Physische und psychische Belastungen und Beanspruchungen im Berufsleben stehen bereits seit dem frühen 20. Jahrhundert im Mittelpunkt medizinischer und psychologischer Betrachtungen. Nicht für jede Berufsgruppe sind ausreichende Kenntnisse zur Belastungssituation und Beanspruchungslage vorhanden.

Den Beruf der Musikpädagog:innen kann man vermutlich, was die Belastungssituation betrifft, als Kombination der Berufe der Instrumental‑/Orchestermusiker:innen und der an allgemeinbildenden Schulen tätigen Lehrer:innen betrachten. Während die anderen beiden Berufsgruppen gut untersucht sind, sind die Belastungssituation und Gesundheit der Musikpädagog:innen an den Musikschulen bisher allerdings nur selten zum Inhalt der Forschungsstudien geworden. Diese stehen im Mittelpunkt dieser Arbeit.

Die studentische Ausbildung für Musikpädagog:innen erfolgt an Universitäten und an Musikhochschulen. Bei Musikpädagog:innen handelt es sich um Beschäftigte, die an Musikschulen zum größten Teil Instrumentalunterricht geben, d. h. es sind keine Musiklehrer:innen an den allgemeinbildenden, weiterführenden Schulen. Die Voraussetzung für die Tätigkeit als Musikpädagog:innen ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Musikpädagogik (grundständig; 6–8 Semester) und/oder der Musikpädagogik (weiterführend; 2–4 Semester).

Um die Belastungssituation der Berufspädagogen zu analysieren, wird kurz die Belastungssituation der beiden Gruppen: Soloinstrumentalist:innen/Orchestermusiker:innen und Lehrkräfte für Musik beschrieben.

Einen Überblick über berufsspezifische Belastungen und deren Folgen bei Berufsmusiker:innen, z. B. in Orchestern, geben Böckelmann und Schneyer [1]. Zu den physikalischen Belastungsfaktoren gehören Faktoren wie z. B. Beleuchtung, Raumklima und Luftqualität im Orchestergraben sowie Lärmbelastung [11, 18, 25]. Hinzu kommen körperliche Belastungen durch instrumentenbedingte Zwangshaltungen, einseitige Bewegungen, Überlastungen bei intensivem Üben [1, 8] sowie psychische Belastungen mit Lampenfieber und Zwang zur Perfektion [12,13,14]. Schon 1925 wurden bei Berufsmusiker:innen verschiedene negative Beanspruchungen beschrieben: Beschäftigungsneurosen, Veränderungen an Sehnen, Muskeln, Gelenken, Haut und Knochen, Störungen der Seh- und Hörfähigkeit sowie funktionelle Psychoneurosen [7].

Bei Lehrkräften für Musik an allgemeinbildenden Schulen stehen insbesondere psychische Belastungen und Beanspruchungen im Fokus der Untersuchungen [2, 7, 19, 20], obwohl für den Lehrerberuf bereits verschiedenste Belastungsfaktoren identifiziert wurden. Hierbei sind zum einen Belastungen durch Vor- und Nachbereitung von Unterrichtsstunden, Korrekturarbeit von Tests und Stimmbelastung zu nennen [4]. Diese werden jedoch zunehmend durch andere Belastungen abgelöst. Der Umgang mit schwierigen Schülern, Konflikte mit Kollegen, der wachsende administrative Aufwand und die fehlende gesellschaftliche Anerkennung rücken verstärkt in den Fokus [23, 10].

Nicht alle in diesem Abschnitt beschriebenen Belastungsfaktoren und daraus resultierenden Beanspruchungen der Berufsmusiker:innen in Orchestern und bei Lehrkräften für Musik an allgemeinbildenden Schulen treten in gleicher Weise bei Musikpädagog:innen an den Musikschulen und Konservatorien auf. Ziel der Arbeit war es, gesundheitliche Beschwerden und die derzeitige Arbeitsfähigkeit konkret in diesem kombinierten Berufsbild der Musikpädagog:innen zu analysieren sowie die Nutzung der arbeitsmedizinischen Vorsorge durch die Beschäftigten an den Musikschulen einzuschätzen.

