_ Schätzungen gehen davon aus, dass im Jahr 2050 weltweit etwa 10 Millionen Menschen durch resistente Erreger sterben — mehr als es dann Krebstote gibt, warnte Prof. André Gessner von der Universität Regensburg. „Wo es die höchsten Gebräuche gibt, da gibt es auch die höchsten Resistenzraten“, sagte er. Frankreich und Griechenland seien führend bei den definierten Tagesdosen („daily defined doses“, DDD) von Antibiotika. Deutschland stehe dagegen relativ gut da, die Verordnungszahlen nach DDD stagnierten seit Anfang der 90er-Jahre. „Aber es gibt einen gefährlichen Trend hin zu Breitband- und Reserveantibiotika“, erklärte Gessner.

In Kliniken etabliert sei mittlerweile das „Antibiotic Stewardship“ (ABS). Ein Kernbestandteil: das selektive Antibiogramm. Zwar würde in Regensburg die Empfindlichkeit auf 20 Antibiotika getestet. „Dem Behandler werden aber nur drei Substanzen zur Auswahl genannt“, sagte Gessner. Und diese drei Substanzen folgen dabei dem Motto „so breit wie nötig, so schmal wie möglich“.

Um Kollegen eine schnelle Orientierung für Diagnose und Therapie bei Infekten der oberen und unteren Atemwege zu geben, haben die Teilnehmer des Workshops „Antibiotic Stewardship — rationaler Einsatz von Antibiotika in der Praxis“ (Allgemeinmediziner, Pädiater, Pneumologen, HNO-Ärzte und Mikrobiologen) einen praxisnahen Algorithmus erarbeitet (Abb. 1). Er bietet bei akuter Bronchitis und akuter Rhinosinusitis eine schnelle Orientierung: Was ist beim Erstkontakt mit dem Patienten zu tun und wie können bakterielle Infekte von viralen abgegrenzt werden?

Abb. 1
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Auszug aus dem Therapie-Algorithmus bei Infektionen der oberen und unteren Atemwege

© Bionorica SE

Ziel des Algorithmus ist es, die rationale Therapie bei Atemwegsinfektionen zu fördern und nicht indizierte Verordnungen von Antibiotika zu reduzieren. Die zweiseitige Therapiekarte zum Download (www.aerztezeitung.de/917409) enthält auf der Vorderseite Maßnahmen der Basisdiagnostik, Differenzialdiagnose, gegebenenfalls weiterführender Diagnostik. Auf der Rückseite sind indikationstypische „Red Flags“ aufgeführt. Eine Tabelle erleichtert die Beurteilung von CRP- und Procalcitonin-Test. Leitliniengerechte Antibiotika für beide Indikationen sind ebenfalls aufgelistet.