Die vorliegende Arbeit über den Biomarker TRACP5b wird im Rahmen der Serie „Tumormarker“ des Zentralblatts für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie publiziert [14, 27, 40]. Diese basiert auf Grundlagen der „Recommendation European Group on Tumor Markers“, der „S3-Leitlinie zu Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern“, den „Clinical practice guidelines for the diagnosis and treatment of postmenopausal osteoporosis“, der Erkennung von ossären Metastasierungen, der „Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments“ und des „Rates über In-vitro-Diagnostika“ sowie der Neufassung der „Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen – Rili-BÄK“ [4, 5, 9, 30].

Maligne Erkrankungen und durch diese verursachten Metastasen sind seit Jahrzehnten Gegenstand der medizinischen Forschung. Metastasierungen von Tumoren in das Knochengewebe treten im Rahmen von malignen Erkrankungen häufig auf, verursachen oft zunehmende Schmerzen und erhöhen die Morbidität und Mortalität bei den betroffenen Patienten. In den letzten Jahrzehnten konnten ständig neue laborchemische Methoden und Marker entwickelt werden, die im Rahmen der Diagnostik von Knochenläsionen hilfreich sind. Ein frühzeitiges Erkennen solcher Metastasen und die rechtzeitige Einleitung einer antiresorptiven Therapie können die mit den Knochenmetastasen verbundene Morbidität und Mortalität der betroffenen Patienten senken.

Knochengewebe ist ein sehr aktives Gewebe, das bei einem gesunden Erwachsenen einem Gleichgewicht von ständigem Ab- und Aufbau unterliegt. Im Fall eines Auftretens von malignen Erkrankungen kann dieses Gleichgewicht gestört werden und Metastasen, die den Knochen befallen, verursachen je nach Ursprung sowohl osteolytische als auch osteoblastische und gemischte Läsionen im Knochengewebe. Der Knochen wird dabei weniger durch die Tumorzellen selber als durch aktivierte Osteoklasten und Osteoblasten auf- und abgebaut. Unter diesen Umständen ist der Knochenstoffwechsel erhöht und einige der daran beteiligten Enzyme und metabolischen Produkte können gemessen werden. Die Marker des Knochenaufbaus sind als direkte oder indirekte Produkte aktiver Osteoblasten zu sehen. Sie werden im Serum bestimmt.

FormalPara Infobox 1 Osteoporose

Die Osteoporose stellt eine systemische Skeletterkrankung dar, welche durch eine niedrige Knochenmasse und einen mikroarchitektonischen Umbau des Knochengewebes charakterisiert ist und mit einem konsekutiven Anstieg der Knochenfragilität und der Neigung zu Frakturen einhergeht [1, 2, 5, 8, 12, 20, 23, 30, 37]. Die Fragilitätsfrakturen finden sich vor allem an den Wirbelkörpern, dem Femurhals und der Trochanterregion sowie am handgelenknahen Abschnitt des Unterarms [12, 33, 37].

Der Knochenumbau besteht in physiologischer Sichtweise aus 5 Phasen: (1) der Ruhephase, (2) der Aktivierung des Knochenumbaus, wobei Osteoklasten auf der Oberfläche des Knochens rekrutiert werden, (3) der Resorptionsphase, bei der Osteoklasten ein saures Milieu zwischen der Zelle und der Oberfläche des Knochens generieren, in welchem der mineralische Teil herausgelöst wird, (4) der Phase der Umkehr, bei der die Apoptose der Osteoklasten vollzogen und Osteoblasten auf die Knochenoberfläche rekrutiert werden und schließlich (5) der Formationsphase, in welcher Osteoblasten Kollagen ablagern, welches mineralisiert und so zum neuen Knochen geformt wird [1, 2, 20, 30].

Während der Menopause beeinträchtigt der Östrogenmangel den normalen Zyklus durch die Erhöhung der osteoklastischen Resorptionsaktivität ohne einen korrespondierenden Anstieg der Osteoblastenaktivität [1, 8, 20, 27, 30]. Folglich ist der Anteil an Knochenresorption größer als der Anteil an Knochenwiederaufbau, was in einer reduzierten Knochenmasse resultiert [1, 8, 20, 27, 30]. Östrogen reguliert somit maßgeblich den Knochenumbau über verschiedene Zytokine wie Tumornekrosefaktor alpha, Interleukin‑1 und -6, Osteoprotegerin und RANKL [1, 2, 8, 20, 27, 30].

In Studien in Deutschland betrug die Prävalenz einer erniedrigten Knochendichtemessung bei postmenopausalen Frauen im Alter von 50–60 Jahren 15 % und bei über 70 Jahren 45 %, mit ähnlichen Werten in anderen Ländern wie Brasilien [8, 12, 27, 37]. Bei Männern betrug diese im Alter von 50–60 Jahren 2,4–6 % und bei über 70 Jahren 17 % [12, 27, 37]. Die jährliche Inzidenz der Hüftfrakturen nimmt bei Frauen stärker als bei Männern mit dem Alter zu [12, 27, 37]. Regionale Unterschiede in der Prävalenz der Osteoporose nach Bundesland bestehen nicht [37].

