Zahlreiche internationale Studien bestätigen, dass die Tierärzteschaft verschiedenen Arbeitsstressoren ausgesetzt ist. Diese sind zum Teil mit langanhaltenden Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit wie z. B. Depression und Suizidalität assoziiert. Die vorliegende Studie liefert neue Erkenntnisse zu gesundheitlichen Folgen psychischer Belastung deutscher Tierärzte und legt ein erhöhtes Burnout-Risiko in dieser Berufsgruppe dar. Die hier vorgestellten Ergebnisse aus dem Maslach Burnout-Inventar (MBI) werden im Altersvergleich betrachtet.

Tierärzte sind bei ihrer Tätigkeit hohen Belastungssituationen ausgesetzt, für die unterschiedliche physische, physikalische, chemische, biologische und psychische Belastungsfaktoren verantwortlich gemacht werden können [21, 28, 39, 48, 57, 71]. Oft genannt werden psychische Belastungen wie hoher Leistungsdruck, Konflikte mit Tierbesitzern und deren hohe Erwartungshaltung sowie eine hohe Verantwortung gegenüber den eigenen Entscheidungen im Behandlungsprozess. Hinzu kommt die ständige Konfrontation mit dem Thema Euthanasie, ein hohes Maß an Selbstkritik und schlechte Arbeitsbedingungen, wie z. B. lange Arbeitszeiten oder geringeres Einkommen [22]. Allerdings erleben Tierärzte auch zahlreiche positive Aspekte ihres Berufs, wie beispielsweise die Kollegialität im Team, eine positive Arbeitsatmosphäre sowie den Wissenstransfer und die Fortbildungsmöglichkeiten. Diese Faktoren können dazu beitragen, den vielfältigen Belastungen entgegenzuwirken [27]. Angestellte Tierärzte in Privatpraxen erlebten höhere Zufriedenheit mit dem Gefühl, als Individuum vom Chef wahrgenommen zu werden, als Tierärzte in größeren Unternehmen [36]. Folgende Faktoren spielen eine wichtige Rolle in der Bedeutsamkeit bzw. der Sinnhaftigkeit des Tierarztberufes: je mehr sie Tieren und Menschen helfen und je mehr Selbstverwirklichung sie durch ihre Arbeit erfahren [68]. In der gleichen Studie wurde beobachtet, dass Selbstverwirklichung und die Zugehörigkeit zum Berufsstand das Wohlbefinden bei Tierärzten steigert [68].

Der dauerhafte Einfluss dieser vielfältigen Belastungen kann ein Gesundheitsrisiko darstellen. Die Studie von Kersebohm et al. (2017) macht auf eine reduzierte Arbeits- und Lebenszufriedenheit bei der Tierärzteschaft in Deutschland als Folge dieser Belastungssituation aufmerksam [32]. Kersebohm (2018) wirft in ihrer Forschungsarbeit jedoch die These auf, dass demografische Veränderungen auch mit veränderten Anforderungen an die Arbeitsumstände einhergehen [33]. An diesem Punkt könnten zukünftige Forschungsarbeiten anknüpfen, auch im Zusammenhang mit der Prävention von negativen gesundheitlichen Auswirkungen psychischer Belastungen. Viele Faktoren können eine Rolle spielen, die bspw. die Veränderung der Geschlechterumverteilung von mehr Männern zu mehr Frauen in diesem Beruf oder die demografischen Verschiebungen in der Altersstruktur (es scheiden mehr Ältere aus als jüngere in den Beruf eintreten) und/oder unterschiedliche Belastungen und Belastungsstärke in den verschiedenen Tierarztbereichen (Klein- oder Großtierarztpraxis) unterstützen. Der Frauenanteil von Studierenden mit abgelegten Staatsprüfungen an den veterinärmedizinischen Bildungsstätten der Bundesrepublik Deutschland ist in der Zeit von 1993 bis 2019 um 21,4 % angestiegen (1993: tierärztlich Tätige 1007 insgesamt, davon 636 [63,2 %] weiblich vgl. 2019 von 928 insgesamt 785 [84,6 %] Frauen). Diese Geschlechterumverteilung lässt sich mit entsprechender Verzögerung auch bei den tierärztlich tätigen Mitgliedern der Bundestierärztekammer feststellen. Die Anzahl der Tierärzte in Deutschland, die eine tierärztliche Tätigkeit ausüben, lag zum 31.12.2019 bei 31.888, davon waren 21.330 (66,9 %) weiblich [20]. Früher war die Tiermedizin männlich geprägt, jetzt überwiegend weiblich. Eine Beschäftigung bis zum hohen Alter in der Tierärzteschaft ist nach wie vor zu verzeichnen: In der Altersgruppe 60–69 Jahre lag die Zahl der tierärztlich Tätigen bei 6290, in der Gruppe 70–79 Jahre bei 3488, bei 80- bis 90-Jährigen bei 2020 und bei über 89-Jährigen bei 311 Tierärzten [20]. Es gibt keine eindeutigen Studienbelege, die explizit im Tierarztberuf das Alter als Risikofaktor zum Burnout untersucht haben, dennoch lässt sich generell feststellen, dass sowohl bei Frauen als auch bei Männern am häufigsten zwischen dem 60. und 64. Lebensjahr ein Burnout diagnostiziert wird und mit zunehmenden Alter das Risiko eines Burnouts steigt [44].

Von den Tierärzten würden 40 % den Beruf frühzeitig aufgeben, aufgrund einer schlechten bzw. fehlenden Work-Life-Balance, Stressbelastung oder Beeinträchtigungen ihrer psychischen Gesundheit [59].

Die Zunahme psychischer Belastungen in der wandelnden Arbeitswelt und damit assoziierten Arbeits- und Gesundheitsproblemen, die zu einer Arbeitsunfähigkeit führen können, stellen auch in diesem Berufszweig keine Ausnahme dar. Von besonderer Bedeutung für den Erhalt der Gesundheit der Beschäftigten ist die kontinuierliche Prüfung/Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung am Arbeitsplatz, die gesetzlich im § 5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) verankert ist. Die Beratung der Beschäftigten im Rahmen einer ganzheitlichen arbeitsmedizinischen Vorsorge (AMR 3.3, Ganzheitliche arbeitsmedizinische Vorsorge unter Berücksichtigung aller Arbeitsbedingungen und arbeitsbedingten Gefährdungen) ist seit Ende 2022 essenzieller Bestandteil des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Diese rechtlichen Grundlagen betreffen jedoch nicht Selbstständige direkt. Somit entfällt ein wichtiges medizinisches Präventionsglied in der Versorgungskette dieser Berufsgruppe, in der der Anteil der Selbstständigen überwiegt. Letzteres gilt nicht für Angestellte privater und selbstständiger Unternehmensformen.

Die Zusammenhänge zwischen psychosozialen arbeitsbezogenen Belastungen und psychischen Beanspruchungsfolgen wie Panikattacken, Angststörungen, Depressionen, Sucht, Suizidgefahr und Burnout sind aus der Literatur bekannt [49, 50, 56, 60]. Zu Recht wird dieser Thematik zunehmend Aufmerksamkeit gewidmet, da gesundheitliche Folgen psychischer Belastung wie Burnout und Depression, mit langen Arbeitsunfähigkeitszeiten, eine herausragende gesundheitspolitische und volkswirtschaftliche Bedeutung erlangen. 65 % der Tierärzte empfinden die Arbeitsbelastung als ständig übermäßig, und viele von ihnen haben depressive Episoden erlebt (31 %) oder Selbstmordgedanken (17 %) seit ihrem Studium [59]. Die Prävalenz von Burnout und Suizid in der Tierärzteschaft ist höher als bei der Allgemeinbevölkerung in Deutschland und international [3, 7, 24, 25, 47, 55]. Tierärzte in den USA sterben durch Suizid doppelt so häufig wie andere Gesundheitsberufe und vier Mal so häufig wie die Allgemeinbevölkerung [59]. Burnout spielt als Prädiktor hier eine entscheidende Rolle. Suizidalität ist auf psychische Erkrankungen, vorwiegend auf Depressionen, zurückzuführen [18]. Die Sensibilisierung für diese Problematik nimmt jedoch zu. Mittlerweile existieren mehrere internationale Studien zur psychischen Gesundheit in diesem Berufsfeld [59].

