Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst zählen zu den sog. Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), die Sonder- und Wegerechte generell nutzen [23]. Zu den BOS gehören auch weitere Einrichtungen (z. B. Zoll, Technisches Hilfswerk, Katastrophenschutz, Verfassungsschutz), denen allen die Abwehr von Gefahren zum Schutz der inneren Sicherheit und Ordnung gemein ist. Dabei wird differenziert zwischen der polizeilichen und der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr [41]. Über verschiedene Leitstellen von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst, die teilweise gemeinsame Strukturen betreiben, werden die Einheiten etwa nach einem Notruf alarmiert und koordiniert [26, 39].

Geschichtlicher Hintergrund des Rettungsdienstes

Bereits im Jahr 1908 wurden beim 1. Internationalen Kongress für Rettungswesen und seitdem immer wieder die folgenden Zielsetzungen vereinbart, um die Qualität in der Versorgung von Patienten zu verbessern [40]. Demnach habe sich das Rettungswesen in seiner fortschreitenden Entwicklung bezüglich technischer und sozialhygienischer Aspekte zu einer umfangreichen Sonderwissenschaft ausgebildet. Zentrale Forderung des Kongresses war es daher, erfahrene ärztliche Hilfe jederzeit, allerorts und schnell für jede Person zu ermöglichen [40]. In den darauffolgenden Jahren wurde diese Forderung von Kirschner, einem in Heidelberg praktizierenden Chirurgen, unterstützt [36]. Auch ärztliche Kollegen, wie der Chirurg Bauer und der Würzburger Notarzt und Intensivmediziner Sefrin, machten auf diese Forderung 1958 nochmals aufmerksam [22, 45].

Um der Dringlichkeit der Versorgung auf schnellstmöglichem Weg Rechnung zu tragen, entwickelte sich historisch eine besondere Stellung für Polizei, Feuerwehr, den Rettungsdienst sowie für andere Organisationen, die mit der Wahrung hoheitlicher Aufgaben oder dem Zivil- und Bevölkerungsschutz betraut sind [1].

Die heutige Nutzung von Blaulicht und Martinshorn als „Sondersignal“ geht zurück auf die Ausführungsverordnung über den Verkehr von Kraftfahrzeugen vom 03.03.1910, welche nur dem Kaiser erlaubte, dieses zu nutzen [19, 25]. Hier war jedoch bereits der Feuerwehr ein Hinwegsetzen über die Geschwindigkeitsbegrenzung zugestanden, wenn diese in Form eines Glockenspiels auf sich aufmerksam machte [19]. 1938 wurde dann verbindlich vorgeschrieben, dass die Polizei und die Feuerwehr mit der Nutzung von blauem Kennlicht und einem akustischen Warnsignal besondere Rechte im Straßenverkehr nutzen durften [42]. Die Verankerung in der Straßenverkehrsordnung zum heutigen Tag unter den §§ 35 und 38 StVO zeigt die Relevanz der Nutzung von Sondersignalanlagen zur Kenntlichmachung einer dringlichen Einsatzfahrt [20]. In § 35 unter Absatz 5a wird der Rettungsdienst dahingehend definiert, dass Fahrzeuge des Rettungsdienstes von den Vorschriften dieser Verordnung bei höchster Eile entbunden sind mit dem Ziel der Rettung von Menschenleben oder der Abwendung schwerer gesundheitlicher Schäden [20].

Das deutsche Rettungssystem erkannte also früh die Zeit in diesem Zusammenhang als kritischen Faktor und entwickelte sich daher stetig weiter, um den wandelnden gesellschaftlichen und demografischen Strukturen sowie den einhergehenden Anforderungen an das Einsatzpersonal und die notwendige Technik Rechnung zu tragen.

