Hintergrund und Fragestellung: Thromboembolische Ereignisse sind bei COVID-19 häufig und tragen zur Mortalität bei [1]. Kann eine therapeutische Antikoagulation im Vergleich mit einer Standard-Thromboseprophylaxe das Outcome nicht kritisch kranker hospitalisierter COVID-19-Patienten verbessern?

Patienten und Methoden: In eine multizentrische offene Studie wurden 2.219 hospitalisierte, nicht kritisch kranke COVID-19-Patienten aufgenommen. "Nicht kritisch krank" wurde definiert, wenn bei Aufnahme außer Sauerstoffgabe keine Form der Organunterstützung (Atemhilfe, Katecholamine etc.) benötigt wurde. Diese Patienten wurden in zwei Gruppen randomisiert. Die eine erhielt eine therapeutische Antikoagulation, die andere eine Standard-Thromboseprophylaxe, jeweils mit Heparin. Es erfolgte eine Untergruppierung anhand hoher, niedriger oder unbekannter D-Dimer-Werte. Der primäre Endpunkt war die Zahl an Tagen ohne Organunterstützung bis Tag 21. Die Ergebnisse wurden mittels Bayesscher Statistik ermittelt.

Ergebnisse: Die Studie wurde nach einer regulären Zwischenanalyse beendet, da prädefinierte Kriterien für die Überlegenheit der Voll-Antikoagulation erfüllt wurden. Bei nicht kritisch kranken COVID-19-Patienten erhöhte eine therapeutische Antikoagulation mit 98,6%iger Wahrscheinlichkeit die Zahl der Tage ohne Organunterstützung. Zudem überlebten in dieser Gruppe 4 % mehr Patienten ganz ohne Organunterstützung (95%-KI, 0,5-0,72). Im genannten Patientenkollektiv war die Voll-Antikoagulation mit hoher Wahrscheinlichkeit der Thromboseprophylaxe überlegen - unabhängig vom D-Dimer-Level. Der Effekt war etwas höher in der Gruppe mit hohen (97,3 %) oder unbekannten D-Dimeren (97,3 %) im Vergleich zur Gruppe mit niedrigen D-Dimeren (92,9 %).

1
figure 1

Anteil an nicht kritisch kranken COVID-19-Patienten, die bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus ohne Organunterstützung überlebten. Nach [7].

In beiden Gruppen kam die Mehrheit der Patienten ohne Organunterstützung aus, daher unterschied sich die mediane Zahl an Tagen nicht (beide 22). Zum Auftreten von relevanten Blutungen mit einer therapeutischen Antikoagulation kam es in 1,9 % vs. 0,9 % mit einer Thromboseprophylaxe.

Schlussfolgerung: Für nicht kritisch kranke COVID-19-Patienten erhöht eine therapeutische Antikoagulation mit Heparin die Wahrscheinlichkeit, dass keine Form der Organunterstützung benötigt wird.