Burnout ist ein vieldiskutiertes stressbezogenes Konstrukt. In dem Internationalen Klassifikationssystem von Krankheiten (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems; ICD-10) stand das Burnout-Syndrom nicht als eigenständiges Störungsbild, sondern als Zusatzdiagnose unter Z 73, die alle Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung zusammenfasste. Im Gegensatz zur Depression handelte es sich bei Burnout nicht um eine Krankheit. In der aktuellen Fassung des ICD-11-Katalogs ist Burnout unter QD85 geführt und wird als Syndrom, das aufgrund von chronischem Stress am Arbeitsplatz, der noch nicht erfolgreich bewältigt wurde, definiert. Es wird ersichtlich, dass sich Burnout spezifisch auf den beruflichen Kontext bezieht, daher sollte dieser Begriff nicht für Erfahrungen in anderen Lebensbereichen verwendet werden. Auch wenn symptomatisch schon immer ein enger Zusammenhang zwischen Depression und Burnout bestand – hier sind z. B. Antriebslosigkeit, Mutlosigkeit, Müdigkeit, das Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit zu nennen –, ist eine Abgrenzung zur Depression differenzialdiagnostisch erforderlich [4, 5, 19].

Burnout ist durch eine Symptomtrias charakterisiert [43]:

  • das Gefühl von Energie‑/Antriebsverlust und (emotionaler) Erschöpfung,

  • zunehmende geistige Distanz von der Arbeit oder negative Haltung zum eigenen Beruf (geprägt durch Zynismus) bzw. Depersonalisation und

  • reduziertes berufliches Leistungsvermögen bzw. verminderte berufliche Effizienz.

Die emotionalen, sozialen und leistungsbezogenen Stressreaktionen werden in der aktuellen Fassung ICD-11 ausdrücklich als Folge einer nicht erfolgreichen Bewältigung von chronischen arbeitsbezogenen Stressoren verstanden [37]. Hohe quantitative Anforderungen, ein niedriges Maß an Führungsqualität und negative soziale Beziehungen werden als Prädiktoren für Burnout betrachtet [34].

Unter Berücksichtigung der hohen beruflichen Belastungssituation, der Rahmenbedingungen in der Veterinärmedizin und des demografischen Wandels besteht aus arbeitsmedizinischer Sicht die Notwendigkeit einer altersvergleichenden Analyse der Burnout-Gefährdung innerhalb der Tierärzteschaft in Deutschland. Das Ziel der vorliegenden Studie ist es, Ausprägungen von Burnout-Dimensionen in drei Altersgruppen zu untersuchen. Es wurde der Fragestellung nachgegangen, wie unterschiedlich die berufs- und arbeitsplatzbezogene Situation der Tierärzte verschiedener Altersgruppen ist und welche Faktoren (Alter, Berufsjahre, Teilnahme an den Notdiensten) positiven oder negativen Einfluss auf das Burnout-Risiko haben. So soll der altersorientierte Bedarf an Präventionsmaßnahmen für praktizierende Tiermediziner identifiziert werden können.

Methodik

Bei den hier vorgestellten Daten handelt es sich um einen Teil einer bundesweit angelegten Studie, die Ursachen und Folgen psychischer Belastung im Arbeitsalltag und im Notdienst der Tierärzteschaft in der Bundesrepublik Deutschland untersucht hat. Inhalt und Details zur Studie sind ausführlich im Studienprotokoll dargelegt [10]. Die Daten wurden per Online-Befragung im Zeitraum von Juli 2021 bis Februar 2023 erhoben. Die Teilnahme an der Studie war freiwillig.

Die Rekrutierung der Teilnehmer erfolgte über Informationsverbreitung zur Studie über die Bundestierärztekammer und die Landestierärztekammern auf deren Homepages. Hierzu wurde der entsprechende Umfragelink über die offiziellen Websites der jeweiligen Landestierärztekammer verbreitet, wobei vorab Anschreiben verfasst und an die zuständigen Stellen gesendet wurden, um formelle Unterstützung zu erhalten. Zusätzlich wurden gezielte Anfragen an tierärztliche Berufsverbände, Vereine und andere relevante Organisationen gerichtet, um ihre Unterstützung bei der Rekrutierung potenzieller Teilnehmer zu erhalten. Diese Institutionen wurden aktiv kontaktiert, um ihre Mitglieder über die Studie zu informieren und zur Teilnahme zu ermutigen. Des Weiteren wurde eine enge Zusammenarbeit mit der Tierärztekammer Sachsen-Anhalt angestrebt, um einen direkten Zugang zu Tierärzten in dieser Region zu ermöglichen. Durch diese Partnerschaft wurde die Bereitschaft zur Teilnahme an der Studie durch gezielte Kommunikation und Zusammenarbeit gefördert. Zudem wurden zusätzliche Informationen in der Zeitschrift Deutsches Tierärzteblatt (Ausgabe 09/2021) sowie über Social-Media-Kanäle kommuniziert. Die Rücklaufquote ist aus diesem Grund nicht ermittelbar.

Stichprobe

Es nahmen n = 1053 Tierärzte aus unterschiedlichen Fachbereichen nach Tierart (Kleintiere, Großtiere [Nutztiere und Pferde], Kleintiere und Großtiere, Laborbereich und Behörde) in unterschiedlichen Anstellungsarten (Selbstständige, Angestellte, Behördenmitarbeiter, Assistenzärzteschaft, Doktoranden, Privatwirtschaft, ohne Berufsausübung) an der Befragung mit dem Maslach-Burnout Inventar (MBI) teil. Somit setzte sich die zu analysierende Stichprobe aus Daten von 373 Männern (35,4 %) und 680 Frauen (64,6 %) im durchschnittlichen Alter von 41,8 ± 10,17 Jahren (23–79) zusammen. Die Probanden wurden für die statistischen Analysen in drei Altersgruppen eingeteilt: < 33. Perzentile ≤ 35 Jahre (n = 348), 66. Perzentile ≤ 45 Jahre (n = 361) und > 66. Perzentile > 45 Jahre (n = 344).

Fragebogen zu soziodemografischen und berufsbezogenen Daten

Der Teil des Fragebogens zu den soziodemografischen Angaben und der Berufsanamnese beinhaltete die Fragen zum Alter, Geschlecht, Familienstand und zu Kindern. Um die Belastungen aus dem privaten Umfeld zu erfassen, wurde die Zusatzfrage nach den Kindern, die im Haushalt wohnen, gestellt. Bei den Fragen zur beruflichen Situation wurden die Berufsjahre, Tierarztbereiche (Kleintiere, Pferde, Nutztiere, Laborbereich, Behörde), Selbstständigkeit bzw. Anstellungsarten (Selbstständig/Praktiker, Angestellt im Öffentlichen Dienst, Beamte, Privatwirtschaft/Industrie, Referendare, sonstige und ohne Berufsausübung/Doktoranden) usw. abgefragt.

Maslach-Burnout-Inventar

Als diagnostisches Instrument zur Einschätzung der Burnout-Symptomatik und Ermittlung des Ausmaßes des beruflichen Burnouts bei der deutschen Tierärzteschaft wurde der standardisierte MBI-General Survey (MBI-GS) [53] in der deutschen Version nach Büssing und Perrar (1992; [16]) verwendet. Dieser ist auf den MBI zurückzuführen [41].

