1 Einleitung

Zahlreiche empirische Studien belegen einen direkten Zusammenhang sprachlicher und mathematischer Kompetenzen sowohl für den Primar- (u. a. Merkert und Lenske 2023; Bochnik und Ufer 2016; Greisen et al. 2021; Kempert et al. 2011; Paetsch et al. 2016; Ufer und Bochnik 2020) als auch Sekundarbereich (u. a. Leiss et al. 2019; Gürsoy et al. 2013; Paetsch et al. 2016; Prediger et al. 2015; Quasthoff et al. 2022). Es kann darauf geschlossen werden, dass sich hohe sprachliche Kompetenzen, insbesondere in der Unterrichtssprache, positiv auf das Lernen im Mathematikunterricht auswirken und in der Folge den mathematischen Kompetenzerwerb begünstigen können (Bochnik und Ufer 2016, 2017; Greisen et al. 2021; Ufer und Bochnik 2020). Die daraus hervorgehende Relevanz sprachlicher bzw. fachsprachlicher Kompetenzen für das Lernen im Mathematikunterricht wird darüber hinaus auch bildungspolitisch erkannt, was sich u. a. in den Bildungsplänen für den Primarbereich im Fach Mathematik (siehe bspw. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung 2003; Kultusministerkonferenz 2022) widerspiegelt. Aufgenommen wurde darin z. B. die Kompetenz des Kommunizierens (siehe Kultusministerkonferenz 2022).

Als einflussreicher Faktor hat sich auch der sozioökonomische Status von Schülerinnen und Schülern erwiesen. Dieser steht nicht nur im Zusammenhang mit schulischen Leistungen (siehe u. a. Chudaske 2012; OECD 2019; Sachse et al. 2022), sondern kann zudem bei niedriger Ausprägung als distaler Risikofaktor für die psychische und physische Gesundheit im Kindes‑, Jugend- und Erwachsenenalter bezeichnet werden (Lampert et al. 2018, 2013, 2014). Als solcher beeinflusst er zwar nicht unmittelbar, jedoch vermittelt über häufig mit ihm einhergehende Umstände die schulische Entwicklung sowie das physische und psychische Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen. Da der sozioökonomische Status auch mit sprachlichen Kompetenzen in Verbindung steht, die sich ihrerseits als bedeutsam für das fachliche Lernen in Mathematik erweisen, sollen entsprechende Zusammenhänge nachfolgend genauer untersucht werden. Erkenntnisse diesbezüglich erscheinen insbesondere vor dem Hintergrund schulischer Möglichkeiten zur Reduzierung von Bildungsnachteilen von besonderer Relevanz. Im Anschluss an eine begriffliche Klärung sowie die Darstellung wesentlicher Befunde geht es daher insbesondere um die Frage, inwiefern der Einfluss des sozioökonomischen Status auf die mathematische Leistung von Grundschülerinnen und Grundschülern durch die fachbezogene Sprachkompetenz vermittelt wird, wobei unterschiedliche Indikatoren zur Bestimmung des sozioökonomischen Status im Vergleich betrachtet werden. Von Interesse ist darüber hinaus auch, ob bedeutsame Unterschiede in Bezug auf den Einfluss familiärer Hintergrundmerkmale sowie der fachbezogenen Sprachkompetenz zwischen verschiedenen Schulen festzustellen sind.

2 Sprachkompetenz und sozioökonomischer Status als Einflussfaktoren auf die Mathematikleistung

Wie einführend skizziert, erweisen sich der sozioökonomische Status sowie sprachliche Faktoren, wozu bspw. der familiäre Sprachgebrauch, also die in der Familie gesprochene(n) Sprache(n) und die Sprachkompetenz in der Unterrichtssprache, wie z. B. im Lesen (siehe dazu Greisen et al. 2021), zählen, als bedeutsam für die Erklärung von Leistungsunterschieden zwischen Schülerinnen und Schülern in Mathematik, was sowohl in Bezug auf den Elementar- (Schmitman gen. Pothmann 2008) und Primarbereich (Bochnik und Ufer 2016; Heinze et al. 2007) als auch die Sekundarstufe (Gebhardt et al. 2013; Prediger et al. 2015) festgestellt werden kann (siehe dazu auch Merkert 2022). Im Folgenden sollen daher der sozioökonomische Status sowie der Faktor Sprachkompetenz insbesondere im Hinblick auf ihren Einfluss auf die mathematische Leistung näher beleuchtet werden.

2.1 Sozioökonomischer Status und Schulleistung

Der sozioökonomische Status beschreibt die Position einer Person oder Familie innerhalb der sozialen Hierarchie (Hattie 2015). In Bezug auf Kinder und Jugendliche werden dabei vor allem Merkmale betrachtet, die auf das soziale Ansehen der elterlichen Berufe schließen lassen. Dazu gehören insbesondere die Schulbildung bzw. die Bildungsabschlüsse, die berufliche Qualifikation und Stellung sowie das Einkommen der Eltern (Hattie 2015; Hußmann et al. 2017; Klieme et al. 2006; Lampert et al. 2018). Dies basiert auf der Annahme, dass die Entwicklung von Heranwachsenden indirekt durch die soziale Stellung ihrer Eltern beeinflusst wird. Eine Rolle spielen dabei oftmals damit verbundene familiäre Ressourcen, wie bspw. persönliche und finanzielle Unterstützung, im Haushalt vorhandene Kulturgüter oder auch die Funktion der Eltern als Bildungs- und Sprachvorbilder.

Bourdieu (1983) unterscheidet drei Formen von Kapital, über die sich soziale Ungleichheit manifestiert, nämlich das ökonomische, kulturelle und soziale Kapital. Das ökonomische Kapital kann unmittelbar monetär umgesetzt werden und beschreibt damit vor allem Besitztümer. Zum kulturellen Kapital zählt insbesondere die Bildung einer Person (inkorporiertes Kulturkapital), die schon im Elternhaus beginnt. Es ist damit weniger direkt veräußerbar. Greifbar wird das kulturelle Kapital allerdings in Form von Kulturgütern (wie z. B. Bücher, Gemälde oder Musikinstrumente). Man spricht dementsprechend auch vom objektivierten Kulturkapital. Darüber hinaus verleihen Schul‑, Berufs- und Studienabschlüsse inklusive akademischer Titel dem kulturellen Kapital einer Person auch nach außen hin Anerkennung. Sie können damit als institutionalisiertes Kulturkapital bezeichnet werden, das seinen Trägerinnen und Trägern u. a. bestimmte Zugangsvoraussetzungen nachweist und garantiert. Das soziale Kapital umfasst letztlich alle Ressourcen, die einer Person aufgrund der Zugehörigkeit zu einem bestimmten sozialen Netzwerk, wie bspw. einer elitären Gruppe, zur Verfügung stehen. Die Gruppenmitglieder tragen somit gegenseitig zur Sicherung ihrer Stellung bei. Der Zusammenhalt wird durch ihre stetige Interaktion erneuert und kann zudem, z. B. durch einen gemeinsamen Namen, betont werden (siehe Bourdieu 1983). Mit einem gewissen zu leistenden Aufwand können die verschiedenen Kapitalformen transformiert bzw. zu ihrer gegenseitigen Augmentation eingesetzt werden, was zu einer Stabilisierung von herkunftsbedingten Ungleichheitsverhältnissen beitragen kann.

Nach Boudon (1974) ist außerdem zwischen primären und sekundären Herkunftseffekten auf die Bildungslaufbahn einer Person zu unterscheiden. Primäre Herkunftseffekte zeigen sich z. B. in Disparitäten in Bezug auf Schulleistungen. Diese können bspw. durch im Haushalt vorhandene Ressourcen inklusive finanzieller Mittel, kulturelle Praktiken in der Familie (wie z. B. Vorlese-Gespräche und andere Freizeitaktivitäten) bzw. direkte Unterstützung durch Eltern, Geschwister oder deren Freunde, also mit Verweis auf Bourdieu (1983) durch das ökonomische, kulturelle und soziale Kapital vermittelt werden. Sekundäre Herkunftseffekte zeigen sich in Bildungsentscheidungen, wenn bspw. bei gleicher schulischer Leistung zweier Personen abhängig vom familiären Hintergrund unterschiedliche Bildungswege gewählt werden, weil diese von den Beteiligten im konkreten Kontext als gangbarer bzw. attraktiver oder im Gegensatz dazu als riskanter eingeschätzt werden. Auch solche Abwägungen geschehen also vor dem Hintergrund der ökonomischen, kulturellen und sozialen Verhältnisse der Betreffenden (Bourdieu 1983), weshalb diesbezüglich ebenfalls Einflüsse anzunehmen sind. Primäre und sekundäre Herkunftseffekte können dabei insbesondere an neuralgischen Punkten wie dem Übertritt in eine weiterführende Schule oder der Entscheidung für ein Studium wirksam werden (siehe u. a. Baumert et al. 2003; Relikowski et al. 2010; Scharf et al. 2020).

