Post-COVID-19-Patienten haben oft weit über die akute Krankheitsphase einer SARS-CoV-2-Infektion hinaus persistierende heterogene Symptome. Diese können ihre Lebensqualität, Alltagsaktivität und Erwerbsfähigkeit negativ beeinflussen. Eine Rehabilitation ist eine wichtige Option, um Krankheitsfolgen indikationsbezogen zu managen. Ihr multimodaler Ansatz und die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Fachbereiche unterstützen den Genesungsprozess. Worauf es dabei ankommt, erläutert der folgende Beitrag.

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Eine Coronavirus-Erkrankung (corona virus disease 2019; COVID-19) wird als eine Multiorganerkrankung angesehen. Nach einer SARS-CoV-2-Infektion können Symptome unterschiedlicher Art neu entstehen oder über 6 Monate hinaus persistieren. Es ist anzunehmen, dass bei ungefähr 15 % der Patienten ein Post-COVID-Syndrom besteht [1]. Die genauen Ursachen dafür sind bis jetzt nicht geklärt. Erste Studien weisen darauf hin, dass eine Rehabilitation eine unterstützende Maßnahme im Genesungsprozess für COVID-19-Patienten sein kann.

Der Krankheitsverlauf nach einer SARS-CoV-2-Infektion kann sich sehr unterschiedlich entwickeln. Das Robert-Koch-Institut [2] differenziert eine COVID-19 in vier Stufen: mild (grippeähnliche Symptome), moderat (mit Pneumonie, ohne eine Hospitalisierung), schwer (hospitalisierte Patienten) und kritisch (intensivpflichtige Patienten und Todesfälle).

Die World Health Organization (WHO) definiert Post-COVID-19 als einen Zustand bei Patienten, die eine wahrscheinliche oder bestätigte SARS-CoV-2-Infektion hatten und Symptome entwickeln, welche mindestens für zwei Monate anhalten und nicht durch eine andere Diagnose erklärt werden können [3]. Normalerweise tritt dieser Zustand laut WHO 3 Monate nach Manifestation einer symptomatischen COVID-19 ein. Die Symptome können nach der akuten Erkrankung fortbestehen oder auch neu auftreten. Diese Beeinträchtigungen können über die Zeit fluktuieren oder auch wiederkehren.

Eine weitere Definition des National Health Institute and Care Excellence (NICE) vom 18.12.2020 unterteilt anhand des zeitlichen Auftretens von Symptomen die COVID-19 in 3 Phasen [4]:

  • Akute COVID-19: Anzeichen und Symptome von COVID-19 von Infektionsbeginn bis zu 4 Wochen.

  • Anhaltende/fortwährende COVID-19: Zeichen und Symptome von COVID-19 über 4-12 Wochen.

  • Post-COVID-19-Syndrom: Anzeichen und Symptome, welche während der akuten Krankheitsphase oder nach einer SARS-CoV-2-Infektion entstehen, länger als 12 Wochen bestehen bleiben und nicht durch eine anderweitige Krankheitsdiagnose erklärt werden können. Es kann vor der 13. Woche in Betracht gezogen werden, während die Möglichkeit einer alternativen Grunderkrankung ebenfalls geprüft wird.

Long-COVID fasst anhaltende und Post-COVID-19 zusammen.

Merke: Ein Post-COVID-19-Syndrom besteht, wenn Symptome mit COVID-19-Bezug über mehr als 12 Wochen bestehen bleiben.

Häufigkeiten von Post-COVID

Unabhängig vom Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion kann grundsätzlich immer eine Post-COVID-Symptomatik auftreten. Es kann davon ausgegangen werden, dass ein relevanter Anteil der Patienten nach der akuten Erkrankung Symptome im Sinne von Post-COVID zurückbehält. Die Prävalenz für die Entwicklung von Post-COVID wird in Studien mit 2 % bis 91 % extrem unterschiedlich hoch beschrieben. Bei Frauen ist die Prävalenz nach einem schweren Akutverlauf höher als bei Männern [1, 5, 6, 7].

