Einleitung

Das Lehramtsstudium bietet trotz zunehmender Praxisphasen nur wenige Möglichkeiten, das im universitären Kontext erworbene deklarative Wissen in konkreten unterrichtlichen Handlungssituationen anzuwenden und in prozedurales Wissen zu überführen. Ob und inwiefern deklaratives und prozedurales Professionswissen zusammenhängen und welche Erhebungsinstrumente sich anbieten, diese Zusammenhänge darzustellen, ist weiterhin eine offene Frage. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Studien durchgeführt, welche unterschiedliche Bereiche des Professionswissens – Fachwissen (FW), fachdidaktisches Wissen (FDW) und pädagogisches Wissen (PW) (z. B. Shulman 1986) – fokussierten, sich aber kaum explizit mit dem Zusammenhang zwischen deklarativem und prozeduralem Wissen innerhalb der Professionswissensbereiche beschäftigten. Die vorliegende Studie hatte das Ziel, deklaratives sowie prozedurales Professionswissen zur Evolution angehender Biologielehrkräfte zu erfassen und erste Zusammenhänge aufzuzeigen. Für die Erfassung prozeduralen Wissens stellen wir hier den Simulieren Klassenraum Biologie (SKRBio) als digitales Erhebungsinstrument vor.

Das Professionswissen angehender Lehrkräfte ist der Kern professioneller Kompetenz (z. B. Borowski et al. 2010; Großschedl et al. 2015a; Jüttner und Neuhaus 2013; Kleickmann et al. 2014; Mahler et al. 2017). Zur Konzeptualisierung des Professionswissens hat sich das aus der Bildungswissenschaft stammende COACTIV-Modell durchgesetzt, welches in FW, FDW und PW unterteilt (Baumert und Kunter 2006). Diese Wissensbereiche differenzieren sich weiter in unterschiedliche Wissensfacetten.

Neben dieser Differenzierung in Wissensbereiche und -facetten stellt die dichotome Einordnung des Professionswissens in deklaratives („Wissen, dass“) und prozedurales Wissen („Wissen, wie“) eine Möglichkeit dar, Wissen hinsichtlich der Handlungsorientiertheit zu differenzieren (z. B. Baumert und Kunter 2013; Blömeke et al. 2010; Förtsch et al. 2018; König et al. 2014; Tepner et al. 2012). Das deklarative Professionswissen wird als Sachwissen verstanden, welches dem Bewusstsein zugänglich ist und großenteils während der ersten Phase der universitären Ausbildung erworben wird. Hingegen umfasst das prozedurale Professionswissen handlungsorientiertes Wissen (Baumert und Kunter 2013). In konkreten Handlungssituationen, wie in praktischen Übungen oder Schulpraktika, kann mittels regelmäßiger Übung und Kontextualisierung deklaratives zu prozeduralem Wissen transformiert werden (z. B. Anderson 1982; Blömeke et al. 2010; Schneider und Stern 2010). Bei einer unvollständigen Transformation können beide Wissenstypen unverbunden nebeneinander stehen oder sich sogar widersprechen (Shulman 1986). Hier offenbart sich eine zentrale Herausforderung für die Lehrkräftebildung, wonach das im Studium erworbene deklarative Wissen in konkreten Handlungssituationen träge bleibt und nicht in prozedurales Wissen überführt werden kann (z. B. Gruber et al. 2000).

In der Lehrkräftebildungsforschung wurden zahlreiche Large-Scale-Studien durchgeführt, die trotz der Berücksichtigung verschiedener Wissenstypen innerhalb der entwickelten Erhebungsformate überwiegend die Messung deklarativen Wissens fokussierten (TEDS-M: Blömeke et al. 2008; ProwiN: Tepner et al. 2012; KiL: Kleickmann et al. 2014; COACTIV: Baumert und Kunter 2013). Beispielsweise untersuchten Borowski et al. (2011) und Kirschner et al. (2017) mit einem Papier-Bleistift-Fragebogen das deklarative sowie prozedurale Professionswissen, wobei keine expliziten Zusammenhangsanalysen zwischen den Wissenstypen vorgenommen wurden. In den COACTIV-Studien wurde ebenfalls versucht, neben theoretischem Wissen (Faktenwissen) auch Facetten praktischen Wissens (Fertigkeiten) zu erfassen. Hier stellten Krauss et al. (2020) fest, dass Fragebogenformate vor allem das deklarative Wissen fokussieren, wohingegen mithilfe von Videovignetten eher situationsspezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten erfasst werden können (Blömeke et al. 2015; Lindmeier 2010, Kaiser et al. 2015). Kramer et al. (2021) konnten bspw. Zusammenhänge zwischen den Facetten des Professionswissens, erhoben über einen Fragebogen, und den gezeigten diagnostischen Aktivitäten, erfasst mit einer videobasierten Klassenraumsituation, angehender Biologie-Lehrkräfte nachweisen.

Die explizite Betrachtung des Zusammenhangs zwischen deklarativem und prozeduralem Wissen innerhalb der Professionswissensbereiche ist besonders relevant. Gerade die Aktivierung prozeduralen Wissens in realen Unterrichtssituation ist essentiell, um als Lehrkraft im Sinne effektiven unterrichtlichen Handelns auf die Bedürfnisse der Schüler*innen reagieren zu können. Das unterrichtliche Handeln basiert hierbei auf dem Wissen und Können des Lehrenden, welches während der universitären Ausbildung in theoretischen sowie praktischen Phasen entwickelt und im Berufskontext weiter vertieft wird. Um neben deklarativem auch prozedurales Wissen angehender Lehrkräfte zur Evolution messen und erste Zusammenhänge untersuchen zu können, bieten sich simulierte Klassenraumumgebungen an (z. B. Badiee und Kaufman 2015). In unserer Studie wurde daher eine entsprechende Umgebung weiterentwickelt und eingesetzt, die eine Klasse im evolutionsbiologischen Unterricht zum Prozess der natürlichen Selektion simuliert – der SKRBio. Im SKRBio hatten die Lehramtsstudierenden die Möglichkeit, das im akademischen Diskurs erlernte deklarative FW sowie FDW zur Evolutionstheorie und generisches PW in einer konkreten Handlungssituation anzuwenden. Hierbei ermöglichte der SKRBio die Messung des prozeduralen Wissens. Mit einem Fragebogen wurde das deklarative FW und FDW erfasst. Die vergleichende Betrachtung des gezeigten Wissens der Lehramtsstudierenden in beiden Instrumenten lässt eine differenzierte Betrachtung deklarativen und prozeduralen Professionswissens zur Evolution zu.

Theoretischer Hintergrund

Professionswissen von Biologielehrkräften

Das Professionswissen von Lehrkräften ist eine wesentliche Voraussetzung für guten Unterricht (z. B. Baumert und Kunter 2006; Borowski et al. 2010; Mahler et al. 2017; Sadler et al. 2013). Nach Shulmans (1986) Konzeptualisierung differenziert sich das Professionswissen in FW, FDW und PW. Diese Taxonomie wurde in zahlreichen Studien übernommen, um Bereiche des professionellen Wissens zu beschreiben (ProwiN: Fischer et al. 2012; KiL: Kleickmann et al. 2014; Großschedl et al. 2015b; COACTIV: Baumert und Kunter 2013). Innerhalb der Wissensbereiche werden das FW und FDW als inhaltsbezogene Domänen beschrieben, wohingegen das PW eher als inhaltsunabhängige Domäne angesehen wird (z. B. Förtsch et al. 2018; Jüttner et al. 2013; Shulman 1986).

