1 Einleitung

Schizophrenie ist eine Erkrankung, die sehr hohe volkswirtschaftliche Kosten verursacht. Die hohen Kosten sind im Wesentlichen begründet durch den frühen Krankheitsbeginn im jungen Erwachsenenalter, die große Anzahl an Rückfällen bei Schizophrenie-Patienten sowie relativ häufig auftretende chronische Krankheitsverläufe verbunden mit Krankenhausaufenthalten [1]. In diesem Zusammenhang wird diskutiert, inwiefern Depotmedikamente, die in der Regel alle zwei bzw. vier Wochen über eine intramuskuläre Injektion verabreicht werden, zu einer Kostenersparnis beitragen können [2]. Eine solche Kostenersparnis tritt auf, wenn die höheren Medikamentenkosten der Depotmedikation durch Einsparungen in anderen Bereichen des Gesundheitswesens überkompensiert werden. Zu nennen sind hier insbesondere geringere Rezidivraten und der damit verbundene Rückgang von stationären Krankenhausaufenthalten. Hierfür liegt eine umfangreiche empirische Evidenz vor.

Gaebel et al. verglichen 2010 in einer randomisierten klinischen Studie die Anzahl an Rückfällen bei einem Depotmedikament der 2. Generation (Risperidon LAI) und einem oralen Medikament (Quetiapine) [3]. Bei Behandlung mit Risperidon LAI erlitten 16,5 % der Patienten einen Rückfall, bei Behandlung mit Quetiapin 31,3 %. Dieses Ergebnis zeigt sich auch in einer Metaanalyse von 10 Studien mit insgesamt 1.700 Teilnehmern von Leucht et al. [4]. Bei Depotmedikation trat in 182 von 843 Fällen ein Rückfall auf (21,6 %), bei oraler Medikation hingegen in 276 von 829 Fällen (33,3 %). Die geringere Rezidivwahrscheinlichkeit hat Auswirkungen auf die Krankenhausaufenthalte. So konnte eine finnische Kohortenstudie zeigen, dass das Risiko einer Rehospitalisierung und eines Therapieabbruches bei Medikamenten in Depotform niedriger ist als bei oraler Medikation (bei paarweisem Vergleich zwischen Depot-Injektionen und deren äquivalenten oralen Formulierungen) [5]. Das Risiko einer Rehospitalisierung bei Patienten mit Depotmedikation war ungefähr ein Drittel so groß (Hazard Ratio = 0,36) im Vergleich zu Patienten mit oraler Medikation. Wie Spill et al. im deutschen Versorgungskontext zeigten, konnte bei Patienten, die von einer anderen Medikation auf Risperidon LAI umstiegen, die Zahl der Krankenhaustage innerhalb von 12 Monaten um 27,4 Tage reduziert werden (im Vergleich mit der gleichen Zeitperiode vor dem Wechsel zu Risperidon LAI) [6]. Obwohl durch die Behandlung mit Risperidon LAI die Medikamentenkosten um 260 % angestiegen sind, wurde der Kostenanstieg in diesem Bereich durch geringere Krankenhauskosten mehr als kompensiert, so dass insgesamt nach 12 Monaten die gesamten Behandlungskosten um 21,1 % gesunken sind. Ebenfalls im deutschen Versorgungskontext ist die Fünf-Jahres-Studie von Laux et al. angesiedelt [7]. Es werden hier direkte Kosten der Schizophrenie in Deutschland bei drei verschiedenen medikamentösen Behandlungsstrategien – Haloperidol Depot, Risperidon LAI und Olanzapin Oral – miteinander verglichen. Durch Risperidon LAI konnten in 5 Jahren 0,33 Rückfälle pro Patient im Vergleich mit oralem Olanzapin vermieden werden, was im Vergleich mit Haloperidol Depot zu einem Rückgang der Kosten um 2.017 Euro und im Vergleich mit oralem Olanzapin zu einem Rückgang der Kosten um 6.096 Euro pro Patient in 5 Jahren führte.

Ähnliche Ergebnisse liegen auch für andere Länder vor, etwa für Spanien [8, 9], Schweden [10] oder Frankreich [11].