In einer Onlinebefragung von Goertz et al. wurden 2.113 Personen zu ihrer COVID-19 befragt [8]. Davon waren 112 hospitalisiert und 2.001 Patienten hatten einen milden/moderaten Verlauf. Unabhängig von der Erkrankungsschwere waren Fatigue und Dyspnoe die häufigsten Symptome, die auch noch 3 Monate nach der Erkrankung bestehen blieben (Fatigue: 95 % versus 87 %; Dyspnoe: 90 % versus 71 %).

Daten von 1.733 hospitalisierten Patienten (Median: 57 Jahre) mit COVID-19 zeigen, dass viele chronische Krankheitsfolgen entstehen können, die 6 Monate nach Symptombeginn noch persistieren. Zu den häufigsten Symptomen zählten auch hier Fatigue oder Muskelschwäche (63 %) sowie Schlafstörungen (26 %) und psychische Erkrankungen wie Angst oder Depression (23 %) [9]. Eine Übersicht häufig genannter Symptome während einer COVID-19 ist in ▶Tab. 1 dargestellt.

T1 Häufig genannte Symptome nach einer SARS-CoV-2-Infektion [1, 13]

Patienten mit Fatigue leiden unter einem subjektiv oft stark einschränkenden Erschöpfungszustand, der unverhältnismäßig ist und sich durch Schlaf oder Erholung nicht ausreichend bessert. Diese subjektive Erschöpfung äußert sich auf somatischer, kognitiver und/oder psychischer Ebene. Schon länger bekannt ist das chronische Fatigue-Syndrom (CFS), wie es auch nach anderen Virus- oder bei Autoimmunerkrankungen auftreten kann. Wenn bei Patienten im Alter < 60 Jahren schwere Fatigue mit Belastungsintoleranz, kognitiven Störungen und Schmerzen auftreten und diese für mehr als 6 Monate bestehen, sollte das Vorliegen eines Chronischen Fatigue Syndroms (ME/CFS, G93.3) mithilfe der international akzeptierten Diagnosekriterien überprüft werden [1].

Es hat sich gezeigt, dass Patienten mit einem schweren COVID-19-Verlauf während ihrer Hospitalisierung größere Beeinträchtigungen der pulmonalen Diffusionskapazität und Auffälligkeiten im Thorax-CT hatten [9]. Eine prospektive Beobachtungsstudie hat ebenso ergeben, dass Patienten mit persistierenden Symptomen pathologische Veränderungen im Thorax-CT-Scan aufweisen [10]. Bei 77 % der Patienten wurden 60 Tage und bei 63 % 100 Tage nach der COVID-19-Diagnosestellung typische radiologische Lungenanomalien wie bilaterale Milchglastrübungen und/oder Retikulationen, Konsolidierungen und Bronchiektasen festgestellt. In Nachuntersuchungen 60 und 100 Tage nach der Diagnose konnte aber eine Rekonvaleszenz oder deutliche Verbesserung der CT-Anomalitäten ab der akuten Erkrankungsphase dokumentiert werden.

Die Prävalenz des schon länger bekannten "Post-Intensive-Care-Syndroms" bei Überlebenden einer kritischen Erkrankung liegt bei zirka 20 % in den ersten 12 Monaten nach einem Intensivstationsaufenthalt [11]. In einer retrospektiven Untersuchung wurde die körperliche Erholung von intensivpflichtigen COVID-19-Patienten und Patienten mit einer pneumogenen Sepsis am Ende einer Hospitalisierung miteinander verglichen [12]. Bei Entlassung von der Intensiv- auf die Normalstation wiesen COVID-Patienten einen schlechteren muskulären und körperlichen Status im Vergleich zu non-COVID-Pneumosepsis-Patienten auf. Zum Zeitpunkt der Krankenhausentlassung hatten die COVID-19-Patienten ihren funktionellen Status deutlicher verbessert. Dies zeigt, dass COVID-19-Patienten ein hohes Potenzial für körperliche Genesung haben, was durch rehabilitative Maßnahmen weiter gefördert werden könnte.

