. die Fahrer*innen daran hindert, Zeit nach ihren Wünschen mit der Familie oder Freunden zu verbringen (Tab. 5).

Tab. 5 Angaben zur Häufigkeit der jeweiligen Wechselwirkung Arbeit-Freizeit

Das Privatleben schränkt in beiden Gruppen die Arbeit nicht ein, beide Gruppen haben auch ähnlich viel Kraft, die Freizeit zu genießen.

Schlafqualität und -quantität

Signifikante Unterschiede ließen sich bezüglich der Schlafqualität und -quantität feststellen. Unter den Bus- und Straßenbahnfahrer*innen waren mehr schlechte Schläfer als Mitarbeiter*innen aus der Verwaltung (p < 0,05; Tab. 6).

Tab. 6 Einteilung der Proband*innen in „gute und schlechte Schläfer“ in Abhängigkeit der Gruppenzugehörigkeit

Die Bus- und Straßenbahnfahrer*innen wiesen signifikant schlechtere Werte hinsichtlich der Gesamtpunktzahl im PSQI (p = 0,038) auf, was insbesondere auf die Schlafdauer (p = 0,004) sowie die Schlaflatenz zurückzuführen war (p = 0,008; Tab. 7).

Tab. 7 Erreichte Gesamtpunktzahlen und Punktzahlen der einzelnen Komponenten im Fragebogen zur Schlafqualität und -quantität (PSQI) der beiden Gruppen

Beide Gruppen beurteilten die Schlafqualität gleich (p = 0,182). Bezüglich der subjektiven Bewertung der Tagesschläfrigkeit als Teilkomponente des PSQI-Fragebogens bestehen nur tendenzielle Unterschiede (p = 0,076).

Hinsichtlich der intraindividuellen Schlafdauer bei Bus- und Straßenbahnfahrer*innen bei unterschiedlichen Schichten bestehen signifikante Unterschiede: Im Frühdienst schlafen sie ca. 1,5 h weniger im Vergleich zur Spätschicht (p = 0,005; Tab. 8). Die Schlafdauer in der Nachtschicht unterscheidet sich nicht von der in der Früh- und Spätschicht.

Tab. 8 Schlafqualität und -quantität (Gesamtpunktzahl im PSQI) sowie die Schlafdauer in den einzelnen Schichtdiensten

Die kurze Schlafdauer wirkt sich entsprechend auf die Gesamtpunktzahl im PSQI aus: In der Frühschicht waren die Schlafqualität und -quantität signifikant geringer im Vergleich zu den anderen beiden Schichtdienstzeiten. Die Gesamtpunktzahl im PSQI in der Spätschicht gleicht der in der Nachtschicht.

Die subjektive Tagesschläfrigkeit, die mit dem Fragebogen ESS erhoben wurde, unterscheidet sich in der Fahrer*innengruppe nicht von der der Verwaltung (Tab. 9).

Tab. 9 Tagesschläfrigkeit, Erholungsunfähigkeit und psychische Gesundheit in den beiden Stichproben

Die erzielte Gesamtpunktzahl im Fragebogen ist in beiden Gruppen gleich. Pathologische Werte von über 9 Punkten lagen bei 4 Bus- und Straßenbahnfahrer*innen sowie bei 3 Kolleg*innen der Verwaltung vor (Tab. 10). Im Durchschnitt liegt die Tagesschläfrigkeit in beiden Gruppen mehrheitlich im normalen Bereich (< 10 Punkte). Die psychische Gesundheit ist in beiden Stichproben ebenfalls gleich ausgeprägt (Tab. 9). Sie liegt in beiden Gruppen ebenfalls mehrheitlich im unauffälligen Bereich (Tab. 10).

Tab. 10 Ausprägung von Tagesschläfrigkeit, Erholungsunfähigkeit und psychischer Gesundheit in beiden Stichproben

Auch die Erholungsunfähigkeit unterscheidet sich nicht signifikant, beide Stichproben erholen sich gleich gut (Tab. 9). Aus der Fahrergruppe wiesen 2 Proband*innen eine auffällige und eine Proband*in eine sehr auffällige Erholungsunfähigkeit auf (Tab. 10). Bei 3 Verwaltungsangestellten war die Erholungsunfähigkeit auffällig.