Das Verfahren enthält 16 Aussagen zu Gefühlen, die mit der Ausübung der beruflichen Tätigkeit verbunden sind. Dabei werden die drei Burnout-Dimensionen zugeordnet: „emotionale Erschöpfung“ (EE), „Zynismus/Depersonalisation“ (ZY) und „persönliche Leistungsfähigkeit/berufliches Leistungsvermögen“ (LF).

Die Beantwortung der Aussagen erfolgte auf einer siebenstufigen Skala anhand der Häufigkeit des Auftretens dieser Gefühle in den letzten vier Wochen und umfasste die Antwortmöglichkeiten von „nie“ (0 Punkte) bis „täglich“ (6 Punkte). Anschließend wurden für die einzelnen Dimensionen Mittelwerte gebildet und diese gaben den Schweregrad der Ausprägung der Burnout-Dimension an („gering“, „durchschnittlich“ oder „hoch“; [42]). Die Zuordnung zu Ausprägungen ist der Tab. 10 zu entnehmen.

Bei Vorliegen hoher Ausprägungen der Dimensionen „emotionale Erschöpfung“ und „Zynismus“ sowie einer niedrigen Ausprägung der Dimension „Leistungsfähigkeit/berufliches Leistungsvermögen“ wird nach Maslach und Jackson (1996) ein Burnout-Syndrom vermutet [42]. Damit bildet dieses Instrument die langfristigen psychischen Beanspruchungsfolgen ab.

Für eine Einschätzung des individuellen Burnout-Risikos erfolgte anschließend die Berechnung des MBI-Gesamtscores nach Kalimo [25], wobei im Vorfeld der Berechnungen die letzte Dimension LF in die „Reduktion der Leistungsfähigkeit“ (redLF) umgepolt wurde. Danach wurde der Mittelwert jeder Dimension mit dem bestimmten Faktor multipliziert und zum Schluss die gewichteten Kategorien addiert [30]. Die Formel zur Berechnung des MBI-Gesamtscores lautet: Burnout-Risiko = (0,4 × EE) + (0,3 × ZY) + (0,3 × redLF). Daraus ergab sich eine Punktzahl, die in drei Ergebniskategorien eingeordnet werden konnte: „kein Burnout“ (bei einem Punktwert < 1,49), „einige Burnout-Symptome“, d. h. mehrmals im Monat vorhanden (der Punktwert zwischen 1,5 und 3,49 Punkte) und „Burnout-Risiko“ (der errechnete Wert > 3,5 Punkte; Tab. 10).

Statistik

Die deskriptiven statistischen Auswertungen erfolgten mit dem Programm SPSS, Version 28 (IBM, New York, USA). Die Subgruppen mit dem unterschiedlichen Ausprägungsgrad der Burnout-Dimensionen und des MBI-Gesamtscores im Verhältnis zu den Altersgruppen wurden mittels Chi-Quadrat-Test nach Pearson geprüft. Die Ausprägung der Burnout-Dimensionen und des MBI-Gesamtscores innerhalb der drei Altersgruppen wurde mittels Kruskal-Wallis-Test verglichen, und bei Signifikanzen wurde der Bonferroni-Test gewählt. Bei dem Vergleich der soziodemografischen und berufsbezogenen Daten kam der Kruskal-Wallis-Test zum Einsatz, da die Daten nicht normalverteilt waren. Für die Prüfung der Zusammenhänge zwischen verschiedenen Variablen wurde eine Korrelationsanalyse nach Spearman durchgeführt. Anschließend wurde eine multivariate Regressionsanalyse mit den Burnout-Dimensionen als abhängigen und allen Kovariaten (Alter, Berufsjahre usw.) als unabhängigen Variablen durchgeführt.

Ergebnisse

Soziodemografische Daten

Die soziodemografischen Daten der Gesamtstichprobe (n = 1053) sowie der drei Altersgruppen sind in Tab. 1 dargestellt. Das Durchschnittsalter der Befragten lag bei 41,8 ± 10,17 Jahren. Die Altersspanne lag zwischen 23 und 79 Jahren. Die Hälfte der Befragten war jünger als 40 Jahre.

Tab. 1 Soziodemografische und berufsbezogene Daten der drei Altersgruppen (AG) und der Gesamtstichprobe

Die soziodemografischen Daten der Gesamtstichprobe und der drei Altersgruppen sind in der Tab. 2 dargestellt. Die Verteilung der Geschlechtergruppen innerhalb der drei Altersgruppen war signifikant unterschiedlich (pχ2 nach Pearson < 0,001). Insgesamt nahmen mehr Frauen als Männer bei der Befragung der Tierärzteschaft teil (64,6 % vs. 35,4 %), wobei in der AG I der Anteil der Frauen (70,7 %) wesentlich größer war als der bei der AG III (56,7 %).

Tab. 2 Soziodemografische Daten der Gesamtstichprobe und in den drei Altersgruppen (AG)

Größtenteils waren die Tierärzte ledig. In der AG I war der Anteil der Ledigen am höchsten (77,3 %). 34,9 % aller Befragten waren verheiratet. Entsprechend war hier der Anteil der Verheirateten in der AG I am geringsten (22,4 %). Doppelt so hoch war der Anteil an Verheirateten in der AG III (45,6 %). Die Verteilung der Kategorie Familienstatus innerhalb der drei Altersgruppen unterschied sich signifikant (pχ2 nach Pearson < 0,001).

Insgesamt 781 Tierärzte hatten Kinder, wovon 418 Teilnehmer ihre Kinder zu Hause verpflegten. In der AG I lag der Anteil der Tierärzte, deren Kinder mit im Haushalt wohnten, bei 77,7 %. Dieser Anteil war signifikant höher als bei den anderen beiden Altersgruppen (AG II 50,2 % und AG III 33,0 %). Die Verteilung dieser Kategorie in den drei Altersgruppen war signifikant unterschiedlich (pχ2 nach Pearson < 0,001).

Die jüngste AG hatte im Durchschnitt 4,7 ± 2,78 Jahre Erfahrung im Beruf, die älteste Gruppe gab an, im Durchschnitt 25,5 ± 6,92 Jahre tierärztlich tätig zu sein (Tab. 1). Die Unterschiede zwischen den Altersgruppen waren hier statistisch signifikant (pKruskal-Wallis < 0,001).

Arbeitsplatzbezogene Belastungssituation der Tierärzte

Um die Belastungssituation besser einzuschätzen, wurden die Nichtselbstständigen nach vertragsvereinbarter und tatsächlicher Arbeitszeit (Stunden/Woche) befragt (Tab. 3). Die Anzahl der Tierärzte, die diese beiden Fragen beantwortet haben, differierte (n = 727 bzw. n = 696), weshalb bei dem Vergleich der vertragsvereinbarten und tatsächlichen Arbeitszeit (Stunden/Woche) die prozentualen Anteile dargestellt werden. 21,9 % der Nichtselbstständigen arbeiteten laut dem Arbeitsvertrag mehr als 40 h/Woche, tatsächlich leisteten aber 36,6 % in der Woche mehr als 40 h/Woche und 15,5 % sogar mehr als 50 h/Woche.

Tab. 3 Vertragsvereinbarte und tatsächliche Arbeitszeit der Nichtselbstständigen in der Gesamtstichprobe und in den drei Altersgruppen (AG)

Die Verteilung der vertragsvereinbarten bzw. tatsächlichen Arbeitszeiten in den Altersgruppen war jeweils signifikant unterschiedlich (beide pχ2 nach Pearson < 0,001). Der Anteil der Ärzte, die mehr als 40 bzw. 50 h/Woche arbeiten, war größer in der AG I. 46,5 % bzw. 16,0 % der jüngeren Tierärzte gaben an, tatsächliche Arbeitszeiten über 40 bzw. 50 h/Woche zu haben.

