1 Einleitung

Smartphones spielen im täglichen Leben der Menschen eine wichtige Rolle – vor allem junge Menschen fühlen sich von Mobiltelefonen stark angezogen und nutzen Smartphones viele Stunden täglich und sind von dieser technologischen Revolution stark betroffen (Pellegrino et al. 2022). Das Smartphone spielt eine herausragende Rolle im Leben junger Menschen, da es ihnen ermöglicht, sich in soziale Gruppen zu integrieren, interagieren und kommunizieren zu können. Es dient als Mittel zur Unterhaltung mit Freund:innen, hilft in Notsituationen, bei der Organisation und Koordination von Aktivitäten, unterstützt Eltern und Jugendliche im Familienleben und erfüllt die individuellen Bedürfnisse der Jugendlichen – Smartphones dienen nicht nur als Kommunikationsmittel, sondern auch als Entertainment-Center und Informationsquelle (Kleeberg-Niepage und Perzy 2022).

Während Smartphones zweifellos viele Vorteile bieten, wie den Zugang zu Informationen, sozialen Medien und Unterhaltung, birgt ihre übermäßige Nutzung auch Risiken. Ein besorgniserregendes Phänomen, das in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit erhalten hat, ist die problematische Smartphonenutzung bei Jugendlichen. In der Tat hat sich die problematische Smartphonenutzung als ein moderner psychologischer Fachbegriff etabliert (Roberts et al. 2015; Kuss et al. 2018). Ein Ziel dieses Beitrags besteht darin, ein praktikables Instrument vorzustellen, das reliabel ist, eine solide Konstruktvalidität aufweist und speziell darauf ausgerichtet ist, problematische Smartphonenutzung bei Jugendlichen zu erfassen. Dabei wird die Faktorenstruktur des Konstrukts sowie die interne Konsistenz empirisch geprüft.

Diese problematische Nutzung äussert sich oft in einem zwanghaften Verlangen, ständig auf das Smartphone zu schauen, selbst in unangemessenen Situationen wie während des Unterrichts oder in öffentlichen Settings. Bezüglich der problematischen Smartphonenutzung und eines schlechteren schulischen Leistungsniveaus liegen schon einige Evidenzen vor (u. a. Kliesener et al. 2022). Die empirische Klärung der Frage nach einer Wirkung der problematischen Smartphonenutzung auf unterrichtmeidendes Verhalten von Schüler:innen steht dagegen noch aus. Dahingehend, dass vor allem für die mediennutzungsbezogenen Einflussfaktoren der Unterrichtsmeidung noch keine systematischen Befunde vorliegen, erhärtet sich die Notwendigkeit nach wissenschaftlichen Untersuchungen, welche ebenfalls die medialen Einflussfaktoren der kognitiven und physischen Unterrichtsmeidung von Schüler:innen thematisieren. Dieser Beitrag nimmt sich diesem Forschungsdesiderat an und untersucht den Effekt der Dimensionen problematischer Smartphonenutzung hinsichtlich der kognitiven Unterrichtsmeidung von Schüler:innen der Sekundarstufe I.

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Technologische Revolution: Smartphonenutzung im Jugendalter und problematische Nutzung

Die rasante Verbreitung und weitreichende Integration von Smartphones in unserer Gesellschaft haben in den letzten Jahren erhebliche Auswirkungen auf das Leben von Menschen jeden Alters gehabt. Nach Angaben der Internationalen Fernmeldeunion haben rund 86 % der Menschen weltweit Zugang zu Smartphones (ITU 2023). Besonders auffällig ist die Zunahme der Smartphonenutzung unter Jugendlichen, die in den letzten Jahren exponentiell angestiegen ist. In Deutschland besitzen 96 % der 12- bis 19-Jährigen ein internetfähiges Smartphone (Feierabend et al. 2022). Von diesen können sich mittlerweile 80 % ein Leben ohne diese digitalen Begleiter kaum noch vorstellen. Weltweit verbringt man durchschnittlich etwa 3,7 h pro Tag mit der Nutzung von Smartphones. Die Smartphonenutzung im Jugendalter hat diesbezüglich in den letzten Jahren verstärkt die Aufmerksamkeit von Forscher:innen auf sich gezogen, da sie weitreichende Auswirkungen auf die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung der Jugendlichen haben kann (Rumpf et al. 2020).

