Die Situation hat sich für SCLC-Patienten seit dem Jahr 2000 kaum verändert. Die 3-Jahres-Überlebensraten lägen weiter unter 20 %, sagte Prof. Wolfgang Schütte vom Krankenhaus Martha-Maria in Halle. Die Standardtherapie im fortgeschrittenen Stadium — dem Gros der Patienten bei Diagnosestellung — beschränkt sich in der Erstlinie auf meist platinbasierte Chemotherapeutika plus Etoposid oder Irinotecan und Topotecan (Anprechrate 5–17 %) in der Zweitlinie [1]. Der Tumor rezidiviert oft und die Prognose ist dann meist infaust. Angiogenesehemmung brachte keinen Vorteil, bei gehäuften Thromboembolien. Für PD-L1-Hemmer gibt es noch zu wenige Daten, ein Ansprechen ist, anders als beim NSCLC, schwer vorauszusehen. „Wir brauchen dringend Innovationen“, so Schütte.

Rovalpituzumab Tesirine (Rova-T) besteht aus einem SC16-Antikörper, an den ein Pyrrolobenzodiazepin-Dimer-Toxin gekoppelt ist. Der Antikörper bindet an Delta Like Ligand 3 (DLL3). Dieser Biomarker wird von etwa 80 % der SCLC- und deren Vorläuferzellen an der Oberfläche exprimiert und ist offenbar an deren Genese beteiligt, aber kaum auf gesundem Gewebe zu finden, wie PD Dr. Niels Reinmuth, Thorakale Onkologie, Asklepios Fachkliniken München-Gauting, erläuterte. Über DLL3 wird Rova-T ins Zellinnere geschleust, wo das Chemotherapeutikum enzymatisch freigesetzt zytotoxisch wirkt. Dies sei der erste derartige Ansatz in dieser Indikation, so Reinmuth. Geprüft wird das Konjugat derzeit u. a. in den Phase-III-Studien MERU und TAHOE in der Erst- und Zweitlinie.

Daten einer ersten publizierten open-label Dosisfindungsstudie mit 74 SCLC-Patienten ergaben eine Ansprechrate nach RECIST* in der Zweit- und Drittlinie von 18 % bei DLL-3-Exprimierung, hochexprimierende Teilnehmer (67 % in der Studie) erreichten 38 % [2]. Das sei besser als mit Topotecan und vielversprechend, so Reinmuth. Besonderes Augenmerk müsse aber den unerwünschten Effekten des Konjugats gelten, zumeist Pleura- und Perikardergüsse, aber z. B. auch Rash und Thrombozytopenie, letztere war in der Studie dosislimitierend. Zwei Todesfälle wurden auf das Konjugat zurückgeführt.

Erste Ergebnisse der Phase-II-Effektivitäts-Studie TRINITY [3], die beim ASCO-Kongress im Juni 2018 präsentiert werden soll, führten nun dazu, in den USA von einem beschleunigten Zulassungsverfahren für Rova-T in der Indikation refraktäres und rekurrentes SCLC in der Drittlinie abzusehen. Hier lag die objektive Ansprechrate nach RECIST unerwartet niedrig bei 16 %. Unter bestimmten Voraussetzungen (74 % der 177 Teilnehmer mit DLL-3-Exprimierung) lag die Rate des „besten Gesamtansprechens“ bei 29 %. Nun werden die Phase-III-Daten mit Spannung erwartet.