Das FW wird beschrieben als das Wissen von Fakten und Begriffen sowie als das konzeptuelle Verständnis dieser Inhalte (z. B. Shulman 1986). Beispielsweise basiert das evolutionsbezogene FW von Biologie-Lehrkräften auf der synthetischen Evolutionstheorie (Großschedl et al. 2015b), welche den Evolutionsprozess auf Grundlage der veränderten genetischen Zusammensetzung von Populationen beschreibt. Hierbei kann das evolutionsbezogene FW weiter in das Wissen zu den Inhaltbereichen: (1) Mikroevolution, welche unmittelbare Prozesse der genetischen Veränderung innerhalb einer Art beschreibt, (2) Makroevolution, welche Selektionsmechanismen zwischen Arten erklärt, und (3) Erklärungsmodelle, welche das Wissen zu konkurrierenden Erklärungsansätzen zur Vielfalt der Arten (z. B. nach Lamarck) zusammenfasst, differenziert werden (Großschedl et al. 2015b).

Studien haben gezeigt, dass ein elaboriertes FW für effektiven Unterricht unerlässlich ist (z. B. Baumert et al. 2010; Friedrichsen et al. 2009), es aber allein nicht ausreicht, den Herausforderungen des Unterrichts, wie zum Beispiel dem Erkennen von Fehlvorstellungen und der daraus resultierenden Wahl einer geeigneten Instruktionsstrategie, gewachsen zu sein (z. B. Baumert et al. 2010; Förtsch et al. 2018; Riese et al. 2017; Tepner et al. 2012). Hierfür ist das FDW relevant, welches vor allem durch zwei Kernfacetten – das (1) Wissen über Fehlvorstellungen und (2) das Wissen zu Instruktionsstrategien – beschrieben wird. Das Wissen über Fehlvorstellungen besteht darin, prominente Fehlvorstellungen erkennen und beschreiben zu können. Hierbei definieren Fehlvorstellungen grundlegend ungenaue Vorstellungen bzw. Ideen zu naturwissenschaftlichen Phänomenen (Yip 1998). Besonders problematisch ist die Tatsache, dass wissenschaftlich korrekte Denkweisen mit Fehlvorstellungen koexistieren können (z. B. Fosnot und Perry 2005; Shtulman und Valcarcel 2012). Nach theoretischen Ansätzen sind Fehlvorstellungen nicht pauschal lernhinderlich, sondern können auch als Anknüpfungspunkte für den Aufbau wissenschaftlicher Denkweisen im Lernprozess dienen (Kattmann 2015). Das Wissen zu Instruktionsstrategien hingegen ist relevant, um Schüler*innen beim Erlernen wissenschaftlicher Konzepte zu unterstützen (Magnusson et al. 1999).

Im Vergleich zum FW und FDW berücksichtigt das PW übergreifende Aspekte des Unterrichts. Es wird definiert als das Wissen über Lernstrategien, effektive Unterrichts- und Klassenführung sowie Leistungsbeurteilung (z. B. Baumert und Kunter 2013; Brunner et al. 2011; König und Blömeke 2009; Shulman 1987; Voss et al. 2011). In Bezug auf die Leistungsbeurteilung ist die Beurteilungsgenauigkeit von zentraler Bedeutung, denn diese beschreibt das Verhältnis zwischen den Lehrer*innenurteilen und den tatsächlich gezeigten Schüler*innenleistungen (z. B. Südkamp et al. 2012). Ziel der Lehrkräfte muss es sein, die Schüler*innen in jeder Unterrichtssituation angemessen zu beurteilen (Schrader 2006).

Unabhängig dieser Unterscheidung des Professionswissens in Wissensbereiche wurde in psychologischen Ansätzen eine weitere Differenzierung in Wissenstypen vorgenommen. Grundlegend wird zwischen deklarativem und prozeduralem Wissen unterschieden (z. B. Anderson und Lebière 1998; Bromme 2001; de Jong und Ferguson-Hessler 1996; Fenstermacher 1994; Klieme et al. 2007; König et al. 2014). Deklaratives Wissen wird als das Wissen über Begriffe, Fakten und Prinzipien beschrieben (z. B. Baumert und Kunter 2011; Tepner et al. 2012), welches durch regelmäßige Übung und Kontextualisierung in prozedurales Wissen überführt werden kann (z. B. Anderson 1982; Blömeke et al. 2008, 2010; Klieme et al. 2007; Schneider und Stern 2010). Beispielsweise ist das Wissen über spezifische Fehlvorstellungen zur Evolution dem deklarativen Wissen zugeordnet (Förtsch et al. 2018). Geht es um die Diagnose spezifischer Fehlvorstellungen innerhalb von Schüler*innenantworten in einer Unterrichtssituation, wird prozedurales Wissen relevant. Erst wenn es in konkreten Handlungssituationen zu einer Restrukturierung und Verknüpfung des deklarativen Wissens zu prozeduralem Wissen kommt, können Lehrkräfte adäquat auf die Herausforderungen des Unterrichts reagieren (z. B. Blömeke et al. 2008).

Diese grundlegende Wissensstrukturierung in deklaratives und prozedurales Wissen wurde in der mathematik- sowie naturwissenschaftsdidaktischen Forschung übernommen bzw. nur leicht modifiziert (z. B. Förtsch et al. 2018; Jüttner und Neuhaus 2013; Olszewski et al. 2010; Schmelzing et al. 2010; Tepner et al. 2012). Dementsprechend wurde sich in der vorliegenden Studie der Differenzierung in deklaratives und prozedurales Wissen angeschlossen.

Diagnostisches Wissen

Lehrkräfte sind in Unterrichtssituationen kontinuierlich mit diagnostischen Aktivitäten konfrontiert (Klug et al. 2013). Hierbei ist das zugrundeliegende Professionswissen eine essentielle Voraussetzung, um diese diagnostischen Aktivitäten effektiv durchführen zu können (z. B. Helmke et al. 2004). Diese Aktivitäten adressieren sowohl die Dokumentation des Leistungs- oder Kompetenzniveaus der Schüler*innen (z. B. Südkamp et al. 2012) als auch die Nutzung dieser diagnostischen Informationen für adaptiven Unterricht (Rogalla und Vogt 2008) und Lerninterventionen (Wollenschläger et al. 2016). In Abhängigkeit der Situation, in der eine diagnostische Aktivität benötigt wird, müssen auf unterschiedliche Bereiche des Professionswissens zurückgegriffen werden. Um beispielweise die wissenschaftliche Korrektheit einer Schüler*inantwort einschätzen zu können, benötigen die Lehrenden entsprechendes Wissen über Fakten und Begriffe sowie ein konzeptuelles Verständnis der zu unterrichtenden Inhalte, welches dem FW zugeordnet wird (Förtsch et al. 2018; Shulman 1986). Ist eine Fehlvorstellung die Ursache für die wissenschaftlich inkorrekte Denkweise, ist das FDW (Facette: Wissen über Schülerfehlvorstellungen; Baumert et al. 2010; Förtsch et al. 2018; Riese et al. 2017; Tepner et al. 2012) relevant. Das PW geht über die inhaltsbezogenen Facetten hinaus und adressiert die übergeordneten Aspekte des Unterrichts (z. B. Shulman 1986, 1987). So gehört zum PW beispielsweise die Beurteilungsgenauigkeit hinsichtlich der gezeigten Leistungen der Schüler*innen unabhängig vom konkreten Fachinhalt (Voss und Kunter 2011). Die Beurteilungsgenauigkeit kann durch drei Komponenten gemessen werden: (1) Die Rangkomponente, die zeigt, ob die Lehrenden in der Lage sind, die charakteristische Ausprägung der Schüler*innen untereinander richtig zu beurteilen. (2) Die Niveaukomponente gibt die Fähigkeit der Lehrenden an, das durchschnittliche Niveau eines Schüler*inenmerkmals in einer Klasse richtig einzuschätzen und (3) die Differenzierungskomponente, als Verhältnis der Varianz der realen Leistungen zur Varianz der eingeschätzten Leistungen (Südkamp et al. 2008).