Im Jahr 2011 tauchte erstmals der Begriff Smartphoneabhängigkeit im asiatischen Raum auf, gefolgt von der Veröffentlichung des ersten Erhebungsinstruments zwei Jahre später (Kwon et al. 2013; für einen Überblick der Erhebungsinstrumente: siehe Elhai et al. 2017). In der wissenschaftlichen Forschung wird das Phänomen der exzessiven Nutzung von Smartphones bisher häufig anhand von Instrumenten zur Messung von Verhaltenssüchten, wie beispielsweise Spielsucht oder Abhängigkeiten im Zusammenhang mit dem Konsum von Substanzen untersucht (Harris et al. 2020). Die Prävalenz der Abhängigkeit von Smartphones variiert je nach untersuchter Stichprobe und dem verwendeten Instrument zur Bewertung des Abhängigkeitsgrades zwischen 9,3 und 37 % (Scherenberg 2020). Eine britische Studie zeigt, dass einer von zehn britischen Schüler:innen das Smartphone suchtartig nutzt (Lopez-Fernandez et al. 2014). Außerdem zeigt eine Umfrage in Spanien, dass 20 % der 16- bis 65-Jährigen süchtig nach ihren Smartphones sind oder Gefahr laufen, abhängig zu werden (de-Sola et al. 2017). Allerdings ist die Bezeichnung Smartphonesucht und die damit verbundene Herangehensweise umstritten. Während in der Forschung oft von Smartphonesucht (Montag 2018) gesprochen wird, könnte die präzisere Bezeichnung problematische Nutzung von Smartphones sein, da sie nicht mit den körperlichen Entzugserscheinungen einhergeht, die beispielsweise bei Heroinsucht oder Tabakabhängigkeit auftreten (Montag et al. 2021). Rumpf et al. (2020) argumentieren dafür, dass es möglicherweise keine eigenständige Smartphonesucht gibt, sondern vielmehr Verhaltensweisen, bei denen das Smartphone eine Rolle spielt und die als spezifische Störungen beschrieben werden können. Die problematische Nutzung von Smartphones zeigt Ähnlichkeiten sowie Unterschiede zu anderen verwandten Konzepten wie Internetabhängigkeit (Kuss und Pontes 2019) und Computerspielabhängigkeit (Rehbein et al. 2015). Diese Konzepte teilen ähnliche Symptome, die normalerweise anhand von Substanzabhängigkeit und funktionalen Einschränkungen gemessen werden – allerdings unterscheidet sich die problematische Smartphonenutzung hauptsächlich durch die Plattform und das Interface eines Smartphones (Elhai et al. 2017). In dieser Debatte scheint es entscheidend, eine zurückhaltende Argumentation zu verfolgen und kritisch zu hinterfragen, ob vermeintlich neue Verhaltensmuster als pathologisch betrachtet werden sollten, um nicht das alltägliche Verhalten zu pathologisieren (Billieux et al. 2015).

Ungeachtet der Begriffsgebung können übermäßiger Smartphonekonsum, Beeinträchtigungen der Impulskontrolle und zwanghaftes Beschäftigen mit dem Smartphone Anzeichen von Abhängigkeit aufweisen und mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit einhergehen. Smartphoneentzugssymptome, die in Form von Ängsten und Reizbarkeit auftreten, wenn man ungewollt auf sein Smartphone verzichten muss, werden als Nomophobie (No-Mobile-Phobie; Voitl 2021; Abdoli et al. 2023) bezeichnet. Diese Bezeichnung umfasst verschiedene emotionale Reaktionen auf die Trennung vom Smartphone und kennzeichnet vier zentrale Ängste:(a) Kommunikationsangst, (b) Internetangst, (c) Informationsangst, (d) Verlust des Komforts. Die Sorge, in sozialer Isolation zu verharren und bedeutsame Ereignisse zu verpassen, was auch als Fear of Missing Out (Montag et al. 2023) bekannt ist, stellt einen entscheidenden Anreiz für exzessiven Smartphonegebrauch dar und kann die Entstehung von abhängigem Verhalten begünstigen (Scherenberg 2020).

Internationale Studien belegen einen Zusammenhang zwischen problematischer Smartphonenutzung und Einsamkeit (Elhai et al. 2017), negativen subjektiven Wohlbefinden (Horwood und Anglim 2019), Phantom-Vibration (Drouin et al. 2012), Depression (Demirci et al. 2015), Schlafstörungen (Choi et al. 2015), Neurotizismus (Gao et al. 2017), Aufmerksamkeitsstörungen (Clayton et al. 2015), Kurzsichtigkeit (Lee et al. 2015), Übergewicht (Booker et al. 2015), Bluthochdruck (Miller 2012) und schlechteren Schulleistungen (Prabu et al. 2015). Es gibt zudem eine kleine, aber wachsende Forschung, die die Idee stützt, dass Benachrichtigungen auf Mobiltelefonen die Aufgabenleistung negativ beeinflussen. Cutrell et al. (2000) belegen, dass Messaging-Benutzer während Rechenaufgaben, insbesondere in Phasen, in denen kognitive Prozesse höherer Ordnung involviert waren, zu längeren Wiederaufnahme- und Abschlusszeiten von Aufgaben führten. Stothart et al. (2015) zeigen, dass zelluläre Benachrichtigungen die Leistung bei aufmerksamkeitsintensiven Aufgaben erheblich beeinträchtigen können, auch wenn keine physische Interaktion mit dem Gerät besteht. Benachrichtigungen lösen tendenziell aufgabenunabhängige Gedanken und einen Zustand der geteilten Aufmerksamkeit aus.

Es zeigt sich, dass mit steigendem Lebensalter die Verwendung von Smartphones tendenziell abnimmt – dies könnte auf eine geringere Neigung zur digitalen Welt, aber auch auf einen verringerten sozialen Druck und eine höhere Selbstregulation bei älteren Nutzer:innen zurückzuführen sein. Es wird vermutet, dass Frauen aufgrund ihrer tendenziell häufigeren Nutzung von Smartphones für kommunikative Zwecke möglicherweise anfälliger für eine problematische Nutzung von Smartphones sind (Lee und Lee 2017). Es ist jedoch hervorzuheben, dass geschlechtsspezifische Erkenntnisse in diesem Zusammenhang nicht eindeutig sind. Männer könnten möglicherweise mehr Zeit mit dem Spielen von Mobiltelefon-Spielen verbringen und stärker unter Isolation und Einsamkeit leiden, was ebenfalls zu psychischer Belastung führen kann (Su et al. 2022). Trotz dieser ersten Ergebnisse ist die Forschung zur problematischen Smartphonenutzung noch rar, da das Phänomen vergleichsweise neu ist und es vor allem an Studien bei Kindern und Jugendlichen zu diesem Thema, vor allem für diagnostische Ansätze, mangelt (Rumpf et al. 2020).