Auf der anderen Seite zeigt eine in den USA durchgeführte Studie zwar eine Überlegenheit von Risperidon LAI gegenüber oralen Antipsychotika bezüglich der Rehospitalisierungen (Hazard Ratio=0,87), allerdings hat sich diese aufgrund der geringen Stichprobengröße nicht als statistisch signifikant erwiesen [12].

Da es keine Studie im österreichischen Versorgungskontext gibt, stellt diese Arbeit einen ersten Versuch dar, die Kosten eines neuen Depotpräparates abzuschätzen. Es wird die Einführung von Paliperidon Palmitat (Xeplion®) analysiert, welches am 1.11.2011 neu in Österreich eingeführt wurde.

2 Methoden

Es wird ein Budget-Impact-Modell verwendet, welches die Auswirkung der Markteinführung von Paliperidon Palmitat innerhalb eines Fünfjahreszeitraumes aus Sicht der Krankenkasse bewertet. Diese Sichtweise impliziert, dass keine indirekten Kosten wie Produktivitätsausfälle oder Frühpensionierungen berücksichtigt werden. Die im Modell betrachteten direkten Kosten setzen sich aus Medikamentenkosten und direkten Nicht-Medikamentenkosten zusammen. Die beiden entscheidenden kostenrelevanten Parameter sind die medikamentenspezifischen Rezidiv-wahrscheinlichkeiten und die Marktanteile der entsprechenden Medikamente. In Betracht gezogen werden bei der Analyse acht verschiedene atypische Neuroleptika zur Behandlung von Schizophrenie. Bei drei Medikamenten handelt es sich um Depotpräparate, bei den restlichen um orale Medikamente (siehe Tab. 1).

Tab. 1 Auswahl an Medikamenten und Medikamentenpreise

In dem verwendeten Modell wird davon ausgegangen, dass behandelte Patienten an 365 Tagen behandelt werden. Die gemittelten durch Schizophrenie verursachten Gesamtkosten ergeben sich durch die mit dem Anteil an Behandlungstagen gewichteten mittleren Jahresbehandlungskosten pro Patient multipliziert mit der Anzahl der behandelten Personen. Die Anzahl der Personen in Behandlung ergibt sich aus der gesamten österreichischen Bevölkerung multipliziert mit der Prävalenz von Schizophrenie, multipliziert mit der Rate an diagnostizierten Patienten sowie multipliziert mit der Behandlungsrate. Wichtig ist es zu erwähnen, dass in diesem Modell keinerlei Annahmen zur produktspezifischen Adhärenz getroffen werden. In diesem Modell wird der Budgeteffekt unter Optimalbedingungen berechnet, da davon ausgegangen wird, dass alle Patienten (unabhängig von der Medikation) zu 100 % adhärent sind.

2.1 Anzahl Patienten

Die Zahl der behandelten Patienten wurde anhand der in Tab. 2 dargestellten Annahmen berechnet. Es wird daher von 21.913 Patienten in Österreich ausgegangen.

Tab. 2 Annahmen zu Patientenzahlen

2.2 Kosten

2.2.1 Stationäre Kosten

Laut Auskunft des Bundesministeriums für Gesundheit wurden stationäre Krankenhausaufenthalte mit der Hauptdiagnose F20 (Schizophrenie) mit durchschnittlicher Belagsdauer von 16 Tagen in der LKF (leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung) im Jahr 2011 über die Fallpauschale HDG20.09 schizophrene Psychosen mit 5.784 Punkten abgegolten. Im Jahr 2011 würde dies einem Wert von 7.182 Euro entsprechen [17].

2.2.2 Ambulante Kosten

Es existieren keine genauen Schätzungen zu den ambulanten Kosten der Schizophrenie in Österreich, weshalb hier mehrere Quellen kombiniert werden mussten. Ausgangswert sind mit dem von der Statistik Austria berichteten Verbraucherpreisindex [18] an das Jahr 2011 angepasste direkte Kosten der Schizophrenie in Höhe von 10.991 Euro pro Patient [19]. Die direkten medizinischen Kosten setzen sich einer anderen Quelle zufolge aus Kosten für Arzneimittel (5,2 %), Kosten für stationäre Aufenthalte (39,8 %) und Kosten für ambulante Versorgung (23 %) zusammen. Zusätzlich fallen noch direkte nicht-medizinische Kosten (z.B. für Soziale Dienste und Einrichtungen) an (31,3 %) [20]. Absolut fallen demnach jährliche Kosten für die ambulante Versorgung in Höhe von 2.528 Euro an. Die ambulanten Kosten sind annahmegemäß unabhängig von der Medikation.