Baumert et al. (2003) differenzieren in ihrem Modell zudem zwischen Struktur- und Prozessmerkmalen familiärer Lebensverhältnisse. Unter die Strukturmerkmale fassen sie z. B. die berufliche und finanzielle Situation der Eltern, deren Bildungsabschlüsse sowie auch das Vorliegen eines Migrationshintergrunds. Als Prozessmerkmale zählen das konsumtive Verhalten der Eltern (wie z. B. der Erwerb von Kulturgütern) sowie die kulturelle, kommunikative und soziale Praxis, die sich wiederum auf die Entwicklung damit verbundener Kompetenzen seitens der Kinder, die in der Familie aufwachsen, auswirkt (primärer Herkunftseffekt, siehe Boudon 1974). Auch im Modell nach Baumert et al. (2003) finden sich damit die drei Kapitalformen nach Bourdieu (1983) wieder, wobei diese in Struktur- und Prozessmerkmale aufgeteilt sind, die wiederum miteinander in Verbindung stehen. Baumert et al. (2003) plädieren für eine möglichst umfangreiche Erfassung sowohl von Struktur- als auch von Prozessmerkmalen, um einer Unterschätzung herkunftsbedingter Faktoren entgegenzuwirken. Diese Forderung erscheint ebenso plausibel wie unter Berücksichtigung des damit einhergehenden Aufwandes bei der Erhebung der notwendigen sensiblen Daten anspruchsvoll.

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass in Rückbezug auf Bourdieu (1983) unterschiedliche Indikatoren herangezogen werden können, um auf den sozialen Status einer Person zu schließen. Diese lassen sich nach Baumert et al. (2003) wiederum in Struktur- und Prozessmerkmale familiärer Lebensverhältnisse unterscheiden und können in Referenz auf Boudon (1974) zu primären und sekundären Herkunftseffekten führen.

Der International Socio-Economic Index (ISEI), der u. a. im Kontext der DESI-Studie (Klieme et al. 2006) oder dem IQB-Bildungstrend (Sachse et al. 2022) zur Bestimmung des sozioökonomischen Status verwendet wurde, berücksichtigt sowohl den Aspekt des Einkommens als auch der Bildung (Ganzeboom et al. 1992; Ganzeboom und Treiman 2003). Nach Baumert et al. (2003) zählt beides zu den familiären Strukturmerkmalen. Betrachtet wird in Bezug auf die elterliche Bildung häufig der highest ISEI (HISEI), also der höchste Wert, der sich innerhalb eines Elternpaares ergibt (siehe Klieme et al. 2006; Sachse et al. 2022). In den Economic, Social and Cultural Status (ESCS), welcher der PISA-Studie zugrunde liegt (siehe u. a. OECD 2021), fließen neben dem von den Eltern zuletzt ausgeübten Beruf und deren Bildungsabschlüsse auch der Besitz von Kultur- und Wohlstandsgütern ein, womit auch Prozessmerkmale adressiert werden, die wiederum unter dem Einfluss von Strukturmerkmalen stehen (Baumert et al. 2003). Der ESCS kann insgesamt als valides und umfassendes Maß der sozialen Herkunft bezeichnet werden (siehe Ehmke und Siegle 2005). Ein weiteres prominentes Maß für den sozioökonomischen Status ist außerdem die Anzahl der im Haushalt vorhandenen Bücher (Paulus 2009), die nach Baumert et al. (2003) als Prozessmerkmal einzuordnen ist. Die Anzahl der Bücher im Haushalt ist zwar unkompliziert über Schätzfragen erfassbar, aber auch weniger differenziert als die bereits genannten Indexe, die jeweils mehrere Indikatoren einbeziehen. Die Art der Bücher bleibt zudem häufig unberücksichtigt, sodass offenbleibt, ob bspw. E‑Books von den Befragten (in annähernd realistischem Ausmaß) eingerechnet werden. Trotz der Kritik gilt der Bücherbesitz als ein relativ robustes und vor allem international vergleichbares Maß (Heppt et al. 2022; Schwippert 2019; Tarelli et al. 2012; Stubbe et al. 2012), was jedoch stetiger Überprüfung bedarf. Die Anzahl der Bücher im Haushalt wurde, neben dem Berufsstatus und dem Bildungsniveau der Eltern, bspw. in der IGLU-Studie (Hußmann et al. 2017; Stubbe et al. 2023), der TIMMS-Studie (Stubbe et al. 2012) oder ergänzend zum HISEI auch im IQB-Bildungstrend (Sachse et al. 2022) als Indikator für die soziale Stellung bzw. das kulturelle Kapital herangezogen.

Ein Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Status von Schülerinnen und Schülern und ihren Leistungen im sprachlichen sowie mathematischen Bereich konnte in einer Reihe von Schulleistungsstudien trotz z. T. unterschiedlicher berücksichtigter Indikatoren für verschiedene Jahrgangsstufen national wie international konstant dahingehend festgestellt werden, dass ein niedriger sozioökonomischer Status häufig auch mit niedrigeren Testleistungen einhergeht bzw. ebenso umgekehrt ein höherer sozioökonomischer Status mit höheren Leistungen zusammenhängt (Hußmann et al. 2017; Klieme et al. 2006; OECD 2019; Sachse et al. 2022; Stubbe et al. 2023, 2012). Ein niedriger sozioökonomischer Status kann sich dabei vor allem auch in Kombination mit einem Migrationshintergrund nachteilig auf den Bildungserfolg auswirken (Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration 2016). Im Rahmen der Auswertungen der IGLU-Studie 2021 (Stubbe et al. 2023) konnte in einer Regressionsanalyse festgestellt werden, dass durch die Aufnahme des familiären Bildungsniveaus ins Modell (nach Berücksichtigung der Familiensprache sowie der Anzahl der Bücher im Haushalt) der negative Effekt des Migrationshintergrunds auf die Lesekompetenz von Viertklässlerinnen und Viertklässlern deutlich verringert wurde. Das Modell war in der Lage ca. 15 % der Unterschiede in Bezug auf die Lesekompetenz von Lernenden mit und ohne Migrationshintergrund aufzuklären. Die Hinzunahme des Berufsstatus verbesserte die Varianzaufklärung des Modells auf knapp 16 %. Hinsichtlich Schülerinnen und Schülern, bei denen nur ein Elternteil nicht in Deutschland geboren wurde, konnte bei einem Alpharisiko von α = 0,05 kein signifikanter Zusammenhang mehr festgestellt werden (Stubbe et al. 2023). Auch in einer Untersuchung von Relikowski et al. (2010) erwies sich die elterliche Bildung in Bezug auf Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund sowohl hinsichtlich primärer als auch sekundärer Effekte als bedeutsamer Einflussfaktor (siehe Relikowski et al. 2010). Diskutiert werden müssen in diesem Kontext jedoch auch Kompositionseffekte, also Effekte die sich aufgrund der sozialen bzw. leistungsbezogenen Zusammensetzung der Lernenden einer Schule bzw. einer Schulklasse ergeben und die bereits im Primarbereich wirksam werden können (siehe dazu u. a. Bellin 2009; Ditton und Krüsken 2006; Dumont et al. 2013; Vennemann 2019).

Der Einfluss des sozioökonomischen Status scheint in Österreich und Deutschland nach wie vor bedeutender zu sein als in anderen OECD-Ländern, was darauf hindeutet, dass es im österreichischen und deutschen Bildungssystem weniger gut gelingt, entsprechende herkunftsbedingte Nachteile, bspw. durch schulstrukturelle Maßnahmen, auszugleichen (OECD 2019). Deutlich wird daran die Gefahr einer Bildungsbenachteiligung betroffener Kinder und Jugendlicher, die es durch gezielte schulische Förderung zu reduzieren gilt. Bedacht werden muss vor diesem Hintergrund, dass es bspw. durch schulräumliche Segregation, unterschiedliche (sprachliche) Förderkonzepte, pädagogische Maßnahmen oder Differenzen in Bezug auf die personellen und materiellen Ressourcen Unterschiede bezüglich des Einflusses herkunftsbedingter Faktoren bzw. Effekte (siehe Baumert et al. 2003; Boudon 1974; Bourdieu 1983) zwischen einzelnen Schulen geben kann. So ist nicht nur anzunehmen, dass sich einzelne Schulen aufgrund unterschiedlicher Startvoraussetzungen ihrer Schülerinnen- und Schülerschaft unterscheiden, bspw. bedingt durch das Einzugsgebiet, sondern auch, weil sich u. a. bestimmte schulspezifische Maßnahmen, Programme und Konzepte sowie auch die Gestaltung und Zusammensetzung von Lerngruppen auf die Stärke des Einflusses der beschriebenen Faktoren auswirken können. Die Situation an deutschen und österreichischen Schulen ist dabei stets in Entwicklung zu begreifen und kann keineswegs als über Jahre hinweg konstant angenommen werden. Eine regelmäßige Untersuchung der Zusammenhänge zwischen sozioökonomischem Status und Schulleistung sowie wesentlicher Einflussfaktoren, zu denen neben den kognitiven Grundfähigkeiten auch sprachliche Kompetenz zählt, scheint deshalb fortwährend geboten.

