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Die Amischen betreiben Landwirtschaft mit Tieren statt Maschinen. Es sieht so aus, als würden sie auch dadurch vor Asthma geschützt.

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Fragestellung: Lässt sich die Hygiene-Hypothese an zwei isoliert lebenden Bevölkerungsgruppen bestätigen?

Hintergrund: Die Hypothese, dass Umwelteinflüsse im Kindesalter die Prävalenz von Asthma beeinflussen, ist bekannt. In dieser Studie wurden nun zwei Populationen untersucht, die beide landwirtschaftlich tätig sind, aber unterschiedliche Lebensweisen haben: Die Amischen und die Hutterer. Beide leben in den USA isoliert in ihrer Gruppe. Die Amischen praktizieren aufgrund ihrer Einstellung traditionelle Landwirtschaft mit Pferden und ohne Maschinen. Die Hutterer dagegen betreiben hochindustrialisierte Landwirtschaft mit modernen Geräten.

Patienten und Methoden: Die Autoren untersuchten die Asthma-Prävalenz bei Kindern beider Populationen, indem sie deren Blut auf Allergiezellen und Zytokine sowie die Reaktionen von Leukozyten auf Stimuli wie Lipopolysaccharide testeten. Zudem maßen sie den Hausstaub in den Wohnungen und untersuchten Mäuse, die sie mit Hausstaub aus den Häusern beider Gruppen exponierten, auf allergische Reaktionen.

Ergebnisse: In beiden Populationen wurden 30 Kinder untersucht. Bei den Amischen fand sich kein Kind mit Asthma, bei den Hutterer sechs Kinder. Die Amischen wiesen ein niedrigeres IgE auf als die Hutteriten, ebenso eine höhere Leukozytenzahl. Genexpressions-Profile der Leukozyten ergaben, dass unterschiedliche Gene hochreguliert waren. Genauere Analysen zeigten, dass bei den Amischen Gene überexprimiert wurden, die sowohl TNF als auch Interferon Faktor 7 beeinflussen – zwei Schlüsselproteine für die Immunantwort auf mikrobielle Stimuli.

Im Hausstaub waren bei den Amischen sehr viel höhere Mengen an Endotoxinen nachweisbar als bei den Hutterer. Ebenso fanden sich deutliche Unterschiede in beiden Bakterien-Proben. Die Tierversuche am klassischen Ovalbumin-Mausmodell für Asthma ergaben, dass der Staub aus den Häusern der Hutterer nicht vor durch Ovalbumin induzierter allergischer Inflammation schützte, während der Staub der Amischen diese Reaktion signifikant verminderte.

Schlussfolgerungen: Die Autoren folgern aus den Ergebnissen ihrer Untersuchung, trotz der geringen Zahl an Probanden, dass das Umfeld der Amischen vor Asthma bronchiale schützt. Sie haben einen Einfluss auf das angeborene Immunsystem und eine Antwort auf Substanzen nachgewiesen, denen wir von Kindheit an ausgesetzt sind. Das Asthmarisiko ist daher erhöht, wenn solche Stimulationen des angeborenen Immunsystems schwach sind.

Kommentar von Prof. Dr. med. Joachim Bargon

Präventionsstrategien für die Zukunft?

Die Arbeit bestätigt die schon länger bekannte, durch Studien belegte und durchaus anerkannte Hygienetheorie. Die These, dass hier vor allem Endotoxine eine Rolle spielen, wird schon lange diskutiert und durch große epidemiologische Studien nahegelegt [1]. Diese Arbeit ist die erste, die wirklich zeigt, dass diese Umweltfaktoren einen Einfluss auf Zellen im Blut und auf die Genexpression bei Kindern haben. Ebenso wird deutlich, dass eine gewisse Zusammensetzung von Inhalationssubstanzen die Asthma-Entwicklung beeinflusst.

Für die Entwicklung von Strategien, wie Asthma früh verhindert werden kann, fehlt uns noch ein wenig das Wissen. Die relevanten Stimuli und der genaue Vorgang unserer angeborenen Immunantwort müssen erforscht werden. Im Hinblick auf die Kosten, die für die Behandlung des Asthmas weltweit entstehen, macht es Sinn – unabhängig von dem Leiden der Patienten – in diese Richtung weiter zu forschen.

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Prof. Dr. med. Joachim Bargon