Aktuell werden viele Symptome nach einer COVID-19 der Post-COVID-Symptomatik zugeordnet (▶Tab. 1). Wichtig bei der Betrachtung ist, dass immer eine differenzialdiagnostische Überlegung stattfindet. Die meisten neu aufgetretenen Symptome sind unspezifisch, daher sollte sorgfältig überprüft werden, ob diese vielleicht auf andere Gründe als die SARS-CoV-2-Infektion zurückzuführen sind [1]. Weitere Studien mit Kontrollgruppen von nicht an COVID-19 erkrankten Personen sind notwendig, um COVID-19-Symptome von unspezifischen Symptomen besser abgrenzen zu können.

Merke: Eine Post-COVID-Symptomatik kann bei Patienten mit und ohne Hospitalisierung auftreten.

Empfehlungen für eine Rehabilitation

Studien haben ergeben, dass unabhängig von der Schwere des COVID-19-Verlaufs eine Vielzahl an heterogenen Beschwerden über Monate persistieren können und dadurch die Lebensqualität, Alltagsaktivitäten und Arbeitsfähigkeit beeinflussen. Dies verdeutlicht, dass Menschen nach überstandener Akutphase mit körperlichen und psychischen Einschränkungen eine Nachsorge benötigen, um ungünstigen Langzeitfolgen in privater und beruflicher Hinsicht entgegenwirken zu können [1]. Für Patienten mit Hospitalisierung wird von der European Respiratory Society (ERS) und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) daher eine Anschlussheilbehandlung oder Rehabilitation empfohlen [14, 15].

In der im August 2021 erschienenen S1-Post-COVID-Leitlinie wird darauf hingewiesen, dass eine Rehabilitation eine unterstützende Maßnahme für die Genesung bei Post-COVID-Patienten sein kann [1]. Eine ambulante oder stationäre Rehabilitation wird demnach empfohlen, wenn aufgrund einer COVID-19 die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft langfristig eingeschränkt ist und sonstige ambulante ärztliche und therapeutische Behandlungen für die Genesung nicht ausreichen. Indikationsspezifisch sollte die Rehabilitation je nach Schwerpunkt der COVID-19-Symptomatik ausgerichtet sein.

Pneumologische Rehabilitation bei Post-COVID-19-Patienten

Bei vielen Patienten stehen pulmonale Funktionseinschränkungen nach akuter COVID-19 im Vordergrund. Häufige Symptome sind Dyspnoe und körperliche Minderbelastbarkeit mit Fatigue. Daher ist die pneumologische Rehabilitation (PR) ein wichtiger Bestandteil im Management von Langzeitfolgen [1, 14].

Erste Studien haben gezeigt, dass eine PR bei Post-COVID-19-Patienten sicher, machbar und effektiv ist. Patienten nach überstandener COVID-19 (Alter: 68 Jahre, FEV1: 75%Soll), die nach einem Klinikaufenthalt an einer 3-wöchigen stationären PR teilnahmen, konnten signifikant ihre körperliche Leistungsfähigkeit (6-Minuten-Gehtest-Wegstrecke, 6MWT: +180 m, p < 0,001) und ihr subjektives Wohlbefinden (Feeling-Thermometer +21 Punkte, p < 0,001) verbessern [16].

In einer weiteren Studie wurde die Effektivität einer PR bei hospitalisierten Patienten (n = 26) mit einem schweren oder kritischen Verlauf und bei Patienten ohne Hospitalisierung mit einem ambulanten Krankheitsverlauf (n = 24) untersucht [17]. Beide Patientengruppen hatten zu Beginn der PR eine eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit im 6MWT (hospitalisiert: 344 m, ambulant: 509 m) und eine erniedrigte forcierte Vitalkapazität (FVC hospitalisiert: 75 %; ambulant: 80 %). Nach der PR konnten sich beide Patientengruppen signifikant im 6MWT (hospitalisiert: +124 m, ambulant +48 m) und in ihrer Lungenfunktion (FVC: hospitalisiert: +11,3 %, ambulant: +7,7 %) verbessern. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass die PR unabhängig vom Schweregrad des COVID-19-Verlaufs die Genesung unterstützt. Es sind allerdings randomisiert-kontrollierte Studien notwendig, um die Evidenz für eine PR bei COVID-19 zu sichern.