2.2 Sprachkompetenz und Mathematikleistung

Sprachkompetenz lässt sich entsprechend ihrer auditiven und visuellen Erscheinungsform in Sprachrezeption und -produktion und somit in die vier Teilbereiche Sprechen und Hörverstehen sowie Schreiben und Lesen untergliedern (Jude und Klieme 2007). Für Prediger et al. (2015) fallen darunter in konkretem Bezug auf das Fach Mathematik sowohl auf rezeptiver als auch auf produktiver Ebene lexikalisch-semantische und grammatikalische Aspekte. Bewältigt werden muss außerdem der Umgang mit symbolischen, verbalen, graphischen und gegenständlichen Darstellungsformen. Die verbalen Darstellungen können dabei noch einmal in alltags-, bildungs- und fachsprachlich unterschieden werden (Prediger 2013; Prediger et al. 2016; Prediger und Wessel 2012). Damit sind unterschiedliche sprachliche Register angesprochen, auf denen Lernende nicht nur rezipieren, sondern auch sprachlich agieren müssen. Bildungssprache (siehe dazu u. a. Ahrenholz 2013; Gogolin und Lange 2011) ist dabei nach Ortner (2009) das, was „zwischen Wissenschaft […] und Alltag vermittelt“ (Ortner 2009, S. 2232). Sie sorgt dafür, sich eine Art Orientierungswissen (Habermas 1981) verschaffen zu können, was ihre Bedeutung für Lehr- und Lernprozesse unterstreicht, in denen sie vornehmlich Anwendung findet (Roth 2015; Wildemann und Fornol 2020). Konzeptionell steht Bildungssprache auch in ihrem mündlichen Gebrauch der Schriftlichkeit nahe (Koch und Oesterreicher 1985), was bspw. an typischen Merkmalen wie differenzierenden, abstrakten Ausdrücken oder komplexen, unpersönlichen Satzkonstruktionen erkennbar wird (siehe u. a. Ahrenholz 2013). Die Bedeutung fachsprachlicher Kompetenzen wird u. a. von Bochnik und Ufer (2017) hervorgehoben, die sich für einen sprachsensiblen Mathematikunterricht aussprechen, der darauf abzielt, den mathematischen Kompetenzerwerb sprachlich zu unterstützen, woraus ein auf Funktionalität abzielendes Verständnis abzuleiten ist. Sprachdiagnostische Verfahren, die nur auf einzelne begrenzte Teilbereiche bzw. mehr allgemeinsprachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten oder die Lexik fokussiert sind, erfassen die verschiedenen Facetten der im Mathematikunterricht geforderten sprachlichen Kompetenz, wozu bspw. auch die Anwendung komplexer Sprachhandlungen, wie das Argumentieren, zählen, nur in sehr begrenzter und somit weniger aussagekräftiger Weise. Zurückgegriffen werden sollte deshalb gezielt auf Instrumente, die sich zur Diagnostik der fachbezogenen Sprachkompetenz eignen (siehe dazu auch Merkert und Lenske 2023).

Feststellen lässt sich zusammenfassend, dass Leistungen in Mathematik zumindest teilweise von verbalen Kompetenzen in der Unterrichtssprache abhängen (Greisen et al. 2021) bzw. mit sprachlichen Faktoren in Verbindung stehen (Prediger et al. 2019). Dies geht allerdings weit über das Leseverstehen im Kontext von Textaufgaben hinaus (Prediger et al. 2015). Nachgewiesen werden konnte bspw. der Einfluss sprachlicher Kompetenzen auf numerische Kognitionen und arithmetische Leistungen (siehe Daroczy et al. 2015). Hinzuweisen ist außerdem darauf, dass sprachliche Schwierigkeiten im Kontext des Mathematiklernens nicht nur Schülerinnen und Schüler mit Deutsch als Zweitsprache, sondern auch erstsprachig deutsche Lernende betreffen können (Prediger 2013; Prediger et al. 2019). Sprachliche Kenntnisse tragen zudem deutlich zur Erklärung von Leistungsunterschieden bei Grundschülerinnen und Grundschülern in Mathematik bei (Bochnik und Ufer 2016; Heinze et al. 2007), wobei fachsprachlich-mathematische über die allgemeinsprachlichen Kenntnisse hinaus weitere Varianz aufklären können, was erneut deren Relevanz hervorhebt. Der Einfluss der sozialen Herkunft scheint ebenfalls mit sprachlichen Kompetenzen in Verbindung zu stehen. So verringert sich der statistische Effekt des sozialen Status unter Berücksichtigung des Sprachstands, was Bochnik und Ufer (2016) in einer Studie an 383 Drittklässlerinnen und Drittklässlern feststellten. In Bezug auf den Sekundarbereich formulierte Wessel (2015) basierend auf einer Untersuchung an Siebtklässlerinnen und Siebtklässlern die Vermutung, dass der Zusammenhang zwischen Sprachkompetenz und verstehensorientierten Leistungen in Mathematik sogar stärker ausfallen könnte als der zwischen dem sozioökonomischen Status mit denselben, erfasst über die Anzahl der Bücher im Haushalt. Gemessen wurde Sprachkompetenz bei Wessel (2015) durch einen C‑Test (Kniffka et al. 2007). Letzterer kann allerdings dahingehend kritisiert werden, dass er das Konstrukt Sprachkompetenz zwar ökonomisch, aber auch nur in rudimentärer Weise erfasst.

Hinsichtlich zuwanderungsbezogener Disparitäten zeigte sich im IQB-Bildungstrend 2021 (Henschel et al. 2022) außerdem, dass Viertklässlerinnen und Viertklässler, die in der Familie ausschließlich Deutsch sprechen, im sprachlichen Bereich (ebenfalls bezogen auf das Deutsche) bessere Leistungen zeigten als solche mit nicht bzw. nicht nur deutscher Familiensprache, wohingegen zwischen der Familiensprache und der mathematischen Leistung kein bedeutsamer Zusammenhang festzustellen war. Zu beachten ist bei der Interpretation des Befunds allerdings, dass domänenspezifische Unterschiede zwischen den fachsprachlichen Kompetenzen unterschiedlicher Fächer bestehen können. Der sozioökonomische Status erwies sich außerdem sowohl hinsichtlich sprachlicher als auch mathematischer Kompetenzen als einflussreich (Henschel et al. 2022).

Dennoch kann insgesamt auf Basis vorliegender Forschungsergebnisse (Bochnik und Ufer 2016; Chilla 2017; Chudaske 2012; Greisen et al. 2021; Prediger et al. 2015; Ufer und Bochnik 2020; Wessel 2015) vermutet werden, dass der Einfluss der sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen (siehe Boudon 1974; Bourdieu 1983; Baumert et al. 2003), die zu einer Bildungsbenachteiligung führen, zumindest teilweise mit sprachlichen, insbesondere fachsprachlichen, Kompetenzen im Deutschen zusammenhängt bzw. über diese vermittelt wird. Dazu gilt es in Bezug auf das Fach Mathematik im Primarbereich und unter Berücksichtigung verschiedener Indikatoren für den sozioökonomischen Status bzw. der familiären Lebensverhältnisse weitere empirische Evidenz zu gewinnen.

3 Fragestellung

Im Fokus der Analysen steht die Erforschung des Einflusses des sozioökonomischen Status sowie der fachbezogenen Sprachkompetenz auf die Mathematikleistung von Grundschülerinnen und Grundschülern. Darüber hinaus wird in Anlehnung an Baumert et al. (2003) geprüft, wie die Berücksichtigung unterschiedlicher Struktur- und Prozessmerkmale der familiären Lebensverhältnisse bzw. des sozioökonomischen Status die Ergebnisse beeinflusst. Zuletzt soll auch der Frage nachgegangen werden, ob sich Unterschiede in Bezug auf herkunftsbedingte und fachsprachliche Effekte auf Schulebene zeigen.

