Seit Anfang der 1960er-Jahre gibt es immer wieder Berichte über die Entstehung von intrakraniellen Aneurysmen nach einer Bestrahlung. Systematische Untersuchungen fehlten bisher. Deshalb haben Ärzte um den Neurochirurgen Wei-Hsun Yang vom Chang Gung Memorial Hospital in Chiayi, Taiwan, die nationale Datenbank NHIRD (The National Health Insurance Research Database) mit medizinischen Informationen von mehr als 26 Millionen Einwohnern nach Befunden zu Kopf-Hals-Tumoren durchforstet.

Die Ärzte beschränkten sich auf den Zeitraum zwischen 2000–2012. In dieser Zeit wurden mehr als 15.200 Patienten wegen eines NPC bestrahlt. Über 39.000 Patienten hatten einen anderen Kopf-Hals-Tumor als ein NPC und wurden ebenfalls bestrahlt. In der Kontrollgruppe waren schließlich mehr als 16.300 Kopf-Hals-Tumor-Patienten ohne NPC und ohne Strahlentherapie. Intrakranielle nicht rupturierte Aneurysmen wurden auf Basis der ICD9-Klassifikation diagnostiziert. Unberücksichtigt in der Studie blieben Patienten mit einer spontanen subarachnoidalen Blutung und einem tiefen Koma (Glasgow Coma Scale: < 6 von maximal 15). Das Follow-up erfolgte bis zum Auftreten eines intrakraniellen Aneurysmas oder des Todes oder bis Ende 2013.

Wie die Ärzte berichten, wurden die Patienten mit einer Strahlengesamtdosis zwischen 66 und 74 Gy in Fraktionen zwischen 1,8 und 2,1 Gy behandelt, in der adjuvanten Situation mit einer Dosis zwischen 60 und 66 Gy in Fraktionen zu 1,8 bis 2 Gy. Die Sterberaten lagen bei 33 % in der Gruppe mit NPC mit Bestrahlung, 56 % ohne NPC mit Bestrahlung und 22 % in der Kontrollgruppe ohne NPC ohne Bestrahlung.

Aus der multivariaten Analyse geht hervor, dass das Risiko für intrakranielle Aneurysmen in der Gruppe mit NPC mit Bestrahlung am höchsten war, und zwar um fast das Zweifache höher als in der Kontrollgruppe (Hazard Ratio [HR] 1,99; 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 1,23–3,21; p < 0,01) (Abb. 1).

Abb. 1
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Die höchste Inzidenzrate für ein intrakranielles Aneurysma hatte die Gruppe mit Nasopharynxkarzinom und Bestrahlung (NPC-RT).

© modifiziert nach Yang WH et al. 2019.

Als ein weiterer Risikofaktor entpuppte sich in der Studie eine Hypertonie, die ebenfalls mit einer doppelt so hohen Wahrscheinlichkeit für die Aneurysmenbildung assoziiert war (HR 2,01; 95 %-KI 1,22–3,31; p < 0,01).

Fazit: Die Ärzte vermuten, dass das höhere Aneurysmarisiko darauf beruht, dass die intrakraniellen Gefäße durch das bei NPC gewählte Bestrahlungsfeld verstärkt den Strahlen ausgesetzt sind, vor allem Gefäße des Sinus cavernosum. In der Studie hatten sich die Gefäßaussackungen etwa vier Jahre nach der Bestrahlung gebildet. Wie solche Aneurysmen nach Bestrahlung entstehen, ist noch unklar. Aufgrund der Ergebnisse empfehlen die Ärzte ein langfristiges Monitoring von Patienten mit einem NPC, die hochdosiert bestrahlt wurden.