Die Ursachen für die problematische Nutzung von Smartphones bei Jugendlichen sind vielfältig. Einerseits bieten Smartphones eine Fluchtmöglichkeit vor der Realität, insbesondere vor stressigen Situationen und Langeweile. Soziale Medien ermöglichen es jungen Menschen, sich in virtuellen Welten zu vertiefen und sich von ihren alltäglichen Sorgen abzulenken. Andererseits spielen auch sozialer Druck und die Furcht, etwas Wichtiges zu verpassen, eine bedeutende Rolle (Pellegrino et al. 2022).

2.2 Abwesenheit trotz physischer Anwesenheit: Kognitive Unterrichtsmeidung von Schüler:innen

In der Diskussion über Schulvermeidung wird oft auf die unerlaubte körperliche Abwesenheit von Schüler:innen fokussiert, während ihre geistige Abwesenheit in der Regel weniger Beachtung findet (Nagel und Biedermann 2021). Es wird jedoch angenommen, dass solches Schüler:innenverhalten charakteristisch für die Schule bleibt, solange diese existiert. Aktuell ist das Thema des Fernbleibens von Schule und Unterricht durch Jugendliche ein viel diskutiertes Thema sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Wissenschaft und erhält zunehmend mediale Aufmerksamkeit (ebd.). In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung wird oft der Begriff Schulabsentismus verwendet, der als Oberbegriff für verschiedene Arten der Abwesenheit von der Schule dient. Dieser Begriff umfasst sämtliche unterschiedliche Erklärungen dieses Phänomens (Sälzer et al. 2012; Ricking und Dunkake 2017). Dieser Begriff hat allerdings wiederholt Kritik erfahren, insbesondere von Schulze (2003), die darauf hinweist, dass er sich ausschließlich auf die physische Abwesenheit im schulischen Kontext bezieht und Formen der geistigen Abwesenheit, die zur körperlichen Schul- und Unterrichtsmeidung führen können, nicht berücksichtigt. Daher bevorzugt Schulze den Begriff Unterrichtsmeidung, der verschiedene Formen der Abwesenheit vom Unterricht abdeckt, von sporadischer resp. gelegentlicher Abwesenheit von Unterrichtsstunden oder ganzen Schultagen bis zur chronischen Schulschwänzerei. Innerhalb der Unterrichtsmeidung werden drei Unterkategorien unterschieden: (a) Schulabwesenheit, (b) Unterrichtsabwesenheit und (c) Unterrichtsverweigerung – Schulze schlägt vor, diese Kategorien zu verwenden, um eine grundlegende Typologie der unerlaubten Abwesenheitsformen von Schüler:innen zu erstellen (ebd.).

Im Rahmen des Beitrags wird sich im Folgenden auf die kognitive Unterrichtsmeidung konzentriert, ein Aspekt, der bisher nur selten behandelt wurde und daher als Forschungslücke betrachtet werden kann (Nagel und Biedermann 2021). Schulze und Wittrock (2004) kritisieren, dass dieses Phänomen in der Literatur und im wissenschaftlichen Diskurs weitgehend vernachlässigt wird, obwohl es sich in verschiedenen Formen manifestiert und eine wesentliche Rolle im schulischen Kontext spielt. Kognitive Unterrichtsmeidung – in dem hier präsentierten Beitrag – fokussiert sich ausdrücklich auf Schüler:innen, die sich gedanklich aus dem Lernumfeld zurückziehen, ohne es physisch zu verlassen. Schulze (2009) weist darauf hin, dass die Anzahl der Schüler:innen, die zwar physisch präsent sind, sich aber kognitiv von den laufenden Unterrichtsaktivitäten abwenden, in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat und voraussichtlich weiter ansteigen wird. Bereits Schulze (2003) beschreibt Muster des Klassenvermeidungsverhaltens als Verhaltensformen, die sich vom Unterrichtsgeschehen oder anderen Elementen des Systems Schule abwenden oder ihnen negativ gegenüberstehen und von den spezifischen Normen einer Schule abweichen. Diese Verhaltensformen können sich in der Entwicklung von Verhaltensmustern bzw. Bildung von Gewohnheiten äußern, die die gesellschaftliche Teilnahme gefährden, behindern oder verhindern. Darüber hinaus sind die Formen sowie Facetten des Unterrichtmeidungsverhaltens von Schüler:innen äußerst vielfältig (Schulze 2009). Eine zentrale Kategorie der Klassenvermeidung umfasst Schüler:innen, die physisch anwesend sind, sich aber kognitiv von dem Geschehen im Klassenzimmer abkoppeln (Nagel und Biedermann 2021). Sie lassen ihren Gedanken über längere Zeiträume schweifen, nehmen nicht aktiv am Unterrichtsgeschehen teil und folgen nicht den Unterrichtsaktivitäten, was ihre Lernerfolge reduziert und sich grundsätzlich negativ auf das unterrichtliche Lernen auswirkt. In dieser Form der Unterrichtsmeidung, die normalerweise unbemerkt bleibt, ziehen sich Schüler:innen von den Aktivitäten im Klassenzimmer zurück oder vermeiden aktive Beteiligung (Schulze 2009; Nagel und Biedermann 2021). Um diese Verhaltensform zu beschreiben, prägte Schulze (2003) den Begriff mentale Abwesenheit. Dieser Neologismus umfasst Verhaltensweisen wie das stille Beschäftigen mit anderen Aktivitäten (z. B. Zeichnen), Tagträumen, das Abschalten sowie die Nichtbeteiligung unter Beibehaltung einer Fassade der Beteiligung. Solche Verhaltensweisen führen häufig zu einer Verschlechterung der schulischen Leistungen oder einem Prozess der sozialen Ausgrenzung, was ein Risiko für die schulbezogene und die allgemeine psychosoziale Entwicklung der Schüler:innen darstellt. Die Schüler:innen können ihre Leistungen oft nicht (mehr) aufholen, da es schwierig ist, den im unengagierten Zustand verpassten Unterricht nachzuholen (ebd.; Nagel und Biedermann 2021). Da diese Schüler:innen im Allgemeinen keine offensichtlichen Verhaltensprobleme aufweisen, bleibt ihr Verhalten oft unbemerkt oder wird erst spät von den Lehrer:innen erkannt (Schreiber-Kittl und Schröpfer 2002). Nach den Ausführungen von Schulze (2009) sind physisch anwesende Schüler:innen, die nicht aktiv an den Unterrichtsprozessen teilnehmen, in der Regel lethargisch, zeigen wenig Initiative bzw. hören auf sich zu engagieren, ziehen sich im Unterricht und während der Pausen zurück, was zu einer mentalen Abwendung führt und höchstwahrscheinlich dazu führt, dass sie soziale Kontakte im schulischen Umfeld meiden (innere Abwendung; vgl. hierzu auch Nagel und Biedermann 2021).