Zur Untersuchung der Fragestellungen wurden in Rückbezug zu Theorie und Forschungsstand folgende Hypothesen formuliert:

H1

Wie dargestellt, kann der Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Status und den fachlichen Leistungen von Schülerinnen und Schülern durch eine Reihe von Schulleistungsstudien belegt werden (u. a. Hußmann et al. 2017; Klieme et al. 2006; OECD 2019; Sachse et al. 2022; Stubbe et al. 2023, 2012). Daher ist auch in Bezug auf die vorliegende Untersuchung zu erwarten, dass die Bildungsabschlüsse der Eltern sowie die Anzahl der Bücher im Haushalt, die oftmals als Indikatoren für den sozioökonomischen Status herangezogen werden, die Mathematikleistung von Grundschülerinnen und Grundschülern in der vierten Klasse beeinflussen.

H2

Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen sprachlichen und mathematischen Leistungen (u. a. Bochnik und Ufer 2016; Greisen et al. 2021; Ufer und Bochnik 2020) legen außerdem nahe, dass der Einfluss des sozioökonomischen Status zumindest teilweise durch die fachbezogene Sprachkompetenz, auf deren Entwicklung sich jedoch auch schulische Rahmenbedingungen auswirken, mediiert wird.

H3

Baumert et al. (2003) unterscheiden verschiedene Struktur- und Prozessmerkmale familiärer Lebensverhältnisse, die zu primären und sekundären Herkunftseffekten (Boudon 1974) führen können. Nach Bourdieu (1983) lassen sich diese Merkmale auch als ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital bezeichnen. Zum kulturellen Kapital zählen bspw. Bildungsabschlüsse, aber auch Kulturgüter, wie z. B. Bücher. Während das Bildungsniveau der Eltern auf Strukturebene zu verorten ist, zählen Bücher, die auch Ausdruck des konsumtiven Verhaltens sind, zur Prozessebene (siehe Baumert et al. 2003). Der Einfluss der elterlichen Bildung scheint sowohl für primäre als auch sekundäre Herkunftseffekte von hoher Bedeutung zu sein (siehe Relikowski et al. 2010; Stubbe et al. 2023). Da neben dem Buch als klassischem Bildungsmedium andere Wissens- und Unterhaltungsquellen zunehmend an Bedeutung gewinnen, sollte sich der Bücherbesitz als Ausdruck kulturellen Kapitals (siehe Bourdieu 1983) bzw. des konsumtiven Verhaltens (siehe Baumert et al. 2003) im vorliegenden Kontext, in dem es um leistungsbezogene Disparitäten, also primäre Herkunftseffekte (siehe Boudon 1974) geht, als weniger prädiktiv für die sprachliche bzw. mathematische Leistung erweisen als der Bildungshintergrund der Eltern, der sich nicht nur auf konsumtives Verhalten (wie den Erwerb von Bildungsgütern), sondern bspw. auch auf innerfamiliäre kulturelle sowie soziale und kommunikative Praktiken auswirkt.

H4

In Bezug auf empirische Befunde zum Einfluss der sozialen bzw. leistungsbezogenen Zusammensetzung von Lerngruppen (siehe u. a. Ditton und Krüsken 2006) sowie möglicherweise unterschiedlicher schulstruktureller Gegebenheiten ist anzunehmen, dass die Stärke des Einflusses familiärer Hintergrundmerkmale sowie der fachbezogenen Sprachkompetenz auf die Mathematikleistung von Viertklässlerinnen und Viertklässlern zwischen verschiedenen Schulen variiert.

4 Studiendesign

Zur Darstellung des methodischen Vorgehens werden nachfolgend zunächst der Kontext der Datenerhebung, die eingesetzten Instrumente, die gewählten Analysemethoden sowie die Stichprobenzusammensetzung beschrieben.

4.1 Datenerhebung

Die Datenerhebung fand im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts Eva-Prim (Evaluation im Primarbereich – Sprachförderung in alltäglichen und fachlichen Kontexten) statt, das in die bundesweite Forschungs- und Entwicklungsinitiative BiSS (= Bildung durch Sprache und Schrift, Henschel et al. 2018) eingebettet ist. Im Rahmen des Projekts wurden neben dem SAMT-Test (SAMT = Sprachliche Ausdrucksfähigkeit in Mathematik, Merkert 2022) sowie dem DEMAT 3+ (= Deutscher Mathematiktest für dritte Klassen, Roick et al. 2004) in einem längsschnittlichen Design über drei Messzeitpunkte hinweg weitere Tests erhoben, um die Leistungsentwicklung der Schülerinnen und Schüler im sprachlichen und mathematischen Bereich messen zu können (siehe dazu ausführlicher Rank et al. 2021). Die Daten zur Ermittlung familiärer Hintergrundmerkmale sowie der kognitiven Grundfähigkeiten wurden im Rahmen einer Baseline-Erhebung (Ende Klasse 2), die fachbezogene Sprachkompetenz zum zweiten Messzeitpunkt (Mitte Klasse 3) und die Mathematikleistung zum dritten Messzeitpunkt (Mitte Klasse 4, etwa zum Zeitpunkt der Übergangsempfehlung für eine weiterführende Schule) erhoben.

4.2 Erhebungsinstrumente

Familiäre Hintergrundmerkmale: Erfasst wurden die Bildungsabschlüsse beider Elternteile durch einen Elternfragebogen. Die Antwortmöglichkeiten wurden so kodiert, dass ein höherer Wert auch für einen höheren Bildungsabschluss steht (1 = keine Schule besucht, 2 = Schule besucht, aber ohne Abschluss, 3 = Hauptschulabschluss, 4 = Realschulabschluss/Mittlere Reife, 5 = Fachhochschulreife bzw. abgeschlossene Berufsausbildung, 6 = Allgemeine Hochschulreife,7 = Hochschulabschluss [Bachelor oder vergleichbar], 8 = Hochschulabschluss [Master, Staatsexamen, Diplom oder vergleichbar], 9 = Promotion [oder höher, z. B. mit Habilitation]). Die auf dieser Grundlage für jedes Elternpaar ermittelten Werte (eine Variable für den Bildungsabschluss des Vaters und eine für den Bildungsabschluss der Mutter) flossen vollständig in die Berechnung ein. Auf eine alleinige Berücksichtigung des höchsten Bildungsabschlusses wurde damit verzichtet. Die Bildungswege von Geschwistern oder anderen Familienmitgliedern, die prinzipiell unterstützenden Einfluss haben könnten, wurden allerdings nicht miterhoben. Im Elternfragebogen inkludiert war außerdem die Bücherfrage. Die Erfassung der Anzahl der Bücher im Haushalt, wobei E‑Books und Kinderbücher nach dem gleichen Schema explizit einzeln erfragt und als separate Variablen ebenfalls miteinbezogen wurden, erfolgte gestaffelt (1 = 0–10, 2 = 11–25, 3 = 26–100, 4 = 101–200, 5 ≥ 200). Nicht näher spezifiziert wurde die Art der Bücher (also z. B. Romane oder Fachliteratur). Erfasst wurde darüber hinaus auch das Vorliegen eines Migrationshintergrunds (0 = beide Eltern inklusive Kind in Deutschland geboren, 1 = ein Elternteil nicht in Deutschland geboren, 2 = beide Eltern nicht in Deutschland geboren, 3 = weder Eltern noch Kind in Deutschland geboren).

Mathematikleistung: Um die mathematische Leistung zu erfassen, wurde der DEMAT 3+ (Roick et al. 2004) eingesetzt. Dabei handelt es sich um einen Speed-Test, der die mathematische Kompetenz von Grundschülerinnen und Grundschülern am Ende der dritten und am Anfang der vierten Klasse über drei Subtests zu den Bereichen Arithmetik, Sachrechnen und Geometrie erfasst. Zu erreichen sind maximal 31 Punkte. Das Verfahren berücksichtigt damit für den Mathematikunterricht der Grundschule zentrale Inhaltsbereiche und kann als valide in Bezug auf die curricularen Anforderungen im Primarbereich bezeichnet werden (Roick et al. 2004). Der Subtest Arithmetik enthält Aufgaben zum Zahlenstrahl, der Addition, Subtraktion und Multiplikation, der Subtest Sachrechnen und Größen zu Sachrechnungen und dem Umrechnen von Längen und der Subtest Geometrie beinhaltet Spiegelzeichnungen, das Legen von Formen sowie das Einschätzen von Längen. Im Zuge der Auswertung erlaubt der Test die Ermittlung eines Gesamtwerts, der in Bezug zu einer Normstichprobe gesetzt werden kann. Er ist außerdem sowohl als Einzel- als auch als Gruppentest anwendbar, weshalb er für die Erhebung einer ganzen Schulklasse geeignet ist. Die Durchführungsdauer beträgt ca. 45 min (siehe Roick et al. 2004).

