Die Welt wundert sich darüber, weshalb viele asiatische Gesellschaften relativ gut mit COVID-19 zurechtkommen - auch wenn sie keiner Polizeidiktatur unterworfen sind. Mit anderen Worten: Weshalb wirken die Maßnahmen dort im Gegensatz zu den USA und Europa besser?

Die britische CORSAIR-Studie - präsentiert von sechs Institutionen des öffentlichen Gesundheitswesens, als preprint jedoch noch mit Vorsicht zu interpretieren - offenbart beängstigende Verhaltensweisen. Über den Zeitraum vom 2. März bis zum 5. August 2020 wurden online 21 Umfragen mit je circa 2.000 Teilnehmern durchgeführt. Die Untersucher erhielten von 31.787 britischen Bürgern (Mindestalter 16 Jahre) 42.127 valide Antworten, darunter zu der

  • Zuordnung von Schlüsselsymptomen (Husten, Fieber, Verlust des Geruchssinns) zur Verdachtsdiagnose einer COVID-19-Erkrankung

  • Einhaltung von Quarantäne durch Symptomträger

  • Durchführung des empfohlenen Antigentests bei Symptomträgern

  • Verständigung von Kontaktpersonen im Falle eines positiven Tests

  • Einhaltung der Quarantäne nach Kontakt mit einem bestätigten COVID-19-Fall.

Nur 48,9 % der Teilnehmer konnten Schlüsselsymptome der COVID-19-Erkrankung identifizierten. Etwa 70 % der Befragten hatten sich vorgenommen, sich sozial zu isolieren, falls sie an sich selbst einschlägige Symptome beobachten würden. Nur 18,2 % der Symptomträger handelte aber auch entsprechend, Tendenz im Verlauf der Erhebung abnehmend. Gerade einmal 11,9 % der Personen, die innerhalb der vorangegangenen sieben Tage einschlägige Symptome hatten, bemühten sich um eine Testung. Theoretisch beabsichtigt hatten es knapp 50 %.

Immerhin 76,1 % der Personen, die innerhalb der sieben der Befragung vorangegangenen Tag keine COVID-19-verdächtigen Symptomen hatten, äußerten die Absicht, den National Health Service (NHS) über ihre engen Kontaktpersonen zu unterrichten, falls sie selbst positiv getestet würden. Aber nur 10,9 % der Personen, die vom NHS verständigt worden waren, in engem Kontakt zu einer positiv getesteten Person gestanden zu haben, hielten die empfohlene Quarantäne ein - geplant hatten das 65 %, zumindest nach eigener Auskunft gegenüber den Interviewern (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

: Anteil der Personen, die nach Kontakt mit einer COVID-19-positiven Person eine 14-tägige Quarantäne eingehalten haben, im Vergleich zu denjenigen, die vor einem entsprechenden Kontakt das Einhalten der Quarantäne versprochen hatten.

Verantwortlich für diese Resultate seien eher Männer, Angehörige jüngerer Altersgruppen, Personen mit einem unterhaltsberechtigten Kind im Haushalt, Familien mit niedrigerem sozioökonomischem Status, schwierige Lebensbedingungen (Not) während der Pandemie und Arbeit in einer Schlüsselposition. Die Autoren kamen zu folgenden Schlussfolgerungen: Praktische Unterstützung und finanzielle Erstattung könnten erwünschtes Verhalten erleichtern. Es könne auch notwendig sein, Nachrichten und Richtlinien speziell auf Männer, jüngere Altersgruppen und Schlüsselkräfte auszurichten.

Sind wir besser als unsere britischen Nachbarn? Schwer zu glauben. Spätere Updates und ähnliche Studien lassen bisher keinen grundsätzlichen Wandel erkennen.

Smith LE et al. Adherence to the test, trace and isolate system: results from a time series of 21 nationally representative surveys in the UK (the COVID-19 Rapid Survey of Adherence to Interventions and Responses [CORSAIR] study). medRxiv 2020; doi:10.1101/2020.09.15.20191957