Hintergrund

Der Schwerpunkt des Tätigkeitsfelds von Zahnärzt/innen (ZA) und Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) besteht aus Prävention, Diagnose und Therapie von Zahn‑, Mund- und Kiefererkrankungen. Dabei müssen sie sich in ihrem Arbeitsalltag zuallererst nach der individuellen Problematik ihrer Patient/innen richten. Die Gegebenheiten des Arbeitsumfelds „Patientenmund“ stellen an diese Berufsgruppe enorme physische Anforderungen [23, 57]. Während der Behandlung ist die Bewegungsfreiheit aufgrund des kleinen Arbeitsfelds oftmals erheblich eingeschränkt. Um eine ausreichende Arbeitspräzision gewährleisten zu können, nehmen ZA und ZFA oftmals statische Körperhaltungen ein, die über lange Zeit während der Behandlung oder während des Arbeitstages gehalten werden müssen. Dabei kommt es oft zur Einnahme von gesundheitlich ungeeigneten Haltungen und Zwangshaltungen [12, 23, 30, 35, 57]. Diese Bewegungs- und Arbeitsmuster können dabei zur Entwicklung von Pathologien und Ungleichgewichten innerhalb der Muskulatur führen [2, 27, 35, 57]. Seit vielen Jahren ist bekannt, dass die Prävalenz muskuloskeletaler Beschwerden unter ZA und ZFA sehr hoch ist [23, 27, 35, 40]. Besonders die Körperregionen des Nackens, des Rückens und der Schultern scheinen besonders betroffen [23, 27, 35, 40].

Das Arbeitsfeld – der Patientenmund

Der Patientenmund ist klein, eng und erfordert somit eine sehr hohe Arbeitspräzision [32, 57]. Dabei erschwert die Mundöffnung der Patient/innen die Sicht- und Lichtverhältnisse bei der Arbeit [60]. Aufgrund des eigenen Speichelflusses der Patient/innen sowie der verwendeten Wasserkühlung und Spülungen während der Arbeit ist ein Absaugen der Flüssigkeiten wichtig, um Arbeitsqualität und -übersicht zu gewährleisten. Dabei sind die stark begrenzten Platzverhältnisse im Patientenmund stets zu beachten [16, 57].

Physische Anforderungen und Belastungsfaktoren

Diese arbeitsspezifischen Gegebenheiten stellen sehr hohe physische Anforderungen an diese Berufsgruppe [10, 23, 56, 57]. Das kleine Arbeitsfeld schränkt dabei oftmals stark den Bewegungsumfang ein, in dem während einer Behandlung gearbeitet wird. Infolgedessen werden häufig unangenehme, gesundheitlich ungeeignete Haltungen – und im schlimmsten Fall sogar Zwangshaltungen – eingenommen.

Statische Behandlungspositionen.