Die vorliegende Studie fokussierte die Untersuchung des diagnostischen Wissens in den drei Wissensbereichen (FW, FDW, PW), wobei der Fokus ausschließlich auf der Beurteilung lag, ohne hierbei weitere Facetten des professionellen Wissens, wie bspw. Aspekte adaptiven Unterrichts oder explizite Instruktionsstrategien mit einzubeziehen.

Lehren und Lernen der biologischen Evolution

Die Evolutionstheorie gilt als übergeordnetes Organisationsprinzip der Biologie, welches einzelne Fakten zu einem umfassenden Erklärungsrahmen verbindet (Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina 2017; National Research Council [NRC] 2012). Folglich ist die Evolutionstheorie in vielen Ländern zentraler Bestandteil zahlreicher Lehrpläne des naturwissenschaftlichen Unterrichts (z. B. KMK 2005; USA: NGSS Lead States 2013).

Zahlreiche Studien belegen erhebliche Schwierigkeiten beim Lehren und Lernen der Evolutionstheorie (z. B. BouJaoude et al. 2011; Gregory 2009; Großschedl et al. 2014, 2019; Lucero et al. 2019; Nehm und Reilly 2007). Im Kontext des naturwissenschaftlichen Unterrichts bleiben nicht-wissenschaftliche Vorstellungen, im Folgenden Fehlvorstellungen genannt, von Schüler*innen häufig unberührt, wodurch es weniger Gelegenheiten gibt, den wissenschaftlichen Erklärungsansatz zu thematisieren (z. B. Kampourakis und Zogza 2008; McVaugh et al. 2011; Opfer et al. 2012). So wurden von Graf und Hamdorf (2011) über 80 Fehlvorstellungskategorien identifiziert, welche vor allem den Evolutionsbegriff, die zeitliche Dimension von Evolution und die Wissenschaftlichkeit der Evolutionstheorie betreffen. Problematisch sind diese Fehlvorstellungen besonders in Bezug auf die biologische Evolution, da diese das vereinigende sowie übergreifende Erklärungsprinzip der Lebenswissenschaften ist und somit die Grundlage aller Themenbereiche der Biologie und des Biologieunterrichts darstellt (z. B. Furtak 2012; Opfer et al. 2012). Erst ein konzeptuelles Verständnis der biologischen Evolution sowie der Evolutionstheorie ermöglichen die Teilnahme am gesellschaftlichen Diskurs, beispielsweise in Themen der Gesundheits- oder Umweltbildung (Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina 2017). Besonders zum Prozess der natürlichen Selektion wurden zahlreiche Fehlvorstellungen identifiziert, welche sich vor allem auf die Erklärung der Angepasstheit von Individuen und Populationen an ihre Umwelt beziehen (z. B. Bishop und Anderson 1990; Lucero et al. 2019).

Fehlvorstellungen zum Prozess der natürlichen Selektion

Die natürliche Selektion ist der zentrale Prozess des evolutionären Wandels, welcher zu adaptiven Merkmalsveränderungen bei Organismen führt. Aus der Forschung ist bekannt, dass der Prozess der natürlichen Selektion eines der am schwierigsten zu vermittelnden Themen in der Biologie ist (z. B. Bishop und Anderson 1990; Nehm und Reilly 2007). Verantwortlich sind zahlreiche Fehlvorstellungen seitens der Lernenden, welche von den Lehrkräften erkannt und überwunden werden müssen (Gregory 2009). Überwiegend beruhen diese Fehlvorstellungen auf der Annahme, dass nicht Faktoren wie Mutation und Rekombination Ursprung der natürlichen Selektion sind, sondern sich Lebewesen aktiv und wissentlich neuen Umweltbedingungen anpassen (z. B. Nehm und Schonfeld 2008; Settlage 1994). In den vergangenen Jahren versuchten zahlreiche Forschungsarbeiten spezifische Fehlvorstellungen zu identifizieren und Kategorisierungen einzuführen. Es kristallisierte sich heraus, dass vor allem anthropomorphe, teleologische und lamarckistische Fehlvorstellungen von den Lernenden genutzt werden, um den Prozess der natürlichen Selektion zu erklären (z. B. Bishop und Anderson 1990; Bizzo 1994; Demastes et al. 1995; Hammann und Nehm 2020; Jensen und Finley 1996; Kampourakis und Zogza 2008; Nehm et al. 2009).

Die anthropomorphe Fehlvorstellung ist dadurch gekennzeichnet, dass menschliche Eigenschaften, wie zum Beispiel das Denken oder Fühlen, auf nichtmenschliche Organismen übertragen werden (z. B. Byrne et al. 2009). Die Veränderung eines Merkmals ist das Ergebnis von absichtlichen und zielgerichteten Verhalten oder Handlungen durch das Individuum selbst, um sich aktiv an veränderte Umweltbedingungen anzupassen (z. B. Baalmann et al. 2004; Demastes et al. 1995; Gregory 2009; Kallery und Psillos 2004; Sinatra et al. 2008). Auch in teleologischen Erklärungen werden Veränderungen mit einer Ziel- bzw. Zweckgerichtetheit begründet, welche durch einen Schöpfer oder das Lebewesen selbst gesteuert werden. Merkmale entstehen oder gehen verloren, weil diese zu einem Überlebensvorteil für das Individuum führen (z. B. Andrews et al. 2011; Nehm et al. 2009; Sinatra et al. 2008). Teleologische Erklärungen folgen immer einem „Start-Ziel-Schema“ mit einem manifesten Endergebnis (z. B. Sinatra et al. 2008; Stover und Mabry 2007). Nach der lamarckistischen Fehlvorstellung entstehen Merkmalsveränderungen durch aktive Anpassung der Individuen während der Nutzung oder Nichtnutzung von Organen bzw. Fähigkeiten (z. B. Andrews et al. 2011; Kalinowski et al. 2016; Kampourakis und Zogza 2008; Nehm et al. 2009).