Probanden und Methodik

Musikschulverbände in ganz Deutschland erhielten eine Einladung zur Online-Befragung und wurden gebeten, den Link zur Teilnahme an der Studie an Musikpädagog:innen an Musikschulen zu verschicken. Die Befragung erfolgte mithilfe eines Online-Fragebogens, der zum größten Teil aus den standardisierten Fragebögen, die für verschiedene Fragestellungen zusammengestellt wurden, bestand.

Insgesamt wurde die Studie von August 2016 bis Februar 2018 durchgeführt. Die Gesamtstichprobe betrug 205 Proband:innen, die als Musikpädagog:innen an Musikschulen und Konservatorien über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr tätig waren. Die Proband:innen wurden in drei Altersgruppen eingeteilt (AG I „bis 35 Jahre“, AG II „36–45 Jahre“, AG III „46 Jahre und älter“).

Im Mittelpunkt dieser Arbeit stand nur eine Fragestellung zu den gesundheitlichen Beschwerden und der derzeitigen Arbeitsfähigkeit, für die gezielt ein nichtstandardisierter Fragebogen konzipiert wurde. Die gestellten Fragen konzentrierten sich u. a. auf physische und psychische Beschwerden sowie auf die Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Dabei wurden 43 Symptome vorgegeben. Die Auswahl der abgefragten Beschwerden basiert auf den Erkenntnissen aus der Literatur zu Orchestermusiker:innen und Instrumentalisten:innen. Insgesamt gab es mehrere Auswahlmöglichkeiten: „Ja“, „Nein“ und „Keine Angabe“, wobei bei der Antwort „Ja“ zusätzlich der subjektiv empfundene Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit abgefragt wurde. Zudem richteten sich Fragen auf das Angebot, die Teilnahme und die Teilnahmebereitschaft an arbeitsmedizinischer Vorsorge sowie das Tragen von Gehörschutz.

Darüber hinaus wurden die Proband:innen aufgefordert, ihre derzeitige Arbeitsfähigkeit auf einer Skala von 1 bis 10 einzuschätzen, wobei 1 „völlig arbeitsunfähig“ und 10 „derzeit die beste Arbeitsfähigkeit“ beschrieb. Die Frage wurde aus dem Fragebogen Work Ability Index herausgenommen.

Zur besseren Einschätzung der subjektiv durch die Proband:innen geäußerten Beanspruchung durch die Lärmbelastung erfolgten während verschiedener Unterrichtsstunden orientierende Messungen der Lärmbelastung. Dies erfolgte mittels personengebundenem Lärmdosimeter Typ 4448B der Firma Brüel & Kjær (Darmstadt, Deutschland). Die Messungen wurden in jeweils einer Unterrichtsstunde Klavier-Einzel‑, Elementar- und Trompeten-Gruppenunterricht sowie in einer Chorprobe des Vokalkreises und der Probe des Großen Bläserensembles orientierend in einer Musikschuleinrichtung in Magdeburg durchgeführt.

Ergebnisse

Von 205 Studienteilnehmer:innen befanden sich 27 (12,8 %) in der Gruppe „bis 35 Jahre“, 32 (15,8 %) waren „36–45 Jahre“ alt, und 146 (71,4 %) waren „46 Jahre und älter“ (Abb. 1). Davon waren 69 (33,7 %) männlich und 136 (66,3 %) weiblich . Die Verteilung der Geschlechter in den drei Altersgruppen zeigte keine signifikanten Unterschiede (p = 0,261).