Fachbezogene Sprachkompetenz: Die fachbezogene Sprachkompetenz wurde mithilfe des SAMT-Tests (Merkert 2022) erhoben. Unter sprachlicher Ausdrucksfähigkeit in Mathematik wird die Fähigkeit verstanden „verschiedene einfache und komplexe Sprachhandlungen unter Rückgriff auf unterschiedliche sprachliche Register zielgerichtet und im fachlichen Kontext angemessen und funktional zu nutzen“ (Merkert 2022, S. 132). Erfasst werden die Facetten des Konstrukts über sieben jeweils fünfstufige Subskalen zu (1.) Nomen/Pronomen/Numeralen, (2.) Verben, (3.) Adjektiven, (4.) Präpositionen und Adverbien, (5.) Satzkonstruktionen, (6.) nonverbalen Darstellungen und (7.) Sprachhandlungen, die in Rückbezug auf Theorien und Modelle sowie empirische Befunde zum Mathematiklernen entwickelt wurden (siehe dazu ausführlich Merkert 2022). Anhand der Subskalenwerte kann im letzten Schritt der Auswertung ein Gesamtniveau der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit in Mathematik ermittelt werden, das von 1 (rudimentäre sprachliche Ausdrucksfähigkeit, d. h. die sprachliche Darstellung ist entweder nicht bzw. nicht eindeutig oder nur im konkreten Kontext zu verstehen) bis 5 (entfaltete sprachliche Ausdrucksfähigkeit, d. h. die sprachliche Darstellung ist präzise und dem fachlichen Kontext angemessen; sie umfasst auch komplexe Sprachhandlungen sowie verbale und nonverbale Darstellungsformen, die funktional genutzt werden) reicht. Das Verfahren, das seinen Fokus auf den schriftsprachlichen Bereich legt, ist als Paper-Pencil-Test konzipiert und umfasst insgesamt sechs Aufgaben, die von den Schülerinnen und Schülern innerhalb einer vorgegebenen Zeit zu bearbeiten sind. Im Kontext Letzterer müssen bspw. geometrische Formen benannt, Muster beschrieben und verallgemeinert, Rechenwege dargestellt, Rechenoperationen erklärt sowie Lösungsversuche begründet werden. Die Aufgaben sind thematisch den Bereichen Arithmetik, Geometrie und Sachrechnen zuzuordnen. Zu betonen ist jedoch, dass es auf die sprachliche Realisierung der Lösung (verbal, symbolisch oder graphisch) ankommt und nicht auf den mathematischen Anspruch, da das Verfahren, anders als der DEMAT 3+ (Roick et al. 2004), den Fokus auf die sprachliche Kompetenz mit besonderem Bezug zum Mathematikunterricht der Grundschule legt. Der SAMT-Test (Merkert 2022) eignet sich für Grundschülerinnen und Grundschüler der dritten und vierten Klassenstufe. Aufgrund seiner guten psychometrischen Kennwerte (Merkert 2022; Merkert und Lenske 2023) ist er ebenso wie der DEMAT 3+ (Roick et al. 2004) als Einzel- sowie als Gruppentest anwendbar. Die Durchführungsdauer beträgt ca. 55 min. Das vollständige Testmaterial sowie eine umfassende Darstellung der Entwicklung und Validierung inklusive faktorenanalytischer Prüfung finden sich bei Merkert (2022) bzw. Merkert und Lenske (2023).

Kognitive Grundfähigkeiten: Bestimmt wurde der Intelligenzquotient (= IQ) mittels CFT1‑R (Weiß und Osterland 2012). Es handelt sich dabei um ein Intelligenztestverfahren zur Erfassung der kognitiven Grundfähigkeiten von Kindern im Elementar- und Primarbereich, das als ökonomisch einsetzbar und weitgehend kultur- und sprachfrei betrachtet werden kann. Der Test enthält sechs Subtests zu Substitutionen, Labyrinthen, Ähnlichkeiten, Reihenfortsetzungen, Klassifikationen und Matrizen. Im Rahmen der Auswertung kann eine Gesamtpunktzahl errechnet und ein Intelligenzwert ermittelt werden. Berücksichtigt wird bei der Bestimmung des Werts auch das genaue Alter der jungen Zielgruppe. Anzumerken ist, dass obwohl es sich um ein überwiegend sprachfreies Verfahren handelt, dennoch auch mündliche Instruktionen gegeben werden, weshalb Schülerinnen und Schüler mit geringen Deutschkenntnissen, denen die optisch darstellenden Hilfsmittel und das figurale Testmaterial zum Verständnis nicht ausreichen, im Nachteil sein könnten. Im Zuge der Testentwicklung wurden auch signifikante Unterschiede zwischen erstsprachig deutsch aufwachsenden Schülerinnen und Schülern und solchen mit anderen Erstsprachen berichtet, jedoch vor dem Hintergrund des sozialen Status relativiert (Weiß und Osterland 2012). Das Verfahren konzentriert sich außerdem vornehmlich auf die Erfassung der Fluid Ability in Anlehnung an die Intelligenztheorie nach Cattell (1963). Die General Crystallized Ability als zweite allgemeine Intelligenzform, in die sich intellektuelle Leistungsfähigkeit gliedert, wird hingegen kaum berücksichtigt, was limitierend erwähnt werden muss.

Die Messzeitpunkte und Erhebungsinstrumente, auf welche im Rahmen der vorliegenden Analysen rekurriert wird, sind zur Übersicht in Abb. 1 dargestellt.

Abb. 1
figure 1

Messzeitpunkte und Erhebungsinstrumente zur Erfassung der familiären Hintergrundmerkmale, der kognitiven Grundfähigkeiten, der fachbezogenen Sprachkompetenz sowie der Mathematikleistung

4.3 Analysemethoden

Zur Untersuchung der Fragestellungen und Hypothesen wurden basierend auf den latenten, also auf Messfehler bereinigten Daten, Mediationsanalysen durchgeführt. Die kognitiven Grundfähigkeiten als zu beachtende unabhängige Einflussvariable auf die Schulleistung sowie der Migrationshintergrund wurden als Kovariaten mitberücksichtigt. Die Signifikanz des indirekten Effekts wurde nach Sobel (1982) geprüft, wobei auch auf die Schwächen des Vorgehens hingewiesen werden soll, die insbesondere dann hervortreten, wenn das Produkt der Regressionskoeffizienten deutlich von einer Normalverteilung abweicht (siehe dazu Urban und Mayerl 2018). Um unterschiedliche Erfassungsmöglichkeiten des sozioökonomischen Status zu betrachten, wurden für die erfassten Indikatoren (elterliche Bildungsabschlüsse und Bücher im Haushalt) zwei separate Modelle modelliert. Einzelne fehlende Werte wurden mittels FIML (= Full-Maximun Likelihood Estimator) geschätzt, um Verzerrungen zu vermeiden. Die Gefahr von Verzerrungen (insbesondere durch einen non-response Bias) kann dennoch nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund der Prädiktorfunktion von Sprache für das Mathematiklernen (Paetsch et al. 2016; Prediger et al. 2015), kann angenommen werden, dass die fachbezogene Sprachkompetenz insbesondere Einfluss auf die mathematische Kompetenz im darauffolgenden Schuljahr hat, weshalb für die Analysen die Daten aufeinanderfolgender Messzeitpunkte in unterschiedlichen Schuljahren berücksichtigt wurden. Zum Vergleich der beiden Indikatoren bzw. Prädiktoren wurden diese im Anschluss in ein gemeinsames Modell aufgenommen. Dieses wurde anhand eines χ2-Differenztests sowie auch der Betrachtung der CFI-Differenz (Interpretation in Anlehnung an Cheung und Rensvold 2002) gegen ein Restriktionsmodell, das die Gleichheit der Effekte postuliert, getestet. Um zu beurteilen, ob der Einfluss familiärer Hintergrundmerkmale sowie der fachbezogenen Sprachkompetenz auf die Mathematikleistung zwischen verschiedenen Schulen variiert, wurde eine Mehrebenenregression (mit ML-Schätzer, ML = Maximum Likelihood) vorgenommen. Da angenommen werden kann, dass sich bspw. strukturelle Rahmenbedingungen auf die ganze Einrichtung und damit klassenübergreifend auswirken, wurde die Ebene der Schule als Bezugspunkt gewählt. Aufgrund der durch die Berücksichtigung mehrerer Random Effects erhöhten Modellkomplexität orientierte sich die Berechnung der Varianzaufklärung an der Empfehlung von Nakagawa und Schielzeth (2013). Verwendet wurde zur Durchführung der Analysen die Statistiksoftware R (packages: lavaan, lme4, lmeTest und performance). Gewählt wurde ein Alpharisiko von α = 0,05. Zur Gewährleistung einer möglichst transparenten Ergebnisdarstellung werden im Folgenden die genauen p-Werte berichtet.