Korrelationsanalysen

Unter Berücksichtigung der Gruppeneinteilung korreliert die Schlafqualität (PSQI) stark mit der Erholungsunfähigkeit (FABA‑E; ρ = 0,574; p < 0,01) bei den Fahrer*innen und tendenziell mit der psychischen Gesundheit (GHQ; ρ = 0,372; p < 0,1; Tab. 11). Ein Zusammenhang zwischen diesen Parametern konnte in der Verwaltung dagegen nicht festgestellt werden.

Tab. 11 Zusammenhang der Schlafqualität mit der Tagesschläfrigkeit, der psychischen Gesundheit, der Erholungsunfähigkeit sowie Parametern der Work-Life-Balance in den beiden Gruppen

Ähnliche Zusammenhänge wurden mit Items der Work-Life-Balance gefunden. Die Schlafqualität korreliert stark negativ mit der Zufriedenheit mit der verfügbaren Zeit für den Partner bzw. Freunde oder Verwandte und moderat mit der fehlenden Zeit für Hobbys und Ausflüge. Ein Zusammenhang konnte auch zwischen der Schlafqualität und der Tatsache festgestellt werden, dass die Arbeit das Privatleben einschränkt bzw. die Arbeit daran hindert, die Zeit mit der Familie zu verbringen.

Bei den Verwaltungsangestellten wurden diese Zusammenhänge nicht festgestellt. Hier korreliert die Schlafqualität negativ mit der verfügbaren Zeit für Familie und Schlaf, außerdem mit der fehlenden Kraft, die Freizeit zu genießen.

Diskussion

Diese Studie deckt die leicht geringere Schlafqualität und -quantität bei Bus- und Straßenbahnfahrer*innen (69 % schlechte Schläfer im Vergleich zu 41 % von den Verwaltungsangestellten) auf. Sie gaben zudem eine subjektiv höhere Arbeitsbelastung an, fühlen sich außerdem durch die Arbeit erschöpfter und ausgebrannter im Vergleich zu Mitarbeiter*innen der Verwaltung des gleichen Unternehmens. Ebenso in der Work-Life-Balance sind die Bus- und Straßenbahnfahrer*innen unzufriedener mit der verfügbaren Zeit für Schlaf, Hobbys sowie die Teilnahme am Vereinsleben. Auch passiert es signifikant häufiger, dass die Arbeit daran hindert, die Zeit nach Wünschen für Familie zu verbringen. Nur zu vermuten ist, dass dies auch als Belastung im Sinne einer Beanspruchung empfunden wird. Eine mögliche Ursache für die Ergebnisse könnte am Ausüben der Tätigkeit mit Nacht- und Schichtdienst liegen. Verwaltungsangestellte waren nur im Tagdienst beschäftigt. Ähnliche Ergebnisse bei Arbeitnehmer*innen mit Schichtdienst wurden auch in einer Umfrage der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin gefunden [30].

Die Schlafdauer der Bus- und Straßenbahnfahrer*innen liegt bei einer Frühschicht im Mittel bei 5,5 h, durchschnittlich eine Stunde weniger als im Spätdienst. Das unterschiedliche Schlafverhalten in den jeweiligen Schichten kann damit begründet werden, dass die Fahrer*innen nach einer (kurzen) Nacht sehr früh aufstehen müssen, um rechtzeitig den Frühdienst antreten zu können. Nach einer Spätschicht dagegen können die Fahrer*innen am nächsten Tag ausschlafen. Dies deckt sich mit den Ergebnissen von Folkard und Barton [9]. Das Schlafdefizit ist mit einer erhöhten Schläfrigkeit und mit einem erhöhten Unfallrisiko verbunden. Laut einer Studie über Autofahrer, die in Unfälle verwickelt waren, verdreifachte sich das Unfallrisiko, wenn die Fahrer*innen nur fünf oder weniger Stunden geschlafen haben [7].

Doch trotz einer eingeschränkten subjektiven Schlafqualität scheint die Erholungsunfähigkeit bei den Bus- und Straßenbahnfahrer*innen stabil zu sein. Dies könnte einerseits auf offensichtlich gute Arbeitsbedingungen zurückzuführen sein, andererseits ist auch ein Healthy-Worker-Effekt nicht auszuschließen. Demnach sind nur gesunde Mitarbeitende noch aktiv im Unternehmen tätig, während Bus- und Straßenbahnfahrer*innen mit gesundheitlichen Problemen durch Selbstselektion aus dem Schichtdienst ausgeschieden sind.