Diese ziel- und zweckgerichteten Erklärungen basieren auf der natürlichen Tendenz des Menschen, Naturphänomene kausal erklären zu wollen (z. B. Gregory 2009; Olander 2012). Dennoch ist nicht das Ziel oder der Zweck der bestimmende Faktor für die Entwicklung eines Merkmals, sondern evolutionsbiologische Mechanismen wie Variabilität, Selektion und Vererbung (z. B. Tibell und Harms 2017). Das konzeptuelle biologische Wissen, welches zur Erklärung evolutionsbiologischer Prozesse notwendig ist, sollte durch den Biologieunterricht vermittelt werden (z. B. Gregory 2009). Hierfür ist ein elaboriertes Wissen der Lehrkräfte bezüglich prominenter Fehlvorstellungen zum Prozess der natürlichen Selektion notwendig, um im Unterricht geäußerte Fehlvorstellungen zur Evolution zu erkennen und mögliche Anschlusshandlungen zur Initiierung wissenschaftlich korrekter Denkweisen umzusetzen.

Fragestellung und Hypothesen

Das deklarative Wissen, das angehende Lehrkräfte während ihres Studiums erlernen, bleibt in konkreten Unterrichtssituationen oft träge und wird nicht abgerufen (z. B. Blömeke et al. 2015). Dies scheint eine der größten Herausforderungen in der naturwissenschaftlichen Lehrkräftebildung zu sein. Dementsprechend sollte Lehramtsstudierenden die Möglichkeit gegeben werden, ihr deklaratives Wissen in konkreten Handlungssituationen anzuwenden und prozedurales Wissen zu entwickeln (Santagata und Guarino 2011). Hierfür müsste vorerst in der Forschung untersucht werden, inwiefern das deklarative und prozedurale Wissen bei angehenden Biologielehr*innen zur Evolution zusammenhängt. Eine Voraussetzung sind Instrumente zur Erfassung deklarativen und prozeduralen Wissens, um einen tieferen Einblick in deren Zusammenhang zu gewähren.

Hieraus ergibt sich die zentrale Forschungsfrage, inwieweit das deklarative und prozedurale Wissen der Lehramtsstudierenden zusammenhängen. Basierend auf theoretischen Vorkenntnissen aus der Wissenspsychologie (z. B. Anderson 2001; Edelmann 2000; Steiner 2001) sowie empirischen Befunden (Rittle-Johnson et al. 2001; Perry 1991), wonach deklaratives und prozedurales Wissen miteinander interagiert, gehen wir davon aus, dass Zusammenhänge zwischen dem deklarativen Wissen im Fragebogen und dem prozeduralen Wissen im SKRBio bestehen (Hypothese 1). Für die differenziertere Betrachtung spezifischer Wissensbereiche (FW, FDW und PW) erwarten wir darüber hinaus vergleichsweise höhere Zusammenhänge zwischen dem deklarativen FW im Fragebogen und dem prozeduralen FW im SKRBio (Hypothese 2) sowie zwischen dem deklarativen FDW im Fragebogen und dem prozeduralen FDW im SKRBio (Hypothese 3).

Methodisches Vorgehen

Stichprobe

Die Studie wurde an einer norddeutschen Universität durchgeführt. Es nahmen N = 51 Lehramtsstudierende (83 % weiblich) im Master of Education für das gymnasiale Lehramt mit dem Unterrichtsfach Biologie teil. Die Teilnehmenden waren im Mittel M = 25,7 (SD = 2,97) Jahre alt.

Testinstrumente

ProwiE – Fragebogen – Messung des deklarativen Professionswissens

Das deklarative FW und FDW wurde mit einem Fragebogen erfasst (Großschedl et al. 2015b: Testinstrument zur Erfassung des evolutionsbezogenen Professionswissens von Lehramtsstudierenden; ProWiE). 28 geschlossene Fragen des Fragebogens bezogen sich auf das evolutionsbezogene FW. 21 Fragen (4 im geschlossenen, 17 im offenen Format) adressierten das evolutionsbezogene FDW.

Wir verwendeten die aus der IRT Skalierung des Fragebogens erhaltenen Personenfähigkeitsschätzer (Weighted Likelyhood Estimates) als Indikator für das deklarative Wissen, wobei der Gesamttest – FW und FDW – eine akzeptable Reliabilität zeigte (rel.EAP = 0,64). Nach Großschedl et al. (2015b) differenzierten wir das gezeigte Wissen im Fragebogen weiter in deklaratives FW und deklaratives FDW, welche auf Basis der IRT-Analysen mäßige bis akzeptable Reliabilitäten zeigten (FW: rel.EAP = 0,63; FDW: rel.EAP = 0,54).

Der Simulierte Klassenraum Biologie – Messung des prozeduralen Professionswissens

Der SKRBio ist eine simulierte Klassenraumumgebung, welche es den Lehramtsstudierenden ermöglicht, in die Rolle der Lehrenden zu schlüpfen und Frage-Antwort Sequenzen mit virtuellen Schüler*innen zu simulieren (Südkamp et al. 2008). Ziel ist dabei die Beurteilung der Schüler*innenantworten. Während dieser digitalen Unterrichtsstunde können Fragen an virtuelle Schüler*innen gerichtet werden, welche durch ein Profilbild und dem dazugehörigen Namen dargestellt werden. Die virtuellen Schüler*innen antworten immer bezüglich ihres voreingestellten Fähigkeitsprofils. Es betrifft bspw. die Wahrscheinlichkeit eine richtige Antwort zu geben oder die Häufigkeit, sich auf eine gestellte Frage zu melden. Auf Basis der Qualität der gegebenen Antworten können die Leistungen der virtuellen Schüler*innen eingeschätzt werden. Die Übereinstimmung zwischen den Einschätzungen der Lehramtsstudierenden und der tatsächlich erbrachten Leistung der virtuellen Schüler*innen ergibt ein Maß für die Beurteilungsgenauigkeit.

Um neben PW auch FW und FDW angehender Lehrkräfte erfassen zu können, wurde der SKR (Fiedler et al. 2002, 2007; Südkamp et al. 2008) zum SKRBio weiterentwickelt. Hierfür haben wir eine virtuelle Unterrichtsstunde zur biologischen Evolution mit 27 evolutionsbiologischen Fragestellungen sowie dazugehörigen Schüler*innenantworten (N = 476) erstellt (siehe Online Material). Biologiedidaktische Studien zeigen, dass das Wissen zur natürlichen Selektion mit der jeweils betroffenen Organismengruppe divergiert (Großschedl et al. 2018; Opfer et al. 2012). Darüber hinaus gibt es Erkenntnisse darüber, dass die Merkmalsausprägung (d. h. Verlust vs. Erwerb) einen Einfluss auf das Verständnis des Evolutionsprozesses haben kann (Nehm et al. 2012). Dementsprechend adressieren die evolutionsbiologischen Fragestellungen im SKRBio alle Organismengruppen (Bakterien, Pflanzen, Tiere und Mensch) mit verschiedenen Merkmalsausprägungen. Die entwickelten Schüler*innenantworten basieren u. a. auf authentischen Schüler*innenantworten einer Interviewstudie (Baalmann et al. 2004) und äußern entweder eine wissenschaftliche Denkweise oder eine spezifische Fehlvorstellung (anthropomorph, lamarckistisch, teleologisch).