2.3 Dosierungen

Bei den Vergleichsmedikamenten orientierte sich die für die Berechnungen verwendete Medikamentendosis an den Fachinformationen. Für Paliperidon Palmitat und Risperidon LAI konnte die Dosisverteilung empirisch über eine Marktforschungsfirma angegeben werden [21]. Die Dosisverteilungen sind in Tab. 3 dargestellt, die Wirkstärke pro mg unterscheidet sich zwischen beiden Arzneimitteln.

Tab. 3 Dosisverteilung von Paliperidon Palmitat und Risperidon LAI

2.4 Marktanteile der betrachteten Medikamente nach Behandlungstagen

Ein wichtiger Baustein in einem Budget-Impact-Modell sind die Annahmen über die Verbreitung des entsprechenden Produktes in der Versorgung. Es wurde zunächst angenommen, dass 30 % der Patienten, die auf das Depotmedikament Paliperidon Palmitat umsteigen, vorher ebenfalls mit einem Depotmedikament behandelt wurden. Dementsprechend wurden 70 % der Patienten, die zu Paliperidon Palmitat wechseln, vorher mit oraler Medikation behandelt.

Die Marktanteile nach Behandlungstagen wurden auf Basis der verkauften Stück je Medikation sowie der empfohlenen Dosierung laut Fachinformation errechnet. Es wurden die Marktanteile für 2010 (vor Einführung von Paliperidon Palmitat) sowie für 2011 (nach Einführung von Paliperidon Palmitat) aufgrund von Marktforschungsdaten berechnet. Da die Markteinführung von Paliperidon Palmitat im November 2011 erfolgte und sich somit die Verkaufszahlen des Medikamentes für 2011 nur auf zwei Monate beziehen, wurden diese Daten auf ein vollständiges Kalenderjahr hochgerechnet, um eine sinnvolle Vergleichbarkeit mit den anderen Medikamenten zu ermöglichen.

Tabelle 4 zeigt die Marktanteile für die acht ausgewählten atypischen Neuroleptika zur Behandlung von Schizophrenie sowie den Marktanteil von konventionellen Antipsychotika vor und nach der Einführung von Paliperidon in Depotform am österreichischen Markt.

Tab. 4 Marktanteile je Medikament (nach Behandlungstagen)

Während Risperidon Oral, Olanzapin Oral und Ziprasidon Zeldox leicht an Marktanteil nach Behandlungstagen verloren, konnten Aripiprazole und Quetiapin Oral Marktanteil gewinnen. Paliperidon Palmitat erreichte 2011 einen Marktanteil nach Behandlungstagen von 0,47 % (hochgerechnet auf ein Kalenderjahr). Die fehlende Bedeutung von Olanzapin LAI ist in Österreich dadurch begründet, dass sich dieses Präparat im gelben Bereich (RE1) des österreichischen Erstattungskodex (EKO) befindet und daher vom chef- und kontrollärztlichen Dienst der Krankenkassen im Vorhinein genehmigt werden muss. Die anderen Depotmedikamente befinden sich hingegen in der Grünen Box, die bewilligungsfreie und frei verschreibbare Medikamente enthält.

2.5 Rehospitalisierungen

Die Wahrscheinlichkeit einer Rehospitalisierung, also eines Rückfalles der zu einem Krankenhausaufenthalt führt, wird durch die Medikation beeinflusst. Als Rehospitalisierungsraten wurden bei Risperidon, Olanzapin, Aripiprazole sowie konventionellen Antipsychotika (Haloperidol) die annualisierten Rückfallraten aus den „NICE-Guidelines 2010“ verwendet [22]. Für Quetiapin wurde die Rückfallrate von Haloperidol verwendet, da sich diese beiden Medikamente diesbezüglich nicht unterscheiden [23]. Gemäß der ConstaTRE Studie betrug das Verhältnis der Rückfälle bei Risperidon LAI zu Quetiapin annualisiert 0,44 [3]. Multipliziert mit dem Rückfallrisiko von Haloperidol aus den NICE-Guidelines ergibt sich somit eine Rehospitalisierungsrate von 14,4 % für Risperidon LAI. Für Paliperidon Palmitat wurde die gleiche Rehospitalisierungsrate wie für Risperidon LAI angenommen.