Vor Einführung der GPS-gesteuerten Navigation musste das Personal auf Kartenmaterial zurückgreifen, welches auf den Rettungsfahrzeugen vorgehalten werden musste [46]. Das hat zum einen die Fähigkeit zum Kartenlesen in einer Stresssituation, wie es eine Einsatzfahrt ist, erfordert, und zum anderen war es notwendig, dass sich die Anwender gut mit dem zur Verfügung stehenden Kartenmaterial auskannten [38]. Das Kartenmaterial wurde weder permanent aktualisiert, noch konnten aktuelle Verkehrslagen berücksichtigt werden. Dies setzte eine enge und gute Kommunikation während der Sondersignalfahrt zwischen Fahrer und Beifahrer voraus.

Seit Anfang des neuen Jahrtausends wird im Bereich des Rettungsdienstes vermehrt Navigation und Navigationssoftware eingesetzt, da seit dieser Zeit Navigationssysteme zivil sinnvoll nutzbar wurden [13]. Zu Beginn war dies problematisch, da die Technik noch in einer sehr frühen Phase eingesetzt wurde. Die Berechnungen einer Route dauerten häufig sehr lange, was für den Einsatzbetrieb ungeeignet war, denn die Übernahme eines Einsatzes erfolgt in hoher Dringlichkeit und erfordert ein sofortiges Ausrücken der Einsatzkräfte [24, 44]. Eine Verzögerung durch langsame Navigationssysteme, die durch geringe Rechenleistung nicht in der Lage waren, eine Route ad hoc zu berechnen oder eine lange Eingabezeit wegen schwieriger und langsamer Menüführung bedingten, führte damit zu einer Zeitverzögerung. Durch Verbesserung von Software und Rechenleistung sind heutzutage Navigationssysteme in der Lage, schneller und mit intuitiver Menüführung Routen anzuzeigen.

Zudem hat sich von 1994–2016 die Zahl der Notarzteinsätze in Deutschland von 2,5 Mio. auf 5,5 Mio. pro Jahr mehr als verdoppelt [4]. Durch diese steigenden Einsatzzahlen und den damit konsekutiv erhöhten Personalbedarf [34] ist der Einsatz ausschließlich ortskundiger Mitarbeitender nicht immer möglich. Durch diesen erhöhten Personalbedarf müssen Mitarbeitende auch von außerhalb des Einsatzgebietes rekrutiert werden, wodurch der Anteil ortskundiger Fachkräfte im Rettungsdienst sinkt.

Weiterhin hat die Aussetzung der Wehrpflicht und des Zivildienstes zum 31.12.2011 [9] und die damit fehlende gesetzliche Verpflichtung von Personal auch im Rettungsdienst diese Personalproblematik verschärft. So entfällt seitdem die Möglichkeit der Übernahme von geeignetem und eingearbeitetem Personal nach Ableistung des Zivildienstes im hauptamtlichen Rettungsdienst [28].

Unter dem Aspekt allein dieser drei genannten Punkte ist die Nutzung von Navigationssystemen im Rettungsdienst zur überwiegend eingesetzten Technik geworden [10, 21].

Notruf und Hilfsfrist in Deutschland

In Deutschland wird beim Absetzen eines Notrufs telefonisch über die bundeseinheitliche Rufnummer „112“ eine Verbindung mit der nächstgelegenen Rettungsleitstelle aufgebaut [31, 41]. Diese erhält durch gezielte Fragestellung durch den Disponenten alle nötigen Informationen vom Anrufer und entsendet mittels einer Leitstellensoftware die nötigen Rettungsmittel [7]. Im Falle eines lebensbedrohlichen, gesundheitlichen Notfalls sieht das deutsche Rettungssystem regulär die Alarmierung eines Rettungswagens (RTW) und eines Notarzteinsatzfahrzeuges (NEF), als notarztbesetztes Rettungsmittel, entsprechend des Notarztindikationskatalogs der Bundesärztekammer meist per Funkmeldeempfänger oder zum Beispiel per Telefon vor [8, 39]. Dabei wird mittels eines GPS-Trackings der RTW’s und NEF’s das am dichtesten zum Notruf/Notfallort befindliche Rettungsmittels aktiviert, um den kürzesten Anfahrtsweg zu erreichen.