In diesem Zusammenhang sind statische Haltungen, die oft über lange Zeiträume während einer Behandlung oder eines Arbeitstages gehalten werden müssen, ein vielbeschriebener Belastungsfaktor [12, 23, 30,31,32, 35, 57, 60]. Nach Valachi et al. [27, 57, 58] stellen anhaltende statische Körperhaltungen einen der Hauptgründe der muskuloskeletalen Beschwerden von ZA dar. Die Beschwerdeproblematik von stehenden und sitzenden Behandler/innen divergiert in den Schmerzregionen. Sitzende ZA geben Schmerzen nicht nur im Rücken, sondern auch im Nacken‑, Schulter- und Armbereich an. Stehende ZA geben hingegen Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich, Haltungsschäden und Senkfuß an [57, 58]. Auch sei der Mensch nicht für statische Tätigkeiten einzelner Muskelgruppen geschaffen. Durch zunehmende sitzende Arbeitstätigkeiten neben der Arbeit am Patienten, beispielsweise die Patientendokumentation am Computer, verbringen insbesondere ZA mehr Zeit in Zwangshaltungen. ZA nehmen häufig statische Positionen ein, bei denen mehr als 50 % der Köpermuskulatur den Körper stabil halten. Dies schadet dem Körper mehr als dynamische Tätigkeiten [57]. Morse und Kollegen [27] beschrieben in einer Studie, in der ZFA selbst biomechanische Risikofaktoren ihres Berufsfeldes aufzeigen sollten, dass über 60 % der befragten ZFA statische Körperhaltungen als Gesundheitsrisiko angegeben hatten. Der Großteil dieser 60 % gab des Weiteren an, statische Haltungen, die Nackenrotation und -flexion enthalten, sehr oft einzunehmen, und sehen dies als beruflichen Risikofaktor. Während der Behandlung werden mit einer hohen Frequenz statische Haltungen eingenommen, die eine Kontraktion von über 50 % der Körpermuskulatur erfordern, um den Körper bewegungslos zu halten, während er der Erdanziehungskraft resistiert [48, 57]. Die statischen Kräfte, die aus diesen Haltungen resultieren, können zu Muskelermüdung und muskulären Dysbalancen führen [27, 47, 57, 60]. Bei unkorrigierter Haltung können die physiologischen Konsequenzen wiederholter, prolongierte Phasen statischer Belastung zu Muskelischämie/-nekrose, Schmerzen (Myalgie) sowie zu abnormaler Haltung führen. Später können sie dann in Gelenkhypomobilität, Bandscheibendegeneration und weiteren Muskel-Skelett-Erkrankungen resultieren [57].

Eingeschränkter Bewegungsumfang.

Während der Behandlung ist, aufgrund der räumlichen Einschränkungen der Behandlungseinheiten und der damit verbundenen Positionierung- bzw. Lagerungsmöglichkeiten von Behandler/in und Patient/in, eine gute Einsicht in die Mundhöhle nicht immer möglich. Da das Arbeitsfeld zumeist unterhalb der Augenhöhe der Behandler/in liegt, resultiert in der Praxis deshalb oft eine verdrehte, anterior geneigte Haltung mit runden Schultern (Abb. 1; [27, 52, 57, 60]).

Abb. 1
figure 1

Zahnärztliche Behandlungsposition (eigene Quelle)

Eine Studie, in der n = 204 ZA und ZFA beim Praktizieren ihrer Arbeit beobachtet wurden, konnte bei 83 % eine vorgebeugte Haltung feststellen [2]. Marklin und Cherney [25] beschrieben in einer Studie, welche die Arbeitshaltung von ZA sowie ZFA untersuchte, dass beide Professionen 86 % ihrer Arbeitszeit mit einem mindestens um 30° anterior geneigten Nacken verbrachten. 50 % der Arbeitszeit bei den ZFA und 53 % bei den ZA wurden mit mindestens 30° vorgebeugtem Rumpf verbracht.

Beispielhafte Tätigkeiten.

Im Rahmen einer Behandlung müssen Behandler/innen oft, z. B. zum Halten von Instrumenten, über lange Zeiträume mit angehobenen und abduzierten Armen arbeiten [11], beispielsweise zum Halten eines Spiegels, um das Arbeitsfeld indirekt zu visualisieren oder die Anatomie der Mundhöhle aus dem Arbeitsfeld abzuhalten [30]. Eine Unterbrechung oder Entspannung dieser Haltung ist meist erst bei Abschluss der Behandlung möglich.

