_ Über die Hälfte der Kinder mit Zerebralparese hat Ernährungsschwierigkeiten, bei Quadriplegie sind es sogar 85 %. „Deshalb ist die Überwachung des Ernährungszustandes behinderter Patienten integraler Bestandteil der Betreuung“, sagte Dr. Anjona Schmidt-Choudhury, Abteilung Kindergastroenterologie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Ruhr-Universität Bochum. Die ernährungsbedingte Morbidität und Mortalität sei bei diesen Patienten deutlich erhöht. Es gilt Unterernährung, Wachstumsrückstand, Spurenelement- und Vitaminmangel, Osteopenie und auch Übergewicht zu erkennen.

Ein schlechter Ernährungszustand wird bedingt durch eine inadäquate Kalorienzufuhr bezogen auf den Bedarf, durch eine orale motorische Dysfunktion, wie beispielsweise die Unfähigkeit, die Lippen richtig zu formen, durch einen gesteigerten Energieverlust oder veränderten Energiebedarf. Die Patienten sind häufig unterversorgt, besonders mit Eisen, Selen, Zink, essenziellen Fettsäuren und den Vitaminen C, D und E. „Auch bei enteraler Sondenernährung kann dies durch mangelnde Zufuhr der Fall sein, beispielsweise wenn die Hälfte der Nahrung wieder erbrochen wird“, sagte Schmidt-Choudhury.

Um den Ernährungszustand beurteilen zu können, sollten in der Anamnese folgende Punkte abgefragt werden: Grunderkrankung mit Ausprägungsgrad, assoziierte Erkrankungen, Entwicklungsstand und orale Motorik, Medikation, Stuhl- sowie Ernährungsverhalten. Bei der Laboruntersuchung sollte auf Antikonvulsiva-Spiegel, aber auch auf Vitamine, Spurenelemente, Kalzium-Stoffwechsel und Schilddrüsenfunktion geachtet werden. Wie aber kann das Wachstum adäquat überwacht werden trotz Gelenkkontrakturen, Skoliose oder Muskelspasmen? Es kann durch die drei Parametern Unterarmlänge, Tibialänge und Kniehöhe beurteilt werden. Zusätzlich helfen die in Tab. 1 zusammengefassten Schlüsselfragen, mögliche Ernährungsprobleme aufzuspüren.

Tab. 1 Schlüsselfragen zur Identifikation von Ernährungsproblemen

Um neurologisch beeinträchtigte Kinder ausreichend zu betreuen und ihren Ernährungszustand zu überwachen, ist laut Schmidt-Choudhury immer die frühzeitige Beteiligung eines multidisziplinären Teams nötig. Denn früh diagnostizierte Patienten können häufig noch ambulant behandelt und ein Krankenhausaufenthalt vermieden werden.