Wenn ein Anrufer die Notrufnummer gewählt hat und mit dem Disponenten der Rettungsleitstelle verbunden ist, erfolgt eine gezielte Fragestellung an den Anrufer. Unter anderem erhält der Disponent im Idealfall möglichst genaue Informationen, wo sich der Notfall befindet. Dies beinhaltet neben einer Straße und einer Hausnummer oft auch weitere Informationen wie etwa das Stockwerk oder die rechte oder linke Seite des Hausaufgangs in Mehrfamilienhäusern in größeren Städten, in dem sich der Notfallort befindet. Sofern es sich um einen Notfall im Freien handelt, gibt der Anrufer behelfsweise eine Beschreibung der Örtlichkeit, naher Objekte oder etwa Kilometerangaben auf Autobahnen an [35, 37]. Mittlerweile kann die Rettungsleitstelle die Mobilfunkkoordinaten des Anrufers auf 5–10 m orten. Die Technik dahinter wird AML (Advanced Mobile Location System) genannt. Mit den aktuellen Updates der Mobiltelefone wurde durch die Hersteller diesem Technikfortschritt Rechnung getragen [15].

Nachdem der Notruf bei der Leitstelle mit dem Ort und einem Stichwort der Notfallsituation aufgenommen wurde, kann eine entsprechende Alarmierung erfolgen. Diese Alarmierung erfolgt über Funk in digitaler Form über das TETRA-System, dem „Terestrial Trunked Radio“, welcher als aktueller Standard im Digitalfunk in Deutschland gilt [11].

Innerhalb einer festgelegten Frist, welche laut dem Rettungsdienstplan des jeweiligen Bundeslandes in Hessen derzeit eine Minute beträgt, muss die Besatzung der Einsatzfahrzeuge mittels des Funkhörers den Einsatz übernehmen [6]. Dies geschieht über das Funkmeldesystem durch das Betätigen der Statustaste „3“. Mit Übernahme des Einsatzes startet die Besatzung in Richtung Einsatzort und drückt bei Ankunft am Einsatzortes die Statustaste „4“ [39]. Die Zeit vom Absetzen des Notrufs bis zum Betätigen der Statustaste „4“ wird als sog. Hilfsfrist bezeichnet [2].

Wenn ein Notruf abgesetzt wird, beginnt gesetzlich die sog. Hilfsfrist. Diese soll sicherstellen, dass im Regelfall eine schnelle Hilfe gewährleistet ist und ein adäquates Rettungsmittel in einer angemessenen Zeit den Notfallort erreicht. Im jeweiligen Bundesland wird im entsprechenden Rettungsdienstgesetz die genauere Durchführung des Rettungsdienstes verbindlich formuliert. So steht etwa im hessischen Rettungsdienstgesetz (HRDG) zum Thema Hilfsfrist unter § 15(2): „[…] Dabei ist für die Notfallrettung vorzusehen, dass ein geeignetes Rettungsmittel jeden an einer Straße gelegenen Notfallort in der Regel innerhalb von zehn Minuten (Hilfsfrist) erreichen kann; die Hilfsfrist umfasst den Zeitraum vom Eingang einer Notfallmeldung bei der zuständigen Zentralen Leitstelle bis zum Eintreffen eines geeigneten Rettungsmittels am Notfallort“ [22]. Das bedeutet, dass bei einer Notrufsituation dem Rettungsmittel weniger als 10 min Zeit verbleiben, bis es den Notfallort erreicht haben muss.

Um diese Hilfsfrist einzuhalten, müssen die Leistungserbringer teils erhebliche Investitions- und Unterhaltungskosten für neue Rettungswachen und Personal aufbringen. So hat etwa die Stadt Dortmund bereits im Jahr 2007 in einem Rechnungsbericht über 1,3 Mio. € für den Bau und über 17.000 € jährliche Unterhaltungskosten für eine Rettungswache kalkuliert [5]. In diesen Zahlen waren noch keine Personalkosten integriert [5]. Bis heute haben sich die Kosten oftmals vervielfacht, z. B. kostet inzwischen ein voll ausgestatteter Rettungswagen mehr als 250.000 €.