In der vorliegenden Studie wurde die virtuelle Klasse in drei Gruppen mit je drei virtuellen Schüler*innen (insgesamt 9 virtuelle Schüler*innen, s. Abb. 1) aufgeteilt, wobei die Wahrscheinlichkeit wissenschaftlich korrekter Antworten zwischen den drei Schüler*innengruppen bei 20, 50 und 80 % lag. Außerdem wurde jedem/jeder virtuellen Schüler*in eine spezifische Fehlvorstellungskategorie hinterlegt. Das heißt, antworteten die Schüler*innen auf die gestellte Frage fehlerhaft, so geschah dies immer auf Basis der für diese/n Schüler*in voreingestellten Fehlvorstellungskategorie. Innerhalb des SKRBio wurde jede mögliche Wahrscheinlichkeit eine wissenschaftliche korrekte Antwort zu geben (d. h., 20, 50 oder 80 %) mit jeweils einer spezifischen Fehlvorstellungskategorie (d. h. anthropomorph, teleologisch, lamarckistisch: dominante Fehlvorstellung) kombiniert.

Abb. 1
figure 1

Darstellung des SKRBio während der Fragenauswahl durch die Lehramtsstudierenden

Die Aufgabe der Lehramtsstudierenden war es, während der 30-minütigen digitalen Unterrichtsstunde Fragen aus einem Fragenmenü auszuwählen und die darauf gegebenen virtuellen Schüler*innenantworten hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Korrektheit bzw. der jeweils artikulierten Fehlvorstellungkategorie zu diagnostizieren. Nach Beendigung der virtuellen Unterrichtsstunde mussten die individuellen Leistungen der virtuellen Schüler*innen, d. h. Anteil richtiger Antworten während der gesamten Unterrichtsstunde, beurteilt sowie die am häufigsten verwendete (dominante) Fehlvorstellung diagnostiziert werden.

Operationalisierung von deklarativem und prozeduralem Wissen

Das gezeigte Wissen im Fragebogen wurde als deklaratives Wissen operationalisiert, da die Lehramtsstudierenden zur Beantwortung auf Wissen zu Fakten, Begriffen und Prinzipien zurückgreifen mussten (z. B. Tepner et al. 2012).

Das gezeigte FW, FDW und PW der Lehramtsstudierenden im SKRBio wurde als prozedurales Wissen operationalisiert, da sich die entsprechenden Wissensbereiche hier in einer konkreten Handlungssituation artikulierten (z. B. Jüttner und Neuhaus 2013; Tepner et al. 2012), indem die Lehramtsstudierenden nach Abgabe einer Antwort sowie nach Abschluss der digitalen Unterrichtsstunde die virtuellen Schüler*innen direkt beurteilen mussten.

Für die Erfassung des prozeduralen Wissens im SKRBio wurden vier Variablen operationalisiert:

  1. 1.

    Der Anteil korrekter Diagnosen wissenschaftlich korrekter virtueller Schüler*innenantworten (Wissen über die Evolutionstheorie; betrifft FW)

  2. 2.

    Der Anteil korrekter Diagnosen spezifischer Fehlvorstellungen in den virtuellen Schüler*innenantworten (Facette: Wissen über Fehlvorstellungen; betrifft FDW)

  3. 3.

    Die Beurteilungsgenauigkeit am Ende der Unterrichtsstunde (Facette: pädagogisches Beurteilungswissen; betrifft PW)

  4. 4.

    Der Anteil korrekter Diagnosen der dominanten Fehlvorstellungen bei einzelnen virtuellen Schüler*innen am Ende der Unterrichtseinheit (Facette: Wissen über Fehlvorstellungen; betrifft FDW)

Die Anteile korrekter Diagnosen (1) wissenschaftlich korrekter und fehlerhafter Antworten, (2) spezifischer Fehlvorstellungskategorien, (3) sowie dominanter Fehlvorstellungen im SKRBio werden als relative Häufigkeiten angegeben.

Die Beurteilungsgenauigkeit der Lehramtsstudierenden im SKRBio hinsichtlich der individuellen Leistungen der virtuellen Schüler*innen am Ende der Unterrichtssequenz wurde über drei Beurteilungskomponenten (Rang‑, Niveau- und Differenzierungskomponente) ermittelt (Schrader und Helmke 2001; Spinath 2005).

Ablauf

Die Untersuchung dauerte etwa 90–120 min und beinhaltete zwei Teile. Zuerst wurden die Lehramtsstudierenden gebeten, in etwa 45–60 min einen Fragebogen zur Evolution zu beantworten. Anschließend arbeiteten die Lehramtsstudierenden mit dem SKRBio (ca. 45–60 min).

Datenauswertung

Erfassung deklarativen Wissens

Die Antworten im Fragebogen wurden mit dem Kodiermanual der ProWiE-Studie ausgewertet (Großschedl et al. 2015b). Offene Antwortformate (N = 17) wurden von einem weiteren unabhängigen Rater codiert, um eine adäquate Punktzuweisung zu gewährleisten. Die aus der IRT Skalierung des Fragebogens erhaltenen Personenfähigkeitsschätzer (deklaratives Wissen) wurden genutzt, um diese mit den Operationalisierungen für prozedurales Wissen im SKRBio zu vergleichen.

Erfassung prozeduralen Wissens

Die diagnostischen Leistungen im SKRBio der Lehramtsstudierenden wurden auf Individualebene anhand absoluter Werte korrekter bzw. inkorrekter Diagnosen der virtuellen Schüler*innenantworten errechnet.

Zusammenhang zwischen dem deklarativen und prozeduralen Wissen

Die aus der IRT Skalierung des Fragebogens erhaltenen Personenfähigkeitsschätzer (deklaratives Wissen) wurden genutzt, um diese mit den Operationalisierungen für prozedurales Wissen im SKRBio zu vergleichen. Hierbei wurden Zusammenhänge mittels Korrelationsanalysen (Produkt-Moment-Korrelationen) ermittelt, wobei die Korrelationen gegen 0 sowie gegeneinander getestet wurden.

Um die Beurteilungsgenauigkeit zu ermitteln, wurden die eingeschätzten Leistungen der virtuellen Schüler*innen durch die Lehramtsstudierenden mit den tatsächlich gezeigten Leistungen der virtuellen Schüler*innen im SKRBio verglichen. Zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen deklarativem Wissen und der Beurteilungsgenauigkeit im SKRBio (prozedurales Wissen) wurde nur die Rangkomponente berücksichtigt, da die Niveau- sowie die Differenzierungskomponente sich in unserer Studie nicht linear verhalten und damit eine Korrelation nicht berechnet werden konnte.

Ergebnisse

Deklaratives Wissen

Im Fragebogen erreichten die Lehramtsstudierenden durchschnittlich M = 35,69 von 67 Punkten (Min. = 22 Punkte; Max. = 47 Punkte; SD = 5,89). Im Mittel erreichten die Lehramtsstudierenden im fachwissenschaftlichen Teil des Fragebogens M = 19,67 von 32 möglichen Punkten (Min. = 11 Punkte; Max. = 28 Punkte; SD = 3,69). Im fachdidaktischen Teil des Fragebogens erreichten die Studierenden im Mittel M = 16,02 von 35 möglichen Punkten (Min. = 7 Punkte; Max. = 24 Punkte; SD = 3,65). Mittels Produkt-Moment Korrelationen der gewichteten Personenfähigkeitsschätzer innerhalb der Stichprobe konnte zwischen FW und FDW im Fragebogen ein schwacher Zusammenhang ermittelt werden (r= 0,29; p < 0,05).