Bei der Beschreibung der Stichprobe wurde eine Differenzierung nach Anstellung, Fachbereich nach Tierart und Arbeitsort vorgenommen (Tab. 4). Der größte Teil der befragten Tierärzte (40,5 %) hatte eine Praxis und war selbstständig, gefolgt von den Referendaren/Assistenzärzten (25,5 %) und Angestellten in Praxis/Kliniken (15,9 %). Die Verteilung der Anstellungskategorien in den Altersgruppen war signifikant unterschiedlich (pχ2 nach Pearson < 0,001). Der Anteil der Selbstständigen war bei den jüngeren Tierärzten wesentlich geringer (16,1 %) als bei den Kollegen der AG III (67,2 %). Im öffentlichen Dienst differiert der Anteil der Beschäftigten nicht so stark (AG I 9,2 %, AG II 11,9 % und AG III 8,1 %).

Tab. 4 Verteilung der Kategorien Anstellung, Fachbereich und Arbeitsort in der Gesamtstichprobe und in den drei Altersgruppen (AG)

Bei der Frage zu dem Fachbereich antworteten 55,2 % Tierärzte im Kleintierfachbereich tätig zu sein, 17,8 % versorgten die Großtiere und 14,8 % übernahmen die Behandlung von Klein- und Großtieren (Tab. 4). Auch die Verteilung der Fachbereiche in den Altersgruppen war signifikant unterschiedlich (pχ2 nach Pearson < 0,001).

Jeder vierte Studienteilnehmer (26,9 % der Gesamtstichprobe) arbeitete in einer Großstadt (mehr als 100.000 Einwohner), 33,4 % in einer Mittel‑/Kleinstadt (unter 100.000 Einwohner) und 39,7 % im ländlichen Bereich (Tab. 4). Diese Verteilung in den Altersgruppen war nicht signifikant unterschiedlich (pχ2 nach Pearson = 0,152).

Bei der Auswertung der Daten wurde auch eine Differenzierung nach der Teilnahme an Notdiensten vorgenommen. Wenn die Tierärzte an den Notdiensten teilgenommen haben, wurde abgefragt, wie stark sie dadurch belastet waren (Tab. 5). Mehr als Dreiviertel der Befragten nahm an Notdiensten teil (n = 807; 76,7 %), wobei der Anteil der Teilnehmer in der Gruppe der jüngeren Tierärzte (84,2 %) größer war als in den anderen beiden Altersgruppen (AG II 75,3 % und AG III 70,6 %). Diese unterschiedliche Verteilung war statistisch signifikant (pχ2 nach Pearson < 0,001).

Tab. 5 Teilnahme an Notdiensten und wahrgenommener Grad der Belastung der Notdienstteilnehmer in der Gesamtstichprobe und in den drei Altersgruppen (AG)

Fünf Tierärzte, die aktuell keinen Notdienst mehr bestreiten, hatten die Frage, wie die Notdienste sie belasten, trotzdem beantwortet. Diese Antworten wurden dennoch zur Auswertung zugelassen. Insgesamt zeigten die Ergebnisse dieser Befragung, dass die Notdienste von 18,3 % der notdienstteilnehmenden Tierärzte als sehr stark und 35,6 % als stark belastend empfunden wurden. Fast 10 % der an Notdiensten beteiligten Tierärzte gaben an, nicht oder kaum belastet dadurch zu sein. Die Verteilung der Antwortmöglichkeiten in den Altersgruppen war in diesem Fall nicht signifikant unterschiedlich (pχ2 nach Pearson = 0,109).

Die Tierärzte der drei Altersgruppen unterschieden sich nicht signifikant voneinander in Bezug auf die Anzahl der geleisteten Notdienste im Monat (pKruskal-Wallis = 0,095). Dabei lag der Medianwert der jüngeren Tierärzte bei vier Diensten im Monat und bei den Tierärzten der beiden anderen Altersgruppen bei drei Diensten im Monat (Tab. 1, Abb. 1). Fast täglich leisteten 15 Tierärzte den Notdienst, 21 Befragte hatten mehr als 20 Notdienste im Monat angegeben. Die 25 %-Perzentile lag bei einem Notdienst im Monat, die 50 %-Perzentile bei vier Notdiensten im Monat und die 75 %-Perzentile bei sieben Notdiensten im Monat.

Abb. 1
figure 1

Anzahl der geleisteten Notdienste pro Monat in den drei Altersgruppen

Die Anzahl der Stunden im Notdienst pro Monat differierte sehr stark (pKruskal-Wallis = 0,012), im Median waren es 24 h/Monat (Tab. 1; Abb. 2). Die jüngeren gaben signifikant mehr Stunden an (Medianwert von 30 h/Monat) als die Tierärzte der AG III (Medianwert von 19 h/Monat; pBonferroni = 0,019; Tab. 1). Die 25 %-Perzentile lag bei acht Stunden Notdienst im Monat, die 50 %-Perzentile bei 24 h Notdienst im Monat und die 75 %-Perzentile bei 50 h Notdienst im Monat.

Abb. 2
figure 2

Anzahl der geleisteten Stunden im Notdienst pro Monat in den drei Altersgruppen

Von den 1035 Tierärzten, welche die Frage nach der erlebten Gewalt oder Beschimpfungen durch Tierbesitzer beantworteten (Tab. 6), haben 546 (52,8 %) „Ja“ gewählt. In der AG I waren es 56,7 %, in der AG II 52,8 % und in der AG III 48,7 % (pχ2 nach Pearson = 0,109). Auf die Frage „Wenn Sie Gewalt oder Beschimpfungen durch Tierbesitzer erleben: Wie stark belastet Sie das?“ antworteten 6,8 % „Nicht“ oder „Kaum“, 20,1 % „Mittel“, 34,8 % „Stark“ und 38,4 % „Sehr stark“. Die Verteilung dieser Ausprägungsgrade war in den Altersgruppen nicht signifikant unterschiedlich (pχ2 nach Pearson = 0,109).

Tab. 6 Daten zum Erleben der Gewalt oder Beschimpfungen durch Tierbesitzer in der Gesamtstichprobe und in den drei Altersgruppen (AG)

Bei der Frage nach der Anzahl der erlebten Gewalterfahrungen am Arbeitsplatz, die auch in der Literatur als sehr belastend für die Tierärzteschaft beschrieben wird, unterschieden sich die Angaben der Teilnehmenden der drei Altersgruppen signifikant voneinander (pKruskal-Wallis < 0,001; Tab. 7). Die Tierärzte der AG II erlebten mehr Gewaltvorfälle in ihrer Praxis. Die Anzahl der Beschimpfungen in der Praxis ist statistisch vergleichbar in den drei Altersgruppen (pKruskal-Wallis = 0,921). 25 % erlebten mehr als drei Beschimpfungsfälle/Monat. 11,4 % gaben an, dass in ihrer Praxis mehr als einmal im Monat Gewalttaten vorkamen.

Tab. 7 Daten zum Erleben der Beschimpfungen und von Gewalt der drei Altersgruppen (AG) und der Gesamtstichprobe

Eine wichtige Ressource bei der Stressbewältigung kann eine sehr gute Vorbereitung auf eine Notfallbehandlung sein, die in dieser Studie auch abgefragt wurde (Tab. 8). 37,5 % der Tierärzte, welche diese Frage beantworteten, fühlte sich sicher auf eine Notfallbehandlung vorbereitet. 9,3 % gaben an, unsicher zu sein, was ihren Kenntnisstand zur Notfallbehandlung betrifft. Diese Angaben waren in den jeweiligen Altersgruppen vergleichbar (pχ2 nach Pearson = 0,167): von 10,7 % der jüngeren Tierärzte, die sich unsicher in der Vorbereitung fühlten, bis 8,0 % in der AG II bzw. 9,2 % in der ältesten Gruppe.