Dass die Einhaltung der Hilfsfrist für den Leistungserbringer insgesamt problematisch ist, geht auch aus einer Antwort des hessischen Sozialministeriums auf eine Kleine Anfrage durch die FDP hervor, wonach in den Jahren 2016–2018 die gesetzliche Hilfsfrist von 10 min in vielen hessischen Kreisen und Städten nicht eingehalten werden konnte. So lag die Quote zum Teil bei 76 %. Eine Quote von 90 % sei jedoch das gesetzte Ziel [7].

Funkmeldesystem

Die Statusmeldung über den jeweiligen aktuellen Auftrag für ein Fahrzeug werden im Rettungsdienst über das Funkmeldesystem (FMS) gesendet. Dies ist ein System von Zahlen (0–9), welches der Leitstelle seitens des Fahrzeuges mitteilt, in welchem Auftragsstatus das jeweilige Fahrzeug sich gerade befindet. Die Meldung erfolgt per Tastendruck auf dem Funkhörer (s. nachfolgende Liste). Sie wird als codiertes Funksignal versendet und automatisch von der Leitstelle nach Empfang quittiert, so dass der Versender Kenntnis darüber erlangt, dass seine Statusmeldung angekommen ist [39]. Die verschiedenen Statusmeldungen im Überblick [39]:

  • Funkmeldestatus 1 = Einsatzbereit über Funk

  • Funkmeldestatus 2 = Einsatzbereit auf Wache

  • Funkmeldestatus 3 = Einsatz übernommen und losgefahren

  • Funkmeldestatus 4 = am Einsatzort angekommen

  • Funkmeldestatus 5 = Sprechwunsch

  • Funkmeldestatus 6 = nicht einsatzbereit

  • Funkmeldestatus 7 = auf dem Weg in die Zielklinik

  • Funkmeldestatus 8 = an Zielklinik angekommen

  • Funkmeldestatus 9 = Handquittung

  • Funkmeldestatus 0 = Notruf

Global Positioning System (GPS) und Galileo als seine europäische Alternative

Für den Teil eines Rettungsdiensteinsatzes zwischen dem Absetzen des Notrufs und dem Eintreffen am Einsatzort, für den ein Rettungsfahrzeug verwendet wird, erfolgt regelhaft die Nutzung von Navigationssystemen und damit die Verwendung einer Technik, die mit dem Signal des Global Positioning Systems (GPS) arbeitet.

Das GPS-Satellitensystem wurde unter der Leitung von Hugo Fruehauf 1964–1978 entwickelt [32] und besteht aus 24 Satelliten, die in etwa 20.000 km Höhe, in der Stratosphäre [27], stationiert sind. Diese sind in 6 Umlaufebenen 55° zum Äquator geneigt und ermöglichen, dass ein Signal jederzeit empfangen werden kann. Die Satelliten werden sowohl militärisch als auch zivil durch Navigationsgeräte genutzt, die die Satellitensignale zur Positionsbestimmung und damit zur Navigation nutzen können [43]. 1973 wurde mit der Entwicklung des Echtzeit-Satelliten-Navigationssystems (NAVSTAR = Navigation System with Timing And Ranging) begonnen. Das System sollte einer unbegrenzten Nutzerzahl zur Verfügung stehen, zu jeder Tages- und Nachtzeit, weltweit an jedem Ort und bei jedem Wetter verfügbar sein [43]. Heute wird die genutzte Technik allerdings nur noch als GPS bezeichnet, obwohl streng genommen eine Vielzahl von Techniken dahinterstecken.

Der entscheidende Schritt zur zivilen Nutzung des GPS erfolgte im Jahre 2000, nachdem die Abschaltung von Selective Availability stattgefunden hatte [13].

Das GPS-System ist eine für militärische Zwecke installierte Infrastruktur, die zwar zivil angewendet werden darf, für deren jederzeitige Funktion aber keine Garantien existieren [13]. Möglich wäre es zum Beispiel, dass ein militärischer Krisenfall zu einer Behinderung der zivilen Nutzbarkeit führen könnte. Dies ist zwar bisher noch nicht eingetreten, es ist jedoch denkbar. Aus diesem Grund hat sich die EU auf die Einrichtung eines eigenen Systems verständigt, das eine solche Betriebsgarantie beinhalten soll und damit unabhängig von Krisensituationen die Nutzbarkeit für zivile Zwecke gewährleisten soll [33].