Die Relevanz einer wissenschaftlichen und empirischen Untersuchung dieses Phänomens der kognitiven Unterrichtsmeidung wird in der Schlussfolgerung von Schulze und Wittrock (2004) deutlich, die betonen, dass die betroffenen Schüler:innen Gefahr laufen, sich allmählich von den Prozessen im Klassenzimmer zu entkoppeln. Im Laufe der Zeit und bei zunehmendem räumlichen Abstand hören sie dann auf, überhaupt im Unterricht präsent und beteiligt zu sein, insbesondere wenn die Anzeichen unbemerkt bleiben oder nicht ernst genommen werden. Daher kann die Facette der kognitiven Unterrichtsmeidung als erstes Anzeichen für drohende Unterrichtsabwesenheit oder sogar Schulabwesenheit betrachtet werden, da solches Schüler:innenverhalten im Unterricht eine Manifestation von Entfremdung und Passivität der Beteiligung am Unterricht darstellt.

3 Fragestellungen

Das Ziel des Beitrags ist es in Anlehnung an bestehende Messinstrumente zur Erhebung von stoffungebundenen Abhängigkeiten, ein reliables und konstruktvalides Instrument zu entwickeln und zu präsentieren, welches zur Erfassung von problematischer Smartphonenutzung verwendet werden kann. In diesem Beitrag soll zudem der Zusammenhang der problematischen Smartphonenutzung und der kognitiven Unterrichtsmeldung von Schüler:innen der Sekundarstufe I untersucht werden. Im Rahmen des Beitrags werden die folgenden Forschungsfragen untersucht:

  1. 1.

    Welche psychometrischen Charakteristiken (interne Konsistenz und faktorielle Validität) weist die Skala zur Erfassung der problematischen Smartphonenutzung auf und welche Ausprägungen zeigen sich bei den Schüler:innen der Sekundarstufe I?

  2. 2.

    Können Dimensionen der problematischen Smartphonenutzung die kognitive Unterrichtsmeidung von Schüler:innen erklären?

Die problematische Smartphonenutzung kann in fünf Dimensionen unterteilt werden, die das Gesamtkonzept repräsentieren. Bisher wurde der Zusammenhang zwischen dieser problematischen Nutzung und der kognitiven Unterrichtsmeidung von Schüler:innen der Sekundarstufe I nicht untersucht. Es wird angenommen, dass die problematische Smartphonenutzung und insbesondere ihre fünf Dimensionen positiv mit der kognitiven Unterrichtsmeidung in Verbindung stehen. Da im Besonderen für die einzelnen Dimensionen einer problematischen Smartphonenutzung gegenwärtig noch keinerlei Zusammenhangsstudien mit dem Konstrukt der kognitiven Unterrichtsmeidung von Schüler:innen vorliegen, bedarf es daher einer explorativen Erschließung des Zusammenhangs zwischen diesen. Es wird erwartet, dass höhere Ausprägungen in den Dimensionen Toleranzentwicklung, Kontrollverlust, Einengung des Denkens und Verhaltens, negative Konsequenzen sowie Entzugserscheinungen mit einer höheren kognitiven Unterrichtsmeidung der Schüler:innen assoziiert sind.

4 Methode

4.1 Stichprobe

Im Rahmen einer klassenraumbasierten, standardisierten Onlinebefragung konnten im Herbst 2016 insgesamt 1333 Schüler:innen der Sekundarstufe I aus zwei Kantonen in der Ostschweiz befragt werden.Footnote 1 Insgesamt gaben 47,9 % der Befragten ihr Geschlecht als weiblich und 52,1 % als männlich an. Das Durchschnittsalter der befragten Jugendlichen lag bei 13,75 Jahren mit einer Standardabweichung von 1,12 Jahren. Um eine breite Palette von Themen innerhalb einer Unterrichtseinheit abzudecken, wurde ein Matrixdesign verwendet, das verschiedene Versionen des Fragebogens einbezog. Zugleich gab es in allen der unterschiedlichen Versionen des Fragebogens, welche verschiedene Themenbereiche adressiert haben, einen Kernbestand an identischen Fragen, die in jeder Version enthalten waren. Basierend auf dieser Modularisierung des Fragebogens liegen für das zu interessierende Konstrukte der problematischen Smartphonenutzung Angaben von 440 Schüler:innen vor, was einem Anteil von 33,3 % entspricht – jede:r dritte Jugendliche machte folglich Angaben zur Thematik. Von den befragten Jugendlichen gaben 815 Schüler:innen Auskunft zum Gegenstand der kognitiven Unterrichtsmeidung.