Tab. 8 Antworten auf die Fragen „Wie beurteilen Sie Ihren Kenntnisstand bzw. die Vorbereitung auf eine Notfallbehandlung?“, „Waren Sie gut über die Anforderungen bei dem Einsatz im Referendariat/in der Assistenzarztzeit informiert?“ und „Stimmen Ihre Erwartungen für den Beruf vor dem Studium mit den aktuellen Anforderungen überein?“ in der Gesamtstichprobe und in den drei Altersgruppen (AG)

Fast jeder dritte Teilnehmer (31,9 %) der Studie fühlte sich gut informiert über die Anforderungen bei dem Einsatz im Referendariat. Ein Drittel (33,7 %) gab an, nicht gut darüber informiert gewesen zu sein. Ein weiteres Drittel der Stichprobe (34,4 %) hat die Antwort „Teilweise“ angekreuzt. Wenn der Anteil der bejahten Antworten in den Altersgruppen ähnlich ausfiel, waren die anderen Angaben („Nein“ und „Teilweise“) different (pχ2 nach Pearson < 0,001).

Die Verteilung der Antworten auf die Frage zur Übereinstimmung von den Erwartungen von dem Beruf vor dem Studium mit den aktuellen Anforderungen war statistisch vergleichbar (pχ2 nach Pearson = 0,233). Jeder fünfte junge Tierarzt (21,0 %) gab an, dass seine Erwartungen übereinstimmten.

Es wurde außerdem erfragt, welche Gründe die Teilnehmer für die Auswahl des Tiermedizinstudiums hatten (Tab. 9). Mit Abstand auf dem vordersten Platz steht die Tierliebe als Grund für die Berufsauswahl; dabei fanden sich hier in der Verteilung der Gründe keine signifikanten Unterschiede in den Altersgruppen (p = 0,218).

Tab. 9 Antworten auf die Fragen „Was waren Ihre Gründe für die Auswahl des Tiermedizinstudiums?“ und „Waren Sie gut über die Veterinärmedizin und Anforderungen in diesem Beruf informiert?“ in der Gesamtstichprobe und in den drei Altersgruppen (AG)

Mehr als ein Drittel der Tierärzte (36,0 %) war im Vorfeld des Studiums über die Veterinärmedizin und Anforderungen in diesem Beruf informiert. Jeder vierte Tierarzt (24,9 %) gab an, nicht darüber informiert zu sein. Die Verteilung der Antworten in dieser Kategorie war statistisch nicht signifikant unterschiedlich (pχ2 nach Pearson = 0,065).

Burnout-Risiko

Das Burnout-Risiko der befragten Tierärzte konnte anhand der drei Burnout-Dimensionen durch die Beantwortung der Fragen des MBI berechnet werden. Bei der Betrachtung der Burnout-Dimensionen innerhalb der drei Altersgruppen zeigten sich signifikante Unterschiede in den Dimensionen „emotionale Erschöpfung“ (pKruskal-Wallis = 0,025) und „Leistungsfähigkeit“ (pKruskal-Wallis = 0,003) (Tab. 10). Die Tierärzte mittlerer Altersgruppe waren im Durchschnitt mehr emotional erschöpft (3,11 ± 1,666 Punkte) als die älteren Tierärzte (2,80 ± 1,640 Punkte); diese Unterschiede waren statistisch signifikant (pBonferroni = 0,028). Die jüngeren Tierärzte gaben an, schlechtere Leistungsfähigkeit bzw. berufliches Leistungsvermögen (4,63 ± 1,045 Punkte) zu haben als die anderen beiden Altersgruppen (4,74 ± 1,056 Punkte bzw. 4,85 ± 1,047 Punkte; pKruskal-Wallis = 0,003; zwischen den AG I und AG III pBonferroni = 0,002). Der Median der Ausprägung aller drei Dimensionen der Gesamtstichprobe lag im durchschnittlichen Bereich (s. die Beschreibung des jeweiligen Ausprägungsgrades in der Tab. 11).

Tab. 10 Ausprägung der Burnout-Dimensionen und des MBI-Gesamtscore in der Gesamtstichprobe und in den drei Altersgruppen
Tab. 11 Grad der Ausprägung der Burnout-Dimensionen und des MBI-Gesamtscores in der Gesamtstichprobe und den drei Altersgruppen (AG)

Der MBI-Gesamtscore lag im Durchschnitt bei 2,13 ± 1,163 Punkten, was in der Klassifikation von Kalimo et al. [30] der Gruppe „einige Burnout-Symptome“ (Bereich 1,5–3,49 Punkte) entspricht. Es sind hier nur tendenzielle Differenzen zu verzeichnen (pKruskal-Wallis = 0,067). Hier zeigten die älteren Tierärzte tendenziell bessere Werte als die jüngeren Kollegen, jedoch waren die Unterschiede nicht statistisch signifikant.

Wie Tab. 11 zu entnehmen ist, wurden in der Verteilung der verschiedenen Ausprägungen der Burnout-Dimensionen in den drei Altersgruppen nur bei der MBI-Dimension „emotionale Erschöpfung“ statistisch signifikante Unterschiede gefunden (pχ2 nach Pearson = 0,027). 52,6 % der Tierärzte der AG II hatten eine hohe Ausprägung der „emotionalen Erschöpfung“ im Vergleich zu den anderen beiden AG (46,8 % der Tierärzte der AG I und 43,6 % der AG III).

Ein Drittel der Befragten hatte kein Burnout-Risiko (Tab. 11). Jeder zweite Tierarzt (50,9 %) gab einige Burnout-Symptome an. 14,6 % der Studienteilnehmer wurden in die Gruppe „ein Burnout-Risiko“ eingestuft. Die Prävalenz des Burnout-Risikos nach Kalimo et al. lag bei 17,0 % in der AG I, bei 15,8 % in der AG II und bei 11,0 % in der AG III.

Korrelationsanalysen

Bei der Analyse der Zusammenhänge zwischen soziodemografischen und berufsbezogenen Daten sowie den Ausprägungen der MBI-Dimensionen und dem Gesamtscore wurden folgende Assoziationen festgestellt (Abb. 3): Das Alter korrelierte mit Leistungsfähigkeit (ρ = 0,117 bei p < 0,001), Berufsjahre korrelierten mit emotionaler Erschöpfung (ρ = −0,067 bei p = 0,029), Leistungsfähigkeit (ρ = 0,143 bei p < 0,001) und MBI-Gesamtscore (ρ = −0,073 bei p = 0,017). Das Alter und die Berufsjahre werden hier als positive Einflussfaktoren auf die Leistungsfähigkeit gesehen. Mit dem Alter zeigen die Tierärzte besseres berufliches Leistungsvermögen. Die Berufsjahre erwiesen sich im Kontext der emotionalen Erschöpfung und folglich auch für das Gesamtrisiko für Burnout auch als positiver, eher stützender Einflussfaktor. Je mehr Berufsjahre die Tierärzte vorweisen konnten, desto geringer waren deren emotionale Erschöpfung und das Risiko für Burnout.

