_ Zellen bereiten ihren Stoffwechsel auf freie Radikale vor, bevor diese entstehen. Dies weisen Markus Ralser und Kollegen des Max-Planck-Instituts (MPI) für molekulare Genetik in Berlin nach [Grüning N-M et al. Cell Metabol. 2011;14: 415–27]. Hintergrund: Bis zu 2 % des zur Zellatmung verbrauchten Sauerstoffs wandelt sich um in Superoxid — dem toxischen und potenziell kanzerogenen freien Radikal. Am Beispiel von Hefe zeigten die MPI-Forscher nun, auf welche Weise das Anti-Radikal-Feintuning in eukaryotischen Zellen funktioniert: Das kohlenhydratabbauende Enzym Pyruvatkinase sorgt bei geringer Aktivität — gleichbedeutend mit hoher Atmungsaktivität und ergo erhöhter Radikalproduktion — für ein sehr aktives Antioxidationssytem (Abb.). „Zellen können also frühzeitig erkennen, wann eine erhöhte Radikal-Produktion auftreten wird und ihren Stoffwechsel schon anpassen, bevor es überhaupt zur Produktion der freien Radikale kommt“, erklärte Ralser. Er hofft, über diesen Rückkoppelungsmechanismus in Tumorzellen gezielt Nährstoffmangel auslösen zu können, um so neue antitumorale Wege zu beschreiten.

Abb.
figure 1

Pyruvatkinase als Schlüssel der antioxidativen Regulation. Zitat der MPI-Forscher: „Diese Mechanismen arbeiten hoch effizient und gut koordiniert, sodass entgegen der landläufigen Meinung die Behandlung gesunden Gewebes mit Antioxidanzien das natürliche Gleichgewicht stören und im schlimmsten Fall sogar Zellen schädigen und den Alterungsprozess beschleunigen kann.“

© [M] Art For Science

Oxidativer Stress harmloser als gedacht?

Tumoren und das Altern stehen im Verdacht, durch oxidativen Stress mitverursacht oder beschleunigt zu werden. „Bislang konnte aber niemand oxidative Veränderungen oder gar deren Zusammenhang mit krankhaften Prozessen in einem lebenden Organismus direkt verfolgen“, sagte Tobias Dick, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ). Trotzdem werden Antioxidanzien als gesundheitsfördernd angepriesen. Tobias Dick und seine Mitarbeiter lassen jetzt Zweifel aufkommen an der Gültigkeit gängiger Stress-Thesen — mit an Fruchtfliegen erzielten Ergebnissen: Die Forscher fanden dabei keine Hinweise darauf, dass die Lebensspanne durch die Bildung schädlicher Oxidanzien begrenzt wird [Albrecht SC et al. Cell Metabol. 2011;14: 819–29].