4.2 Erhebungsinstrumente

Kognitive Unterrichtsmeidung

Die Skala zur Messung der kognitiven Unterrichtsmeidung von Schüler:innen umfasst vier Items, die auf einer vierstufigen Likert-Skala bewertet werden mussten (1 = trifft nicht zu, 2 = trifft eher nicht zu, 3 = trifft eher zu, 4 = trifft genau zu; Beispielitem: „Ich bin so häufig und intensiv mit meinen Gedanken ganz woanders, dass ich den Unterrichtsstoff gar nicht mitbekomme“; Nagel und Biedermann 2021). Die Faktorladungen für die vier Indikatoren zeigen hohe Werte zwischen λ = 0,65 und λ = 0,84 auf, während die Standardfehler zwischen SE = 0,04 und SE = 0,06 liegen. Zur Beurteilung der Modellanpassung wurden Fit-Indizes verwendet, die auch in traditionellen Strukturgleichungsmodellen Anwendung finden. Die Bewertung des Modells erfolgte anhand der Kriterien von Hu und Bentler (1999).Footnote 2 Die Fit-Indizes deuten insgesamt auf eine ausgezeichnete Passung des Modells an die Daten hin (χ2 = 1,87; df = 2; p = 0,212; CFI = 1,00; RMSEA = 0,00; SRMR = 0,002). Die Reliabilitätsanalyse bestätigt, dass das Konstrukt der kognitiven Unterrichtsmeidung durch die vier Items gut dargestellt wird – dies zeigt die hohe interne Konsistenz der Skala mit einem Cronbachs Alpha von 0,86.

Problematische Smartphonenutzung

Die Skala der problematischen Smartphonenutzung wurde mittels 16 Items erhoben. Die im Rahmen dieser Befragung entwickelte Skala zur problematischen Smartphonenutzung erfasst auf einer vierstufigen Ratingskala insgesamt fünf Merkmale einer (stoffungebundenen) Abhängigkeit und lehnt sich an die Computerspielabhängigkeitsskala KFN-CASA-II (Rehbein et al. 2009, 37,38,a, b, 2015) an, welche sich eng an die bestehende Abhängigkeitsklassifikation des ICD-10 anlehnt. Erhoben werden die fünf Dimensionen: (I) Einengung des Denkens und Verhaltens (3 Items), (II) Fortführung trotz negativer Konsequenzen (4 Items), (III) Kontrollverlust (3 Items), Entzugserscheinungen (2 Items) und Toleranzentwicklung (4 Items) und sprachlich in der Terminologie an das Smartphone adaptiert sind. Die Antwortkategorien der Items sind 1 = trifft nicht zu, 2 = trifft kaum zu, 3 = trifft eher zu, 4 = trifft genau zu. Von den an der Schwerpunktbefragung beteiligten 1333 Befragungsteilnehmer:innen liegen zu 440 Personen gültige Skalenwerte vor.

4.3 Statistische Analyseverfahren

Für die Analysen der zugrundeliegenden Daten wurden die beiden Statistikprogramme SPSS 29 und Mplus (Version 8.9, Muthén und Muthén 1998–2017) verwendet. Neben den multivariaten Betrachtungen wurden ebenfalls Maße der deskriptiven Statistik für eine Beschreibung der Datengrundlage berechnet. Für eine Beschreibung des durchschnittlichen Antwortverhaltens der Schüler:innen, werden die Daten durch das arithmetische Mittel wiedergegeben sowie dem dazugehörigen Streuungsmaß der Standardabweichung präzisiert. Im Rahmen der Datenanalyse wurden verschiedene Methoden der multivariaten Statistik (vor allem multiple Regressionen und konfirmatorische Faktorenanalysen) eingesetzt. Fehlende Werte wurden mit der Full Information Maximum Likelihood (FIML)-Methode bearbeitet (Lüdtke und Robitzsch 2010). Die Parameterschätzungen in Mplus wurden mithilfe des Maximum-Likelihood-(ML-)Verfahrens durchgeführt. Um die Anpassung der Daten zu bewerten, wurden Fit-Indizes verwendet, die auch in traditionellen Strukturgleichungsmodellen üblich sind. Zum χ2-Test wurden die Modellanpassung anhand der Indizes CFI, RMSEA und SRMR geprüft.

5 Ergebnisse

5.1 Problematische Smartphonenutzung

Das entwickelte fünf-faktorielle Selbsteinschätzungsinstrument zur problematischen Smartphonenutzung erfasst die Dimensionen: (I) Einengung des Denkens und Verhaltens (3 Items, α = 0,72), (II) Kontrollverlust (3 Items, α = 0,77), (III) Fortführung trotz negativer Konsequenzen (4 Items, α = 0,80), (IV) Toleranzentwicklung (4 Items, α = 0,84) und (V) Entzugserscheinungen (2 Items, α = 0,79). Die Reliabilität der Subskalen lassen sich zusammenfassend als gut bewerten. Tab. 1 stellt die Items der Skala zur problematischen Smartphonenutzung sowie die zentralen statistischen Parameter vor.