Abb. 3
figure 3

Zusammenhänge zwischen soziodemografischen und berufsbezogenen Daten sowie den Ausprägungen der MBI-Dimensionen und dem Gesamtscore. Interpretation der ρ‑Werte erfolgt nach diesem Schema: geringe/schwache Korrelation |ρ| = 0,10; mittlere/moderate Korrelation |ρ| = 0,30; große/starke Korrelation |ρ| = 0,50 [17]

Zwischen der Anzahl der geleisteten Notdienste pro Monat und emotionaler Erschöpfung (ρ = 0,161 bei p < 0,001) bzw. MBI-Gesamtscore (ρ = 0,119 bei p < 0,001) bestand eine positive Korrelation. Je öfter Notdienste stattfinden, desto höher waren die emotionale Erschöpfung und das Burnout-Risiko. Die Anzahl der geleisteten Notdienststunden pro Monat korrelierte ebenfalls mit EE (ρ = 0,205 bei p < 0,001), mit ZY (ρ = 0,157 bei p < 0,001) und MBI-Gesamtscore (ρ = 0,193 bei p < 0,001). Mit der höheren Anzahl der geleisteten Stunden im Notdienst waren die Tierärzte emotional erschöpfter, hatten höhere Ausprägung in der MBI-Dimension „Zynismus“ und hatten ein höheres Burnout-Risiko. Hiermit werden diese beide Faktoren Anzahl der geleisteten Notdienste pro Monat und Anzahl der geleisteten Notdienststunden pro Monat als negative, belastende Einflussfaktoren auf das Burnout gesehen.

Multivariate Regressionsanalysen

Die Ergebnisse der multivariaten Regressionsanalyse (Tab. 12) zeigen, dass keine der Kovarianten einen großen Effekt auf die MBI-Dimension und den MBI-Gesamtscore hat. Lediglich die Anzahl der geleisteten Notdienststunden pro Monat beeinflussen ganz schwach die Dimensionen emotionale Erschöpfung, Zynismus und den MBI-Gesamtscore.

Tab. 12 Ausprägung der Burnout-Dimensionen und des MBI-Gesamtscore in der Gesamtstichprobe und in den drei Altersgruppen

Diskussion

Die Teilfragestellung zum Burnout in der Tierärzteschaft einer bundesweit angelegten Online-Befragung inkludiert 1053 Datensätze von Tierärzten, die hinsichtlich ihres Alters verglichen wurden (AG I ≤ 35, AG II > 35–≤ 45 und AG III > 45 Jahre). Zunächst zeigten sich teilweise Unterschiede in den soziodemografischen und arbeitsplatzbezogenen Angaben. Die vorliegende Stichprobe hatte ein durchschnittliches Alter von 41,8 Jahren (± 10,17 Jahre) und befindet sich damit knapp im unteren Bereich. 9021 praktizierende Tierärzte in Deutschland sind im Alter von 40 bis 49 Jahren [15]. Die meisten praktizierenden deutschen Tierärzte sind zwischen 30 und 39 Jahren (9579 Tierärzte), gefolgt von der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen (9383 Tierärzte). Insofern lässt sich die hier untersuchte Altersstruktur gut zur aktuellen Gesamtaltersstruktur der deutschen Tierärzteschaft einordnen.

Mit zunehmendem Alter arbeiteten die Tierärzte überwiegend in Selbstständigkeit (AG I 16,1 % bis AG III 67,2 %). Diese Angaben stehen im Einklang mit den Angaben des Statistischen Bundesamtes [58]. So waren in Deutschland mit durchschnittlich 50 Jahren Selbstständige im Jahr 2017 deutlich älter als Arbeitsnehmende mit einem Durchschnittsalter von 43 Jahren.

Die Mehrheit der Nichtselbstständigen arbeitete tatsächlich mehr als 40 h pro Woche, wobei das Arbeitszeitgesetz in Deutschland die Arbeitszeit von Angestellten auf maximal 48 h pro Woche beschränkt. Die altersdifferenzierten Angaben weichen bei der tatsächlich geleisteten wöchentlichen Arbeitszeit stark ab. Die jüngeren Tierärzte gaben an, mehr Überstunden zu leisten, als die älteren Kollegen. Dies bezieht sich nur auf die Angaben der Nichtselbstständigen. Es ist zu vermuten, dass bei den Selbstständigen dieser Anteil der Tierärzte, die mehr als die erlaubte Wochenarbeitszeit arbeiten, noch höher ist. Die Ermittlung der Arbeitszeit der Selbstständigen gestaltet sich schwer, da sie ihre Praxen teilweise in ihrem Haus oder in unmittelbarer Nähe ihres Wohnhauses haben. Somit sind sie zu jeder Zeit erreichbar und 24/7 im Dienst. Das erklärt auch die hohe Anzahl der Notdienste im Monat (30–31 Mal/Monat, bis zu 99 h/Monat) einiger Tierärzte. Aus diesem Grund wurde die Frage zu den Arbeitszeiten nur auf die Nichtselbstständigen bezogen. In einer Studie mit 1560 Ärzten wurde ein starker Zusammenhang zwischen den Arbeitszeiten und Burnout gezeigt, insbesondere bei einer Arbeitswoche von mehr als 40 h [26].

Die Tierärzte der AG I nahmen mehr an Notdiensten teil als die der anderen AG und leisteten auch mehr Stunden im Notdienst ab. Die Bewertung der Vorbereitung auf diese Notdienste wird größtenteils als positiv („teils gut“) bewertet, wobei dies von der Art des Notfall-Tieres abhängt. Die Belastung durch die Notdienstteilnahmen wird von den Tierärzten der AG I zum größten Anteil als mittlere Beanspruchung angegeben, jedoch wird jeder zweite jüngere Tierarzt dabei stark oder sehr stark beansprucht. Die Angaben von den Tierärzten der AG II und III liegen nur gering höher als die der jüngeren Kollegen, jedoch ist diese Verteilung nicht signifikant. In den Gesprächen und Interviews mit den Tierärztekammern wird oft berichtet, dass immer weniger Tierärzte bereit sind, Nacht- und Wochenenddienste zu übernehmen. Die Problematik verschärft sich durch das geltende Arbeitszeitgesetz in Deutschland, welches gerade in Zeiten des Fachpersonalmangels in fast allen Branchen einen Notdienst unmöglich macht. Hinzu kommt die bekannte Unterversorgung in ländlichen Bereichen. Auch hier vermutet man, dass sich das Problem in Zukunft wie in vielen anderen Branchen verschärfen wird.

Die hohe Arbeitsbelastung im Beruf des Veterinärmediziners [48, 63], schlechte Bezahlung [69], finanzieller Stress jeglicher Art [59], der dauernde Umgang mit dem Tod, Euthanasie von Tieren, unerwünschte Ergebnisse der Behandlung, Trauer der Tierbesitzer [59] und häufige Konfrontationen mit Tierbesitzern verursachten oft psychische Folgen und tragen zum Burnout bei. Pro Monat erlebten die Tierärzte im Durchschnitt mehr als drei Beschimpfungen oder Gewalt am Arbeitsplatz. Vergleichbar stark oder sehr stark werden diese Gewalttaten von den Tierärzten aller drei Altersgruppen empfunden. Hilfreich in diesem Zusammenhang können Interventionen sein, die Resilienz und Bewältigungsstrategien fördern [59].

In der Literatur wird berichtet, dass Tierärzte in Großbritannien [2], Australien [25], USA; [45] und Kanada [7, 46] ein erhöhtes Risiko für negative Folgen für die psychische Gesundheit, u. a. Stressreaktionen, Angststörungen, Depressionen, Suizid und Selbstmordgedanken im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung haben. Burnout war in dieser Berufsgruppe seltener untersucht [29].

Nach Maslach ist eine Person umso stärker von Burnout betroffen, je höher die Werte in den Skalen „emotionale Erschöpfung“ und/oder „Zynismus“ und/oder je niedriger die Werte in der Skala „Leistungsfähigkeit“ liegen [42]. Ergebnisse internationaler Studien zeigen, dass Tierärzte in Australien [25] und Kanada [7, 46] einen höheren Level an emotionale Erschöpfung und Depersonalisierung/Zynismus haben als die Allgemeinbevölkerung und andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen [29].

