Fragestellung: Hat Dexamethason einen positiven Effekt auf den Erkrankungsverlauf bei hospitalisierten Patienten mit COVID-19?

Hintergrund: COVID-19 verursacht im Rahmen des Zytokinsturms in der späten Krankheitsphase einen diffusen Lungenschaden mit progredienter respiratorischer Insuffizienz und möglichem Übergang in ein Multiorganversagen. Glukokortikoide könnten diese immunvermittelte Schädigung abschwächen und damit die Mortalität reduzieren.

Patienten und Methoden: In dieser adaptiven Studienplattform des britischen staatlichen Gesundheitssystems (National Health Service/NHS) wurden an 176 Kliniken im Vereinigten Königreich mehrere mögliche Therapien bei COVID-19 untersucht. In einem vorläufigen Bericht werden die Daten zu Dexamethason berichtet. Hospitalisierte Patienten wurden in einem kontrollierten, unverblindeten Design randomisiert einer Behandlung mit Dexamethason 6 mg/Tag oral oder intravenös über maximal 10 Tage oder der Standardbehandlung zugeteilt.

Primärer Endpunkt war die Mortalität nach 28 Tagen. Sekundäre Endpunkte waren die Zeit bis zur Entlassung und bei Patienten ohne invasive Beatmung zum Zeitpunkt der Randomisierung die Progression zur Beatmungsbedürftigkeit.

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Die Mortalität von beatmeten COVID-19-Patienten ist hoch. Dexamethason kann sie etwas reduzieren.

Ergebnisse: 2.104 Patienten erhielten Dexamethason, 4.321 Patienten fungierten als Vergleichsgruppe mit einer Standardbehandlung. 482 Patienten (22,9%) in der Dexamethason-Gruppe und 1.110 Patienten (25,7%) in der Standardgruppe starben innerhalb von 28 Tagen nach der Randomisierung, was einer Rate Ratio von 0,83 (95%-Konfidenzintervall [KI] 0,75-0,93; p <0,001) entspricht. Der Effekt war am stärksten ausgeprägt bei Patienten unter invasiver Beatmung (29,3% vs. 41,4%; Rate Ratio 0,64; 95%-KI 0,51-0,81). Auch Patienten mit Sauerstoffsubstitution ohne Beatmung profitierten deutlich (23,3% vs. 26,2%, Rate Ratio 0,82; 95%-KI 0,72-0,94). Bei Patienten ohne respiratorischen Support zeigte sich kein positiver Effekt (17,8% vs. 14,0 %; Rate Ratio 1,19; 95%-KI 0,91-1,55).

Auch der Zeitabstand zwischen Symptombeginn und Behandlungsbeginn hatte einen Einfluss: Patienten mit Behandlungsbeginn < 7 Tage nach Symptombeginn hatten eine Rate Ratio von 1,01 (0,87-1,17), bei Patienten mit Behandlungsbeginn nach > 7 Tagen lag die Rate Ratio bei 0,69 (0,59-0,80).

Patienten in der Dexamethason-Gruppe hatten einen kürzeren Krankenhausaufenthalt (im Median 12 vs. 13 Tage) und ein geringeres Risiko für eine Progression zur invasiven Beatmung (Risk Ratio 0,77; 95%-KI 0,62-0,95).

Schlussfolgerung: Bei hospitalisierten Patienten mit COVID-19, die entweder eine invasive Beatmung oder eine Sauerstofftherapie allein erhielten, reduzierte Dexamethason die 28-Tage-Mortalität, nicht aber bei Patienten ohne respiratorischen Support.