Tab. 1 Itemkennwerte der Skala zur problematischen Smartphonenutzung (n = 440)

Da die Einschätzungen zwischen 1 = trifft nicht zu und 4 = trifft genau zu variieren konnten, deuten die Mittelwerte darauf hin, dass die meisten Jugendlichen die jeweiligen Aussagen abgelehnt haben. Die Itemschwierigkeiten belegen, dass die Items insgesamt aufgrund ihres beabsichtigten Verwendungszwecks als anspruchsvoll zu betrachten sind. Der Skala kann mit einem Cronbachs Alpha von α = 0,89 eine hohe Reliabilität zugesprochen werden. Der Mittelwert der problematischen Smartphonenutzung der befragten Schüler:innen beträgt 1,83 mit einer Standardabweichung von 0,51. Der Standardfehler liegt bei SE = 0,02. Es zeigt sich, dass kein signifikanter Geschlechterunterschied hinsichtlich der problematischen Smartphonenutzung vorliegt (t(427) = −0,33, p > 0,05; MJungen = 1,82, SD = 0,52; MMädchen = 1,83, SD= 0,48; d = 0,02). Der Vergleich der Geschlechter lässt erkennen, dass Jungen durchschnittlich keine bedeutsam höhere mittlere Ausprägung auf der Skala zur problematischen Smartphonenutzung ausweisen als Mädchen. In zwei Subskalen zeigen sich signifikante Geschlechterunterschiede, wobei deutlich wird, dass Jungen auf der Subdimension Fortführung trotz negativer Konsequenzen höhere Ausprägungen aufweisen als Mädchen (t(462)Negative Konsequenzen = 3,45, p < 0,001; MMädchen = 1,29, SD = 0,48; MJungen = 1,47, SD = 0,60; d = 0,33), während sich Mädchen durch signifikant höhere Ausprägungen in der Dimension des Kontrollverlusts charakterisieren lassen (t(476)Kontrollverlust = −2,63, p < 0,001; MMädchen = 2,53, SD = 0,79; MJungen = 2,34, SD = 0,79; d = 0,24) – die Effektstärken variieren hierbei zwischen d = 0,24 bis d = 0,33 und können somit als mittelstark interpretiert werden. In Tab. 2 sind die Korrelationen der Dimensionen der problematischen Smartphonenutzung dargestellt.

Tab. 2 Korrelationen zwischen den Dimensionen der problematischen Smartphonenutzung

Es zeigt sich, dass die Dimension des Konstrukts signifikante Korrelationen untereinander aufweisen mit Koeffizienten, welche zwischen r = 0,18 bis r = 0,65 variieren.

Mit dem vollständigen Itemsatz (16 Items) wurde ein fünf-dimensionales korrelatives Messmodell konfirmatorisch spezifiziert und getestet. In einem ersten Schritt der Analyse für die nachfolgenden Regressionsmodelle wurde zunächst die Operationalisierung des Konzepts der problematischen Smartphonenutzung empirisch überprüft. Durch konfirmatorische Faktorenanalyse wurde untersucht, ob das theoretisch postulierte Konstrukt sich in den empirischen Daten widerspiegelt (vgl. Byrne 2012; Wang und Wang 2012). Angenommen wird, dass sich das Konzept der problematischen Smartphonenutzung von Jugendlichen in den Daten als fünf-faktorielles Messmodell abbilden lässt. Abb. 1 zeigt das 5‑Faktoren-Messmodell des Konstrukts der problematischen Smartphonenutzung.

Abb. 1
figure 1

Fünf-faktorielles Messmodell der problematischen Smartphonenutzung. Anmerkung: EDV Einengung des Denkens und Verhaltens, KV Kontrollverlust, NK Fortführung trotz negativer Konsequenzen, TE Toleranzentwicklung, ES Entzugserscheinungen; standardisierte Parameterschätzungen; dargestellt sind die signifikanten Faktorladungen sowie Korrelationen; p < 0,001

Diese Analyse bestätigte die postulierte Fünfdimensionalität der Skala. Die Indikatoren zeigen mäßig bis hoch ausgeprägte Faktorladungen auf den fünf latenten Faktoren (λ = 0,53 bis λ = 0,86), wobei die Standardfehler im Bereich von 0,01 bis 0,03 variieren. Es ist festzuhalten, dass alle Indikatoren einen signifikanten Beitrag zur Erklärung der Varianz leisten. Die Auswertung der Fit-Indizes zeigt einen akzeptablen Modell-Fit (χ2 = 412,29; df = 94; p < 0,001; CFI = 0,92; RMSEA = 0,08; SRMR = 0,06) – es wurde erfolgreich ein fünffaktorielles Messmodell mit 16 Items spezifiziert und überprüft, das eine zufriedenstellende Übereinstimmung mit den Daten aufweist.

5.2 Dimensionen der problematischen Smartphonenutzung und deren Effekte auf die kognitive Unterrichtsmeidung

Ein zentrales Anliegen des vorliegenden Beitrags liegt in der Untersuchung, ob Aspekte der problematischen Smartphonenutzung mit der Form der kognitiven Unterrichtsmeidung von Schüler:innen zusammenhängen. Interessant ist hierbei vor allem die Frage, welche Dimensionen sich als statistisch bedeutsam für die Erklärung der kognitiven Unterrichtsmeidung erweisen. Zur Erklärung der kognitiven Unterrichtsmeidung der Schüler:innen als abhängige Variable anhand der Dimensionen der problematischen Smartphonenutzung wurden multiple Regressionen durchgeführt.Footnote 3 In Tab. 3 sind die standardisierten Regressionskoeffizienten der einzelnen Subdimensionen der problematischen Smartphonenutzung zur Erklärung der kognitiven Unterrichtsmeidung abgebildet.

