Die Epilepsiechirurgie ist eine wichtige Behandlungsoption für Patienten mit pharmakorefraktärer Epilepsie. Häufig wird postoperativ Anfallsfreiheit erreicht. In einer Studie wurde nun eine umfangreiche Kohorte analysiert, bei der nach epilepsiechirurgischer Intervention und mehrjähriger Anfallsfreiheit doch noch ein Spätrezidiv auftrat.

Von 1.278 Epilepsiepatienten mit resektiver Operation im Zeitraum von 1999 bis 2015 hatten 99 (7,7 %) Patienten ein Spätrezidiv. Gut ein Drittel (35,4 %) davon waren zum Zeitpunkt der Operation Kinder. Bei einem mittleren Follow-up von 9,7 Jahren betrug die mittlere Zeit bis zum Anfallsrezidiv 56,6 Monate. In der multivariaten Analyse führten eine unvollständige Resektion, bilaterale Läsionen in der präoperativen MRT und das Auftreten der Epilepsie im ersten Lebensjahr zu einem signifikant höheren Risiko für ein spätes Rezidiv (Abb. 1). In dieser überwiegend "läsionalen" Kohorte war die vollständige Resektion der MRT-Läsion der wichtigste Faktor für langfristige Anfallsfreiheit. Es wurden zwei Muster von Rezidiven identifiziert:

Abb. 1
figure 1

© Prof. K. Schunk

: Zerebrale MRT eines sieben Monate alten weiblichen Säuglings mit therapieschwieriger Epilepsie. Minimale Hemimegalenzephalie links, unmittelbar vor der prächirurgischen Abklärung (coronare Schicht, T2-Wichtung)

  • Unvollständig resezierte Läsionen mit Anfallsentstehung in der Nähe der ursprünglichen Resektion

  • Epileptogene Netzwerke, die präoperativ nicht erkannt wurden oder sich im postoperativen Intervall entwickelten und sich mit neuen klinischen und diagnostischen Merkmalen manifestierten.

Petrik S et al. Epilepsy surgery: Late seizure recurrence after initial complete seizure freedom. Epilepsia 2021;62:1092-104

Kommentar

Diese retrospektive Analyse einer großen Patientenkohorte an einem europäischen Referenzzentrum für Epilepsiechirurgie identifizierte wichtige Prädiktoren für späte Anfallsrezidive. Grundsätzlich sollte eine erneute präoperative Evaluation bei Rezidiv-Patienten durchgeführt werden, da eine Reoperation bei gut ausgewählten Patienten in 50-60 % Anfallsfreiheit erreicht.

Die Ergebnisse aus dieser Patientenkohorte liefern aber auch nützliche Informationen für das weitere Verständnis des späten Anfallsrezidivs nach einer Epilepsieoperation. Die Ergebnisse unterstreichen, dass die exakte Definition der "Anfallsbeginnzone" als Annäherung an die epileptogene Zone und deren vollständige Resektion essenziell für eine langfristige Anfallsfreiheit sind. Von der präoperativen Diagnostik hatten in dieser Studie nur bilaterale Läsionen im MRT, nicht aber diskordante EEG- oder funktionelle Bildgebungsbefunde, einen signifikant negativen Einfluss auf das späte Rezidiv. Der Vergleich der diagnostischen Ergebnisse vor und nach dem Rezidiv lieferte Hinweise auf eine De-novo-Epileptogenese bei weniger als einem Drittel der Patienten, so dass multiple Muster des Anfallsrezidivs beteiligt zu sein scheinen. Höhere Antiepileptika-Dosen oder eine längere antiepileptische Medikamenteneinnahme schützten nicht vor späten Anfallsrezidiven.