Für einen Healthy-Worker-Effekt spricht, dass hinsichtlich der Tagesschläfrigkeit, die mit dem Fragebogen ESS erhoben wurde, ebenfalls kein Unterschied zwischen Bus- und Straßenbahnfahrer*innen und den Verwaltungsangestellten gefunden wurde. 15 % der Fahrer*innen klagten über eine erhöhte Tagesschläfrigkeit, was noch unter den Ergebnissen anderer Studien lag. In einer Studie von Vennelle et al. [25] war die Tagesschläfrigkeit bei 20 % der Busfahrer*innen deutlich erhöht und 8 % gaben an, mindestens einmal im Monat am Steuer einzuschlafen [25]. In der Studie von Anund et al. [1] gaben 19 % der Busfahrer an, dass sie 2‑ bis 3‑mal in der Woche gegen die Schläfrigkeit ankämpfen müssen, um beim Busfahren wach zu bleiben, was die Autoren als besorgniserregend einstuften. Andere Studien führten zu ähnlichen Ergebnissen [2, 4]. Geißler et al. [10] fanden sogar bei 38 % der Reisebusfahrer eine erhöhte Tagesschläfrigkeit. Allerdings fuhren diese Fahrer hauptsächlich nachts im Fernverkehr, wodurch die erhöhte Tagesschläfrigkeit erklärt werden kann. In unserer Studie waren die Bus- und Straßenbahnfahrer*innen im Stadtverkehr eingesetzt, weshalb durch die wechselnden Reize eine dauerhafte Aufmerksamkeit leichter aufrechterhalten werden kann.

In dieser Studie schlafen die Bus- und Straßenbahnfahrer*innen zwar insgesamt weniger und nicht so gut wie die Kolleg*innen der Verwaltung, aber das hat keine Auswirkungen auf die Erholungsunfähigkeit, die in beiden Stichprobengruppen gleich war. Die Proband*innen scheinen sich gut zu erholen – bei jeweils knapp 90 % der Proband*innen war die Erholungsunfähigkeit unauffällig. Gleichwohl korreliert die Schlafqualität der Fahrer*innen mit der Erholungsunfähigkeit. Dieser Zusammenhang konnte bei den Verwaltungsangestellten nicht festgestellt werden. In einer Studie von Meier [16] gaben Frauen signifikant häufiger Einschlaf- und Durchschlafprobleme an als Männer. Insofern würde diese Studie unser Ergebnis erklären, dass unter den mehrheitlich weiblichen Verwaltungsangestellten mit 41 % ein hoher Anteil von schlechten Schläfern zu finden war.

Die Schlafdefizite bei den Bus- und Straßenbahnfahrer*innen im Vergleich zu Kolleg*innen der Verwaltung könnten zum einen auf Stressoren/Stresssituationen und Zeitdruck bei der Arbeit, zum anderen auf die Schichtarbeit zurückzuführen sein. Verwaltungsangestellte haben zwar ebenfalls Verantwortung für ihre Arbeitsaufgaben, stehen sicherlich auch unter Zeitdruck. Jedoch haben sie nicht die ganz hohe Verantwortung für das Wohl der Fahrgäste wie die Bus- und Straßenbahnfahrer*innen. Auch sind kognitive Anforderungen wie Daueraufmerksamkeit und schnelle Reaktionen bei Verwaltungsmitarbeitenden weniger notwendig im Vergleich zu den Fahrer*innen.

Aufgrund des in dieser Studie hohen Anteils von Fahrer*innen (69 %) mit eingeschränkter Schlafqualität besteht jedoch Handlungsbedarf zur Verbesserung der Schlafqualität. Zwar wurde in unserer Studie keine Pupillometrie zur Objektivierung der Schläfrigkeit durchgeführt. Daher kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass bei den Fahrer*innen mit eingeschränkter Schlafqualität auch die Vigilanz vermindert ist. Nichtsdestotrotz ist eine Vigilanzminderung infolge reduzierter Schlafqualität im öffentlichen Personenverkehr ein nicht hinnehmbarer Gefahrenpunkt. Throner et al. [24] konnten zeigen, dass ein zweiwöchiges Interventionsprogramm sowohl die Schlafqualität als auch das Wohlbefinden der Teilnehmenden signifikant verbesserte, was auch 12 Monate nach Intervention noch anhielt. Einbußen an Schlafqualität könnten ggf. über eine Änderung des Schichtsystems, z. B. durch regelmäßigere Schichtanfangszeiten, eingedämmt werden. Die Frühschicht sollte nicht zu früh begonnen werden, damit sich kein Schlafdefizit aufbaut. Zudem wird verhältnispräventiv eine Vorwärtsrotation der Schichtfolge mit ausreichend langen Freizeitblöcken empfohlen [8]. Mit der Integration des Themas „Schlaf“ in das Betriebliche Gesundheitsmanagement können Arbeitgeber Wertschätzung ausdrücken und so zu einem funktionierenden Sozial- und Familienleben der Beschäftigten beitragen [29].