Prozedurales Wissen

Insgesamt wurden N = 2988 Fragen durch die Lehramtsstudierenden im SKRBio gestellt, auf welche die virtuellen Schüler*innen zu 49,2 % (n = 1471) wissenschaftlich korrekt und zu 50,8 % (n = 1517) fehlerhaft antworteten. Auf Basis gegebener Antworten der virtuellen Schüler*innen waren die Lehramtsstudierenden in der Lage, 91,8 % (n= 1350) der wissenschaftlich korrekten Antworten und 90,1 % (n= 1367) der fehlerhaften Antworten zu erkennen.

Die Lehramtsstudierenden erkannten im Mittel zu 58,7 % (n= 891) die spezifische Fehlvorstellungskategorie. Am häufigsten konnte die lamarckistische Fehlvorstellung identifiziert werden (68,6 %; n = 382), gefolgt von der teleologischen Fehlvorstellung 57,5 % (n= 279). Die anthropomorphe Fehlvorstellung wurde mit 50,2 % (n= 230) am seltensten erkannt.

Über alle Lehreramtsstudierenden hinweg ergab sich eine mittlere Rangkomponente von MR = 0,39 (Min. = −0,47; Max. = 0,89), eine mittlere Niveaukomponente von MN = −1,17 (Min. = −38,66; Max. = 16,11) und eine mittlere Differenzierungskomponente von MD = 0,88 (Min. = 0,23: Max. = 1,65). Die Ergebnisse der Beurteilungsgenauigkeit zeigen eine moderate Übereinstimmung zwischen der Beurteilung der Lehramtsstudierenden bezüglich der Leistungen der virtuellen Schüler*innen im SKRBio (Rangkomponente), wobei die Leistungen minimal unterschätzt wurden (Niveaukomponente). Innerhalb der virtuellen Klasse wurde die Varianz der virtuellen Schüler*innenleistungen im Mittel leicht unterschätzt (Differenzierungskomponente).

Zusammenhang zwischen dem deklarativen und prozeduralen Wissen

Zwischen dem deklarativen Wissen im ProWiE-Fragebogen und den Operationalisierungen prozeduralen Wissens im SKRBio zeigten sich entsprechend Hypothese 1 schwache bis moderate Zusammenhänge (s. Tab. 1). Die Anteile korrekter Diagnosen wissenschaftlich korrekter virtueller Schüler*innenantworten (WissKorr: r = 0,38; p = 0,00), spezifischer Fehlvorstellungen in virtuellen Schüler*innenantworten (FVHit: r = 0,45; p = 0,00) sowie der dominanten Fehlvorstellungen bei einzelnen virtuellen Schüler*innen am Ende der Unterrichtsstunde (FVDom: r = 0,25, p = 0,04) korrelierten statistisch signifikant mit dem gezeigten deklarativen Wissen. Eine genauere Betrachtung der Diagnosen spezifischer Fehlvorstellungen zeigte, dass der Anteil korrekter Diagnosen bei Antworten mit anthropomorphen (FVAnth: r = 0,23, p = 0,04) und teleologischen Fehlvorstellungen (FVTel: r = 0,45, p = 0,00) statistisch signifikant mit dem deklarativen Wissen korreliert. Bei lamarckistischen Fehlvorstellungen scheint die Diagnose hingegen nicht mit deklarativem Wissen zusammenzuhängen (FVLam: r = 0,06, p = 0,67). Die Korrelation mit der Beurteilungsgenauigkeit (Rangkomponente) war statistisch knapp nicht signifikant (RK: r = 0,19; p = 0,09).

Tab. 1 Produkt-Moment-Korrelationen zwischen dem gezeigten deklarativen Wissen im Fragebogen und dem gezeigten prozeduralen Wissen im SKRBio der Lehramtsstudierenden

Bei einer detaillierten Betrachtung beider Wissensbereiche (FW und FDW) innerhalb des Fragebogens (deklaratives Wissen) zeigten sich augenscheinlich Unterschiede in der Größe der Zusammenhänge mit den Operationalisierungen prozeduralen Wissens. Die Anteile korrekter Diagnosen wissenschaftlich korrekter virtueller Schüler*innenantworten (prozedurales Wissen) zeigten größere Zusammenhänge mit dem deklarativen FDW (WissKorr: r = 0,38; p = 0,00) als mit dem deklarativen FW (WissKorr: r = 0,24; p = 0,09), womit Hypothese 2 zurückgewiesen wird. Weiterhin konnten in Widerspruch zu Hypothese 3 höhere Zusammenhänge zwischen den Anteilen korrekter Diagnosen spezifischer Fehlvorstellungen (prozedurales Wissen) und dem deklarativen FW beobachtet werden (FVAnth: r = 0,34, p = 0,01; FVTel: r = 0,41, p = 0,00) als zwischen den Anteilen korrekter Diagnosen spezifischer Fehlvorstellungen (prozedurales Wissen) und dem deklarativen FDW (FVAnth: r = 0,03, p = 0,82; FVTel: r = 0,28, p = 0,04). Jedoch waren keine der Zusammenhangsunterschiede zwischen dem deklarativen FW und dem deklarativen FDW statistisch signifikant (siehe Tab. 1).

Diskussion

Die im Artikel vorgestellte Studie zum deklarativen und prozeduralen evolutionsbezogenen Wissen angehender Biologielehrkräfte versucht mit einer Kombination zweier Erhebungsinstrumente: (1) dem ProWiE-Fragebogen und dem (2) SKRBio, beide Wissenstypen separat zu erfassen, um im Anschluss erste Zusammenhänge darstellen zu können. Grundlage für die Interpretation des gezeigten deklarativen und prozeduralen Wissens der Lehramtsstudierenden ist die Annahme, dass die eingesetzten Messinstrumente in der Lage sind, die jeweils fokussierten Wissenstypen adäquat abzubilden. Da die Konzeptualisierungen von Wissenstypen in der kognitions- und bildungspsychologischen sowie naturwissenschaftsdidaktischen Forschung zum Teil stark divergieren, stellt sich die Operationalisierung deklarativen und prozeduralen Wissens als herausfordernd dar.

Gezeigtes prozedurales Wissen im SKRBio

Innerhalb des SKRBio konnte das prozedurale Professionswissen (FW, FDW, PW) der Biologie-Lehramtsstudierenden erfasst werden. Zur Beurteilung der Wissenschaftlichkeit einer virtuellen Schüler*innenantwort mussten die Lehramtsstudierenden auf ihr FW zur synthetischen Evolutionstheorie zurückgreifen. Die hohen Anteile korrekter Diagnosen wissenschaftlich korrekter und fehlerhafter virtueller Schüler*innenantworten lassen vermuten, dass der Prozess der natürlichen Selektion von den Lehramtsstudierenden grundsätzlich verstanden wurde und das wissenschaftliche sowie unwissenschaftliche Aspekte einer Schüler*inantwort zuverlässig erkannt wurden. Obwohl das FW eine zentrale Bedeutung für die Qualität von Unterricht hat (z. B. Baumert et al. 2010; Friedrichsen et al. 2009), ist es ebenso Konsens, dass FW um FDW ergänzt werden muss, um erfolgreichen Unterricht durchzuführen und den Lernerfolg der Schüler*innen zu garantieren (z. B. Abell 2007; Baumert et al. 2010). Eine relevante Facette des FDW ist hierbei das Wissen über Fehlvorstellungen (z. B. Förtsch et al. 2018; Schmelzing et al. 2013), welches im SKRBio angewendet werden musste, um die virtuellen Schüler*innenantworten hinsichtlich spezifischer Fehlvorstellungskategorien innerhalb der Unterrichtsstunde zu diagnostizieren. Brumby (1984) zeigte in seinen Studien, dass etwa zwei Drittel der Biologiestudierenden Fehlvorstellungen während der Erklärung des Prozesses der natürlichen Selektion äußerten. Besonders prominent waren auch hier teleologische und lamarckistische Fehlvorstellungen. In Untersuchungen von Nehm und Schonfeld (2008) konnten diese Ergebnisse repliziert werden. Teleologische, anthropomorphe und lamarckistische Denkweisen basieren auf der Tendenz des Menschen, natürliche Phänomene kausal erklären zu wollen (z. B. Olander 2012). Hier liegt die Vermutung nahe, dass Fehlvorstellungen basierend auf einer kausalen Erklärung eher von Lehramtsstudierenden akzeptiert und somit seltener diagnostiziert werden (z. B. Gresch und Martens 2019; Kallery und Psillos 2004; Kampourakis und Zogza 2008; Sinatra et al. 2008).