Die Rückfallrate für Ziprasidon wurde auf Basis einer Meta-Analyse von Leucht et al. ermittelt [24]. Für Ziprasidon wird ein Wert von 34 % und für ein Placebo ein Wert von 61 % angegeben. Dementsprechend ergibt sich ein relatives Risiko von 0,66 für Ziprasidon im Vergleich mit einem Placebo. Multipliziert man dieses Risiko mit dem aus den „NICE-Guidelines“ entnommenen Rückfallrisiko bei einem Placebo in Höhe von 0,4361, so ergibt sich eine Rehospitalisierungsrate von 24 % für Ziprasidon.

Der folgenden Tab. 5 ist zusammenfassend die Wahrscheinlichkeit einer Rehospitalisierung abhängig von der Medikation zu entnehmen.

Tab. 5 Rehospitalisierungsraten

3 Ergebnisse

Die direkten Gesamtkosten pro Jahr in Millionen Euro vor der Einführung von Paliperidon Palmitat und nach der Einführung für die folgenden fünf Jahre sind in Tab. 6 dargestellt. Die Gesamtkosten lassen sich in Medikamentenkosten und Nicht-Medikamentenkosten unterteilen.

Tab. 6 Gesamtkosten

Die Medikamentenkosten nach der Einführung von Paliperidon Palmitat sinken leicht von jährlich 26,14 Millionen Euro auf 25,77 Millionen Euro. Die Gesamtkosten vor der Einführung von Paliperidon Palmitat werden auf jährlich 254,36 Millionen Euro geschätzt, nach der Einführung auf durchschnittlich 254,42 Millionen Euro. Es ergeben sich somit durchschnittliche Mehrkosten von 0,06 Millionen Euro. Es gilt in diesem Zusammenhang zu beachten, dass in dem Modell die Kosteneffekte nicht allein auf die Einführung von Paliperidon Palmitat zurückgeführt werden können, da es auch zu Marktanteilsverschiebungen bei den oralen Medikamenten kommt. Der unmittelbare Effekt von Paliperidon Palmitat bewirkt eine leichte Erhöhung der Medikamentenkosten, da erstens ein Großteil der neuen Paliperidon-Patienten von Risperidon LAI umgestellt werden und Paliperidon Palmitat mit den in Österreich beobachteten Dosierungen im Durchschnitt leicht teurer als Risperidon LAI ist. Zweitens gibt es auch einen kleinen Anteil an Patienten, die von oralen Medikamenten auf Paliperidon umsteigen. Aufgrund dessen steigt der Marktanteil für die teureren Depotmedikamente von 3,15 % auf 3,39 %. Der Anstieg des Marktanteils für Depotmedikamente führt auf der anderen Seite aber auch zu einer Reduktion der Nicht-Medikamentenkosten, da es bei Depotmedikamenten im Vergleich zu oralen Medikamenten ein geringeres Rehospitalisierungsrisiko gibt. Allerdings führen Marktanteilsverschiebungen (nach Behandlungstagen) bei den oralen Präparaten zu jeweils unterschiedlichen Gesamteffekten. Der Grund hierfür ist die Beobachtung, dass Quetiapin aufgrund des günstigen Preises in Österreich weitere Marktanteile nach Behandlungstagen gewinnen kann. Dies führt zu einer Verringerung der Medikamentenkosten, die den eben beschriebenen Effekt überkompensiert. Auf der anderen Seite sind mit dieser Marktverschiebung in Richtung Quetiapin aufgrund der damit verbundenen höheren Rehospitalisierungswahrscheinlichkeit auch steigende Nicht-Medikamentenkosten zu verzeichnen, die den Gesamteffekt dominieren und für das leichte Ansteigen der Gesamtkosten verantwortlich sind.