Abb. 1
figure 1

Geschlechterverteilung in den Altersgruppen. (n = 205)

Die Musikpädagog:innen waren in einer oder mehreren kommunalen oder privaten Musikschulen angestellt und übten teilweise freiberufliche Tätigkeiten aus. Ihr Tätigkeitsfeld war zum größten Anteil ein Instrumentalunterricht (Einzel- und Gruppenunterricht) oder ein Unterricht der musikalischen Früherziehung in den Musikschulen selbst oder in Kindergärten und Grundschulen, mit denen die Musikschulen einen Kooperationsvertrag abgeschlossen haben. 172 Befragte (84,7 %) arbeiteten in Festanstellung an Musikschulen, 46 (23,0 %) als Honorarkräfte an Musikschulen. Dabei waren einige sowohl in Festanstellung als auch auf Honorarbasis an verschiedenen Musikschulen tätig. Zum größten Teil sind die Stellen an den Musikschulen als Teilzeitstellen ausgeschrieben, so dass die Musikpädagog:innen mehrere Anstellungen hatten. 42,4 % der Proband:innen gingen außerdem noch einer zusätzlichen Tätigkeit wie z. B. Aushilfe in Orchestern, in Chören oder Musiktherapie nach, wobei 22 % dort ebenfalls eine tätigkeitsbezogene Lärmbelastung erfahren. Die gesamte Tätigkeitsdauer im Bereich der Musikpädagogik lag im Durchschnitt bei 22,8 ± 10,7 Jahren.

Bei der Erfassung der physischen Beschwerden (Tab. 1 und 2) traten durch häufige Angabe muskuloskeletale sowie auditive Symptome in den Vordergrund. Im muskuloskeletalen Bereich waren vor allem „Verspannungen des Schulter‑/Nackenbereichs“ und „Nackenschmerzen“ besonders häufig angegeben worden. Auch „Schulter- und Rückenschmerzen“ traten bei den Befragten vermehrt auf (Tab. 1).

Tab. 1 Häufigkeiten von muskuloskeletalen Beschwerden in den Altersgruppen (n = 205)
Tab. 2 Häufigkeiten von Beschwerden des auditiven Systems in den Altersgruppen (n = 205)

Diese Beschwerden wurden teilweise oder vollständig mit der beruflichen Tätigkeit in Verbindung gebracht: Beispielsweise waren 45,9 % der Musikpädagog:innen teilweise und 31,2 % vollständig von „Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich“ betroffen. 4,9 % der Befragten gaben bei diesen Beschwerden an, keinen Zusammenhang mit der Tätigkeit gesehen zu haben.

Bei den Beschwerden im Bereich des auditiven Systems trat „Lärmempfindlichkeit“ (subjektive Einschätzung des Lärms) gehäuft auf; 60,5 % der Proband:innen litten darunter. Von den Betroffenen sahen 36,1 % das Auftreten in teilweisem und 19,0 % konkretem Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit. Subjektiv empfundene „Hörprobleme“ traten wesentlich seltener auf (Tab. 2).

Im Bereich der psychischen Beschwerden, wurden „körperliche Erschöpfung, Müdigkeit“, „innere Angespanntheit, Unruhe“ und „mangelnde Entspanntheit auch in der Freizeit“ am häufigsten angegeben. Auch diese Beschwerden wurden von den Studienteilnehmer:innen häufig im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit gesehen (Tab. 3).

Tab. 3 Häufigkeiten von psychischen Beschwerden in den Altersgruppen (n = 205)

Bei den von „körperlicher Erschöpfung, Müdigkeit“ betroffenen Musikpädagog:innen stellten 67,4 % einen teilweisen (42,0 %) oder konkreten (25,4 %) Zusammenhang zu ihrer Tätigkeit fest. Dies war mit 77,2 % der Proband:innen auch die häufigste psychische Beschwerde.