Die europäische Version des Global Positioning Systems „Galileo“ befindet sich derzeit im Aufbau [29]. Insbesondere hinsichtlich der Genauigkeit und Zuverlässigkeit wurde bei der Entwicklung des Systems versucht, neue Maßstäbe zu setzen. So liegt die Genauigkeit der errechneten Position aufgrund der kurzen Latenz der Signale nach Angaben der GSA (Global Satellite Systems Agency) künftig im Zentimeterbereich [29].

Hiermit würden sich neue technische Möglichkeiten ergeben, was nach Fertigstellung und Zurverfügungstellung des Systems für zivile Anwendung ein interessanter Gegenstand der Forschung sein könnte. Eine Verbesserung der Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Navigationssysteme, die Galileo nutzen, könnte dadurch erreicht werden. Damit stellt Galileo eine Alternative zum derzeit genutzten GPS-System dar.

Anfang 2023 war bereits der High Accuracy Service (HAS) von Galileo für Hochleistungsempfänger zugängig und nutzbar. Dieser ermöglicht eine Genauigkeit von bis zu 20 cm in der Positionsbestimmung. Diese Verbesserungen sind Teil der zweiten Generation des Galileo-Systems, die im verbleibenden Jahrzehnt die finale Nutzbarkeit auch mit Hilfe der noch zu startenden Satelliten sicherstellen sollen. Mit diesem neuen Galileo-Dienst zielt der Galileo-Dienstleister EUSPA auf aktuelle Hochpräzisionsanwendungen wie Präzisionslandwirtschaft, Rohstoffsuche, Landvermessung und hydrografische Vermessung sowie auf aufstrebende Sektoren wie Robotik, autonomes Fahren von Autos, Zügen, Schiffen und Drohnen sowie Augmented-Reality-Spiele und Marketing – und sogar Formationsflüge von Satelliten ab. Galileo wird zudem als Hochpräzisionssystem mit niedriger Datenübertragungsrate und einem speziellen Signal entwickelt, um diese technischen Herausforderungen schnell und stabil umzusetzen [10].

Selective Availability, Standard Positioning Service und Precise Positioning Service

Ursprünglich diente diese Funktion der künstlichen Verschlechterung der Navigationsqualität, um potenziellen Gegnern keinen militärischen Vorteil zu gewähren [43]. Bis zur Abschaltung war ein Schlüssel notwendig, um diese Sperre zu umgehen [17]. Nachdem 1983 ein ziviles Großraumflugzeug abgeschossen wurde, kam es seitens der US-Regierung unter Präsident Reagan zur Entscheidung der Freigabe von GPS für zivile Zwecke [17], und es folgte schließlich die Abschaltung der „Selective Availability“ im Mai 2000 auf Hinwirken des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton [13]. Damit änderte sich für die zivile Nutzung die GPS-Genauigkeit von einem Fehler größer 100 m zu einer Genauigkeit von ca. 8 m [14]. Dies machte die Nutzung von GPS als mobiles Navigationssystem überhaupt erst zu einer sinnvollen Ergänzung im Alltag.

Die Genauigkeit der Positionsbestimmung ist zudem abhängig von verschiedenen Faktoren. Unter anderem von der Dienstklasse Standard Positioning Service (SPS) und Precise Positioning Service (PPS). SPS ist für jeden nutzbar und erreicht in 95 % der Fälle eine Genauigkeit in der Positionierung von ca. 7,8 m. Ursprünglich waren es 15 m, da aber die Satelliten mehrfach durch neue Generationen ersetzt wurden, hat sich die technische Voraussetzung verbessert [23]. Beim PPS erreicht der Anwender eine Genauigkeit von 5,9 m in 95 % der Fälle. Diese Nutzung ist jedoch dem Militär vorbehalten [23].