Bezüglich des PW zeigte sich, dass die Lehramtsstudierenden am Ende der virtuellen Unterrichtsstunde in der Lage waren, die Leistungen, also den Anteil korrekt gegebener Antworten, der virtuellen Schüler*innen im SKRBio adäquat einzuschätzen (Rangkomponente: MR = 0,39). Im Vergleich zu Befunden aus der Feldforschung (Südkamp et al. 2012) sowie aus anderen Studien mit dem Simulierten Klassenraum (z. B. Kaiser et al. 2013) fiel die beobachtete Beurteilungsgenauigkeit niedrig aus. Hierbei ist zu bedenken, dass die Lehramtsstudierenden im SKRBio, anders als etwa bei Kaiser et al. (2013), jede gegebene virtuelle Schüler*innenantwort selbst hinsichtlich der wissenschaftlichen Korrektheit sowie vorliegenden Fehlvorstellungskategorie beurteilen mussten und dementsprechend vergleichsweise stärker kognitiv ausgelastet waren.

Zusammenhang zwischen deklarativem und prozeduralem Wissen

Nach kognitions- und pädagogisch-psychologischen Ansätzen wurde das prozedurale Wissen als Handlungswissen verstanden (z. B. De Jong und Ferguson-Hessler 1996; Lukesch 2001). Auch die naturwissenschaftsdidaktische Forschung schloss sich dieser Konzeptualisierung in zahlreichen Studien an (z. B. Jüttner und Neuhaus 2013; Olszewski et al. 2010, Tepner et al. 2012). Auf dieser Grundlage wurde das gezeigte Wissen der angehenden Biologielehrer*innen im SKRBio als prozedurales Wissen operationalisiert, da Wissen in einer konkreten Handlungssituation angewendet werden musste, um gegebene virtuelle Schüler*innenantworten sowie die Leistungen am Ende der virtuellen Unterrichtsstunde adäquat einzuschätzen. Die beschriebene Handlungsnähe resultierte ebenso aus der hohen ökologischen Validität, welche der SKRBio als simulierte Klassenraumumgebung mit sich bringt (Südkamp et al. 2008). Das gezeigte Wissen im Fragebogen wurde als deklaratives Wissen operationalisiert, da zur Beantwortung der Fragen überwiegend auf Wissen zu Fakten, Begriffen und Prinzipien zurückgegriffen werden musste, ohne es in eine konkrete Handlungssituation einzubetten (Krathwohl 2002; Tepner et al. 2012). Die Modellierung verschiedener Wissenstypen sowie die Entwicklung verschiedener Testformate fokussierten bereits einige Forschungsvorhaben (Borowski et al. 2011; Kirschner et al. 2017; Kramer et al. 2021; Krauss et al. 2020; Schmelzing et al. 2013). Auch hier wurde zur Erfassung deklarativen Wissens überwiegend Fragebögen eingesetzt, wohingegen das prozedurale Wissen via videobasierter Erhebungsinstrumente realisiert wurde (Blömeke et al. 2015; Kramer et al. 2021; Krauss et al. 2020). Trotzdem wurde nicht in allen Studien die vorgenommene Differenzierung der Wissenstypen in den Zusammenhangsanalysen explizit berücksichtigt.

Übereinstimmend mit Hypothese 1 zeigten sich überwiegend statistisch signifikante moderate Zusammenhänge zwischen dem deklarativen Wissen im ProWiE-Fragebogen und dem prozeduralen Wissen im SKRBio. So waren Lehramtsstudierende mit höherem deklarativen Wissen häufiger in der Lage, wissenschaftlich korrekte Antworten zu erkennen, Fehlvorstellungen in Antworten zu identifizieren und dominante Fehlvorstellungen bei den virtuellen Schüler*innen zu diagnostizieren. Basierend auf der evolutionsbiologischen Ausrichtung beider Instrumente sowie den Vorkenntnissen aus der Wissenspsychologie (z. B. Anderson 2001) waren diese Zusammenhänge zu erwarten. Außerdem konnten bereits einige Studien in der bildungswissenschaftlichen und naturwissenschaftsdidaktischen Forschung erste Zusammenhänge zwischen dem deklarativen und prozeduralen Wissen belegen. Beispielsweise zeigte eine Studie von Kramer et al. (2020) einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem in einem Fragebogen erfassten FDW sowie PW und den diagnostischen Aktivitäten angehender Biologielehrkräfte in einem videobasierten Messinstrument.

Bei genauerer Betrachtung der einzelnen Fehlvorstellungen zeigte sich, dass höheres deklaratives Wissen augenscheinlich einzig bei lamarckistischen Fehlvorstellungen nicht mit höheren Anteilen korrekter Diagnosen einhergeht. In Anlehnung an theoretische Vorüberlegungen von Shavelson et al. (2005), dass beide Wissenstypen einerseits voneinander abgegrenzt werden können und andererseits sich gegenseitig bedingen, lieferten diese Ergebnisse Hinweise darauf, dass deklaratives und prozedurales biologiespezifisches Wissen zur Evolution bei Lehramtsstudierenden zusammenhängt. Diese Befunde sind besonders dann relevant, wenn das deklarative Wissen angehender Lehrkräfte den Ausgangspunkt bzw. die Voraussetzung für eine erfolgreiche Professionalisierung darstellt (z. B. Anderson 1983; Shavelson et al. 2005). Demnach müsste vorerst deklaratives Wissen im akademischen Diskurs erworben werden, bevor es in konkreten Handlungssituationen angewendet werden kann und über regelmäßige Übung und Kontextualisierung prozedurales Wissen entsteht (z. B. Anderson 1982; Blömeke et al. 2010; Schneider und Stern 2010). Ein potenzieller schwacher Zusammenhang mit der Beurteilungsgenauigkeit bei der Leistungsbeurteilung am Ende der Stunde war tendenziell sichtbar, aber bei der gegebenen Stichprobe nicht statistisch signifikant.