Bei den Fragen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge, die in Deutschland über das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) gesetzlich geregelt ist, gaben 24,6 % der Proband:innen an, dass ihnen von ihrem Arbeitgeber regelmäßig eine Vorsorge angeboten wurde. 19,6 % aller Musikpädagog:innen der Gesamtstichprobe nahmen regelmäßig an arbeitsmedizinischer Vorsorge teil. Die Anzahl an besuchten Gesundheitsveranstaltungen, die an der Musikschule angeboten wurden, in den letzten zwei Jahren vor der Befragung lag mit einem Mittelwert von 0,6 ± 1,83 Veranstaltungen (0–20 Veranstaltungen) äußerst niedrig, wobei einzelne Pädagog:innen sehr viele Veranstaltungen besucht hatten. Ein Gehörschutz wurde bei der Arbeit von 10,3 % der Befragten getragen: besonders häufig durch Musikpädagog:innen der Bereiche Gesang (33 %), Jazz-Rock-Pop (27 %) und Schlagwerk (15 %). Insgesamt waren 64,4 % der Pädagog:innen mit den tätigkeitsspezifischen Gesundheitsangeboten in ihrem Betrieb jedoch „weniger“ oder „gar nicht“ zufrieden.

Die Arbeitsfähigkeit wurde auf der Skala von 0 („völlig arbeitsunfähig“) –10 („derzeit die beste Arbeitsfähigkeit“) im Mittel mit 7,9 ± 1,85 (1–10; Median = 8) angegeben. Als „völlig arbeitsunfähig“ schätzte sich keiner der Musikpädagog:innen ein (Tab. 4).

Tab. 4 Einschätzung derzeitigen Arbeitsfähigkeit im Vergleich zu der besten, je erreichten Arbeitsfähigkeit in Anlehnung an Fragebogen Work Ability Index in den Altersgruppen (n = 205)

Die Ergebnisse der Lärmmessungen mittels Lärmdosimeter sind in Tab. 5 dargestellt.

Tab. 5 Ergebnisse orientierende Lärmmessungen

Der minimale Schallpegel LASmin (dB) lag bei 52,1 dB(A) und wurde im Klavier-Einzelunterricht gemessen. Der maximale Schallpegel LASmax (dB) wurde mit 109,5 dB(A) im Elementarunterricht gemessen. Die berechneten äquivalenten Dauerschallpegel lagen bei allen 5 Messungen über 80 dB(A). Im Klavier-Einzelunterricht, dem Trompeten-Gruppenunterricht sowie der Orchesterprobe des Großen Bläserensembles wurden äquivalente Dauerschallpegel über 85 dB(A) erreicht.

Diskussion

Auffällig war im Rahmen der Auswertung, dass es sich bei der Stichprobe um eher ältere Musikpädagog:innen an den Musikschulen handelt. 71,4 % der Befragten waren „46 Jahre und älter“.

Zunächst ist es allerdings wichtig, dass der Beruf der Musikpädagog:innen die pädagogische Arbeit der Lehrer:innen an allgemeinbildenden Schulen mit der musikalischen Tätigkeit der Instrumental‑/Orchestermusiker:innen verknüpft. Dementsprechend vereint er ebenso die bereits für beide Berufsgruppen untersuchten Belastungsfaktoren und Beanspruchungen. Dies ließ sich mit der aktuellen Online-Befragung nachvollziehen, wobei hier in dieser Arbeit nur auf die Seite der gesundheitlichen Beanspruchungsfolgen und der aktuellen subjektiv eingeschätzten Arbeitsfähigkeit eingegangen wird.

Die u. a. durch Zwangshaltungen, aber vermutlich auch durch psychische Belastungen entstehenden muskuloskeletalen Beschwerden, die von den Musikpädagog:innen sehr häufig angegeben wurden, entsprechen der Beanspruchung von Orchestermusiker:innen [1, 3, 15].

Bei den muskuloskeletalen Beschwerden in den letzten 4 Wochen standen entsprechend der häufig vorliegenden Zwangshaltungen Schulter‑/Nackenbeschwerden (53,2 %/60,5 %) sowie Rückenschmerzen (55,1 %) im Vordergrund, wobei nur wenige Musikpädagog:innen keinen Zusammenhang mit der Tätigkeit angaben. In einer selektiven Literaturrecherche wird berichtet, dass Lehrkräfte an den Schulen sich zwar gegenüber der Allgemeinbevölkerung durch ein gesundheitsförderliches Verhalten auszeichnen, jedoch auch in dieser Berufsgruppe Muskel-Skelett-Erkrankungen zu den häufigsten Diagnosen gehören [16]. Je nach Schulart liegt die Prävalenz der Nacken‑, Rücken‑, Kreuzschmerzen zwischen 65 % (Förderschule) und 73 % (Gymnasium).