Während einer Wurzelkanalbehandlung, einem eher langwierigen Prozedere, wird beispielsweise immer wieder mit Pfeilen und anderen Instrumenten unterschiedlicher Größe das gleiche Bewegungsmuster durchgeführt, bis der Wurzelkanal ausreichend aufbereitet ist. Unter erfahrenen ZFA geben in einer US-amerikanischen Studie dabei über 95 % repetitive Bewegungen als gesundheitlichen Risikofaktor an [27]. Die Einnahme statischer Körperhaltung und Aufwendung von Kraft für den Gebrauch der Dentalinstrumente, wie z. B. beim Entfernen von Zahnstein (Scaling) oder oralchirurgischen Operationen üblich, kann die Arbeitsbelastung dabei nochmal deutlich erhöhen [21, 59, 60]. Eine Vergleichsstudie, die die Prävalenz und Risikofaktoren für Handprobleme unter ZFA untersuchte, konnte zeigen, dass Behandler/innen von Patient/innen mit ausgeprägtem Zahnstein und somit höherer Arbeitsbelastung eine um den Faktor 2,3 höhere Wahrscheinlichkeit hatten, Handprobleme zu entwickeln als ihre Vergleichsgruppe mit wenig Zahnstein. Auch zeigte die Studie, dass ZFA mit mehr als 10 Jahren Arbeitserfahrung eine um den Faktor 1,9 höhere Wahrscheinlichkeit für die Manifestation von mit dem Karpaltunnelsyndrom assoziierte Symptome hatten [21]. Die Art des Scalings kann ebenfalls einen Einfluss auf potenzielle Entwicklung von muskuloskeletalen Erkrankungen (MSE) haben [12]. ZFA, die mit Handinstrumenten arbeiten, entwickeln eher Nackenbeschwerden, und solche ZFA, die mit vibrierenden Instrumenten arbeiten, äußerten eher Schulterbeschwerden und Beschwerden des oberen und unteren Rückens. Die Verwendung vibrierender Instrumente gehört sowohl für ZA (zum Beschleifen und Aufbereiten von Zähnen) als auch für ZFA (zum Entfernen von Zahnstein) zum alltäglichen Gebrauch in fast jeder Behandlung.

Alexopoulos et al. [3] beschrieben dabei den Zusammenhang, dass ZA, die vibrierende Instrumente selbst als Arbeitsbelastung ausmachten, 2,9-mal öfter Schulterbeschwerden angaben als Kolleg/innen, die vibrierende Instrumente nicht angegeben hatten. Des Weiteren wurden erfahrene ZFA, die regelmäßig hochfrequente Ultraschallscaler benutzten, auf ihre periphere Nervenfunktion, klinische Anzeichen und Symptome untersucht [7]. Chronische Parästhesien der Hand wurden dabei bei 44,7 % der Proband/innen beschrieben. Proband/innen mit Karpaltunnelsyndrom verwendeten dabei vibrierende Geräte wöchentlich fast doppelt so häufig wie Proband/innen ohne die Erkrankung und hatten eine erniedrigte Nervenleitungsgeschwindigkeit.

Insgesamt wird deutlich, dass insbesondere die statische Behandlungsposition mit gleichzeitiger Rumpfrotation, -flexion oder -lateralflexion über einen längeren Zeitraum das Risiko für MSE erhöht. Hierzu soll nachfolgend ein Exkurs zur optimalen Sitzhaltung vorgestellt werden, um physiologische Wirkmechanismen des Sitzens näherzubringen.

Exkurs: Optimale Sitzhaltung

Eine allgemeine, optimale Sitzhaltung liegt dann vor, wenn eine physiologische Wirbelsäulenkrümmung eingenommen wird. Beide Füße stehen parallel am Boden, das Becken ist nach ventral gekippt, der Brustkorb und die Schultern sind aufgerichtet, und die Halswirbelsäule ist gestreckt. Die Bandscheiben werden axial und gleichmäßig belastet ([4]; Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Zahnradmodell nach Boner et al. (Aus [4])

Lahme und Klein-Vogelbach [18] sehen den Komplex aus Kopf, Brustkorb und Becken als gleichgroße Bausteine, die genau übereinanderliegen. Kommt es zu Bewegungsimpulsen aus der Peripherie mit der Folge, dass einer dieser Bausteine nicht mehr eingeordnet ist, greifen muskelgesteuerte Kompensationsmechanismen, um das Gleichgewicht der Bausteine wiederherzustellen. Die Brustwirbelsäule ist also „dynamisch stabilisiert“. Unterschiedliche Sitzpositionen, z. B. Anlehnen an eine Rückenlehne, können auch das Ausmaß der Muskelaktivität beeinflussen.

