Hintergrund und Fragestellung: Bekanntermaßen kann eine Infektion mit SARS-CoV-2 zu ganz unterschiedlicher Krankheitsschwere von COVID-19 führen. Ein Teil der Patienten entwickelt dabei eine ausgeprägte Hyperinflammation, die dann oft mit einem intensiv- und/oder beatmungspflichtigen Verlauf und damit schlechter Prognose einhergeht. Dementsprechend konnte durch die Gabe von systemischen Steroiden (z. B. Dexamethason) ein Effekt auf die Sterblichkeit erreicht werden. Wünschenswert sind darüber hinaus aber spezifischere antiinflammatorische Substanzen wie das gegen Interleukin-6 gerichtete Tocilizumab. Die bisherigen randomisierten Studien zu Tocilizumab bei COVID-19 hinsichtlich 28-Tage-Sterblichkeit zeigten allerdings bisher keine konsistenten Ergebnisse. Der genaue Stellenwert von Tocilizumab zur Behandlung von Patienten mit ausgeprägter systemischer Inflammation und hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz infolge COVID-19 ist derzeit noch nicht abschließend geklärt.

Patienten und Methoden: In der vorliegenden randomisiert-kontrollierten (open label) Studie wurden Patienten innerhalb des RECOVERY-Trial ("Randomised Evaluation of COVID-19 Therapy") bei manifester Hypoxie (Sauerstoffsättigung < 92 % bei Raumluft oder Notwendigkeit zur Sauerstofftherapie) und einem C-Reaktiven Protein (CRP) ≥ 75 mg/l entweder nur mittels Standardtherapie versorgt oder erhielten zusätzlich Tocilizumab in einer Dosis von 400-800 mg (abhängig vom Körpergewicht) intravenös. Eine weitere Dosis konnte nach 12-24 Stunden infundiert warden. Der primäre Endpunkt war die 28-Tage-Sterblichkeit (intention to treat), darüber hinaus wurden viele weitere Endpunkte definiert.

Ergebnisse: Im Zeitraum von April 2020 bis Januar 2021 wurden 4.016 Patienten in die Studie aufgenommen, wobei nach 28 Tagen 621 (31 %) der Tocilizumab-Gruppe (n = 2.022) and 729 (35 %) der Standardtherapie-Gruppe (n = 2.094) starben (relatives Risiko 0,85; 95%-KI 0,76-0,94; p = 0,0028; ▶Abb. 1). Diese Ergebnisse waren unabhängig von der zusätzlichen Gabe von systemischen Steroiden.

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Effekt der Zuweisung in die Tocilizumab-Gruppe auf die Mortalität bei COVID-19-Patienten mit manifester Hypoxie innerhalb von 28 Tagen nach Hospitalisierung.

Ebenso konnten Patienten der Tocilizumab-Gruppe signifikant häufiger nach 28 Tagen aus der Klinik entlassen werden (57 vs 50 %; relatives Risiko 1,22; 1,12-1,33; p < 0,0001). Unter den Patienten, die nicht primär beatmet waren, wurde in der Tocilizumab-Gruppe der kombinierte Endpunkt invasive Beatmung oder Tod seltener erreicht (35 vs 42 %; relatives Risiko 0,84; 95%-KI 0,77-0,92; p < 0,0001).

Schlussfolgerung: Bei hospitalisierten COVID-19 Patienten mit Hypoxämie und systemischer Inflammation, konnte durch die Gabe von Tocilizumab ein positiver Effekt auf das 28-Tage-Überleben und andere klinisch bedeutsame Entpunkte erreicht werden.