Die Krankheitslast-Studie BURDEN 2020, die die Prävalenz von Rücken- und Nackenschmerzen in Deutschland untersuchte, zeigte, dass 61,3 % der Befragten in den letzten 12 Monaten von Rückenschmerzen berichteten [24]. Bei der Differenzierung des chronischen vs. episodischen Rückenschmerzes gaben 15,5 % chronische Beschwerden an; dieses Ergebnis wird als Bevölkerungsprävalenz von chronischen Rückenschmerzen gesehen. Als chronische Schmerzen wurden in der BURDEN-2020-Studie 3 Monate oder länger anhaltende, fast täglich auftretende Rückenschmerzen definiert. Auch in der Gesamtbevölkerung wird eine altersassoziierte Zunahme der Schmerzattacken sowie chronischer Rückenschmerzen festgestellt.

Als Limitation der Studie bei Musikpädagog:innen ist zu betrachten, dass bei den Fragen zu Rückenschmerzen und Nackenschmerzen keine weitere Differenzierung vorgenommen wurde. Während die Zwangshaltungen im Rahmen der speziellen Haltungen der Instrumente kaum zu vermeiden sind, sollte entsprechend in den Pausen und der Freizeit ein Ausgleich stattfinden. Durch die Teilnehmenden der Befragung selbst wurden Angebote wie Yoga und Feldenkrais als besonders positiv eingeschätzt. Hiermit können einerseits körperliche Entspannung, Reduktion von Verspannungen sowie Rücken- und Nackenschmerzen erzielt werden, andererseits auch eine psychische Entspannung, um die Beanspruchungen aktiv zu erfassen und mit ihnen so umzugehen, dass negative Beanspruchungen reduziert und im besten Fall verhindert werden.

Dies ist insbesondere auch deshalb sinnvoll, da auch psychische Beschwerden bei den Personen gehäuft auftraten. Hierbei waren mangelnde Entspanntheit in der Freizeit sowie innere Unruhe am häufigsten.

Auch die Lärmbelastung spielt bei dieser Berufsgruppe eine wesentliche Rolle. Bei den orientierenden Messungen der Lärmbelastung hatten sich bei allen untersuchten Unterrichtsstunden an einem Konservatorium Schallpegel über 80 dB(A) ergeben. Die Spitzenbelastungen lagen noch höher. Wenn der äquivalente Dauerschallpegel Leq 80 dB(A) überschritten wird, würde den Musikpädagog:innen laut Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) sowie gemäß Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationArbSchV) eine Angebotsvorsorge bezüglich des Lärms zustehen. Allerdings wurde nur von 24,6 % der Proband:innen angegeben, dass sie tatsächlich regelmäßig vom Arbeitgeber eine arbeitsmedizinische Vorsorge angeboten bekommen. Eine entsprechende flächendeckende Vorsorge scheint demnach nicht zu bestehen. Der Leq liegt meist niedriger, da die Musikpädagog:innen eine geringe Stundenzahl am Tag leisten und in ihrer Tätigkeit zeitliche Anteile mit geringerer Lärmbelastung vorweisen. Es sind außerdem weitere Wirkungen von Lärm bekannt: psychische Wirkungen bereits ab einem Pegel von ca. 30 dB(A) sowie vegetative und physiologische Wirkungen ab einem Schalldruckpegel von ca. 60 dB(A) [5, 21]. Diese extraauralen Lärmwirkungen sind in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A3.7 Lärm berücksichtigt.