Weiterhin ist es entscheidend, wo sich eine Person befindet, ob gar im Funkschatten von Häusern oder in einem Tunnel. Die Signale werden von Satelliten direkt aufgefangen und können über die physikalischen Grundlagen des Satellitensignals etwa aus Zeit, Richtung und Position der Satelliten eine Ablenkung erfahren und damit die Position des Fahrzeugs verfälschen [23]. Festzuhalten ist, dass aus unterschiedlichen Gründen Fehler im Empfang des Signals entstehen können, die Einfluss auf die Qualität der Positionsbestimmung haben könnten [43].

Fehler und Fehlerausgleich in der Positionsbestimmung

Da die Satelliten für das GPS-System in einer geostationären Umlaufbahn in der Stratosphäre um die Erde kreisen, gibt es eine Reihe von Fehlern, die technisch ausgeglichen werden müssen [43]. Die Bahndaten der Satelliten erfahren aufgrund der nicht völlig linearen Bahnbewegung sog. Bahnfehler, die mathematisch ausgeglichen werden müssen [43]. Da die Signale der Satelliten mittels eines Zeittaktes vom Empfängersystem eine Position errechnen, müssen Zeitfehler mathematisch korrigiert werden [43]. Durch die atmosphärischen Störungen unter anderem der Troposphäre müssen entsprechende Interferenzen ausgeglichen werden. Zudem gibt es weitere Fehler, wie etwa Empfängerrauschen oder Signalablenkungen, etwa durch Häuserschluchten [43].

Fehler in der Geschwindigkeit stellen einen komplexen Fehler dar, da sich hier drei Körper in Bezug zueinander bewegen, nämlich das navigierende Fahrzeug, die Erde als rotierender, präzidierender und sich in einer Umlaufbahn um die Sonne befindende Körper und der Satellit in seiner Umlaufbahn um die Erde [43].

Aufgrund dieser möglichen Fehlerquellen ist es sinnvoll, auf zusätzliche Systeme zurückzugreifen, um die Genauigkeit der Positionierung auch bei starkem Abbremsen zu Gewährleisten. Diese Systeme werden dann in den Auswertungsalgorithmus der GPS-Empfangssysteme eingebunden [43].

Navigationsgeräte und Betriebssysteme

Die Navigationssysteme profitieren regelmäßig von schnelleren Computerchips, da sich derzeit die Rechenleistung alle 18–24 Monate etwa verdoppelt [30], wie sie ebenso von der Freigabe der Systeme durch die US-Regierung profitiert haben oder zum Beispiel durch das Abschalten bestimmter technischer Sperren vom Betreiber und der dadurch erhöhten Präzisierung der Positionierung des zu navigierenden Fahrzeugs [18].

Das große Problem beim Einsatz der Software ist, dass die berechnete Route nicht immer der idealen Route entspricht, da es Einsatzfahrzeugen mit Sonder- und Wegerechten erlaubt ist, Verkehrswege abzukürzen, Geschwindigkeiten zu überschreiten, Staus und Baustellen zu umfahren oder Betriebsanschlussstellen, die regelhaft von Autobahnmeistereien befahren werden, zu nutzen [20]. Hier kommt das Wissen des Rettungspersonals hinzu. Allerdings verfügt nicht jeder Mitarbeiter über die gleichen Ortskenntnisse. In diesem Zusammenhang sollte eine kürzere regionale Diensterfahrung keine Auswirkungen auf die Hilfsfrist haben.

Um die GPS-Signale auf ziviler Ebene anwenden zu können, gibt es Navigationssysteme, die das Signal in einer Benutzeroberfläche mit interaktiver Karte verarbeiten können. Mittels dieser Navigationsgeräte kann theoretisch an jeden beliebigen Punkt auf der Erde navigiert werden. Diese Technik erfreut sich in den letzten 15 Jahren großer Beliebtheit, was sich in den Absatzzahlen von Navigationsgeräten widerspiegelt. In Deutschland wurden in den Jahren 2005–2018 über 35 Mio. portable und Einbau-Navigationsgeräte verkauft [3].