Zu den Risikofaktoren der Osteoporose zählen u. a. fortgeschrittenes Alter, weibliches Geschlecht, die Herkunft (eher Kaukasier), genetische Faktoren, der Reproduktionsstatus, eine geringe Kalziumeinnahme, schlechte körperliche Fitness, geringer Body-Mass-Index, eine vorherige Fraktur, eine positive Familienanamnese für Hüftfrakturen, ein fortgesetzter Nikotinabusus, eine aktuelle oder stattgehabte Kortisoneinnahme, Alkoholabusus, rheumatoide Arthritis, Hyperthyreose, Hyperparathyreoidismus, Zöliakie oder andere Malabsorptionssyndrome, Medikamente, die den Kalziumspiegel senken oder die Vitamin-D-Absorption hemmen (wie Antikonvulsiva), chronische Lebererkrankungen, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Organtransplantation, Diabetes mellitus Typ 1, bei Frauen eine frühe Menopause, allgemein eine prolongierte Immobilität oder eine zu geringe Sonnenlichtexposition [12, 17, 20, 22, 27, 30, 37].

Aus arbeitsmedizinischer Sicht gelten zudem eine Cadmium- und Bleiexposition als Risikofaktoren, die zur Entstehung einer Osteoporose beitragen können [16, 17, 27, 32, 33].

Nach einer osteoporosebedingten Fraktur sind meist eine aufwändige operative Versorgung sowie eine Rehabilitation notwendig, wobei das höhere Lebensalter der Betroffenen und die damit einhergehende Ko- und Multimorbidität hohe Kosten für das Gesundheitssystem entstehen lässt [2, 8, 12, 15, 37].

Patienten mit einer osteoporotischen Fraktur haben eine deutlich erhöhte Mortalität im Vergleich zur Normalbevölkerung [2, 8, 27, 30].

Empfehlungen zur Prophylaxe von Osteoporose beinhalten eine regelmäßige körperliche Aktivität, das Vermeiden von Immobilität und Stürzen sowie eine ausreichende Kalzium- und Vitamin-D-Zufuhr [37].

Biochemie von TRACP5b

TRACP gehört einer Gruppe von ubiquitären, in zahlreichen Geweben des Körpers vorkommenden, Enzymen an, von denen 5 Isoformen bekannt sind.

Die tartratresistente saure Phosphatase („tartratresistant acid phosphatase“, TRACP) Typ 5b ist ein monomeres eisenhaltiges Metalloenzym aus osteoklastenaktivierten Makrophagen und dendritischen Zellen. TRACP5b hat ein Molekulargewicht von etwa 35 kDa und hat bei einen pH-Optimum 5,8–6,0 die höchste Aktivität. Das Enzym ist spezifisch für Osteoklasten und wird durch RANKL („receptor activator of NF-κB ligand“) aktiviert [7, 9, 18, 21, 24, 35].

Die Unterschiede von TRACP5a und 5b sind sowohl in strukturellen Verschiedenheiten als auch in ihrer enzymatischen Aktivität zu finden.

Von dem im Serum vorhandenen und zirkulierenden TRACP sind 85 % der Isoform 5a zuzuordnen. Dieser Anteil steuert nur einen Bruchteil zur katalytischen, enzymatischen Gesamtaktivität der TRACP bei. Der Großteil der enzymatischen Aktivität ist der Isoform 5b der TRACP zuzuordnen.

Im Vergleich zu TRACP5a, welches bei Adipositas und dem metabolischen Syndrom erhöht ist, fehlt die Sialinsäure als Rest [7, 9, 18, 21, 24, 35].

Das Fehlen dieses Enzyms führt zu einer erhöhten Knochenbildung, der Osteopetrose. Eine übermäßige Produktion von TRACP5b zeigte bei den entsprechend genetisch veränderten Tieren einen Knochenschwund, eine Osteoporose. Diese Ergebnisse lassen den Rückschluss auf eine wichtige Rolle im Knochenstoffwechsel zu [7, 11, 24, 28, 29, 35].

Initial fand man bei Prostatakarzinompatienten die prostataspezifische saure Phosphatase (PAP), wobei Tartrat als wirksamer Inhibitor dieses Enzyms gilt [11, 18, 21, 22, 36].

TRACP5b wird von Osteoklasten exprimiert und gilt als relevanter Biomarker bei metabolischen und pathologischen Erkrankungen des Knochens, aber auch bei malignen Erkrankungen mit Knochenmetastasen und der chronischen Niereninsuffizienz [3, 11, 18, 23, 25, 32, 36, 39]. Zusätzlich wird das Enzym von aktivierten oder entzündungsfördernden Makrophagen und dendritischen Zellen exprimiert [3, 7, 11, 18, 21, 23, 25].

Erhöhte Konzentrationen von TRACP5b treten bei Patienten mit verschiedenen metastatischen Knochenerkrankungen (besonders Mamma- und Prostatakarzinome, Bronchialkarzinome, multiples Myelom, aggressive Osteosarkome), bei Haarzellleukämie (lysosomale Speicherkrankheit Morbus Gaucher), sekundärem Hyperparathyreoidismus, fortgeschrittener Niereninsuffizienz, nephrotischem Syndrom, rheumatoider Arthritis, Osteopetrose, ankylierender Spondylitis, koronarer Herzkrankheit und bei normal wachsenden Kindern auf [4, 6, 11, 18, 21, 23, 25, 32, 36, 39].