Gehörschutz ist bei Musiker:innen generell ein sensibles Thema. Die Nutzung findet auch bei Berufsmusiker:innen trotz der dort bereits umfassend untersuchten Problematik [17, 22] nur sehr zurückhaltend Anwendung [1, 7]. Dies kann verschiedene Gründe haben: Einerseits besteht die, zum Teil sicherlich nicht ganz unberechtigte, Befürchtung, die Klangqualität einzuschränken. Andererseits ist aus der Literatur zur Belastungssituation der Orchestermusiker bekannt, dass bauliche Maßnahmen zur Lärmreduktion im engen Raum des Orchestergrabens oft nur schwer umsetzbar und auch kostenintensiv sind [6]. Auch Abstand halten ist hier kaum möglich. Dieses Raum‑, Platz- und Kostenproblem besteht auch in Musikschulräumen. Es wird durch den Dualismus aus pädagogischer und musikalischer Nutzung der Unterrichtsräume noch verstärkt. Aus Messungen der Nachhallzeiten an einem Konservatorium ging genau dieses Problem ebenfalls hervor. Zwar lagen die Ergebnisse im leeren Übungsraum im Bereich der oberen Grenze der Sollnachhallzeiten für Unterrichtsräume (DIN 18041), eine bauliche Verstärkung der Absorption wurde allerdings als nicht sinnvoll eingeschätzt, da längere Nachhallzeiten für musikalische Nutzung wünschenswert sind.

Bei der Lärmreduktion bzw. dem Schutz der Beschäftigten vor dem unvermeidbar auftretenden Lärm ist auch hier das „TOP-Prinzip“ der Arbeitsmedizin zu berücksichtigen. Demnach sollen zunächst technische Maßnahmen, also z. B. das Abschirmen einer Lärmquelle, installiert werden. Dies ist im Bereich der Musikschule oft aus finanziellen Gründen jedoch nur schwer möglich. An zweiter Stelle sollen organisatorische Maßnahmen stehen. Hierbei kämen Beschränkungen der Arbeitszeit, Pausenregelungen etc. in Frage. Erst an dritter Stelle stehen die persönlichen Maßnahmen, wie z. B. persönlich getragener Gehörschutz.

Besonders problematisch ist allerdings der auch für Musikpädagog:innen eigentlich am einfachsten einsetzbare persönliche Gehörschutz. Dies spiegelt sich auch in den Angaben zur Nutzung von Gehörschutz in der Stichprobe wider. Lediglich 10,3 % der Musikpädagog:innen trugen während der Arbeit einen Gehörschutz. Gründe für das Nichttragen wurden von Berufsmusiker:innen aus den Orchestern in früheren Befragungen als Beeinträchtigung der individuellen Leistung, Schwierigkeiten beim Hören der Mitspielenden, unangenehmes Tragegefühl, Schwierigkeiten beim Einsetzen, Verstärkung bereits vorhandener Hörstörungen, Verständigungsprobleme und fehlende Einsicht genannt [6]. Alle diese Begründungen lassen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf Musikpädagog:innen projizieren, wenngleich dies in der vorliegenden Studie nicht abgefragt wurde. Weiterführende Untersuchungen diesbezüglich erscheinen sinnvoll.

Für die Musikpädagog:innen kommt wie für Berufsmusiker:innen aus dem Orchester lediglich ein Gehörschutz mit linearer Dämmcharakteristik in Frage. Gehörschutzmittel, die nicht alle Frequenzen gleichmäßig dämpfen, würden den Klang verzerren und sind daher nicht nutzbar [6].

