Frage: Was stört und was fördert die Entwicklung einer optimalen Darmmikrobiota?

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Expertenantwort: Das Darmmikrobiom spielt eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung des Immunsystems. Studien weisen darauf hin, dass Störungen der frühen Darmmikrobiota das Risiko für Allergien erhöhen können [1]. Auch das bei Kaiserschnittkindern beobachtete höhere Risiko für Adipositas könnte Folge ihres gestörten frühen Darmmikrobioms sein [2, 3].

Die Darmbesiedlung beginnt möglicherweise bereits vor der Geburt und wird durch mütterliche Faktoren wie Adipositas, Rauchen und Einnahme von Antibiotika negativ beeinflusst [4, 5]. Die erste massive Bakterienexposition erfolgt unter der Geburt. Per Kaiserschnitt geborenen Säuglingen fehlt der typische Bakteriencocktail, der durch die vaginale Geburt übertragen wird. Noch Monate später sind Anzahl und Vielfalt der Bakterien bei Kaiserschnittkindern geringer als bei vaginal geborenen Kindern [6]. Auch eine Antibiotikaexposition - sowohl pränatal oder postnatal - kann die Darmmikrobiota negativ verändern [7, 8].

Im Darmmikrobiom ausschließlich gestillter Säuglinge überwiegen Bifidobakterien [9]. Die positive Wirkung von Muttermilch auf das Darmmikrobiom beruht besonders auf humanen Milch-Oligosacchariden (HMO). Diese machen etwa ein Drittel der festen Bestandteile der Muttermilch aus. Sie fördern das Wachstum bestimmter Bifidobakterien im Darm, hemmen das Wachstum pathogener Bakterien, beseitigen Pathogene aus dem Darm, stärken die Darmbarriere und fördern die Immunbalance [10].

HMO fördern die Dominanz von Bifidobakterien im Darm

Obwohl HMO seit mehr als 50 Jahren bekannt sind, standen sie bis vor Kurzem nicht für Säuglingsmilch (SMN) zur Verfügung. Als Ersatz wurden der SMN Oligosaccharide wie Fructooligosaccharide (FOS), die aus Pflanzen gewonnen werden, und Galactooligosaccharide (GOS), die aus Laktose synthetisiert werden, zugesetzt. Diese sogenannten Präbiotika fördern das Wachstum von Bifidobakterien und Lactobazillen im Darm. Sie können jedoch nicht alle Funktionen der HMO nachahmen, da sie andere Strukturen haben und ihnen funktionell wichtige Bausteine von HMO (z. B. Fucose oder Sialinsäure) fehlen.

Inzwischen stehen Oligosaccharide zur Verfügung, die mit den HMO der Muttermilch strukturidentisch sind (Kasten "Das fördert ein gesundes Darmmikrobiom"). Dazu gehören 2´-Fucosyllactose (2´FL), das bei etwa 80 % aller Frauen mit circa 30 % mengenmäßig wichtigste HMO, sowie Lacto-N-neotetraose (LNnT). Erste klinische Studien zeigen, dass SMN mit diesen HMO sicher sind und die Entwicklung eines Darmmikrobioms mit Dominanz der Bifidobakterien wie bei gestillten Säuglingen fördern. Außerdem können sie die Häufigkeit von Atemwegsinfektionen und die Notwendigkeit der Verwendung von Antibiotika reduzieren [11].