3.1 Sensitivitätsanalyse

Den bislang präsentierten Ergebnissen liegt die Annahme zugrunde, dass 30 % der Patienten, die auf Paliperidon Palmitat umsteigen, vorher mit einem Depotmedikament behandelt wurden. Dementsprechend wurde angenommen, dass 70 % der Patienten, die zu Paliperidon Palmitat wechseln, vorher mit oraler Medikation behandelt wurden. Nun sollen die Auswirkungen auf die durchschnittlichen Medikamentenkosten pro Jahr pro Patient unter der Annahme, dass 20 % bzw. 40 % der Patienten, die auf Paliperidon Palmitat umsteigen, vorher mit einem Depotmedikament behandelt wurden, analysiert werden. Tabelle 7 zeigt die Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse:

Tab. 7 Sensitivitätsanalyse, Medikamentenkosten von Paliperidon Palmitat (in Euro)

Je höher der Anteil an Patienten die von einem Depotmedikament zu Paliperidon Palmitat wechseln ist, desto geringer sind die durchschnittlichen Medikamentenkosten von Paliperidon Palmitat im ersten Jahr. Der Grund liegt darin, dass bei einem Umstieg von Risperidon LAI auf Paliperidon Palmitat laut Fachinformation sofort die Erhaltungsdosis verabreicht werden sollte. Das Anfangsdosierungsschema (150 mg an Behandlungstag 1 und 100 mg an Behandlungstag 8), welches beim Umstieg auf Paliperidon Palmitat von einem oralen Medikament notwendig ist und höhere Kosten verursacht, ist in diesem Fall nicht erforderlich. Dementsprechend ergeben sich niedrigere Kosten pro Patient im ersten Jahr für Paliperidon Palmitat, wenn der Anteil an Patienten, die von einem Depotmedikament auf Paliperidon Palmitat wechseln, höher ist.

Es wurden weitere Sensitivitätsanalysen bezüglich der Rehospitalisierungswahrscheinlichkeit erstellt, da diese als wichtiger kostenrelevanter Parameter identifiziert werden konnte. In der Sensitivitätsanalyse wurden die Hospitalisierungswahrscheinlichkeiten für jedes Arzneimittel um zehn Prozentpunkte erhöht bzw. gesenkt. Die Gesamtkosten variieren im Rahmen dieser Analyse im ersten Jahr zwischen 253,97 Millionen Euro und 254,87 Millionen Euro und können im Detail von den Autoren angefordert werden. Die im Basisszenario ermittelten Gesamtkosten ändern sich nur geringfügig und sind daher als robust zu betrachten.

4 Diskussion

Wir schätzen die direkten Gesamtkosten von Schizophrenie in Österreich auf 254 Millionen Euro für das Jahr 2015. Davon entfallen rund 26 Millionen Euro auf Medikamentenkosten und 228 Millionen Euro auf Nicht-Medikamentenkosten. Obwohl Depotmedikamente deutlich höhere jährliche Medikamentenkosten pro Patient im Vergleich zu oralen Medikamenten verursachen, bewirken sie eine Reduktion der Nicht-Medikamentenkosten, da sie die Anzahl der Rehospitalisierungen verringern. Die Kosten für einen Krankenhausaufenthalt aufgrund eines Rückfalles werden von Seiten des österreichischen Gesundheitsministeriums mit rund 7.182 Euro (für 16 Belagstage) angegeben. Dies zeigt, dass durch eine Reduktion der Rückfälle und Krankenhausaufenthalte viel an Kosten gespart werden könnte. Zudem können durch eine Reduktion der Rückfälle auch Kosten im Bereich der extramuralen Versorgung (z.B. Arztbesuche) reduziert werden. Der Besuch bei einem Facharzt beispielsweise kostet derzeit rund 42 Euro bei der ersten Konsultation und 5,43 Euro für jede weitere Konsultation. Die zusätzlich mögliche Kostenersparnis im extramuralen Bereich bei Reduktion der Rückfälle durch Depotmedikamente wurde in diesem Modell jedoch nicht berücksichtigt. Es wurde lediglich eine Verringerung der Krankenhausaufenthalte durch Depotmedikamente in die Berechnungen einbezogen. Wie im Rahmen eines Expertenpanels ermittelt wurde, weisen Rezidivpatienten in Deutschland jedoch fünfmal mehr Arztkontakte auf als stabile Patienten [25], so dass hier weitere Kosteneinsparungen realistisch sind, die im Rahmen des Modells allerdings nicht quantifiziert werden konnten.