Neurologische Rehabilitation bei Post-COVID-19-Patienten

Bezüglich einer neurologischen Rehabilitation bei Post-COVID-19-Patienten kann in zwei Subgruppen unterschieden werden. Zum einen gibt es Patienten, meist mit Hospitalisierung, die seit der Akutphase der COVID-19 neurologische Körperfunktionsstörungen haben. Patienten mit einem schweren oder kritischen Krankheitsverlauf behalten oft über lange Zeit Symptome wie periphere Lähmungen, kognitive und emotionale Störungen bei. Daneben können weitere spezifische Erkrankungen wie Schlaganfälle auftreten. Zum anderen gibt es Patienten, die meist nicht hospitalisiert waren und die erst zu einem späteren Zeitpunkt neurologische Störungen wie Geruchsbeeinträchtigung oder periphere Lähmungen entwickeln. Die Symptome treten dabei gehäuft 3 bzw. 6 Monate nach der akuten Infektion auf [1]. In beiden Fällen werden die Patienten oft im gesellschaftlichen und Arbeitsleben eingeschränkt. Betroffene mit sensorischen, sensomotorischen und kognitiven Einschränkungen sollten daher die Möglichkeit für eine neurologische Evaluation und Rehabilitation mit spezifischen kognitiven Trainingsinhalten und psychologischer Unterstützung erhalten. Bei Schwerstbetroffenen sollte eine neurologische Frührehabilitation unmittelbar nach dem Aufenthalt im Akutkrankenhaus erfolgen. Prospektive Studien sind notwendig, um die Wirksamkeit einer neurologischen Rehabilitation bei Post-COVID-19-Patienten zu evaluieren [1, 18].

Kardiologische Rehabilitation bei Post-COVID-19-Patienten

Im Verlauf einer COVID-19 können schwere kardiovaskuläre Erkrankungen wie eine Lungenarterienthrombose, Myokarditis oder ein akutes Koronarsyndrom ausgelöst werden. Das Risiko für eine kardiovaskuläre Komplikation ist in den ersten sechs Monaten nach einer COVID-19 signifikant erhöht. Besonders Patienten mit einem schweren oder kritischen Krankheitsverlauf sind davon betroffen [1]. Drei Monate nach der Erkrankung sind bei einigen Patienten noch immer die D-Dimer-Werte erhöht. Eine Labordiagnostik in Kombination mit einer Blutgasanalyse und einem CT-Lungenangiogramm kann thromboembolische Komplikationen nachweisen und dadurch diagnostische und therapeutische Komponenten der Rehabilitation beeinflussen [19].

Es wird eine symptomorientierte pharmakologische Therapie empfohlen. Daneben ist für Patienten mit einer normalen linksventrikulären Pumpfunktion und normalen NT-proBNP-Werten, aber mit einer inadäquaten Belastbarkeit und Tachykardie unter Belastung, ein sich langsam steigerndes kardiales Ausdauertraining angeraten [1]. Calabrese et al. empfehlen eine kardiologische Rehabilitation, um positive Veränderungen im kardiovaskulären System zu bewirken und einer endothelialen Dysfunktion entgegenzuwirken [20]. Bei moderatem Ausdauertraining während der Rehabilitation sollte darauf geachtet werden, dass die Herzfrequenz um nicht mehr als 20 Schläge pro Minute über den Ausgangswert ansteigt. Auch bei einer verstärkten Dyspnoe sollte die Trainingsintensität angepasst werden [14, 20]. Die Rehabilitationsindikation ergibt sich hierbei aus den kardiovaskulären Akutkomplikationen. Eine Rehabilitation sollte zudem dazu beitragen, die Krankheitsverarbeitung zu unterstützen und die Wiedereingliederung in den Beruf vorzubereiten [1].