4.4 Stichprobe

Die zugrundeliegende Stichprobe (N = 438; 48,4 % weiblich, 51,6 % männlich) setzt sich aus Schülerinnen und Schülern aus drei deutschen Bundesländern (Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz) zusammen. Involviert waren 14 Schulen und 32 Klassen.

Die Stichprobe wurde um Fälle bereinigt, zu denen zwar vorab eine elterliche Einverständniserklärung vorlag (dies war in 527 Fällen gegeben), aber letztlich keine Testleistungen oder familiäre Hintergrundinformationen, also keine ausreichende Datengrundlage in Bezug auf die in die Analysen integrierten Variablen, selbst unter Verwendung robuster Schätzverfahren. In 211 Fällen waren keinerlei Missings zu verzeichnen – weder in Bezug auf familiäre Hintergrundinformationen noch der durchgeführten Leistungstests oder einzelner Aufgaben darin. Genannte Gründe für vollständige oder auch nur partielle Ausfälle waren vor allem Klassenwiederholungen, Schulwechsel und Krankheit. An einigen Schulen war jedoch auch der Rücklauf der Elternfragebögen unvollständig.

Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die erst nach ihrem dritten Lebensjahr Kontakt zur deutschen Sprache hatten und für die daher von einem zweitsprachlichen Erwerb des Deutschen ausgegangen werden kann (siehe Ahrenholz 2017; Caprez-Krompàk 2010; McLaughlin 1978), liegt in der Stichprobe bei 25,1 %. In 19,0 % der Fälle wurde nur ein Elternteil, in 28,7 % beide Elternteile und in 6,3 % sowohl beide Elternteile als auch die Schülerin bzw. der Schüler selbst nicht in Deutschland geboren.

5 Ergebnisse

Berichtet werden nachfolgend zunächst die Befunde in Bezug auf das Pfadmodell, das die elterlichen Bildungsabschlüsse berücksichtigt, und daran anschließend das, welches die Anzahl der Bücher im Haushalt als Indikator heranzieht. Erwartungsgemäß korrelieren die beiden Indikatoren elterliche Bildung und Bücher im Haushalt hoch miteinander (r = 0,674, p < 0,001). Zuletzt werden die Ergebnisse der Mehrebenenanalyse vorgestellt. Einen Überblick über die Deskriptiva bietet darüber hinaus das Elektronische Supplement 1 (siehe ESM. 1). Die Interkorrelationen der einzelnen Variablen, die in die Indikatoren elterliche Bildung (Bildungsabschlüsse von Vater und Mutter) und Bücherbesitz (gedruckte Bücher, E‑Books und Kinderbücher) einfließen sind im Elektronischen Supplement 2 (siehe ESM. 2) einsehbar.

5.1 Einfluss der Bildungsabschlüsse der Eltern vermittelt durch die fachbezogene Sprachkompetenz

Wird die fachbezogene Sprachkompetenz unter Berücksichtigung des IQ sowie des Migrationshintergrunds als Mediator in das PfadmodellFootnote 1 (siehe Abb. 2) aufgenommen, sagt die Bildung der Eltern die fachbezogene Sprachkompetenz in der dritten Klasse signifikant vorher (β = 0,302, p = 0,001) und diese wiederum die Mathematikleistung in der vierten Klasse (β = 0,310, p = 0,001). Der zuvor analysierte direkte Effekt (β = 0,392, p < 0,001) verringert sich, bleibt jedoch weiterhin bedeutsam (β = 0,297, p < 0,001; indirekter Effekt = 0,094, p = 0,020). Die Bildungsabschlüsse von Vater und Mutter stehen zudem in starkem Zusammenhang (r = 0,645, p < 0,001).

Abb. 2
figure 2

Latente Pfadanalyse zum Einfluss der elterlichen Bildung vermittelt durch die fachbezogene Sprachkompetenz auf die Mathematikleistung unter Berücksichtigung des IQ sowie des Migrationshintergrunds

5.2 Einfluss der Bücher im Haushalt vermittelt durch die fachbezogene Sprachkompetenz im Vergleich

Zieht man im Rahmen der latenten Pfadanalyse die Bücherfrage anstelle der Bildung der Eltern heranFootnote 2 (siehe Abb. 3), sagt die Anzahl der Bücher im Haushalt, ebenfalls unter Berücksichtigung des IQ und des Migrationshintergrunds, den Mediator fachbezogene Sprachkompetenz (in der dritten Klasse) signifikant vorher (β = 0,220, p = 0,003) und dieser wiederum die Mathematikleistung in der vierten Klasse (β = 0,367, p < 0,001). Der analysierte direkte Effekt (β = 0,283, p < 0,001) verringert sich, bleibt jedoch signifikant (β = 0,203, p = 0,002; indirekter Effekt = 0,081, p = 0,023). Hinsichtlich der Bücher im Haushalt ist darüber hinaus eine hohe Korrelation der gedruckten Bücher mit den Kinderbüchern (r = 0,756, p < 0,001) zu verzeichnen. Die E‑Books korrelieren mit den gedruckten Büchern (r = 0,180, p < 0,004) sowie den Kinderbüchern ebenfalls signifikant, jedoch eher in geringem Ausmaß (r = 0,205, p < 0,001).

Abb. 3
figure 3

Latente Pfadanalyse zum Einfluss der Bücher im Haushalt vermittelt durch die fachbezogene Sprachkompetenz auf die Mathematikleistung unter Berücksichtigung des IQ sowie des Migrationshintergrunds

Um die beiden Indikatoren elterliche Bildung und Bücherbesitz miteinander zu vergleichen, wurden diese in einem letzten Schritt, neben der fachbezogenen Sprachkompetenz, gemeinsamen ins Modell aufgenommen. Als Kovariaten wurden, wie in den bereits beschriebenen Modellen, wieder der IQ sowie der Migrationshintergrund berücksichtigt. Modelliert wurde außerdem die Korrelation der beiden Indikatoren. Das Ergebnis zeigt, dass während für den Bildungshintergrund der Eltern weiterhin ein bedeutender Einfluss auf die fachbezogene Sprachkompetenz (β = 0,303, p = 0,010) sowie auch die Mathematikleistung festzustellen ist (β = 0,285, p = 0,005), der Effekt des Bücherbesitzes nun nicht mehr als signifikant zu beurteilen ist (p stets > 0,05). Das ansonsten unbeschränkte Modell (Model Fit: χ2 (239) = 380,663, p < 0,001; CFI = 0,927; TLI = 0,916; RMSEA = 0,041; SRMR = 0,052) wurde als nächstes gegen ein Modell mit Gleichheitsrestriktion in Bezug auf die Effekte der elterlichen Bildung sowie des Bücherbesitzes getestet (Model Fit: χ2 (241) = 384,857, p < 0,001; CFI = 0,926; TLI = 0,916; RMSEA = 0,041; SRMR = 0,053). Sowohl das Ergebnis des χ2-Differenzentest (p = 0,128) als auch der CFI-Differenztest (CFI-Differenz = 0,001) deuten dabei auf keine bedeutsame Modellverschlechterung durch Setzen der Gleichheitsrestriktion hin.Footnote 3

5.3 Unterschiede zwischen Schulen

Um zu überprüfen, ob der festgestellte Einfluss des sozioökonomischen Status bzw. familiärer Hintergrundmerkmale sowie der fachbezogenen Sprachkompetenz über verschiedene Schulen hinweg gleichermaßen wirkt oder bedeutsame Unterschiede bzw. Varianz zwischen den Einrichtungen festzustellen sind, wurde eine Mehrebenenregression durchgeführt. Als Prädiktorvariablen für die mathematische Kompetenz wurden die Bildungsabschlüsse der Eltern, die Anzahl der Bücher im Haushalt sowie die fachbezogene Sprachkompetenz und als Kovariaten der IQ sowie der Migrationshintergrund ins Modell aufgenommen. Einschränkend ist allerdings zu erwähnen, dass die erhobenen Prädiktoren alle auf Level‑1 zu verorten sind. Über die Wirkmechanismen auf Level‑2 können daher nur Vermutungen angestellt werden.