Es gilt auch zu beachten, dass die dargestellten Ergebnisse nur den Einfluss der Einführung von Paliperidon Palmitat auf dem österreichischen Markt aus Kostensicht zeigen. Eine Studie, welche darüber hinaus die Kosteneffektivität von Paliperidon Palmitat, Risperidon LAI sowie Olanzapin LAI bei Patienten mit zwei oder mehr Rückfällen betrachtete, zeigte im schwedischen Kontext, dass Paliperidon Palmitat die ökonomisch dominante Behandlungsstrategie im Vergleich zu den anderen beiden Medikamenten ist. Paliperidon Palmitat wies eine höhere Kosteneffektivität gemessen in Kosten pro QALYs auf [26].

In der durchgeführten Budget-Impact-Analyse für Österreich wurde die Adhärenz von Patienten nicht berücksichtigt. Es wurde davon ausgegangen, dass alle Patienten zu 100 % adhärent sind. Dementsprechend können gewisse Vorteile von Depotmedikamenten wie Paliperidon Palmitat (z.B. eine verbesserte Adhärenz gegenüber oralen Medikamenten) im Modell nicht abgebildet werden. Kim et al. zeigten beispielsweise in einer Kosten-Nutzen-Analyse für Korea, dass Paliperidon Palmitat im Vergleich mit atypischen oralen Antipsychotika gerade bei Patienten, die nicht adhärent sind, kosteneffektiv ist. Im Vergleich mit den oralen Antipsychotika ergaben sich bei dieser Patientengruppe für Paliperidon Palmitat geringere Kosten und eine höhere Anzahl an QALYs [27]. Auch eine amerikanische Studie von Edwards et al. verglich die Kosten bei Behandlung mit Paliperidon Palmitat bzw. oralen atypischen Antipsychotika [28]. Hier führte Paliperidon Palmitat zu einer Kostenersparnis und höheren Effektivität, wenn die Adhärenz bei oralen Antipsychotika unter 44,9 % lag. Würde in unserem Modell die Adhärenz als weiterer Parameter in die Berechnungen eingehen, so könnten auch im österreichischen Kontext differenziertere Kosteneffekte zugunsten der Depotmedikation dargestellt werden.

Als mögliche Limitation der Studie sind zwei Aspekte zu nennen. Einerseits ist die Entwicklung des Marktanteils der betrachteten Arzneimittel mit einer hohen Unsicherheit verbunden. Dies gilt umso mehr, da der Marktanteil von Paliperidon Palmitat nur anhand zweier Monate berechnet werden konnte und auf ein vollständiges Kalenderjahr approximiert wurde. Insofern wäre in angemessener Zeit eine empirische ex post Überprüfung der von uns simulierten Ergebnisse wünschenswert. Weiterhin wurden mangels Datenverfügbarkeit die ambulanten Kosten als exogen angenommen und gehen daher als unabhängig von der Medikation in das Modell ein. Die Kombination verschiedener Datenquellen zur Ermittlung der ambulanten Kosten stellen darüber hinaus eine weitere Quelle der Unsicherheit dar, auf die wir aufmerksam machen wollen.

5 Schlussfolgerung

Unsere Analyse zeigt, dass im österreichischen Versorgungskontext eine Arzneimittelinnovation kostenneutral eingeführt werden kann, da höhere Medikamentenkosten durch Einsparungen in anderen Sektoren kompensiert werden. Der in Österreich zu beobachtende Substitutionseffekt zu preisgünstigen oralen Arzneimitteln führt paradoxerweise zu einem leichten Anstieg der Gesamtkosten in den nächsten fünf Jahren über eine leichte Steigerung der dadurch verursachten stationären Kosten.