Tab. 3 Multiple Regressionen zur Erklärung der kognitiven Unterrichtsmeidung von Schüler:innen durch die Dimensionen der problematischen Smartphonenutzung – Gruppenvergleich nach Geschlecht

Im Modell M1 zur Erklärung der kognitiven Unterrichtsmeidung zeigt sich, dass sich bei simultaner Schätzung der Nettoeinflüsse das Alter (β = 0,15, p < 0,001) sowie die drei Dimensionen (a) Einengung des Denkens und Verhaltens (β = 0,26, p < 0,001), (b) Kontrollverlust (β = 0,08, p < 0,10) und (c) Toleranzentwicklung (β = 0,10, p < 0,05) als statistisch bedeutsam zur Erklärung der kognitiven Unterrichtsmeidung der Schüler:innen erweisen. Demgegenüber erweisen sich – unter Kontrolle der weiteren Dimensionen als Kovariaten – das Geschlecht und die beiden Aspekte Fortführung trotz negativer Konsequenzen und Entzugserscheinungen des Konstrukts der problematischen Smartphonenutzung nicht als prädiktiv für die Erklärung der kognitiven Unterrichtsmeidung von Schüler:innen. Insgesamt können 18 % der Gesamtvarianz der kognitiven Unterrichtsmeidung durch das Modell M1 erklärt werden. Basierend auf diesem Analyseschritt wird nachfolgend analysiert, ob sich geschlechterspezifische Einflussfaktoren der problematischen Smartphonenutzung als prädiktiv für die Erklärung der kognitiven Unterrichtsmeidung erweisen.

Modell 2 enthält das Ergebnis separater Regressionsmodelle kognitiver Unterrichtsmeidung getrennt nach dem Geschlecht. Für die Erklärung der kognitiven Unterrichtsmeidung erweisen sich bei den Mädchen vor allem die Dimensionen (a) Kontrollverlust (β = 0,23, p < 0,001), (b) Entzugserscheinungen (β = 0,16, p < 0,05) und (c) Toleranzentwicklung (β = 0,11, p < 0,10) der problematischen Smartphonenutzung als statistisch bedeutsam. Das Alter weist einen kleinen Effekt (β = 0,10, p < 0,10) bezüglich der Erklärung der kognitiven Unterrichtsmeidung bei den Mädchen auf. Hinsichtlich der kognitiven Unterrichtsmeidung erweisen sich die zwei Aspekte Einengung des Denkens und Verhaltens sowie die Fortsetzung trotz negativer Konsequenzen bei den Mädchen nicht als prädiktiv. Das korrigierte R2 liegt bei 0,27, was bedeutet, dass insgesamt 27 % der gesamten Varianz der kognitiven Unterrichtsmeidung bei den Mädchen, durch die in dem Modell implementierten Indikatoren, erklärt werden kann. Wie bei den Mädchen erweist sich ebenfalls das Alter (β = 0,18, p < 0,05) als signifikanter Prädiktor für die Erklärung der kognitiven Unterrichtmeidung bei den Jungen. Bei den Jungen zeigt sich – im Gegensatz zu den Mädchen –, dass sich die Dimension Einengung des Denkens und Verhaltens prädiktiv für die kognitive Unterrichtsmeidung erweist (β = 0,40, p < 0,001). Zudem zeigt sich bei den Jungen, dass sich die vier weiteren Dimensionen einer problematischen Smartphonenutzung nicht als erklärend für die Vorhersage der kognitiven Unterrichtsmeidung charakterisieren. Fünfzehn Prozent der Varianz der kognitiven Unterrichtsmeidung der Schüler lassen sich im Rahmen des multiplen Regressionsmodells erklären (adj. R2 = 0,15).

6 Zusammenfassung, Diskussion und Limitationen

Ziel des Beitrags war die Vorstellung eines Instruments zur Erfassung der problematischen Smartphonenutzung sowie aufbauend hierauf zu analysieren, welche Dimensionen einer problematischen Smartphonenutzung im Jugendalter die kognitive Unterrichtsmeidung von Schüler:innen – getrennt nach Geschlecht – erklären kann. Zur Erhebung der problematischen Smartphonenutzung wurde ein Screening-Instrument operationalisiert, in dem die Dimensionen (I) Einengung des Denkens und Verhaltens (α = 0,72), (II) Toleranzentwicklung (α = 0,84), (III) Fortführung trotz negativer Konsequenzen (α = 0,80), (IV) Kontrollverlust (α = 0,77), (V) Entzugserscheinungen (α = 0,79) operationalisiert wurden. Die 5‑faktorielle Dimensionalität des Konstrukts der problematischen Smartphonenutzung wurde mit Hilfe einer konfirmatorischen Faktorenanalyse empirisch getestet und konnte bestätigt werden (χ2 = 412,29; df = 94; p < 0,001; CFI = 0,92; RMSEA = 0,08; SRMR = 0,06).

Eine zentrale Kategorie der Unterrichtsmeidung betrifft Schüler:innen, die zwar physisch im Klassenzimmer anwesend sind, sich jedoch geistig vom Unterrichtsgeschehen distanzieren. Im Rahmen des Beitrags wurde basierend auf der Operationalisierung eine Skala zur kognitiven Unterrichtsmeidung von Schüler:innen bezüglich ihrer Skalengüte geprüft (χ2 = 1,87, df = 2, p = 0,212, CFI = 1,00, RMSEA = 0,00, SRMR = 0,002). Ebenfalls zeigt sich, dass im Rahmen dieser Untersuchung die Ergebnisse des Messmodells zur kognitiven Unterrichtsmeidung repliziert werden konnten und schlussendlich auch die kognitive Unterrichtsmeidung als ein g-Faktormodell spezifiziert und in die latenten OLS-Modelle implementiert werden konnte.