Bei dieser großen Anzahl an verkauften Navigationsgeräten gibt es erwartungsgemäß verschiedene Betriebssysteme, von denen ein weit verbreitetes z. B. TomTom ist. TomTom ist auf dem Markt mit portablen Navigationsgeräten, einer Smartphone-Anwendung und einer Browserlösung vertreten. Als großer Konkurrent in diesem Segment gilt Garmin, welches mit einer ähnlichen Lösung arbeitet.

Zusehends integrieren sich jedoch auch sog. physische Navigationsgeräte in Smartphones in den Markt, wie etwa Google, das über Google-Maps die Möglichkeit zur Navigation, ähnlich wie Apple, in die jeweiligen Betriebssysteme einfügt.

Die Systeme unterscheiden sich für den Anwender zunächst hinsichtlich der Benutzeroberfläche. Sie bieten aber alle die Möglichkeit, die Routen nach eigenem Wunsch zu berechnen. So liegt die Option vor, die schnellste, kürzeste oder optimale Route zu wählen, wobei mit optimaler Route wahrscheinlich ein Kompromiss zwischen Streckenlänge und benötigter Zeit gemeint ist. Auch die aktuelle Verkehrslage ist, vorausgesetzt es besteht eine intakte Internetverbindung, mittlerweile standardmäßig Teil der Routenplanung. Genauere Informationen über Algorithmen und Hintergründe zur Software und verwendetem Kartenmaterial geben die Hersteller nicht bekannt.

Eine Alternative wäre die Branchenlösung des Herstellers „INFOWARE“, der mit seinem Programm MapTrip112 [16] eine Navigationssoftware entwickelt hat, die das Routing mit einem Navigationssystem unter dem Gesichtspunkt der Einsatzfahrt, also der Fahrt mit Sonder- und Wegerechten, errechnet. Das Programm schaltet, wenn gewünscht, automatisch ab einem Radius von 2 km um den Einsatzort den sog. „Blaulichtmodus“ ein und optimiert damit das Routing für den Zweck einer Einsatzfahrt. Damit könnte es fehlende regionale Erfahrung in Bezug auf die Verkehrswege kupieren. Es wäre dann evtl. den stationären und physischen Navigationssystemen und deren Software überlegen [12].

Fazit für die Praxis

Dieser historische Rückblick samt aktueller Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland ist ein Beitrag im Rahmen der Sozialmedizin. Die heutige Nutzung von Blaulicht und Martinshorn als „Sondersignal“ geht auf die Ausführungsverordnung über den Verkehr von Kraftfahrzeugen im Jahre 1910 zurück. Hier war bereits der Feuerwehr ein Hinwegsetzen über die Geschwindigkeitsbegrenzung erlaubt unter Verwendung eines Glockenspiels. Dies wurde 1938 geändert in die Nutzung eines blauen Kennlichtes und eines akustischen Warnsignals für Polizei und Feuerwehr und der damit verbundenen Rechte im Straßenverkehr. Die Verankerung in der Straßenverkehrsordnung zum heutigen Tag unter den §§ 35 und 38 StVO zeigt die Relevanz der Nutzung von Sondersignalanlagen zur Kenntlichmachung einer dringlichen Einsatzfahrt. Fahrzeuge des Rettungsdienstes sind demnach von den Vorschriften dieser Verordnung bei höchster Eile entbunden mit dem Ziel der Rettung von Menschenleben oder der Abwendung schwerer gesundheitlicher Schäden. Das deutsche Rettungssystem erkannte also früh den Zeitfaktor als kritischen Aspekt und entwickelte sich daher stetig weiter, den wandelnden gesellschaftlichen und demografischen Strukturen sowie den einhergehenden Anforderungen an das Einsatzpersonal und die notwendige Technik Rechnung zu tragen. Dabei leisten Navigationssysteme einen entscheidenden Beitrag. Von großem Interesse bleibt daher der mögliche Einfluss auf die Verkürzung der Fahrtzeiten durch sog. Branchenlösungen.