Psychosomatische Rehabilitation bei Post-COVID-Patienten

Im Rahmen eines Post-COVID-19-Syndroms können Anpassungsstörungen, Depression, Fatigue, Angst-, Somatisierungs- und Zwangsstörungen entstehen. Psychische und psychosomatische Vorerkrankungen sind Vulnerabilitätsfaktoren für das Entstehen von psychischen Post-COVID-Symptomen [1]. In einer randomisiert-kontrollierten Studie konnten Post-COVID-19-Patienten mit posttraumatischen Belastungssymptomen von einer zusätzlichen narrativen Expositionstherapie profitieren, einem therapeutischen Kurzzeitverfahren zur Traumaaufarbeitung. Ihre Schlafqualität wurde besser und Angstzustände sowie Depressionen nahmen mehr ab als bei Patienten in der Kontrollgruppe, die nur eine personalisierte psychologische Intervention erhielten [21]. Dies verdeutlicht, dass bei einer persistierenden Symptomatik frühzeitig eine spezialisierte psychosomatische oder psychiatrische Behandlung, etwa mit Ergo- oder Entspannungstherapie, erfolgen sollte, um eine Chronifizierung der Symptome zu verhindern. Eine stationäre psychosomatische Rehabilitation ist dann indiziert, wenn eine ambulante Behandlung nicht mehr ausreicht [1].

Da psychosomatische Probleme oft mit somatischen zusammen auftreten, ist perspektivisch eine Kombinationstherapie anzustreben. Dies ist strukturell in Deutschland bisher aber kaum möglich.

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Im Reha-Zentrum sprechen ein Arzt und eine Sporttherapeutin mit einem Long-COVID-Patienten das Trainingsprogramm auf einem Ergometer ab.

Diagnostik-Assessments in der pneumologischen Rehabilitation

Post-COVID ist ein komplexes Krankheitsbild, welches eine interdisziplinäre Herangehensweise nötig macht. Bei neu aufgetretenen Symptomen sollten immer potenzielle Differenzialdiagosen mitberücksichtig werden [1]. Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin empfiehlt diagnostische Assessments im Rahmen einer PR, um den aktuellen Gesundheitszustand der Patienten besser beurteilen und die Inhalte der PR individuell anpassen zu können [14].

Bei möglichen kardiovaskulären und thromboembolischen Komorbiditäten sollte bei Beginn der PR einer zusätzliche kardiale Diagnostik wie ein Ruhe-EKG, Belastungs-EKG mit Blutgasanalyse, Langzeit-EKG und eine Herzechokardiografie erfolgen. Diese Diagnostik ist ausschlaggebend für die Entscheidung, ob ein Patient sich körperlich belasten darf.

Für die Beurteilung der pulmonalen Funktionseinschränkung können pneumologische Diagnostikverfahren wie die Bodyplethysmografie, Messungen der Diffusionskapazität (DLCO) des Atemantriebs (P01), des fraktionierten exhalierten Stickstoffmonoxids (FeNO), eine Blutgasanalyse und bildgebende Verfahren nötig werden. Wenn in den Funktionstests Einschränkungen festgestellt werden, ist ein Röntgen-Thorax in zwei Ebenen oder besser eine Computertomografie sinnvoll. In der Rehabilitationseinrichtung sollten weitere Diagnostikverfahren wie Sonografie und Labortests (z.B. zur Bestimmung von Blutbild, CRP, D-Dimer, proBnP, Troponin, Kreatinin, Elektrolyte, Hämoglobin, Nüchterncortisol, Schilddrüsenparametern etc.) möglich sein.

Einige Patienten entwickeln eine durch COVID-19 bedingte Schlafstörung. Anhand der Ausprägung ist nach Möglichkeit eine schlafmedizinische Diagnostik per Polygrafie oder Polysomnografie zu erwägen. Bei einem positiven Befund muss bedacht werden, dass die Schlafstörung vielleicht schon vor der COVID-19 vorhanden war.

