Ein vier Monate alter Junge kam mit einer seit drei Tagen bestehenden Schwellung und Rötung auf der rechten Seite des Halses in die Notaufnahme (Abb. 1). Seit seiner Geburt hatte er dort ein Hautgrübchen. Die Körpertemperatur betrug 37,9 °C. Bei der körperlichen Untersuchung zeigte sich eine punktförmige Einziehung vor dem Musculus sternocleidomastoideus, die von einer Schwellung und einem Erythem umgeben war. Es wurde eine Aspiration durchgeführt. In der Kultur wuchsen Staphylococcus lugdunensis und Bacteroides pyogenes. Der Patient wurde über zwei Wochen mit Amoxicillin-Clavulansäure behandelt.

Abb. 1
figure 1

Kazuki I et al. N Engl J Med. 2022;386:e67

: Infizierte Halszyste bei einem vier Monate alten Jungen

Die MRT des Halses zeigte eine sackförmige Struktur, die sich von der rechten Gaumenmandel bis unter die Haut des lateralen Halses erstreckte. Als Diagnose wurde eine infizierte Halszyste gestellt. Die Zyste wurde vier Monate nach der ersten Präsentation operativ herausgeschnitten. Bei der Nachuntersuchung sechs Monate später waren die Symptome abgeklungen.

Kazuki I et al. Second branchial cleft cyst. N Engl J Med. 2022;386:e67

Kommentar

Die laterale Halszyste (Branchialzyste, Astspaltzyste) entsteht im Rahmen der Embryonalentwicklung durch die ausbleibende Rückbildung des meist zweiten Kiemenbogens: Während der Entwicklung eines menschlichen Embryos bilden sich vier Kiemenbögen. Der erste entwickelt sich normalerweise zum äußeren Gehörgang, aber die restlichen drei Bögen obliterieren und haben bei normaler Entwicklung keine persistierenden Strukturen. Eine Persistenz oder abnormale Bildung dieser vier Bögen kann zu Kiemenbogenzysten führen, die über die Nebenhöhlen abfließen können oder nicht. Die Zyste wird häufig erst in der Pubertät erkannt, wenn sie sich vergrößert und eine ovale Form annimmt.

Klinisch imponiert die laterale Halszyste durch eine indolente intermittierende oder kontinuierlich an Schwellung zunehmende Raumforderung, die selten schmerzhaft ist. Häufig tritt eine Fistelung nach präaurikulär oder im Bereich des Vorderrands des M. sternocleidomastoideus auf. Intraoral stellt sich das Fistelmaul, wenn vorhanden, im Bereich des hinteren Gaumenbogens dar. Durch die Verlegung von Fistelgängen kann es zu wiederholten Infektionen im Sinne einer Retentionszyste kommen.

Nach Anamnese und klinischer Untersuchung kann mittels Sonografie das typische Bild eines mit Flüssigkeit gefüllten Hohlraums bestätigt werden. Bei Unklarheiten, ausgeprägten Befunden und zur besseren Therapieplanung sollte eine MRT erfolgen. Therapie der ersten Wahl ist die chirurgische Exstirpation. Sollte es sich um einen Befund mit Fistelung handeln, kann über den Fistelgang zur besseren Darstellung ein Farbstoff appliziert werden. Findet sich dieser Farbstoff intraoral im Bereich des Rachens, ist von einer kompletten Fistel auszugehen. Daraufhin müssen sowohl das Fistelmaul als auch der gesamte Fistelgang freigelegt und entfernt werden.