Hintergrund und Fragestellung: Die Pandemie durch SARS-CoV-2 wird als gesundheitliche Jahrhundert-Katastrophe betrachtet. Im Januar 2021 sind mehr als 100.000.000 Menschen weltweit erkrankt und mehr als 2 Millionen Menschen sind an der Erkrankung verstorben. Impfungen versprechen eine langsamere Ausbreitung von SARS-CoV-2 und Vorbeugung von Covid-19, bieten jedoch keine Therapieaussichten für akut erkrankte Patienten. Dringend werden therapeutische Konzepte gesucht. Insbesondere jüngere und gesunde Menschen zeigen nur in etwa der Hälfte relevante Symptome [1]. Ältere Patienten mit Vorerkrankungen entwickeln dagegen sehr häufig einen schweren oder tödlichen Verlauf. Daher ist es naheliegend, das Plasma von Personen mit überstandener Infektion zur Behandlung von besonderen Risikopatienten zu nutzen. In der Studie von Libster et al. wurden diese Therapieansätze untersucht.

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© Waltraud Grubitzsch / dpa-Zentralbild / picture alliance

Mithilfe des Blutplasmas nach COVID-19 genesener Menschen können erst kürzlich daran erkrankte Risikopatienten vor schweren Verläufen geschützt werden.

Patienten und Methoden: In der Zeit von Juni bis Oktober 2020 wurden insgesamt 160 Patienten (Alter: 77,2 ± 8,6 Jahre) in Buenos Aires/Argentinien mit Rekonvaleszenten-Plasma behandelt. Die Patienten mussten älter als 75 Jahre sein (oder 65 Jahre in Verbindung mit schweren Vorerkrankungen) und eine mittels PCR-Test nachgewiesene SARS-CoV-2-Infektion (CT-Wert 16,4 ± 7,4) haben. Die Symptome wie Fieber, Schwitzen, Husten, Luftnot, Myalgien, Rachenschmerzen oder Geschmacksverlust durften höchstens seit 3 Tagen bestanden haben. Die Studie wurde von der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung finanziell unterstützt. Aufgrund der Abnahme von Erkrankungsfällen wurde die Studie vorzeitig gestoppt. Als primärer Endpunkt war die Entwicklung einer schweren respiratorischen Erkrankung mit erhöhter Atemfrequenz und Sauerstoff-Desaturationen kleiner 93 % (Raumluft) gewählt worden. Die Patienten wurden randomisiert und erhielten 250 ml Rekonvaleszenten-Plasma mit einem IgG-Antikörper-Titer > 1:1.000 gegen das SARS-CoV-2-spike-Protein oder 250 ml Kochsalzlösung. Die Kosten für eine Portion des Plasmas wurden in Buenos Aires mit 186,25 US-Dollar angegeben.

Ergebnisse: 4 Patienten in der Verum-Gruppe erlitten eine relevante Verschlechterung bevor die Plasmagabe erfolgen konnte. Es erfolgte trotzdem eine Intention-to-Treat-Analyse. Das Risiko für den primären Endpunkt wurde auf 0,52 gesenkt (13/80 Plasma und 25/80 Kochsalz). Das relative Risiko für eine lebensbedrohliche respiratorische Insuffizienz betrug 0,4 unter Plasma und in der Plasmagruppe starben 2/80 und in der Kochsalzgruppe 4/80 Patienten. In der mit Plasma behandelten Gruppe wurden höhere Antikörper-Titer nachgewiesen. Weiterhin zeigte sich ein dosisabhängiger Effekt: Die Patienten die Plasmen mit einem Titer > 1:3.200 hatten eine Risikoreduktion von 73 % gegenüber den Patienten, die ein Plasma mit niedrigerem Antikörpergehalt erhalten hatten. Die number needed to treat um einen schweren Verlauf zu verhindern, betrug für die hochtitrige Plasmagruppe 4. Rechnet man die 4 Patienten, die schon vor der Infusion schwere Symptome entwickelt hatten heraus, so finden sich noch stärkere Therapieeffekte.

Schlussfolgerung: In der prospektiv randomisieren Studie an älteren akut an COVID-19 erkrankten Patienten mit milden Symptomen reduzierte die einmalige Therapie mit 250 ml Rekonvalezenten-Plasma den Progress der Viruserkrankung deutlich.