Um den körperlichen Ist-Zustand und den Rehabilitationseffekt zu evaluieren, wird eine körperliche Leistungsdiagnostik empfohlen. Eine Option dafür ist der 6-Minuten-Gehtest. Für eine genaue Abklärung der bestehenden pulmonalen, kardialen oder muskulär bedingen Leistungseinschränkung sollte gegebenenfalls eine Spiroergometrie erfolgen.

Die Messung der Sauerstoffsättigung oder des -partialdruckes via Blutgasanalyse in Ruhe und bei Belastung dient als Grundlage, bei Bedarf ist eine Sauerstofftherapie zu initialisieren oder zu intensivieren.

Neben physischen Funktionseinschränkungen sind Patienten häufig von psychischen Komorbiditäten (z. B. Depression, Angst, posttraumatische Belastungsstörung) betroffen. Daher sollte via Fragebögen die gesundheitsbezogene Lebensqualität (z. B. SF-12 Fragebogen zum Gesundheitszustand, Depression: Patient Health-Questionnaire-9, Angst: Generalized-Anxiety-Disorder-7) routinemäßig abgefragt werden.

Bei vorhanden neurokognitiven Störungen sind zusätzliche Tests nötig. Kognitive Defizite erfordern neuropsychologische Untersuchungen inklusive des Montreal-Cognitive-Assessment-Tests. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Bereichen Konzentration, Gedächtnis, Sprache/Wortfindung und dem planerischen Denken [1, 14].

Besondere Inhalte der pneumologischen Post-COVID-19-Rehabilitation

Für Patienten mit einer chronischen Lungenerkrankung, z. B. einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) oder interstitiellen Lungenerkrankung (ILD), ist die Effektivität einer PR nachgewiesen. Patienten mit einer chronischen Atemwegserkrankung können durch die Teilnahme an einer PR ihre Lebensqualität, Dyspnoe und körperliche Belastbarkeit signifikant verbessern [22]. Daher wird davon ausgegangen, dass eine multimodale PR für Post-COVID-19-Patienten mit hauptsächlich pneumologischer Symptomatik ein effektiver Therapieansatz ist.

Auch hier sollte zu Beginn der PR eine ausführliche Diagnostik den Gesundheitszustand eines Patienten ermitteln. Ärztlicherseits sind die Inhalte des PR-Programms mit seinen medikamentösen und nicht medikamentösen Maßnahmen so gestaltet werden, dass die Wirksamkeit möglichst nachhaltig ist [1, 14]. Mögliche Therapieinhalte für Post-COVID-19-Patienten werden in der ▶Abb. 1 zusammengefasst. In Zukunft muss das Beschriebene in weiteren Studien evaluiert und gegebenenfalls ergänzt werden [1].

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© D. Leitl

Die möglichen Therapieinhalte für Post-COVID-19-Patienten müssen weiter evaluiert und an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden.

Merke: Abhängig von der Symptomatik und des individuellen Rehabilitationsziels variieren die therapeutischen Inhalte.

Trainingstherapie

Abhängig vom aktuellen Gesundheitszustand und den körperlichen Einschränkungen eines Patienten können unterschiedliche Ausdauertrainingsformen wie Fahrradfahren, Laufen und Nordic Walking angeboten werden. Bei einem Ausdauertraining ist die Trainingslast individuell anzupassen, um die aerobe Kapazität und Muskelkraft zu verbessern, ohne zu überfordern. Ein Ausdauertraining sollte bei mindestens 10 Minuten pro Trainingseinheit beginnen und sukzessiv auf 20-30 Minuten Dauer bei zunehmender Intensität gesteigert werden. Bei Patienten mit einer schweren körperlichen Einschränkung kann ein Intervalltraining erfolgen, was sogar bei schwerer COPD machbar ist. Aufgrund einer immobilitätsbedingten Muskelatrophie und -dysfunktion ist zusätzlich auch ein individuell angepasstes Krafttraining, vor allem der großen Muskelgruppen, angezeigt (▶Tab. 2) [14].

