Mit einem neuen Modell lassen sich 5 Gruppen von Menschen mit chronisch myeloischer Leukämie (CML) mit unterschiedlichem Risiko für ein Versagen der Imatinib-Therapie unterscheiden.

Das Modell kann damit bei der Entscheidung helfen, ob ein frühzeitiger Wechsel oder gleich ein Therapiebeginn mit einem Tyrosinkinaseinhibitor (TKI) der zweiten Generation sinnvoll sein könnte. Weltweit ist Imatinib der TKI, der am häufigsten in der Erstlinientherapie bei CML eingesetzt wird. Die festgelegten Meilensteine des molekularen Ansprechens werden damit allerdings langsamer erreicht und ein größerer Anteil der Betroffenen erleidet einen Progress als mit neueren TKI. Chinesische Forschende entwickelten daher ein Instrument, um das Risiko für ein Therapieversagen unter Imatinib vorherzusagen. Basis waren Daten von 1.364 konsekutiven Patientinnen und Patienten mit CML in chronischer Phase, die initial Imatinib erhalten hatten. Im Trainingsset mit 908 Erkrankten wurden als signifikant mit dem versagensfreien Überleben (FFS) assoziierte Faktoren die folgenden Faktoren identifiziert:

  • Leukozytenzahl (WBC) ≥ 120 × 109/l,

  • Hämoglobinkonzentration < 115 g/l,

  • Basophilen im Blut ≥ 12 % und

  • ein intermediäres oder hohes Risiko nach dem ELTS(The EUTOS Long-Term Survival)-Score.

Für das Vorhersagemodell, genannt Imatinib-Therapie-Failure (IMTF), wurde jede Kovariate mit einem Punkt bewertet, nur das hohe ELTS-Risiko mit 2 Punkten. Bei einem niedrigen Risiko (Wert 1) war das Risiko für ein Therapieversagen gut 3-fach gegenüber keinem Risikofaktor erhöht (Hazard Ratio [HR] 3,2), bei einem sehr hohen Risiko (≥ 4 Punkte) um mehr als das 14-Fache (HR 14,2, Tab. 1). Das ließ sich in der Validierungskohorte der übrigen 456 Erkrankten in etwa bestätigen (niedriges Risiko: HR 2,7, sehr hohes Risiko: HR 12,2). Die AUC("area under receiver-operator characteristic curve")-Werte für das auf 1, 3 oder 5 Jahre bezogene progressionsfreie Überleben (PFS) lagen im Trainingsset bei 0,79-0,84, im Validierungsset bei 0,78-0,85.

Tab.1 : Therapieversagen-freies Überleben (FFS) im IMTF-Modell

Zwischen den 5 Risikokohorten zeigten sich signifikante Unterschiede in der kumulativen Inzidenz eines IMTF und der Wahrscheinlichkeit für ein FFS. Das Modell korrelierte auch mit der Wahrscheinlichkeit für ein PFS oder das Gesamtüberleben.

Die Forschenden betonen, dass sie bewusst keine Schlüsse über die therapeutischen Konsequenzen aus der Zuordnung zu einer Risikokategorie gezogen haben. Dies sei abhängig davon, welche Risiken als akzeptabel gelten und wie Kosten-Nutzen-Relationen in den einzelnen Regionen der Welt bewertet werden.

Fazit: Mit dem IMTF-Modell lässt sich das Risiko für ein Therapieversagen von Imatinib und die Wahrscheinlichkeit für ein FFS bei Erkrankten mit CML in chronischer Phase individuell abschätzen. Eine Validierung in anderen Populationen, z. B. in Europa ist wünschenswert.

Zhang XS et al. A predictive scoring system for therapy-failure in persons with chronic myeloid leukemia receiving initial imatinib therapy. Leukemia. 2022;36(5):1336-42