Berechnet wurde zunächst ein Nullmodell, auf dessen Basis eine Aussage über die Intraklassenkorrelation (ICC) getroffen werden soll. Die Ergebnisse zeigen, dass ca. 21 % der Varianz in Bezug auf die mathematische Leistung auf Unterschiede zwischen Schulen zurückgeht (ICC = 0,206). Durch das Random-Slope-Modell, in das im Gegensatz zum Nullmodell alle genannten Prädiktor- und Kontrollvariablen aufgenommen wurden (Random Effects wurden modelliert für die Bildungsabschlüsse der Eltern, die Anzahl der Bücher im Haushalt, die fachbezogene Sprachkompetenz sowie den MigrationshintergrundFootnote 4), können letztlich ca. 41 % der Varianz aufgeklärt werden (r2 = 0,409). Es erweist sich damit gegenüber dem zuvor getesteten Fixed-Slope-Modell (r2 = 0,383) als aufschlussreicher und wird daher bevorzugt. Betrachtet man zunächst die Fixed Effects fällt auf, dass unter Berücksichtigung der Bildungsabschlüsse der Eltern, der fachbezogenen Sprachkompetenz sowie des IQ die Einflüsse der Bücher im Haushalt sowie des Migrationshintergrunds nicht mehr als signifikant zu beurteilen sind (p > 0,05). Die Varianzen der Random Slopes betragen für die Bildungsabschlüsse der Eltern 0,044 (SD = 0,210), die Anzahl der Bücher im Haushalt 0,031 (SD = 0,175), die fachbezogene Sprachkompetenz 0,780 (SD = 0,883) sowie den Migrationshintergrund 0,286 (SD = 0,535). Zu prüfen ist im letzten Schritt, ob die Effekte hinsichtlich der schulbezogenen Unterschiede auch als signifikant einzuschätzen sind, was in diesem Fall bestätigt werden kann (p = 0,039).

6 Diskussion

Im Rahmen der Analysen wurde der Einfluss des sozioökonomischen Status auf die Mathematikleistung von Schülerinnen und Schülerin in der vierten Klasse untersucht und dabei insbesondere betrachtet, inwiefern dieser durch die fachbezogene Sprachkompetenz vermittelt wird. Geprüft wurde außerdem, wie sich die Berücksichtigung unterschiedlicher Struktur- und Prozessmerkmale der familiären Lebensverhältnisse als Indikatoren für den sozioökonomischen Status auf die Ergebnisse der Mediationsanalyse auswirkt. Darüber hinaus wurde der Frage nachgegangen, ob der Einfluss familiärer Hintergrundmerkmale sowie der fachbezogenen Sprachkompetenz zwischen verschiedenen Grundschulen variiert. Zur Erforschung der Fragestellungen wurden vier Hypothesen aufgestellt und geprüft.

Im Rahmen beider Pfadanalysen konnte festgestellt werden, dass unter Berücksichtigung des IQ und des Migrationshintergrunds ein bedeutsamer Einfluss zwischen dem sozioökonomischen Status und der Mathematikleistung von Viertklässlerinnen und Viertklässlern zu konstatieren ist (siehe H1).

Der Effekt der fachbezogenen Sprachkompetenz kann jeweils als moderat interpretiert werden (β = 0,310, p = 0,001, siehe Abb. 2 und β = 0,367, p < 0,001, siehe Abb. 3). Die Ergebnisse lassen sich damit in den bisherigen Forschungsstand zum Einfluss (fach-)sprachlicher Kompetenzen einordnen und bestätigen in ihrer Tendenz bereits vorliegende Befunde (siehe bspw. Bochnik und Ufer 2016; Chudaske 2012; Greisen et al. 2021; Heinze et al. 2007; Kempert et al. 2011; Prediger et al. 2015; Ufer und Bochnik 2020; Wessel 2015). Festgestellt werden konnte außerdem, dass die Beziehung zwischen dem sozioökonomischen Status und der mathematischen Leistung partiell durch die fachbezogene Sprachkompetenz mediiert wird (siehe H2). Dabei wird der direkte Effekt des sozioökonomischen Status (Indikator Bildung der Eltern: β = 0,392, p < 0,001; Indikator Bücher im Haushalt: β = 0,283, p < 0,001) durch die fachbezogene Sprachkompetenz in beiden Modellen deutlich reduziert (Indikator Bildung der Eltern nach Aufnahme der Mediatorvariable: β = 0,297, p < 0,001; indirekter Effekt = 0,094, p = 0,020; Indikator Bücher im Haushalt nach Aufnahme der Mediatorvariable: β = 0,203, p = 0,002; indirekter Effekt = 0,081, p = 0,023). Dieser Befund deutet zwar einerseits auf die Bedeutung einer gezielten Sprachförderung zur Verringerung von Bildungsnachteilen hin, spricht jedoch aufgrund des zwar signifikanten, allerdings eher gering ausfallenden indirekten Effekts und des weiterhin bedeutsamen Zusammenhangs zwischen sozioökonomischem Status und Mathematikleistung auch dafür, dass die fachbezogene Sprachkompetenz diesen eben nur zu einem gewissen Teil vermittelt und es deshalb in Bezug auf die Entwicklung von Maßnahmen zur Reduzierung herkunftsbedingter Ungleichheiten auch weitere Faktoren in den Blick zu nehmen gilt. In Bezug auf ein Literaturreview von Böttcher et al. (2022) mit Fokus auf Schulen in besonderen bzw. herausfordernden Lagen sowie u. a. Befunde von Holtappels et al. (2017), Racherbäumer (2017) sowie van Ackeren et al. (2021) sollten neben dem Einflussfaktor Sprache bspw. auch Beziehungsaspekte, wie Elternarbeit, Kooperation, Beratung und Mentoringprogramme an Schulen mitbedacht werden.

Die vorgenommenen Berechnungen auf Basis der latenten Variablen bieten darüber hinaus den Vorteil, den messfehlerbereinigten wahren Zusammenhang zwischen den Konstrukten ermitteln zu können (siehe dazu u. a. Moosbrugger und Kelava 2020), wodurch eine Unterschätzung vermieden wird. Ein weiterer Vorteil besteht zudem in der Berücksichtigung von Daten aufeinanderfolgender Schuljahre, da anzunehmen ist, dass sich die fachbezogene Sprachkompetenz insbesondere auf den weiteren Lernprozess und damit auf nachfolgende Leistungen auswirkt.