T2 Empfehlung für ein Ausdauer- und Krafttraining [11]

Bei Patienten mit einer stark ausgeprägten Fatigue kann sich die Symptomatik durch körperliche Aktivität verschlechtern. Ein individuell angepasstes Energiemanagement kann dies vermeiden. Daher ist es wichtig, für diese Patientengruppe ein kontrolliertes Aktivitätsprogramm anzubieten, das stufenweise gesteigert wird [1, 23]. Derzeit sind noch weitere Daten notwendig, um hier ein besseres pathogenetisches Verständnis und angepasste Therapieformen zu entwickeln.

Atemphysiotherapie

Post-COVID-19-Patienten haben häufig pulmonale Funktionsstörungen [1, 14]. Eine aktuelle Studie zeigt, dass viele Post-COVID-19-Patienten eine abnormale Belastungshyperventilation aufweisen. Dadurch können Symptome wie Dyspnoe, Herzklopfen, Brustschmerzen, Schwindel und Müdigkeit entstehen. Die Identifizierung des Hyperventilationssyndroms ist wichtig, um eine effektive Therapie zu ermöglichen. Eine Abfrage des Zustands mithilfe eines Hyperventilationsfragebogens kann hilfreich sein (z. B. Nijmegen-Fragebogen zur dysfunktionalen Atmung) [24].

Die Atemphysiotherapie ist in der PR gut etabliert und wird unterstützend zur Behandlung bei chronischen Atemwegserkrankungen angewendet. Sie kann gezielt eingesetzt werden, um die Ruhe- und Belastungsdyspnoe zu verringern sowie die Thoraxbeweglichkeit und den Gasaustausch durch physiotherapeutische Maßnahmen zu verbessern. Zudem können atemphysiotherapeutische Techniken hilfreich sein, um wieder ein physiologisches Atemmuster (breathing-retraining) herzustellen [22, 25].

Weitere mögliche Therapieinhalte

Eine psychologische Unterstützung während einer PR kann in Einzel- oder Gruppengesprächen erfolgen und die Verarbeitung der Erkrankung unterstützen sowie das psychische Befinden und die Lebensqualität verbessern [14]. Zudem können Patientenschulungen neben der Wissensvermittlung die Eigenkompetenz steigern [22]. Mögliche Vortragsinhalte für Post-COVID-19-Patienten sind: Erkrankungsbild COVID-19, aktiver Lebensstil oder Ernährungsberatung. Weitere ergänzende therapeutische Maßnahmen können je nach angegebenen Rehabilitationsziel und individueller Einschränkung die Ergotherapie, ein Balancetraining und Entspannungsmethoden sein.

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Eine Mitarbeiterin misst bei einem von COVID-19 genesenen Patienten in der Rehaklinik die Lungenfunktion. Post-COVID-19-Patienten haben häufig pulmonale Funktionsstörungen, die etwa auf Atemphysiotherapie ansprechen können.

Hygienekonzept

Hygienemaßnahmen in einer Rehabilitationseinrichtung richten sich nach der aktuellen Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention [26]. Zu Beginn einer PR sollte darauf geachtet werden, dass die Patienten nicht mehr ansteckend sind und eine ausreichende Immunität besitzen. In einigen Fällen ist in einem PCR-Test die Virus-RNA noch nachzuweisen, was nicht mit einer infektiösen Viruslast gleichgesetzt werden darf [14].

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Der Genesungsprozess sollte im ersten Jahr nach einer COVID-19-Akuterkrankung mit Langzeitfolgen mindestens einmal vierteljährlich geprüft werden, um rechtzeitig weitere unterstützende Maßnahmen initiieren zu können.

Merke: Therapiemaßnahmen variieren anhand des individuellen Rehabilitationsziels und der körperlichen Einschränkungen. Für die Teilnahme an einer PR sollte der Patient nicht mehr ansteckend sein und eine ausreichende Immunität besitzen.