Die bevorzugte Haltung besteht aus einer ausgewogenen Verteilung der Gesamtbelastung auf Bandapparat und Muskeln. Es gilt, eine möglichst ökonomische Haltung einzunehmen, bei der das Becken, der Kopf und der Brustkorb in die Körperlängsachse eingeordnet werden und die Wirbelsäule sich dadurch in der neutralen Nullposition befindet. Ziel ist es, so wenig Kraft wie möglich aufzuwenden und dabei die bestmögliche Haltung und Bewegung zu erreichen. Dies erfordert insbesondere den Einsatz der Rumpfmuskulatur, deren Haltearbeit eine Ausdauerleistung darstellt [20].

Insbesondere Erkrankungen im unteren Rücken sind Folgen des langen Sitzens und der falschen Sitzhaltung. Besonders häufig werden laut Makhsous et al. [24] in der Literatur zwei Risikofaktoren erwähnt, die im Hinblick auf das berufsbedingte Sitzen eine Rolle spielen: zum einen das kontinuierliche Verharren in einer statischen Position und zum anderen die Stellung der Lendenwirbelsäule (LWS), die in Sitzhaltung weniger lordosiert ist [19]. Das Sitzen in statischer Position begünstigt eine Überlastung des Bandapparates der LWS. Letztendlich wird dadurch das Risiko für Bandscheibenvorfälle erhöht [53]. Die posturale Kontrolle hingegen verändert sich aufgrund dieser Problematik jedoch nicht, wie eine Untersuchung mit Lastkraftwagenfahrern bestätigt [44].

Gesundheitliche Folgen physischer Anforderungen

Aufgrund der hohen Präzisionsanforderungen reicht Vorbeugen oftmals nicht aus, besonders, wenn eine direkte Visualisierung erzielt werden soll. Für eine bessere Sicht kommt es deshalb oft zu wiederholter Rotation von Kopf, Nacken und Rumpf zu einer Seite, was in einer unangenehmen Haltung für den Behandler resultiert [11, 27, 28, 30,31,32, 35, 38, 42, 54, 57, 60]. Für Rechtshänder bedeutet dies eine Kopfrotation nach links und eine Kopfbeugung nach rechts [58]. Laut einer Studie von Rundcrantz et al. [50] ist das Einnehmen der Gegenposition für viele ZA erschwert. Dabei neigen Behandler/innen mit zervikobrachialen Beschwerden ihren Kopf stärker nach anterior und rotieren ihn verstärkt lateral als Behandler/innen ohne Beschwerden [50]. So wird die für die Rotation zuständige Muskulatur stärker und kürzer, während die antagonistischen Muskeln schwächer werden und elongieren [27, 47, 57]. Neben Schmerzen und Muskelischämie kann es infolge der asymmetrisch auf die Wirbelsäule wirkenden Kräfte zur Falschausrichtung und einem verringerten Bewegungsumfang kommen. Rundcrantz et al. [50] zeigten, dass für einen Großteil der ZA die Bewegung einer Nackenrotation nach rechts mit gleichzeitigem Beugen nach links schwierig durchzuführen ist. In der Regel nehmen rechtshändige ZA, um eine bessere Sicht zu erreichen, genau die kontralaterale Haltung ein. Sie arbeiten dann mit rotiertem Nacken nach links und einer Beugung nach rechts. Das Resultat sind über zumeist lange Zeiträume eingenommene ZwangshaltungenFootnote 1 [14], mit isometrischer Muskelkontraktion [60]. Außerdem werden regelmäßig einseitige Rumpfpositionen in Torsion, Flexion und Lateralflexion über einen längeren Zeitraum gehalten, was wiederum zu einer Störung des muskulären Gleichgewichts führen kann [35].

