Die Studie wurde mit einer großen Zahl an Probanden durchgeführt (n = 1441, Alter zwischen 13 und 39 Jahren). Die mittlere Beobachtungsdauer von 24 Jahren ist dem Zeitverlauf der Pathophysiologie des diabetischen Spätsyndroms angemessen. Gerade bei der Entwicklung der Nephropathie hatten frühere Studien aufgrund der geringen Beobachtungsdauer häufig nur eingeschränkte Aussagekraft.

In der vorliegenden Studie handelte es sich um Teilnehmer der DCCT-Studie, bei der es ursprünglich um die Effekte einer intensiven gegenüber einer konventionellen Blutzuckereinstellung ging, sowie der EDIC-Studie. Der Blutdruck wurde während der DCCT-Studie (Beobachtungsdauer 10 Jahre) dreimonatlich und anschließend jährlich gemessen. Endpunkte waren Makroalbuminurie (Albuminausscheidung > 300 g/Tag) und eine Niereninsuffizienz im Stadium III (eGFR < 60 ml/min/1,73 m2).

Wie Abbildung 1 zeigt, sind beide Endpunkte signifikant mit dem Blutdruck der Studienteilnehmer assoziiert. Auch nach der Adjustierung für Alter, Ethnizität, Bildung, Familienanamnese einer Hypertonie, Albuminurie, Nikotingebrauch, HbA1c, Body-Mass-Index, Antihypertensiva-Therapie, RAS-Blocker-Therapie, und Ausgangsnierenfunktion blieb die Abhängigkeit der Endpunkte vom Blutdruck signifikant.

Abb. 1
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Hazard Ratio für das Erreichen der Endpunkte Makroalbuminurie und Niereninsuffizienz im Stadium III in Abhängigkeit vom diastolischen und systolischen Blutdruck (nicht adjustierte Daten). Für einen Blutdruck von 130–139 mmHg systolisch und 80–89 mmHg diastolisch wurde das relative Risiko 1 definiert.

© Nach Ku et al. Diabetes Care 2016;39:2218–2224

Dies gilt sowohl für den systolischen als auch für den diastolischen Blutdruck. Die ursprüngliche Zuordnung zu einer intensiveren oder konventionellen Blutzuckereinstellung hatte keinen Einfluss auf die Ergebnisse.

Kommentar

Eine Schwäche der Untersuchung ist, dass es sich nicht um eine Interventionsstudie, sondern um eine Beobachtungsstudie handelte. Diese Befunde bedürfen daher der Bestätigung durch eine Interventionsstudie.

Die Untersuchung ist andererseits nicht nur wegen der langen Beobachtungsdauer bemerkenswert, die gerade für die Entwicklung einer diabetischen Nephropathie von entscheidender Bedeutung ist. Hinzu kommt, dass mit dem harten Endpunkt Niereninsuffizienz im Stadium III der bislang übliche Surrogatparameter der Albuminurie sinnvoll ergänzt wurde. Die Befunde lassen vermuten, dass der gegenwärtig empfohlene Zielblutdruck von < 140/90 mmHg zu hoch ist, um eine effektive Prävention der Nephropathie bei Typ-1-Diabetikern zu gewährleisten.

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Prof. Dr. med. Walter Zidek