Basierend auf OLS-Regressionsmodellen wurden multiple Regressionen zur Erklärung der kognitiven Unterrichtsmeidung der Schüler:innen spezifiziert und getestet. Regressionsmodelle getrennt nach den Geschlechtern zeigen, dass 27 % der Varianz der kognitiven Unterrichtsmeidung bei den Mädchen durch die Faktoren des Kontrollverlustes (β = 0,23, p < 0,001), der Toleranzentwicklung (β = 0,11, p < 0,05) sowie den Entzugserscheinungen (β = 0,16, p < 0,05) erklärt werden können – während sich bei den Jungen lediglich die Dimension der Einengung des Denkens und Verhaltens (β = 0,40, p < 0,001) als prädiktiv erweist und 15 % der Gesamtvarianz der kognitiven Unterrichtsmeidung der Jungen erklärt. Diese Befunde zeigen, dass sich die problematische Smartphonenutzung zwischen den Geschlechtern in der Erklärung zu unterscheiden scheint, worauf eierseits die differenten Prädiktoren mit ihren Effektstärken hinweisen, welche andererseits mit unterschiedlichen Varianzaufklärungen in der kognitiven Unterrichtsmeidung einhergehen. Diese Geschlechterunterschiede in der problematischen Smartphonenutzung im Zusammenhang mit der kognitiven Unterrichtsmeidung können ein Indiz für eine unterschiedliche Smartphonenutzungspräferenz zwischen den Mädchen und Jungen darstellen. In der aktiven Freizeitgestaltung des interaktiven Mediums Smartphone zeigen sich bei den Mädchen verschiedene Aspekte einer problematischen Smartphonenutzung als evident hinsichtlich der Erklärung schulbezogener Kriterien, welche sich durch Kontrollverslust, Entzugserscheinungen sowie Toleranzentwicklung charakterisieren lassen.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie wurden auf der Grundlage von nicht repräsentativ ausgewählten Schüler:innen sowie Schulen (in ausgewählten Kantonen der Ostschweiz) gewonnen. Hinsichtlich der Datenbasis handelt es sich somit um eine selektive Stichprobe – die Ergebnisse sind basierend dieser Selektivität grundlegend kritisch zu betrachten. Da es im Rahmen der zugrundliegenden Arbeit jedoch erstmalig um die empirische Betrachtung der Zusammenhänge zwischen Dimensionen einer problematischen Smartphonenutzung und der kognitiven Unterrichtsmeidung von Schüler:innen handelt, ist der Aspekt der fehlenden Repräsentativität als vernachlässigbar zu charakterisieren. Zudem sollten mittels dieser Untersuchung auch keine repräsentativen Aussagen für eine bestimmte Region gemacht werden, so dass sich grundlegend die Repräsentativität für die Beantwortung der Forschungsfragen als nicht ausschlaggebend erweist. Die Daten wurden mithilfe von schriftlichen Schüler:innenbefragungen im Klassenkontext gewonnen. Auch wenn im Rahmen der statistischen Betrachtung elaborierte Analyseverfahren angewendet worden, muss berücksichtigt werden, dass die Ergebnisse nur als beschränkt generalisierbar angesehen werden können. Um die Generalisierbarkeit der Befunde zu überprüfen, wären zudem Mehrebenenanalysen notwendig. Mit Hilfe von Mehrebenenanalysen lassen sich Effekte unterschiedlicher Analyseebenen und Interaktionen zwischen den verschiedenen Ebenen abschätzen (Hox 2002) – jedoch wurde in den Datenanalysen auf den Mehrebenenansatz verzichtet, da die Fragestellungen eine andere thematische Ausrichtung fokussierte.

Im Ergebnis konnte ein fünf-dimensionales korrelatives Messmodell zur Erfassung der problematischen Smartphonenutzung mit zufriedenstellender Modellgüte konfirmatorisch getestet werden. Im Rahmen eines Messmodellvergleichs könnte nun aufbauend dieses Messmodell einem Second-order Modell sowie einem Generalfaktormodell empirisch gegenübergestellt werden. Zur Überprüfung, ob das Konstrukt der problematischen Smartphonenutzung sowohl von den Mädchen als auch den Jungen als kongruent verstanden wird, sollten in einem nächsten Schritt die Analysen zur Messäquivalenz (konfigurale, metrische, skalare Messinvarianz) vollzogen werden. Als eine weitere Limitation dieser Studie sowie als weiterführende Forschungsbemühung im Kontext der präsentierten Skala zur Erfassung der problematischen Smartphonenutzung muss darauf hingewiesen werden, dass die konvergente und diskriminante Validität des Konstrukts mit weiteren Instrumenten zur Messung von problematischer Smartphonenutzung resp. pathologischer Smartphonenutzung sowie stoffungebundenen Abhängigkeiten empirisch analysiert werden sollte. Auch wenn das in diesem Beitrag präsentierte Screeninginstrument zur Erfassung problematischer Smartphonenutzung fünf Aspekte einer stoffungebundenen Abhängigkeit abbildet, könnte es inhaltsbezogen um die Dimensionen des Fear of Missing Out, Extraversion sowie um Nomophobie ergänzt werden.

Die problematische Smartphonenutzung von Jugendlichen stellt zweifelsohne ein ernstzunehmendes gesellschaftliches Problem dar, das keinesfalls bagatellisiert werden darf. Es bedarf der gemeinsamen Anstrengungen von Eltern, Lehrepersonen, Gesundheitsexpert:innen um Jugendlichen dabei zu unterstützen, einen funktionalen Umgang mit Smartphones zu entwickeln und ein ausgewogenes Leben zu führen. Es ist nur durch die Sensibilisierung für dieses Thema und die Förderung eines verantwortungsbewussten Umgangs mit der Technologie möglich, die negativen Auswirkungen interaktiver Mediennutzung zu reduzieren und einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Jugendlichen auszuüben.