Eine Ausnahme bildet der Fachbereich der Schlaginstrumente (z. B. Pauke, kleine und große Trommel, verschiedene Becken). Hier wird die Notwendigkeit der Nutzung von Gehörschutz bereits mit Beginn der Unterrichtung den Schüler:innen kommuniziert. Das Problem der Lärmbelastung und die Notwendigkeit, das empfindliche Gehör zu schützen, ist also durchaus bekannt [1, 9]. Es stellt sich daher die Frage, warum dies von den Musikpädagog:innen selbst so wenig umgesetzt wird. Da viele Musikpädagog:innen im Rahmen der Untersuchung eine Lärmbelastung beklagt haben, scheinen ihnen die Belastungen und die daraus entstehenden Gefährdungen durchaus bekannt zu sein. Ein nicht zu vernachlässigendes Problem dürfte in diesem Zusammenhang das oben bereits beschriebene Streben nach musikalischer Perfektion sein [12,13,14]. Eine mögliche Einschränkung der Spielfähigkeit durch das Tragen von Gehörschutz verursacht zusätzlichen Stress.

Aus den Überlegungen zur Lärmvorsorge ergaben sich außerdem Fragen über die Nutzung der allgemeinen arbeitsmedizinischen Vorsorge.

Wie bereits beschrieben, erhielten lediglich 24,6 % der Proband:innen regelmäßig das Angebot einer arbeitsmedizinischen Vorsorge. Die tatsächliche Nutzung lag sogar nur bei 19,6 %. Dies erscheint bei den zuvor detektierten Belastungen und Beanspruchungen deutlich zu wenig.

Die Bestellung von Betriebsärzten ist im Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) geregelt. Der Standard der arbeitsmedizinischen Betreuung besteht gemäß Unfallverhütungsvorschrift 2 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV V 2) aus Grundbetreuung und Betriebsspezifischer Betreuung. In der Grundbetreuung sind für die Musikpädagog:innen 0,2 h pro Person und Jahr als betriebsärztliches Beratungszeitfenster vorgesehen. Die betriebsspezifische Betreuung soll und kann hier einen ergänzenden fachspezifischen Schwerpunkt setzen, um die Betroffenen zu sensibilisieren und Lösungsvorschläge zu unterbreiten. In der Praxis beschränken sich die Betreuungs- und Beratungsleistungen der betriebsspezifischen Betreuung mitunter allerdings nur auf arbeitsmedizinische Vorsorge bzw. deren bloßes, unkommentiertes Angebot an die Musikpädagog:innen. Insbesondere bei kommunalen Musikschulen, deren Beschäftigte im Vergleich mit der Gesamtheit der Beschäftigten z. B. einer Stadtverwaltung nur einen sehr kleinen Teil einnehmen, darf bezweifelt werden, dass ein besonderer Fokus auf die besonderen Belastungen und Beanspruchungen von Musikpädagog:innen gerichtet ist.

Da Prävention anscheinend bisher nicht flächendeckend in ausreichendem Maße stattfindet, sollte die arbeitsmedizinische Beratung diesbezüglich intensiviert werden, insbesondere die betriebsspezifische Betreuung. Ohne konkret festgelegte Inhalte in der Gefährdungsbeurteilung wird sich an den Betreuungsinhalten aber vermutlich nichts ändern. Das heißt, bereits bei der Erstellung bzw. bei der anschließenden regelmäßigen Überprüfung und Überarbeitung der Gefährdungsbeurteilung wird eine Fokussierung auf die beschriebenen Probleme empfohlen.

Ein weiteres Problem entsteht durch den hohen Anteil an freiberuflich tätigen Musikpädagog:innen. Diese sind für ihre arbeitsmedizinische Vorsorge selbst verantwortlich. Diese müsste selbst organisiert und privat bezahlt werden. Bei den selbstständigen Musikpädagog:innen ist davon auszugehen, dass eine entsprechende Vorsorge daher nur in seltenen Fällen stattfindet und vermutlich erst, wenn bereits Beschwerden aufgetreten sind. Dabei ist dies bei den freiberuflich tätigen Musikpädagog:innen umso kritischer, da gesundheitliche Einschränkungen, die die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen, zu finanziellen Einbußen führen. Ob eine Notwendigkeit der regelmäßigen Vorsorge zur Prävention berufsbedingter Erkrankungen den betroffenen Musikpädagog:innen überhaupt bekannt ist, ist ebenfalls unklar.