Verordnung einer Rehabilitation

Der Anspruch auf eine Rehabilitationsmaßnahme ist in Deutschland im Sozialgesetzbuch IX hinterlegt. Abhängig von der Indikation und Zielsetzung unterscheidet sich der Hauptkostenträger für eine Rehabilitation (Reha). Bei Patienten mit dem Ziel, die Erwerbsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen oder die Verschlimmerung des Krankheitsbildes abzuwenden, kommt primär die gesetzliche Rentenversicherung als Kostenträger infrage. Wenn der Fokus auf der Prävention, dem Beseitigen oder Verhindern einer drohenden Pflegebedürftigkeit oder Behinderung liegt, tritt als Kostenträger die gesetzliche Krankenkasse ein. Die gesetzliche Unfallversicherung übernimmt die Kosten, wenn eine COVID-19 als anerkannte Berufserkrankung vorliegt.

Damit eine Reha zu Lasten der Kostenträger genehmigt wird, müssen eine Reha-Bedürftigkeit, -Fähigkeit und eine günstige Reha-Prognose vorliegen. Bei der Angabe aller relevanten Diagnosen ist es sinnvoll, neben der Hauptdiagnose "Post-COVID-19" weitere Krankheitsfolgen (z. B. Symptomlast) anzuführen, die die Reha-Bedürftigkeit eines Patienten hervorheben.

Als reha(bilitations)fähig gilt ein Patient, wenn er aufgrund seiner somatischen und psychischen Verfassung an den Therapien einer Rehabilitation teilnehmen kann. Das Rehabilitationsziel sollte alltagsrelevant sein und im Zeitraum der Reha erreicht werden können.

Bei der Rehabilitationsprognose wird angegeben, inwieweit das formulierte Ziel vollkommen oder eingeschränkt erreicht werden kann. Abhängig von der Indikation (Pneumologie, Neurologie, Kardiologie, Psychosomatik) und davon, welche Anforderungen die Rehabilitationseinrichtung erfüllen soll, kann eine Zuweisungsempfehlung gegeben werden [1, 27].

Merke: Für die Verordnung einer Post-COVID-Rehabilitation sind Angaben zur Fähigkeit und Bedürftigkeit eines Patienten und zum Ziel der Rehabilitation notwendig.

Rehabilitationsnachsorge

Am Ende einer Rehabilitation wird nicht bei allen Patienten eine ausreichende körperliche und psychische Stabilisierung stattgefunden haben, um direkt wieder in den Beruf und Alltag einsteigen zu können. Eine persistierende Symptomatik, beispielsweise eine Hypoxämie oder pulmonale Restriktion, können Einfluss auf die körperliche Leistungsfähigkeit und Erwerbsfähigkeit haben. Daher ist es häufig nötig, an eine Reha eine symptomorientierte ambulante Therapie anzuschließen. Schon während der Reha kann der Sozialdienst dazu beitragen, COVID-19-Patienten über Hilfsmöglichkeiten wie Wiedereingliederungs-Maßnahmen oder Hilfen bei drohender Pflegebedürftigkeit zu beraten [1, 14].

Der Genesungsprozess sollte im ersten Jahr nach der Akuterkrankung mindestens einmal vierteljährlich geprüft werden, um rechtzeitig weitere Rehabilitations-, Therapie- oder psychosoziale Maßnahmen unterstützend einsetzen zu können [1].

Fazit für die Praxis

Nach einer COVID-19 kann die Symptomatik unabhängig von der Schwere des Krankheitsverlaufes persistierenden. Diese hat meist einen negativen Einfluss auf die Lebensqualität, Alltagsaktivitäten und Erwerbsfähigkeit der Patienten. Eine zielgerichtete Rehabilitation kann dazu beitragen, den Heilungsprozess zu optimieren und Langzeitfolgen zu minimieren oder zu vermeiden. Je nach Schwerpunkt der Symptome sollte die Rehabilitationsmaßnahme indikationsspezifisch, aber multimodal erfolgen (Pneumologie, Kardiologie Neurologie, Psychosomatik). Der Genesungsfortschritt sollte regelmäßig überprüft werden. Denn ein Rehabilitationsbedarf kann nicht nur direkt nach der Krankenhausentlassung, sondern auch bei einer bestehenden oder neu hinzukommenden Symptomatik erst Monate nach der Akutphase entstehen.