Eine differenzierte Betrachtung der Facetten deklarativen Wissens lieferte überraschende Ergebnisse. Im Widerspruch zu den Hypothesen 2 und 3 schienen das deklarative FW eher mit der Diagnose der spezifischen Fehlvorstellungskategorie und das deklarative FDW eher mit Diagnose der wissenschaftlich korrekten Antworten zusammenzuhängen. Zwar waren die Zusammenhangsunterschiede statistisch nicht signifikant, dennoch sind diese Ergebnisse auf Basis bisheriger Forschung schwer zu erklären, da die Diagnose spezifischer Fehlvorstellungen (hier: Wissen über Fehlvorstellungen) eine Kernfacette des FDW ist (z. B. Förtsch et al. 2018; Lee und Luft 2008; Schmelzing et al. 2013) und dementsprechend eher Zusammenhänge mit dem deklarativen FDW zu erwarten gewesen wären. Obwohl beide Instrumente das evolutionsbezogene FW und FDW von Lehramtsstudierenden fokussierten, wird beispielsweise im Fragebogen, anders als im SKRBio, nicht nur Wissen über Fehlvorstellungen erfasst, sondern auch das Wissen über Instruktionsstrategien (Großschedl et al. 2015b). Hier könnten Gründe für unterschiedlich ausgeprägte Zusammenhänge liegen. Da das deklarative FW größere Zusammenhänge mit dem prozeduralen FDW zu haben scheint, könnte die Annahme gestärkt werden, dass das FW eine wichtige Voraussetzung für das FDW darstellt (z. B. Shulman 1987; Baumert et al. 2010). Durch Replikationsstudien könnten diese ersten Befunde nicht nur theoretisch, sondern auch empirisch fundiert werden.

Kernlimitation der vorliegenden Studie stellt die Konzeptualisierung des deklarativen und prozeduralen Wissens dar. Abhängig von der Forschungsdisziplin sowie der gewählten Erhebungsinstrumente können die Operationalisierungen verschiedener Wissenstypen stark variieren. Das Wissen über Begriffe, Fakten und Konzepte wird als deklaratives Wissen beschrieben, welches maßgeblich für die Beantwortung der Fragen im ProWiE-Fragebogen verantwortlich ist. Trotzdem wurden beispielsweise Items des ProWiE-Fragebogens durch Großschedl et al. ( 2015b) der Fähigkeitsdimension „Verstehen & Anwenden“ zugeordnet und somit ein konkreter Anwendungsbezug impliziert, wohingegen in der vorliegenden Studie alle Fragebogenitems dem deklarativen Wissen zugeordnet wurden (vgl. Kramer et al. 2021; Krauss et al. 2020; Schmelzing et al. 2013). Diese Unschärfe bei der Operationalisierung von deklarativem und prozeduralem Wissen könnte die gemessenen Zusammenhangsgrößen beeinflusst haben. Die konkrete Handlungssituation, welche durch den SKRBio initiiert wird, aktiviert das prozedurale Wissen der angehenden Biologie-Lehramtsstudierenden. Dadurch ist diese simulierte Klassenraumumgebung in der Lage, prozedurales Wissen messen und erfassen zu können. Nichtdestotrotz zeigen die Terminologien und Konzeptualisierungen der entsprechenden Wissenstypen in anderen bildungswissenschaftlichen und naturwissenschaftsdidaktischen Studien, dass die von uns gewählte Operationalisierung deklarativen und prozeduralen Wissens keine Allgemeingültigkeit besitzt, sondern eine auf das Studiendesign und die Erhebungsinstrumente adaptierte Operationalisierung darstellt. Besonders der Herausforderung, beide Wissenstypen trennscharf voneinander messen und interpretieren zu können, muss in Zukunft mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Weiterhin muss genauer untersucht werden, inwiefern der SKRBio tatsächlich eine konkrete Handlungssituation erzeugt, da dieser Aspekt eine Grundannahme für unsere Konzeptualisierung prozeduralen Wissens ist. Hier könnte die starke Komplexitätsreduktion des SKRBio, beispielsweise die eindeutige Zuweisung der virtuellen Schüler*innenantworten einer spezifischen Fehlvorstellungskategorie oder die simplifizierende Darstellung des Unterrichtsgesprächs zwischen Lehramtsstudierenden und der virtuellen Schulklasse, die gewünschte ökologische Validität stark limitieren.

Fazit und Ausblick

Trotz intensiver Forschung im Bereich des Lehrens und Lernens von Evolution (z. B. Gregory 2009) konnten die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass Lehramtsstudierende der Biologie weiterhin Schwierigkeiten damit haben, spezifische Fehlvorstellungskategorien zur natürlichen Selektion in Schüler*innenantworten zu erkennen. Diese Fokussierung des SKRBio auf die Diagnose prominenter Fehlvorstellungen limitiert die Facetten eines komplexen Unterrichtsgesprächs, bildet aber die Ausgangslage für das zukünftige unterrichtliche Handeln der Lehrenden. Besonders problematisch werden diese fachdidaktischen Wissenslücken in realen Unterrichtssituationen, wenn es darum geht, mögliche Anschlusshandlungen zu evaluieren, um das Erlernen und gemeinsame Weiterentwickeln des wissenschaftlich korrekten Evolutionskonzepts zu unterstützen (Ziadie und Andrews 2018). Dementsprechend muss innerhalb der universitären Biologie-Lehramtsausbildung ein starker Fokus auf die Vermittlung der Evolutionstheorie und den damit verbundenen notwendigen fachdidaktischen Kenntnissen gelegt werden, um gegenüber häufig vorkommender Fehlvorstellungen zu sensibilisieren. Hierfür könnte der SKRBio auch mit entsprechenden Feedbackmaßnahmen weiterentwickelt werden, um über die Funktion als Messinstrument hinaus auch eine Förderung der Diagnosefähigkeit zu bewirken. Dahingehend wurde bereits im SKRBio ein Feedbackmodul implementiert, welches den Lehramtsstudierenden direkt im Anschluss der Bearbeitung eine summative Rückmeldung zu ihren gezeigten Diagnoseleistungen gibt.

Weiterhin konnte die Studie erste Hinweise liefern, dass das deklarative und prozedurale biologiebezogene Professionswissen zur Evolution angehender Lehrkräfte zusammenhängen. Somit konnte Anschluss an die bisherige kognitionspsychologische Forschung zur Differenzierung und Interaktion deklarativen und prozeduralen Wissens hergestellt werden (z. B. Shavelson et al. 2005). Der Einsatz von simulierten Klassenraumumgebungen scheint eine Möglichkeit zu eröffnen, das im Biologiestudium erworbene deklarative Wissen der Lehramtsstudierenden in einer konkreten Handlungssituation anzuwenden (Badiee und Kaufman 2015). Um den Lehramtsstudierenden neben den schulpraktischen Phasen weitere Lerngelegenheiten zu ermöglichen, in denen prozedurales Wissen angewendet und trainiert werden kann, bietet die Integration simulierter Klassenraumumgebungen in die universitäre Lehre eine hervorragende Lösung. Hierbei können Lehramtsstudierende orts- und zeitunabhängig ihr Professionswissen auf die Probe stellen und sich auf zukünftige Klassenraumsituationen, z. B. der Diagnose von Schüler*innenantworten zur Evolution im Biologieunterricht, vorbereiten. Besonders die Tatsache, dass prozedurales Wissen eine wichtige Komponente für das professionelle Handeln angehender Lehrkräfte darstellt, sollte zu einer intensiveren Betrachtung sowie Förderung unterschiedlicher Wissenstypen während des naturwissenschaftlichen Lehramtsstudiums führen.