Verhaltenspräventiv könnte man die Fahrer*innen mit Schichtdienst über verschiedene Maßnahmen der Schlafhygiene beraten. Dazu zählen eine optimale Temperatur im Schlafzimmer zwischen 18 und 21 °C, vor dem Schlafengehen durchlüften, schwere Mahlzeiten und auch koffeinhaltige Getränke und Alkohol vor dem Zubettgehen meiden sowie Entspannungstechniken wie Yoga nutzen [29]. Zudem ist es ratsam, auf (zu) langes Fernsehen vor dem Schlafengehen zu verzichten. Die Nutzung von Smartphones oder Tablets sollte ebenfalls eingeschränkt werden, da die Melatonin-Produktion aufgrund des hohen Blaulichtanteils unterdrückt und so der Schlaf beeinträchtigt wird [5].

Limitationen

Aufgrund des Querschnittscharakters der Studie lassen sich die Ergebnisse nicht verallgemeinern. Verglichen wurden außerdem mit Bus- und Straßenhabenfahrer*innen und Verwaltungsangestellten zwei verschiedene Berufsgruppen. Für die zukünftige Forschung ist anzuraten, Fahrer*innen mit und ohne Schichtdienst zu vergleichen. Das war jedoch in diesem Verkehrsunternehmen nicht möglich, da alle Fahrer*innen im Schichtdienst tätig waren. Zudem ist die Stichprobengröße gering. Auch ist nicht auszuschließen, dass die Proband*innen im Sinne der sozialen Erwünschtheit geantwortet haben. Trotz Zusicherung, dass die Anonymität gewährleistet wird, hatten möglicherweise Bus- und Straßenbahnfahrer*innen Angst, die Fragen zur Tagesschläfrigkeit wahrheitsgemäß zu beantworten.

Ein weiteres Problem ist die unterschiedliche Verteilung der Geschlechter. Frauen arbeiteten mehrheitlich in der Verwaltung, während in der Gruppe der Fahrer*innen der Anteil männlicher Kollegen überwog. Zwar hatte das Geschlecht keinen Einfluss auf die Ergebnisse, aber möglicherweise lassen sich die Ergebnisse trotzdem nicht verallgemeinern.

Die Studie basiert auf den rein subjektiven Angaben im Fragebogen. Ergänzende objektive physiologische Untersuchungen wie die Pupillometrie wären wünschenswert. In zukünftigen Studien wäre dies ein Ansatz, um die subjektiv erhobenen Daten und die Ergebnisse zu bestätigen.

Die Rekrutierung der Stichprobe gestaltete sich sehr schwierig, weswegen die Stichprobengröße sehr gering ausfiel. Auch war es nicht möglich, eine Rücklaufquote zu ermitteln, weshalb die Ergebnisse nicht verallgemeinert werden dürfen. Außerdem handelt es sich hier um ein „convienient sample“.

Fazit für die Praxis

  • Bei Bus- und Straßenbahnfahrer*innen ist die Schlafqualität und -quantität eingeschränkt.

  • Die Fahrer*innen fühlen sich erschöpfter als Verwaltungsangestellte und sind mit der verfügbaren Zeit für Familie und/oder Verwandte und Freunde unzufrieden.

  • Bei Frühschicht schlafen die Bus- und Straßenbahnfahrer*innen signifikant weniger als nach einer Spätschicht, was sich auf die Schlafqualität insgesamt und damit die Erholungsunfähigkeit auswirkt.

  • Die verminderte Schlafqualität und -quantität hat (noch) keine Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und auf die Erholungsfähigkeit.