Vergleicht man die Modelle unter Einbezug der Bildungsabschlüsse beider Eltern (siehe Abb. 2) sowie der Anzahl der Bücher im Haushalt miteinander (siehe Abb. 3), fällt deskriptiv auf, dass die Effekte der elterlichen Bildungsabschlüsse augenscheinlich stets höher ausfallen als die der Anzahl der Bücher im Haushalt. Nimmt man die beiden Prädiktoren jedoch gemeinsam ins Modell auf und vergleicht dieses mit einem Restriktionsmodell, in dem die Gleichheit der Effekte postuliert wird, kann auf Basis des χ2-Differenztests (p = 0,128) sowie des CFI-Differenzentests (CFI-Differenz = 0,001) kein signifikanter Unterschied festgestellt werden (siehe H3). Auf der Grundlage der vorliegenden Daten ist daher nicht von einer bedeutsam höheren Prädiktivität eines Indikators auszugehen. Kritisiert werden kann in Bezug auf den Indikator Bücherbesitz, der nach Baumert et al. (2003) als Prozessmerkmal einzuordnen ist, dass das Buch als klassisches Bildungsmedium nach und nach durch andere digitale Kanäle (über das E‑Book hinaus) abgelöst werden könnte und zudem die Frage nach der Anzahl der Bücher im Haushalt oftmals nur ein Schätzmaß darstellt. Dieses birgt daneben die Gefahr der Verzerrung durch soziale Erwünschtheit. Demgegenüber spricht für den Indikator elterliche Bildung, erfasst durch die jeweiligen schulischen bzw. akademischen Abschlüsse, die nach Baumert et al. (2003) Strukturmerkmale darstellen, dass sich diese potenziell gleich auf mehrere Faktoren auf Prozessebene auswirken, wie bspw. den familiären Sprachgebrauch, Interaktionspraktiken, Unterstützungsmöglichkeiten bei Schulaufgaben oder auch das konsumtive Verhalten, zu dem auch der Erwerb von Bildungsmedien wie Büchern zählt. Als eindeutig prädiktiver stellte sich der Bildungshintergrund in der vorliegenden Studie jedoch nicht heraus, wobei Veränderung im Zuge fortwährender Digitalisierung ebenfalls nicht auszuschließen sind. Hingewiesen werden muss an dieser Stelle jedoch auch auf den deutlichen Zusammenhang der Indikatoren elterliche Bildung und Bücherbesitz (r = 0,674, p < 0,001). Betrachtet man die einzelnen Variablen, die in diese einfließen, so fällt die hohe Korrelation der Bildungsabschlüsse von Vater und Mutter (r = 0,654, p < 0,001) sowie auch zwischen dem Besitz von gedruckten Büchern (die sich eher an Erwachsene richten) und Kinderbüchern auf (r = 0,756, p < 0,001). Dagegen korrelieren E‑Books sowohl mit Kinderbüchern (r = 0,205, p < 0,001) als auch mit anderen gedruckten Büchern (r = 0,180, p = 0,004) nur schwach. Vermutet werden kann, dass der Besitz von E‑Books auch von einer gewissen Affinität zu digitalen Medien und entsprechenden Lesepräferenzen abhängt. E‑Books und gedruckte Bücher bzw. Kinderbücher repräsentieren daher vermutlich derzeit nicht (genau) dieselben Merkmale auf Elternseite, weshalb auch ihr jeweiliger Einfluss auf die Leistungsentwicklung der Kinder unterschiedlich ausfallen kann (siehe dazu Heppt et al. 2022). Bemerkt werden kann ferner, dass E‑Books womöglich nicht als gleichermaßen repräsentativ erlebt werden als so manches gebundene Buch. Zu überlegen ist außerdem, ob die Frage nach dem Besitz von E‑Books methodisch günstig ist. Zum einen ist die Anzahl von E‑Books für Befragte eventuell weniger leicht vorstellbar als das Bild klassischer Bücher im Regal. Zum anderen werden E‑Books im Gegensatz zu gedruckten Büchern ggf. auch über einen (kostenpflichtigen) digitalen Zugang konsumiert, weshalb sie weniger als persönlicher Besitz wahrgenommen werden könnten, auch wenn der Zugriff auf sie besteht. Bei freiverfügbaren E‑Books entfällt zudem der bewusste Kaufprozess, was der Wahrnehmung als Besitztum ebenfalls entgegenstehen könnte. Da der Einfluss des Bücherbesitzes auf die Schulleistung ohnehin nicht als unmittelbar anzunehmen ist, er also über weitere Faktoren wie einen kompetenzförderlichen Umgang mit dem Medium Buch vermittelt wird, könnte es sich zukünftig als zunehmend aufschlussreicher erweisen, nicht (bzw. nicht nur) nach dem Besitz, sondern der Nutzung der zur Verfügung stehenden medialen Angebote (Schwippert 2019), also bspw. den literalen Praktiken im Elternhaus oder anderer betreuender Einrichtungen sowie darüber hinausgehender (Freizeit‑)Programme zu fragen, was auch dazu beitragen kann, die Rolle der verschiedenen Formen von Büchern (Heppt et al. 2022) bzw. Medien im Allgemeinen näher zu beleuchten.

Im Rahmen der durchgeführten Mehrebenenanalyse konnten zudem statistisch bedeutsame Unterschiede in Bezug auf den Einfluss familiärer Hintergrundmerkmale sowie der fachbezogenen Sprachkompetenz zwischen verschiedenen Grundschulen festgestellt werden (siehe H4). Dabei gehen 21 % der Varianz in Bezug auf die Mathematikleistung der untersuchten Viertklässlerinnen und Viertklässler auf Unterschiede zwischen Schulen zurück. Dies liefert einen Hinweis darauf, dass es an den verschiedenen Schulen unterschiedlich gut gelingt, herkunftsbedingte Disparitäten auszugleichen bzw. sich bestimmte Effekte in Abhängigkeit von strukturellen Rahmenbedingungen, wie schulischer Ausstattung inklusive personeller Ressourcen, pädagogischer Konzepte, und (Sprach‑)Fördermaßnahmen abschwächen oder verstärken können. Eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf höhere Klassenstufen erscheint angesichts vorliegender Befunde zum Einfluss herkunftsbedingter bzw. sprachlicher Faktoren in Bezug auf Sekundarstufenschülerinnen und -schüler (u. a. Leiss et al. 2019; OECD 2019; Paetsch et al. 2016; Prediger et al. 2015; Quasthoff et al. 2022) durchaus naheliegend. Hierbei erscheint zudem der vergleichende Einbezug verschiedener weiterführender Schulformen lohnenswert. Es könnte sowohl im Hinblick auf das deutsche als auch das österreichische Schulsystem vermutet werden, dass bestimmte Effekte im Sekundarbereich je nach verfolgtem Zweig variieren. Besondere Aufmerksamkeit ist dem Einfluss primärer und sekundärer Herkunftseffekte dabei vor allem in kritischen Übergangsphasen zu schenken, wobei insbesondere der familiäre Bildungshintergrund eine zentrale Rolle zu spielen scheint (siehe dazu auch Relikowski et al. 2010).

Limitierend erwähnt werden muss hinsichtlich der vorliegenden Ergebnisse, dass für die Ermittlung des sozioökonomischen Status nicht auch das Einkommen der Eltern oder andere familiäre Ressourcen, wie sie bspw. in den ESCS einfließen (OECD 2021), berücksichtigt werden konnten. Eine umfassendere Erfassung mehrerer Struktur- und Prozessmerkmale scheint insgesamt wünschenswert. Um die ermittelte Varianz zwischen den Schulen genauer erforschen zu können, ist außerdem die Erfassung von Prädiktoren auf höherer Ebene, wie bspw. spezifische (sprachliche) Unterstützungsangebote von schulischer Seite oder Ausstattungsmerkmale, von Mehrwert.

7 Fazit

Abschließend lässt sich in Bezug auf die formulierten Fragestellungen feststellen, dass sich sowohl hinsichtlich des sozioökonomischen Status als auch bezüglich der fachbezogenen Sprachkompetenz der untersuchten Grundschülerinnen und Grundschüler erwartungsgemäß deutliche Zusammenhänge mit der mathematischen Leistung zeigen. Der Einfluss des sozioökonomischen Status kann unter Berücksichtigung des IQ sowie des Migrationshintergrunds allerdings (nur) partiell durch die als prädiktiv für die mathematische Leistung anzunehmende fachbezogene Sprachkompetenz mediiert werden. Festgestellt werden konnten außerdem bedeutsame Unterschiede des Einflusses familiärer Hintergrundmerkmale sowie der fachbezogenen Sprachkompetenz zwischen verschiedenen Schulen. Interessant erscheinen die Befunde in Bezug auf die fachbezogene Sprachkompetenz trotz des begrenzten Mediatoreffekts insbesondere deshalb, weil diese anders als familiäre Hintergrundmerkmale (vor-)schulischer Förderung zugänglich ist und somit eine Stellschraube darstellt, auf die eine gezielte Förderung, wie bspw. eine sprachsensible Gestaltung des Mathematikunterrichts (Bochnik und Ufer 2017), potenziell Einfluss nehmen kann. Sprachförderung kann somit als ein Instrument bezeichnet werden, um den Effekt herkunftsbedingter Disparitäten zumindest teilweise abzumildern und somit mehr Bildungsgerechtigkeit zu ermöglichen. Die Ergebnisse unterstreichen jedoch die nach wie vor bestehende Bedeutung des sozioökonomischen Status für die Schulleistungen von Grundschulkindern und damit die Rolle primärer Herkunftseffekte (siehe Boudon 1974) im deutschen Schulsystem. Es gilt daher entsprechende Zusammenhänge inklusive der zugrundeliegenden Wirkmechanismen fortwährend zu untersuchen und darauf aufbauend weitere Maßnahmen zu deren Verringerung zu entwickeln. Spannend erscheint es vor diesem Hintergrund, insbesondere auch Wendepunkte in Bildungsbiographien genauer in den Blick zu nehmen. Als Desiderat anknüpfender Forschung kann eine Untersuchung der Effekte über einen längeren Zeitraum und ebenfalls am Übergang vom Primar- in den Sekundarbereich sowie hinsichtlich unterschiedlicher Fächer benannt werden. Von Mehrwert erscheint im Hinblick auf eine Replikation der Ergebnisse zudem eine differenziertere Erfassung des sozioökonomischen Status sowie die Erhebung weiterer Einflussfaktoren auf Schulebene, wodurch Effekte auf die mathematische Leistung noch umfassender untersucht werden können.