Bei der medikamentösen Therapie der Osteoporose, z. B. mit Bisphosphonaten wird die Zahl der Osteoklasten und somit auch die TRACP-5b-Konzentration signifikant reduziert. Außerdem korreliert eine ansteigende Konzentration bei Mammakarzinompatientinnen unter Bisphosphonattherapie mit einem Krankheitsprogress [3, 6, 11, 18, 21, 31, 32, 39].

Studien zeigten, dass eine erhöhte TRACP-5b-Konzentration mit einem signifikant erhöhten Risiko einer Hüft- oder Wirbelkörperfraktur assoziiert ist [11, 32, 39].

Die Bestimmung erfolgt mittels Enzyme-linked Immunosorbent Assay unter der Verwendung von monoklonalen Antikörpern, wobei Hämolyse und ein hoher Harnsäurewert zu falschen Ergebnissen führen [3, 6, 11, 18, 21, 26, 32]. Der Referenzbereich für TRACP5b ist methodenabhängig und variiert je nach Studie. Er liegt zwischen 1,67 und 4,75 U/l [3, 18, 21, 32]. In Studien wird zusätzlich ein Immunoassay zum Nachweis im Trockenblut beschrieben [38].

TRACP5b im Serum ist bis zu 8 h bei Raumtemperatur und bis zu 3 Tage bei 4 °C stabil, wobei für eine längere Lagerung die Probe auf −80 °C heruntergekühlt werden sollte [18, 21]. Eine Lagerung über 6 Monate bei −20 °C reduziert die Aktivität um mindestens 40 % [18, 21].

Die meisten zur Verfügung stehenden Marker der Knochenresorption sind Abbauprodukte der organischen und anorganischen Knochenmatrixbestandteile, überwiegend des Hauptbestandteiles Kollagen Typ I. Ausnahmen stellen TRACP (tartratresistente saure Phosphatase) und BSP (Bone Sialoprotein), ein Protein nichtkollagenen Ursprungs dar. Eine Übersicht von Markern der Knochenresorption ist in Tab. 1 dargestellt [11, 15, 39].

Tab. 1 Übersicht der am häufigsten verwendeten Marker der Knochenresorption

Indikation von TRACP5b

Unter folgenden Bedingungen ist die Indikation der TRACP-5b-Bestimmung gegeben:

  • Diagnose, Prognose und Therapiemonitoring der Osteoporose

  • Diagnose, Prognose und Therapiemonitoring von Knochenmetastasen

  • Erkennung einer Tumorprogredienz

  • Früherkennung einer Knochenmetastasierung

  • Diagnose der chronischen Niereninsuffizienz

Aufgrund geringer Organ- und Tumorspezifität sowie eines geringen positiven prädiktiven Wertes sind Tumormarker zum Screening asymptomatischer Patienten in Check-up-Untersuchungen generell ungeeignet [4, 9,10,11,12,13, 19, 21, 23, 25, 26, 34, 35].

Ausblick

Werden die unterschiedlichsten Aspekte der arbeitsmedizinischen Vorsorge, wie sie aktuell im Zentralblatt für Arbeitsmedizin publiziert und diskutiert werden, betrachtet, so wird klar, dass TRACP-5b-Bestimmungen keine Berechtigung im Rahmen von iGeL-Leistungen bzw. Managerchecks im Kontext der Arbeitswelt haben, wohl aber im Bereich von Endokrinologie und Knochenstoffwechsel.

Fazit für die Praxis

  • Der Biomarker TRACP5b eignet sich zur Therapie‑, Verlaufs- und Rezidivkontrolle der Osteoporose (s. Infobox 1) und zur Erkennung einer ossären Metastasierung. Er zeigt häufig eine Krankheitsprogredienz an, bevor diese klinisch oder radiologisch detektierbar ist.

  • Gute Korrelation der Werte zum klinischen Verlauf unter medikamentöser Therapie.

  • In der Primärdiagnostik Bestimmung von TRACP5b aufgrund zu geringer diagnostischer Sensitivität nicht einsetzbar.

  • Konzentrationen weichen bei vielen verschiedenen Krankheiten, wie u. a. metabolischen und metastatischen Knochenerkrankungen, Morbus Gaucher, sekundärem Hyperparathyreoidismus, fortgeschrittener Niereninsuffizienz, nephrotischem Syndrom, rheumatoider Arthritis, Osteopetrose, koronarer Herzkrankheit und bei normal wachsenden Kindern vom Referenzwert ab.

  • Die TRACP-5b-Konzentrationsbestimmung wird bei Verdacht auf eine Osteoporose eingesetzt (therapeutisches Monitoring und Nachsorge).

  • Bestimmung von TRACP5b nicht als Screening-Untersuchung geeignet, sondern nur bei bereits vorliegender Osteoporose in Verbindung mit anderen Untersuchungen.