Die aus Belastungssituationen in dem Tierärzteberuf resultierende langfristige Beanspruchung in Form des Burnouts ergab in dieser Stichprobe von 1053 Befragten statistisch signifikante Altersgruppenunterschiede für die „emotionale Erschöpfung“ und „Leistungsfähigkeit“. Die Tierärzte der mittleren AG waren im Durchschnitt mehr emotional erschöpft als die Kollegen beider anderen AG. Die „emotionale Erschöpfung“ liegt noch im durchschnittlichen Bereich bei allen drei untersuchten Altersgruppen, wobei die Ausprägung bei den Tierärzten der mittleren Altersgruppe signifikant am höchsten war. Es ist wichtig zu bedenken, dass, obwohl Burnout primär mit der Arbeit verbunden ist, externe Lebensereignisse wie familiäre Angelegenheiten, der Verlust von Angehörigen oder Freunden [64] sowie private Probleme [61] einen Einfluss auf das erhöhte Ausmaß an Depersonalisierung und emotionaler Erschöpfung im beruflichen Kontext haben können [8]. Bei den jüngeren Tierärzten (AG I) fanden sich schlechtere Werte für die Leistungsfähigkeit bzw. das berufliche Leistungsvermögen im Vergleich zu den beiden anderen Altersgruppen. Die bei der untersuchten Tierärzteschaft angegebene Leistungsfähigkeit liegt mit 4,74 Punkten im durchschnittlichen Bereich (am geringsten in der AG I mit 4,63 Punkten). Auch wenn die Altersgruppenunterschiede für den MBI-Gesamtscore nicht signifikant sind, weisen die älteren Tierärzte tendenziell bessere Ergebnisse vor. Die Ausprägung des Zynismus war in allen drei Gruppen statistisch vergleichbar. Die Prävalenz des höheren Burnout-Risikos von 14,6 % bzw. der Anteil der Befragten mit einigen Symptomen (50,9 %) in der Gesamtstichprobe ist als hoch einzuschätzen. Dies steht im Kontrast zu Berufsgruppen wie Lehrern (mit einer Prävalenz von 3–5 %; [54]), Mitarbeitern im Rettungsdienst (emotionale Erschöpfung 38,4 % bzw. Depersonalisierung 44,2 %; [62]) oder Klinikärzten (8,8 %; [38]). Diese Prävalenz ist in den drei Altersgruppen vergleichbar. Auch in der Korrelationsanalyse wurde nur eine schwache Korrelation zwischen dem Alter und der Ausprägung der MBI-Dimension „Leistungsfähigkeit“ und dem MBI-Gesamtscore ermittelt. Ähnliche Zusammenhänge der Burnout-Dimensionen bestanden auch zu den Berufsjahren, da die Berufsjahre mit dem Alter sehr stark assoziiert sind. Mit der höheren Anzahl an Notdiensten bzw. der geleisteten Stunden im Notdienst waren die Tierärzte stärker emotional beansprucht, zeigten einen ausgeprägteren „Zynismus“ und ein höheres Burnout-Risiko.

Im Zeitraum von 2013 bis 2022 haben sich die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund Z73 der ICD-10 (die Kodierung für Burnout) je 1000 AOK-Mitgliedern nahezu verdoppelt (von 87,6 auf 159,8 Tage) bzw. waren etwa 216.000 Menschen von insgesamt 5,3 Mio. gesetzlich krankenversicherten Beschäftigten wegen Burnout arbeitsunfähig [44].

Die Häufigkeit des Burnout-Syndroms wird in der Literatur heterogen angegeben, da Definitionskriterien und angewendete Messinstrumente in den Studien stark differieren. Somit kann keine wissenschaftlich abgesicherte eindeutige Aussage über Prävalenzen getroffen werden [31]. Die Prävalenz von Burnout in verschiedenen Berufen, darunter auch im medizinischen Bereich, ist alarmierend hoch und hat einen steigenden Trend [12]. Die Prävalenzraten von Burnout unter Ärzten in Deutschland schwanken zwischen 4 und 20 % [6]. In der hier vorgestellten Stichprobe lag das Burnout-Risiko der Tierärzte in jeder Altersgruppe höher als in der Allgemeinbevölkerung (4,2 %).

Bei einer Studie von Best et al. (2020) wiesen auf Grundlage des MBI–Human Services Survey 46,2 % der teilnehmenden kanadischen Tierärzte eine hohe emotionale Erschöpfung auf [7]. In einer anderen Studie wurden 41 % der befragten Tierärzte als Burnout-gefährdet eingestuft [29] und boten eine stark ausgeprägte emotionale Erschöpfung, hohen Zynismus und das Gefühl einer niedrigen körperlichen Leistungsfähigkeit [40]. In der hier vorgestellten Studie litten im Schnitt 47,8 % der deutschen Tierärzte an einer hohen emotionalen Erschöpfung, wobei diese am häufigsten in der AG II vorkam (mit 52,6 %). Zynismus ist ein wesentliches Merkmal eines möglichen Burnouts und gehört zu der Symptomtriade des Burnouts. Diese Dimension wird bei Betroffenen, trotz des eigentlichen Wiederstrebens, als Stabilisation für hohe Anspannung eingesetzt, was wiederum zu Kritik an der eigenen Person führt. Diese MBI-Dimension Zynismus fällt bei der hier untersuchten Stichprobe in allen drei AG ähnlich aus. Die Anteile der hohen Ausprägung des Zynismus lagen zwischen 35,1 % (AG I) und 37,1 % (AG II). Hingegen berichteten bei arbeitsbedingtem Burnout unter finnischen Tierärzten 7 % der Befragten über schwere Symptome von Zynismus und 26 % über mittelschweren Zynismus [52].

Während man bei Ärzten und medizinischem Personal im Gesundheitswesen Burnout in Verbindung mit einem erhöhten Risiko für Missbrauch von Substanzkonsum, Depression, Suizidgedanken, Einschränkungen der Lebensqualität und des Wohlbefindens sowie Müdigkeit bringt [1, 9, 13, 23, 35, 51, 66], fehlen solche Erkenntnisse in der Berufsgruppe der Veterinärmedizin [29]. Die Studie bei Ärzten der Intensivtherapie zeigte, dass hohe emotionale Erschöpfung mit hohem Overcommitment assoziiert ist [11]. Burnout trifft meist hoch engagierte Personen (sog. Leistungsträger), die zu spät bemerken, dass sie anfangen „auszubrennen“. Der ganze Prozess von der Krankschreibung der betroffenen Person über die Mehrbelastung der übrigen Mitarbeiter bis zur evtl. Einarbeitung neuer Mitarbeiter für diese Stelle ist mit hohen Kosten verbunden. Deswegen bedarf es gerade in kleinen Betrieben wie Tierarztpraxen, einer rechtzeitigen Erkennung der ersten negativen Auswirkungen der Belastung auf die psychische Gesundheit. Die Mehraufwendungen und die durch Burnout entstehenden Krankenstandkosten können je nach Zeitpunkt der Feststellung eines Burnouts zwischen 3 und 8,8 % der gesamten Personalkosten ausmachen [70]. Mit der Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Förderung aktiver Mitarbeiter und die Stärkung persönlicher Resilienz können die Führungskräfte die Ziele der Verhältnis- und Verhaltensprävention erreichen, um ein Burnout im Unternehmen zu vermeiden. Diese Ziele stehen für die Arbeitnehmer, aber auch für die Selbstständigen, die in der untersuchten Stichprobe der Tierärzte einen nicht unwesentlichen Anteil von ca. 40 % ausmachten. Besonders Führungskräfte, die selbst einige Burnout-Symptome zeigen, sollten eine Vorbildfunktion in der Förderung der biopsychosozialen Gesundheit übernehmen [70].