Aus den Ergebnissen lassen sich verschiedene Empfehlungen für die arbeitsmedizinische Vorsorge und zu Präventionsmaßnahmen für die Berufsgruppe der Musikpädagog:innen ableiten. Die Ergebnisse der Lärmmessungen haben die Notwendigkeit einer Lärmvorsorge und der Sensibilisierung der Musikpädagog:innen für das Tragen von Gehörschutz deutlich gemacht. Diese Sensibilisierung sollte entsprechend auch an die Schüler:innen weitergegeben werden, um dies so früh wie möglich beim Instrumentenspiel zu etablieren.

Wichtig hierbei ist, dass sich Ausmaß und Art der Präventionsmaßnahmen nicht allein am finanziellen Gesichtspunkt orientieren sollten. Dies ist in der Realität aufgrund von häufigem Kostendruck allerdings nicht selten der Fall. In der Auftragsbekanntmachung zur Neuausschreibung der betriebsärztlichen Betreuung, z. B. in Einrichtungen der öffentlichen Hand, wozu häufig auch die Musikschuleinrichtungen gehören, wird als ausschließliches Zuschlagkriterium meist der niedrigste Preis angegeben. Dies lässt den Schluss zu, dass spezifische Fachkompetenzen des gesuchten Dienstleisters nicht in die Auswahl einfließen.

In dieser Studie wurde nicht weiter auf das Ergebnis, dass insgesamt 64,4 % der Pädagogen mit den tätigkeitsspezifischen Gesundheitsangeboten in ihrem Betrieb jedoch „weniger“ oder „gar nicht“ zufrieden waren, eingegangen. Hier wären im Anschluss der Befragung die qualitativen Interviews hilfreich, die jedoch bei der anonymen Online-Befragung nicht möglich waren.

Ein wichtiger Pfeiler der Prävention sollte sich außerdem mit der Bewältigung von Belastungen im beruflichen Kontext befassen. Zur Vorbeugung des Auftretens oder der Progredienz von negativen Beanspruchungen bis hin zum Burnout ist es sinnvoll, Strategien zum Belastungsmanagement und Stressbewältigung zu erlernen. Durch eine aktive Auseinandersetzung mit dem Arbeitsumfeld und den daraus entstehenden physischen und psychischen Beanspruchungen, können Quellen körperlichen und seelischen Stresses erkannt und wenn möglich beseitigt werden. Auch persönliche Ressourcen werden dadurch gestärkt und können genutzt werden, um negativen Beanspruchungen durch nicht zu verändernde Faktoren entgegenzuwirken. Der Umgang mit Belastungen kann modifiziert und deren negative Folgen reduziert werden. Folglich ist es empfehlenswert, entsprechende Angebote entweder in die arbeitsmedizinische Betreuung einfließen zu lassen oder separat zu unterbreiten.

Die Berufsgruppe der Musikpädagog:innen erfährt hinsichtlich ihrer Belastungen und Beanspruchungen bisher eher wenig Aufmerksamkeit. Das persönliche musikalische Empfinden, wenn der Klang durch die persönliche Schutzausrüstung verändert ist, steht mitunter konträr zu Maßnahmen der Gesundheitsprävention. Umso wichtiger erscheint es, auch in dieser Berufsgruppe verstärkt und gezielt für die Sinnhaftigkeit einer geeigneten Auswahl von Präventionsmaßnahmen und deren Anwendung zu sensibilisieren. Dabei sollte diese Sensibilisierung dual gesehen werden. Auf der einen Seite stehen die jeweiligen Musikpädagog:innen selbst, auf der anderen Seite stehen der Einrichtungsträger bzw. die Arbeitgeber:innen. Beiden Seiten sollten die gesetzlichen Vorgaben und die damit verbundenen Möglichkeiten bewusst sein. Mit diesem Bewusstsein lassen sich diverse aufgezeigte Präventionsmaßnahmen oft ohne, oder mit nur geringen Kosten realisieren.