Eine vermehrte und prolongierte Einnahme solcher Haltungen kann wiederum zu einer Dysbalance der betroffenen Muskulatur führen. Es kann zur Schwächung und Elongation der stabilisierenden Haltemuskulatur der Schulterblätter kommen, in diesem Fall des M. trapezius, M. rhomboideus, M. serratus anterior [57]. Außerdem erhöht die Haltung die Kräfte auf die obere Nackenmuskulatur (M. trapezius, M. levator scapulae,), die Mm. scaleni sowie auf die Bandscheiben [22, 52]. Die Folge können Verspannung sowie Krämpfe der betroffenen Muskulatur, in schweren Fällen auch Tension-neck-Syndrom oder Engpasssyndrom der oberen Thoraxapertur (Thoracic-outlet-Syndrom) sein [1].

Über das Halten von Instrumenten über lange Zeiträume mit angehobenen und abduzierten Armen konnte gezeigt werden, dass die statische Arbeitsbelastung, insbesondere des M. trapezius, in enger Relation zu Schulterproblemen stehen [10, 26]. Finsen et al. [10] untersuchten in einer Laborstudie an ZA die drei üblichsten Arbeitsaufgaben, die Arbeitshaltung und Muskelbelastung mittels Elektromyographie. Dabei beschrieben sie eine hohe statische Arbeitsbelastung der Nacken- und Schulterregion. Außerdem fand eine Armabduktion über 30° während ungefähr einem Drittel der Zeit statt. Lange Perioden mit erhobenem Arm können dabei ein erhöhtes Risiko für Schmerzen im M. trapezius bedeuten [57]. Eine generelle, nicht nur auf ZFA beschränkte, systematische Übersichtsarbeit [27] fand dabei einen gut dokumentierten Zusammenhang zwischen Problemen in der Schulterregion und hohen physischen Arbeitsbelastungen. Bei unangenehmen und statischen Arbeitshaltungen und/oder exzentrischer Belastung bestand dieser Zusammenhang auch schon bei niedrigem externem Gewicht [27]. Die Angabe von unangenehmen Arbeitshaltungen, anstrengender Armhaltung, Armabduktion, Armanhebung, Gebrauch vibrierender Instrumente und repetitiven Bewegungen erhöhte in einer Umfrage von griechischen ZA das Risiko muskuloskeletaler Beschwerden in der Schulter um den Faktor 2,6 [3]. Warren [59] stellt in seiner Befragung und Untersuchung von ZFA fest, dass diagnostizierte MSE primär assoziiert waren mit repetitiver Arbeit der Schultern, Arme und Handgelenke sowie Arbeiten mit vibrierenden Instrumenten.

Ferner können auch Ischämien durch Ermüdung von Muskeln entstehen. Diese begünstigen die Entstehung von Triggerpunkten, die durch Druckausübung lokal oder ausstrahlend Schmerz verursachen. Bei dauerhafter, kontinuierlicher Belastung und Anspannung von Muskeln wird die Durchblutung des Gewebes und somit auch die Versorgung mit Sauerstoff vermindert. Durch Ruheepisoden kann das Gewebe regenerieren. Übersteigt jedoch die Schädigungsrate die Regenerationsrate, können Muskelnekrosen entstehen. Diese können, wenn sie über einen langen Zeitraum fortbestehen, zu einer Hypomobilität von Gelenken, Nervenkompressionen oder Bandscheibenproblemen führen [57, 58]. Der Druck auf die Bandscheiben nimmt beim Sitzen im Vergleich zum Stehen um 40 % zu. Bei einer Ventralflexion und Rotation, eine Position die ZA und ZFA häufig einnehmen, steigt der Druck sogar um 400 %. Die Beschwerden, die aus Bandscheibenproblemen resultieren, können bis zur Berufsunfähigkeit führen [51, 57, 58].