Eine tiefe Verankerung bestimmter Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen (Präsentismus, pathologischer Altruismus, Arbeitsethik und Konstrukt des unermüdlichen Klinikers und die Gleichsetzung von exzessiven Arbeitszeiten mit beruflicher Hingabe) beeinflusst sowohl das Wohlbefinden der Tierärzte als auch die Qualität und Sicherheit ihrer Arbeit [59]. Sehr hohe Belastungssituationen durch Nacht- und Wochenenddienste, Bereitschaftsdienste und verlängerte Arbeitszeiten sowie schlecht geplante Arbeitstage können zu Schlafentzug führen und haben langfristig Auswirkungen auf die Arbeitszufriedenheit, das Wohlbefinden, die sozialen Beziehungen und die psychische Gesundheit [59].

Emotionale Erschöpfung steht im Zusammenhang mit Belastungen, Ressourcen und der Arbeitszufriedenheit. Das Wahrnehmen von geringer organisatorischer Unterstützung und unzureichenden Ressourcen sowie Mangel an wahrgenommener Fairness, unangemessene Erwartungen und geringe soziale Unterstützung können das Risiko von Burnout erhöhen [59]. Eine Verbesserung der Zusammenarbeit in einem Team kann Arbeitszufriedenheit und Burnout-Risiko positiv beeinflussen. Die betriebliche Gesundheitsförderung, Interventionen auf der Organisationsebene mit Aufbau der persönlichen Ressourcen sowie dem Erlernen von Coping-Strategien können emotionale Erschöpfung reduzieren, das Burnout-Risiko effektiv reduzieren, die Arbeitszufriedenheit erhöhen sowie das Suizidrisiko verringern [65, 67]. Ähnliche Maßnahmen könnten auch in der Veterinärmedizin Ansätze sein, um berufsbedingten psychischen Beanspruchungsfolgen entgegenzuwirken. Es ist für alle Seiten und in jeder Hinsicht einfacher und kostengünstiger, Burnout vorzubeugen, als es zu bekämpfen, wenn es bereits eingetreten ist [59]. Die Arbeit in einer Tierarztpraxis mit einer gesunden Arbeits- und Sicherheitskultur ist ein Indikator für hohes Wohlbefinden, geringes Burnout und das Fehlen von ernsthaften psychischen Problemen. Durch die organisatorische Verbesserung, wie z. B. Terminplanung, Einsatz von Diktier-Schreib-Software, vereinfachte medizinische Aufzeichnungssysteme, Wartezeiten und Zugang zu Informationen, die die Frustration der Kunden und negative Interaktionen mit dem Personal verringern können, schafft man organisatorische Präventionsmaßnahmen. Unterstützend kann auch eine Organisation, die Effizienz, Produktivität und Zusammenarbeit fördert, geschaffen werden. Auf der persönlichen Ebene sollen im Rahmen der Verhaltensprävention Punkte besprochen werden wie z. B. sich der frühen Symptome von Burnout bewusst zu werden, eine bessere Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben sowie gegenseitige Unterstützung bei der Suche nach den benötigten Ressourcen und Hilfen (sei es durch organisatorische Veränderungen, psychische oder physische Betreuung, ein größeres Gemeinschaftsgefühl oder eine Kombination der oben genannten Punkte; [59]). Um Fortschritte bei der Lösung der Probleme von Burnout, Arbeitsstress sowie psychischer und physischer Gesundheit in der Tiermedizin zu erzielen, ist die frühzeitige Erkennung der Anzeichen entscheidend.

Hierbei spielt der Betriebsarzt eine wichtige Rolle, da er als Experte für Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz direkt in den Betrieb eingebunden werden und spezifische Lösungen für die Herausforderungen vor Ort entwickeln kann. Der Betriebsarzt kann nicht nur bei der Identifizierung von Belastungsfaktoren unterstützen, sondern auch bei der Implementierung von präventiven Maßnahmen und der Förderung einer gesunden Arbeitskultur, da dies zu seinen Aufgaben gemäß § 3 des Arbeitssicherheitsgesetz (AsiG) gehört [14]. Dies kann eine Etablierung einer betrieblichen Arbeitsschutzorganisation bedeuten, indem Tierarztpraxen Fachkräften klare Aufgaben gemäß den gesetzlichen Vorgaben zuweisen. Auch die Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen können helfen, potenzielle gesundheitliche Risiken frühzeitig zu erkennen (einschließlich der psychischen Gesundheit) und präventive Maßnahmen zu ergreifen. Hilfreich kann auch eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Arbeitsabläufe in Tierarztpraxen sein, um zu überprüfen und sicherzustellen, dass sie den aktuellen gesetzlichen Anforderungen und Empfehlungen entsprechen und die Gesundheit der Mitarbeiter gewährleisten. Tierärzte sollten über Strategien zur Stressbewältigung informiert werden und dabei unterstützt werden, gesunde Work-Life-Balance-Praktiken zu entwickeln.

Wie auch in allen anderen Bereichen der Arbeitswelt können Maßnahmen auf individueller und organisatorischer Ebene das Burnout reduzieren, wobei die Wirkung von organisatorischen Maßnahmen größer und potenziell länger anhaltend ist.

Die Zeit im Veterinärstudium ist der optimale Zeitpunkt für die Vermittlung von Resilienztraining und -fähigkeiten sowie für eine Aufklärung über die Konzepte und spezifischen Techniken des Wohlbefindens und des ausreichenden Schlafs als Aspekten der Professionalität, über die Konzepte von Präsentismus und Burnout und darüber, wie sich diese Arten von Entscheidungen sowohl auf die eigene Person als auch auf die berufliche Effizienz und Langlebigkeit auswirken [59].

Damit konkrete präventive Maßnahmen abgeleitet werden können und mögliche Prädiktoren für psychischen Stress identifiziert werden, ist weiterer Forschungsbedarf innerhalb dieser Berufsgruppe notwendig. Die Erforschung von Methoden zur Verbesserung der Praxiseffizienz, die für tierarztspezifische Umgebungen am relevantesten sind, wäre nützlich, um die Spezifika künftiger Empfehlungen auf individueller und organisatorischer Ebene zu ermitteln und das Burnout-Risiko zu reduzieren.

Limitationen

Da die Studie auf freiwilliger Basis erfolgte, ist es möglich, dass Tierärzte mit sehr hohen Belastungen (z. B. Zeitdruck) und/oder mit sehr hoher wahrgenommener psychischer Beanspruchung nicht an der Studie teilgenommen haben, was vermutlich die vorgestellten Zahlen noch verschlechtern würde. Zum Zeitpunkt der Beantwortung der Fragen können aktuelles Befinden, Stimmungen und andere Einflüsse aus dem privaten Kontext (wie z. B. die Anzahl zu versorgender Kinder im Haushalt oder der Familienstand) die Ergebnisse mitbeeinflussen. Private Kontextfaktoren wurden hier in der multivariaten Regressionsanalyse nicht berücksichtigt. Die Geschlechterverteilung in den Altersgruppen wurde nicht weiter berücksichtigt, obwohl es signifikante Unterschiede in den AG gab. Es sei betont, dass eine geschlechterspezifische Betrachtung hier nicht im Fokus der Untersuchungen stand.

Ausblick

Das Burnout-Risiko bei deutschen Tierärzten ist als hoch zu werten. Es bedarf betrieblicher Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen, die sich speziell mit den Belastungsfaktoren befassen. Neben der notwendigen (psychischen) Gefährdungsbeurteilung sollten Maßnahmen ergriffen werden, die die Belastungssituationen reduzieren und Ressourcen der Beschäftigten stärken (z. B. Resilienzstärkung). Die Prävention von Burnout sollte idealerweise schon im ersten Semester des Studiums Veterinärmedizin erfolgen.