Zusammenfassend resultieren häufig Beschwerden im Rücken durch die bereits beschriebene unergonomische Haltung der ZA bzw. ZFA, wie z. B. eine stark ausgebildete Lateralneigung des Kopfes, eine tordierte Oberkörperhaltung, gespreizte Arme, falsche Beinhaltung oder lange statische Dauerbelastungen. Dies manifestiert sich in einer erhöhten Prävalenz von MSE bei ZA und ZFA (Abb. 3; [13]). Durch diese unphysiologischen Reize kann ein reflektorischer Hypertonus der Haltemuskulatur entstehen und eine Ruhigstellung des geschädigten Bewegungssegments auslösen. Zeitgleich wird durch diese Schutzfunktion ein Circulus vitiosus (ein pathologischer Prozess im Sinne einer positiven Rückkopplung) eingeleitet, da durch die zusätzliche Spannung Reflexe verstärkt werden, die wiederum Schutzfunktionen auslösen. Daraus resultieren eine Einschränkung der Beweglichkeit sowie Schmerzen [17, 57]. Aber auch Fehlhaltungen als Folge muskulärer Dysbalancen könnten die Folge sein, welche unter anderem in der Oberkörperstatik oder der Gleichgewichtsverteilung bzw. Gleichgewichtsschwankung sichtbar werden können. Um diese identifizieren zu können, ist ein Vergleich mit einer gesunden äquivalenten Alters- und Geschlechtsgruppe sinnvoll [8, 9, 15, 29, 33, 34, 36, 37, 39, 41, 43, 45, 46, 55]. Der Übersichtsartikel behandelt ausschließlich die gesundheitlichen Risikofaktoren in der Zahnmedizin. Wir denken, dass wir der sehr wichtigen Thematik Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen nicht gerecht werden können, wenn wir sie in einigen Sätzen anschneiden. Eine umfassende Darstellung der möglichen verhältnispräventiven Maßnahmen wie Anpassungen am Behandlungskonzept, an Behandlerstühlen, an der Anordnung der Instrumente, am Zusammenspiel zwischen ZA und ZFA oder an der Nutzung von Lupenbrillen bis hin zu verhaltenspräventiven Maßnahmen wie Krafttraining, Dehninterventionen, Pausenorganisation, Stressreduktion oder Arbeiten im Sitzen/Stehen würde den Rahmen dieser Übersichtsarbeit zum Thema Risikofaktoren sprengen.

Abb. 3
figure 3

12-Monats-Prävalenz von muskuloskeletalen Beschwerden bei ZA und ZFA. (Mod. nach [13])

Fazit

In vielen Fällen diktiert das Behandlungsprozedere einen stark repetitiven, monotonen Bewegungsablauf, was vielfach als Risikofaktor für muskuloskeletale Beschwerden beschrieben wurde [3, 12, 21, 27, 30, 59, 60]. Dieses Risiko einer hohen MSE-Prävalenz lässt sich auch für ZA und ZFA in Deutschland bestätigen. Eine oft eingenommene ungünstige Behandlungsposition beinhaltet den vorgeneigten und immer in eine Position rotierten Kopf, Nacken und Oberkörper, um den bestmöglichen Einblick auf das Arbeitsfeld im Patientenmund zu erlangen. Für Rechtshänder bedeutet dies eine Kopfrotation nach links und eine Kopfbeugung nach rechts, was das Einnehmen der Gegenposition für viele ZA bzw. ZFA erschwert [50, 51]. Muskuloskeletale Beschwerden sind häufig bei ZA ein relevanter Grund für den frühzeitigen Ruhestand [5, 6]. Dabei ist, regionsspezifisch gefiltert, die 12-Monats-Prävalenz am höchsten im Nacken- und Schulterbereich, gefolgt vom unteren Rücken [35, 40]. Dass nicht unmittelbar allein die Ausübungsdauer des Berufs für die Beschwerden verantwortlich ist, belegt eine Befragung von Zahnmedizinstudierenden im dritten Ausbildungsjahr, von denen bereits 70 % der 271 Befragten an chronischen Schmerzen im Rücken litten [49].